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alter (weiser) Mann, kommunikativ (wenn es sein muss).

Südtirol Tag 05

02.10.2022 Sonntag

Ungefrühstückt machte sich Jola gegen 08.15 Uhr mit dem Rad auf nach Völs zum Campingplatz, Versuch, einen der möglicherweise freien Stellplätze zu ergattern. Ich wanderte zur Golfanlage, suchte die Sanitäreinrichtungen, fand in den Katakomben zwei Toiletten. Gehörten zur Hotelanlage „zur Sonne“. Im Außenbereich wischte eine Mitarbeiterin die feuchten Oberflächen der Tische ab. Ein Frühaufsteher mit Golfbag auf dem Rücken wollte zur Rezeption, dort noch geschlossen. Wieder am WoMo machte ich eine Aufnahme vom Stellplatz mit Hintergrund.

Jola meldete sich per Handy, sie sei erfolgreich gewesen und hätte einen Stellplatz bekommen. Lange Wartereihe vor der Anmeldung berichtete sie, einige Wohnmobilisten hätten wohl dort übernachtet, um sich morgens gleich anmelden zu können.

Ab 11 Uhr dürften wir den Platz in Beschlag nehmen. Nutzten die Zeit, brachten die Bags in den Abstellraum auf dem Golfplatz, ich fand die Duschen, Föhn, Handtücher, alles vorhanden.

Kurz vor 11 Uhr fuhren wir zum Campingplatz, dort standen in der Warteschleife immer noch einige Fahrzeuge, abfahrende und eincheckende Camper störten sich in den engen Gassen des Campingplatzgeländes. Vor mir einer mit Wohnwagen, dessen Einparkmanöver länger dauerte. An unserem Platz angekommen, rangierten die „Vormieter“ gerade aus, rechts saß jemand am Steuer, also Engländer. Kurz zugewunken, dann den Platz okkupiert, mit Blick auf Berge.

Die Sonne glänzte durch dauerhafte Anwesenheit, kurze Hose und frisches Hemd eingepackt. Um 12 Uhr herum strampelten wir wieder zum Golfplatz. Jola managte die Bezahlung und Buchung des Cart. Zu Fuß wollten wir diesen Platz nicht laufen. „Automatik“, wo befand sich nur der Rückwärtsgang? Musste nachfragen an der Rezeption. Geschwindigkeit trat ruckartig ein, ebenso beim Anhalten, kein ausrollen. Geteerte Wege, aber holperig und rissig. Ein paar Schläge auf dem Übungsplatz, dann zum Loch 1, dahin erste Erprobung der Fahreigenschaften des Cart. Am Abschlag leichtes Gedränge von Wartenden. Der Platz sei „ausgebucht“, Wartezeit müsste eingeplant sein, gab der Greenkeeper zu bedenken. Vor uns ein jüngeres Paar, unsere Spielpartner für die Runde. Aus München seien sie, Vroni und Matthias. Nach unserem „Moin“, wechselten sie zum „Servus“. Vor dem ersten Schlag ermahnte der Greenkeeper uns, alle Wertsachen separat zu verstauen, Diebstahl sei leider nichts so ungewöhnlich. Lockere Runde, auf der ich doch eindringlich zur Kenntnis nehmen musste, mir fehlte die Spielpraxis, insbesondere beim Putten brillierte ich mit unverzeihlichen Fehlschlägen aus dichtester Distanz.

Egal, die beiden aus München spielten gut, aber ohne die notwendige Konstanz. An einem Loch meinte Vroni zu ihrem Gatten, der den Versuch machte, seinen Schlag zu berechnen, sie sei doch die Mathematikerin. Worauf hin er erwiderte, er nur der Sozialwissenschaftler. So hatten wir immer etwas zu belobigen bzw. jeder konnte einmal seinem Ärger freien Lauf lassen.

9 Loch waren für uns für heute genug, so verabschiedeten wir uns und ließen die beiden die zweite Hälfte allein weiterspielen.

Zum Abschied ein Bild vor Bergkulisse. Ich verschwand zum Duschen, Jola hütete die Bags und die Wertsachen. Da der Weg zu den Umkleide- und Duscheinrichtungen in Stück zu gehen war, nahm ich mir unseren bereits abgestellten Cart und zuckelte damit los.

Bestellt hatten wir uns im „Restaurant 19“ (in Anlehnung an die Folge nach Loch 18) jeweils Knödel, einmal mit Steinpilzen für Jola und die drei Knödel mit Roter Bete mit Meerrettich für mich. Um uns herum meist golfende Hotelgäste, vermutlich alle aus Bayern, das verlängerte Wochenende ausnutzend.

Rückfahrt zum Campingplatz nun mit Gepäck, kurze Verzögerung vor dem Start, mein Bordcomputer war nicht auffindbar. Noch einmal zum Tisch im Restaurant zurück, dort saßen schon andere Gäste, nichts gefunden. Den Rucksack ausgekehrt, ganz unten lag das gute Stück. Ohne den wäre ich in den Bergen aufgeschmissen, weil ohne Bordcomputer funktioniert die elektronische Unterstützung des Rades nicht. Das Gepäck bestand einzig aus den Golfsachen, das Bag auf den Rücken geschnallt und damit den steilen Anstieg vom Golfplatz zur Fahrstraße hinaufgeschnauft. Jola schon außer Sichtweite, ich fuhr diesmal nicht auf der stark frequentierten Straße sondern den Radweg, machte unterwegs noch eine Rückblickbild.

Pause, Tee.

Südtirol Tag 04

01.10.2022 Samstag

Erholungsschlaf, Jola klapperte mit Geschirr, kam vom Abwasch zurück. Einfaches Frühstück, DDR-Brötchen aufgebacken. Frischwasser aufgefüllt, Chemie-Toiletten geleert. Noch war bis zur Abreise um 12 Uhr Zeit, die nutzten wir, um nach Brixen zum Brotmarkt zu fahren. Blieben auf der linken Seite der Eisack, anderer Blick auf Stadt. Hier kein geteerter Weg, Schutzmauer am Ufer neu gemacht, Bänke, Plattform, Toilette. Dann der „Grüne Baum“, das Hotel, in dem wir 2014 einen Urlaub verbrachten, äußerlich ohne erkennbare Neuerungen. Ein altes Gebäude, direkt an der Fußgängerbrücke, eingerüstet, sah nach umfangreicher und kostspieliger Sanierung aus. Besucherandrang im Zentrum, wohl wegen des Brotfestes an der Kirche, davor ein Trödelmarkt, Gebrauchtes aus modernen Haushalten, aus dem Fundus von Bauernhäusern Holztrog, Eisengerätschaften, Geschirr und Bilder schrecklicher Sujets. In einem „festen“ Geschäft in den Fensterauslagen originelle Malerei ausgestellt war. Ein Bild mit Donald faszinierte Jola so sehr, sie trat ein und fragte nach dem Preis, 250 € wollte man für das Original erlösen. Sie ließ es sich zurücklegen. Eventuell ein Geschenk für Miriam.

Auf dem Weg zum Brotmarkt ein Schaufenster mit witziger Dekoration von Lampenhaltern:

Auf dem Kirchenvorplatz bis auf wenige Ausnahmen Stände mit Herstellern von Brot- und Backwaren sowie zwei regionaler Mühlen (u.a. die uns bekannte Meraner aus Lana).

Inmitten der Pagodenzelte ein Areal mit traditioneller Mühlenarbeit bzw. den zum Mahlen vorgelagerten Dreschen von Getreidehalmen.

Die Männer konnten nicht nur „dreschen“, sie spielten danach Alphorn (oder ähnlich Genanntes).

An Angeboten von naturbelassenem Brot und leckeren Kuchen (bspw. Apfelstrudel oder Buchweizen) mangelte es hier keinesfalls. Unsere Einkaufstasche füllte sich nach und nach, doppelt kauften wir zur gleichen Zeit an unterschiedlichen Ständen, dadurch entspannte sich die Versorgungslage für Zeiten ohne Backwarenangebote enorm.

Ein etwas aus der Zeit gefallener Mann mit Pferdekutsche bot Rundfahrten auf seinem Gefährt an. Der wies uns eingangs beim Abstellen der Räder in einer Toreinfahrt belehrend darauf hin, dass das Abstellen der Räder dort verboten sei und außerdem seine Pferde behindere.

Langsam wurde es Zeit für die Rückfahrt. Neue Ankömmlinge warteten schon vor der Schranke auf Einlass bzw. Abfahrt von Weiterreisenden. Wir verabschiedeten uns ohne Worte, Jola warf die Magnetkarte für die Ausfahrtschranke in einen Metallkasten, dann durch Brixen auf die Brennerstraße, ca. 15 Km bis zur Abzweigung auf die Seiser Alm. Das serpentinenreiche Gegurke begann alsbald, manchmal im 2. Gang die Kurven befahren. Ab Kastelruth war der Golf- und der Campingplatz ausgeschildert. Nach 45 Minuten Fahrzeit erreichten wir Völs am Schlern; in der Dolomitenstraße befand sich der Campingplatz, auf dem Check-In-Streifen etliche wartende Wohnmobilisten. Jola kam zurück, kein Platz für uns frei! Was sich daraus entspann lasse ich hier …. weg. Idee von Jola war, zum Golfplatz zu fahren und nachzufragen, ob wir uns dort hinstellen dürften (wenn wir denn eine Startzeit buchen würden). Die Zufahrt, steil und eng abwärts, war bereits eine kleine Herausforderung. Parkplätze rondellartig angelegt, kein Möglichkeit, direkt vors Clubhaus zu fahren. Jola marschierte zur Rezeption, kam mit guter Nachricht zurück, „ausnahmsweise“ dürften wir neben einem Wohnwagen uns hinstellen. Für morgen war für 13 Uhr eine Startzeit gebucht.

Was nun hier anfangen? Räder ausgeparkt, mühevolles Hinaufkraxeln bis zur Fahrstraße, dann nach Seis. Nahmen den ausgeschilderten Radweg, der uns zum Parkplatz und der Talstation der Seilbahn zur Seiser Alm brachte. Hinauf wollte ich nicht, Wetter noch wolkenverhangen. Samstagnachmittag, „tote Hose“ in Seis, die meisten Geschäfte natürlich geschlossen. Die Information entdeckt. Wander- und Radkarte besorgt. Auf Nachfrage nach Restaurants, Hinweis: Restaurant an der Seilbahn. Dabei saßen direkt vor dem gegenüberliegendem Hotel Menschen draußen und aßen. Wir gesellten uns dazu, Gulaschsuppe für Jola, ich ein Vinschgauer, belegt mit Brie und Schinken, und ganz viel Ruccola. Unterhielten uns mit Ankommenden, die zwei I:SY vor sich herschoben. Paar aus NRW, Begeistert von ihren Rädern tauschten wir Erlebnisse und Reiseziele aus. Sie kamen gerade aus Istrien bzw. vom Gardasee, zuletzt noch 30°, heute waren Flipflops und kurze Hose nicht mehr angezeigt. Uns zog es weiter nach Kastelruth, wieder Straße hinab, Höhen erklommen, bei starken Verkehr und keinem separaten Radweg. In Kastelruth Spaziergang, gemalter Stadtplan mit einem bemerkenswerten Text, in dem die Italienische Bevölkerung um Verzeihung für die während der nationalsozialistischen Zeit „geraubten“ deutschen Ortsnamen. Wies eine Identifikation mit der Mussolini-Diktatur von sich. Noch nirgends sah ich bisher in Südtirol an öffentlicher Stelle eine solche Entschuldigung.

Musik ertönte, wir folgten den Klängen zur Kirche hinauf. Musikkapelle in Trachten spielte für ein Hochzeitspaar.

Die Braut verteilte in kleinen Tonkrügen Schnaps und stieß mehrfach mit Musikern / Musikerinnen an. Der Trubel löste sich später auf. Im Ort viele Besucher, Radfahrer, Wanderer.

Bei Spar eine Flasche Rotwein und Kaffeesahne gekauft, Jola suchte vergeblich nach speziellen Nudelsorten. Gegen 16 Uhr Rückfahrt mit ähnliche Abfolge, „dicke“ Autos jagten dicht an uns vorbei, wir flüchteten, sobald die Möglichkeit bestand, auf den Fußweg, rasende Abfahrten mit steilen Ansteigen folgten. Am WoMo. Stühle herausgeholt, die Sonne schien, endlich einmal kräftig. Gelesen, Reisenotizen gemacht. Fernsehen war möglich, aber langweiliges Programm.

Südtirol Tag 03

30.09.2022 Freitag

Die Nacht war ruhig, zumindest im persönlichen Empfinden. Real hörte ich schon 6 Uhr morgens laufend Motorengeräusche, so nah, als wenn ich mit dem Ohr auf der Bordsteinkante liegen würde und die Fahrzeuge neben mir vorbei sausten. Blick aus dem WoMo, nichts gesehen, morgendlicher Frühnebel verschleierte die Sicht. Als es etwas zu sehen gab, entdeckte ich ein Kabäuschen am Rande des Parkplatzes, zwei Toiletten, sachlich getrennt für Männlein und Weiblein. Gern und gleich genutzt.

Frühes Aufstehen bescherte uns eine Abreise kurz nach 8 Uhr. Im Ort knapp 20 Liter für teure 2,139 € in den Tank gefüllt, in der Hoffnung, der Sprit würde bis nach Österreich reichen, wo bisher allgemein die Dieselpreise niedriger lagen. Keine zwei Meter vom Gelände herunter gefahren, las ich einen veränderten Dieselpreis an der Preistafel, jetzt volle 10 Cent niedriger. Und ärgern! Nachdem die Feuchtigkeit im Fahrzeug sich verflüchtigt hatte, klebte Jola das Stickerl an die Windschutzscheibe, unsere 10 Tage geltende Eintrittskarte für die Nutzung der Autobahnen in Österreich. Bis zur Grenze bei Kufstein herrschte reger Autoverkehr, wo wollten die Menschen nur alle hin? In Kufstein gleich zur Tankstelle, die Tankanzeige glühte bereits in „gelb“. 1,909 €, wie preiswert mir das Tanken hier erschien. In Kufstein hektischer Verkehr, an Kreiseln kurzzeitige Staus. Bei einem Supermarkt geparkt und bei einem Hendl-Eck eingekehrt. Jola Currywurst, ich ½ Hahn, jeweils mit Pommes, ungesund, aber lecker!

Wozu nun der Stickerl gut gewesen sein sollte, mir nicht erklärlich. Die Autobahn bis zum Brenner gliederte sich eigentlich in eine Aneinanderreihung von Baustellenabschnitten mit ständiger Geschwindigkeitseinschränkung und Fahrbahnverengungen, in der Folge zäh fließender Verkehr. Ohnehin lahmes Bein, musste ich nun noch länger in Fahrerposition ausharren. Maut für Brenner jetzt schon bei 10,50 € auf österreichischer Seite.

Brixen erreichten wir gegen 14.50 Uhr, bzw. den Campingplatz des Hotels Löwenhof. Einige Wohnmobile standen an der Zufahrt, warteten wohl auf die Einlassung. Einsehbar schien der Platz bereits voll belegt. Jola marschierte zur Rezeption, uneingeschränkt der Meinung, wir bekämen einen Stellplatz. Daumen hoch, kam sie zurück, Glück gehabt, durch eine Absage den letzten freien Platz für eine Nacht zugesprochen bekommen. Platz 90, am hinteren Ende am Zaun, Bäume, kein Sat-Empfang. Nicht so wichtig. Dafür die Brixen-Card mit diversen kostenlosen Nutzungsmöglichkeiten (Plose, Schwimmbad, Museen). Nach einer Kaffeepause und der Inspektion der so sehr als attraktiv gepriesenen Sanitäreinrichtungen machten wir einen Spaziergang auf dem Rad-Wanderweg zum Zentrum Brixen. Ein kleiner Bautrupp werkelte mit schweren Maschinen bzw. händisch an der Reparatur einer Trockensteinmauer. Professionell wirkte die Abschlussarbeit des Mannes nicht, schob an verschiedenen Stellen kleine Kiesel in größere Zwischenräume von Felsen. Kehrten um, ich legte mich 20 Minuten aufs Ohr, die Glieder lang machend. Danach Vorbereitung für den Besuch der Schwimmarena. Besitzer eines gleichen WoMos wie unser sprach uns an, wollte Details wissen, gab Details preis.

Begleitet von leichtem Nieselregen fuhren wir die 2 Kilometer auf dem Radweg entlang der Eisack. Jola deutete hierhin und dorthin, überall sei Neues entstanden, so ihre Erkenntnis. Kein Wunder, zuletzt hielten wir uns 2017 hier in Brixen auf. Die Arena mit dem metallisch glänzendem Boulder-Quader dominierten die Sichtachse zur Stadt. Optisch ansprechend gestaltet die Eingangshalle, der Umkleidebereich, an jedem Gang mehrere Föhne verfügbar. Whirlpool, Wasserrutsche, 25- Meter-Bahnen. Heute war just Trainingsstunde des lokalen Schwimmvereins, sprich, auf 6 der 8 Bahnen schäumte das Wasser durch meist kraulende und mit Schwimmflossen unterstütze Jugendliche. Auf einer Bahn bis zu fünf Schwimmer gleichzeitig, fast Hand an der Flosse der Vormannes. Wir hatten die letzte Bahn für uns, fast, eine Frau übte unter Anleitung einer Trainerin verschiedene Schwimmstile, störte damit meine „Aura“, sprich, ich konnte meine 40 Bahnen nicht ungestört ziehen.

Im Anschluss Stadtbummel, wollten sehen, was sich hier in den 5 Jahren noch so verändert hatte und was wir wiedererkannten.

Feierabendstimmung, Backstube wurde ausgefegt, die meisten Geschäften hatten bereits geschlossen, vor oder einigen Bars saßen unverdrossene Gäste, dem Nieselregen trotzend. Wir fuhren zurück zum Campingplatz, da war es 19.30 Uhr. Machte ein Foto von der Kletterhalle für Miriam.

Boulder-Halle bei Nacht

Ein Bierchen und die letzten Scheiben unseres heimischen 1000-Körner-Brotes, getoastet, verzehrt.

Südtirol Tag 02

29.09.2022 Donnerstag

Ich gestehe, ich denke nicht mehr so oft an meine verstorbene Mutter, die heute ihre 94. Geburtstag hätte feiern können. Vergessen ist sie deshalb nicht.

Rückblick auf gestern:

Abends übten wir die Bewältigung der Energiekrise „im Kleinen“, statt Heizung mit teurem Strom (50 Cent/Kwh hier auf dem Stellplatz) zu betreiben, stellte ich unsere Heizung auf „Gas“ um und auf 19° ein, später reduzierte ich sie auf 17° für die Nacht. Wir hatten ja unsere wärmenden Lammfellschuhe aus Norwegen dabei!

Ich weiß nicht, wie es den Lesern geht, aber wenn man länger auf etwas wartet, beginnen die Gedanken plötzlich sich zu verselbständigen, zu kreisen, bspw. um ein Thema. Ich durfte gestern so eine Situation „auskosten“. Das Hochladen von drei Bildern dauerte eine gefühlte Ewigkeit. Ursache war vermutlich ein „Funkloch“. Und da war das Thema, das Schlagwort „Funkloch“ trieb mich zu der Frage, was „ein Loch“ eigentlich sei. Schwarze Löcher fressen / schlucken alle Materie, Löcher in der Pipeline lassen Gas ausströmen, Löcher im Asphalt lassen Radfahrer fluchen, Schlupflöcher in der Gesetzgebung erfreuen Steuervermeider.

Das Loch ist etwas nicht Greifbares, ein Nichts, und doch, im Beispiel der Schwarzen Löcher etwas unvorstellbar Mächtiges.

Aber was ist in dem Loch in der Hose, im Brett? In diesem Nichts? Ist diese Frage so schwierig zu beantworten, wie die Frage, wie das Leben auf der Erde entstanden ist?

……. ups, da war der Upload gerade beendet und der Gedankengang abrupt unterbrochen. Und ich schrieb wieder Banales zu den hochgeladenen Bildern in meinen Reiseblog.

Heute geht es weiter Richtung Süden, in die Nähe von Nürnberg nach Hersbruck. Dort befindet sich die Fackelmann-Therme, an der es Stellplätze geben soll. Möglich, dass wir dort den Aufenthalt mit einem Besuch der Therme verbinden würden.

Um 05.30 Uhr aufgewacht, bald darauf aufgestanden, weil der Schlaf nicht zurückkehren wollte. Deshalb schon ein frühes Frühstück. Danach besorgte Jola mit einem kleinen Fußmarsch vom Bäcker eine Tüte voller „Ostbrötchen“ als Proviant. Die gestern gekauften und heute auf dem Toaster aufgewärmten vier Stück waren kross und schmeckten ausgezeichnet. Abfahrt war um 8 Uhr. Rund 390 Kilometer Strecke lagen vor uns. Wieder bestätigte sich, dass es sich im Osten besser fahren ließ und man zügiger voran kam. Zwar gab es auch hier einige Baustellen, aber keine Staus. Nervig allerdings auf den dreispurigen Abschnitten die Elefantenrennen der LKW. Das Wetter wechselte, so um Leipzig herum strahlte die Sonne längere Zeit, ließ sich später jedoch durch dunkle Wolken und Dauerregen vertreiben. Gegen 12.40 Uhr erreichten wir, unterbrochen von einer „Vertretungspause“, Hersbruck, rund 12.000 Einwohner lebten hier. Die „Fackelmann-Therme“ befand sich 3 Km außerhalb, die Parkplätze für Wohnmobile etwas abseits. Von den sechs verfügbaren Plätzen waren drei frei, wunderbar dachten wir, richteten uns „häuslich“ ein. Jola marschierte zur Therme, um uns dort anzumelden. Strom hatte ich schon angeschlossen, funktionierte nicht. Jola kehrte mit der Information zurück, in der Therme sei just jetzt der Strom ausgefallen, davon vermutlich betroffen die Anschlüsse für Wohnmobile. Anmelden müssten wir uns Online. Die Eingabe zeigte den Ankunftstag mit „frei“ an, jedoch gesellte sich zwischen An- und Abreisetag die Meldung „keine Buchung möglich“. Notgedrungen marschierte ich zur Rezeption und Kasse der Therme, um nachzufragen, ob die Fehlermeldung eventuell am Stromausfall liegen könnte. Wohl eher nicht, der Kommentar. Mittlerweile sei der Strom wieder „in der Leitung“. Aber freie Plätze gebe es nicht. Ärgerlich! Unsere Idee, erst einmal auf nebenan freie Parkplätze auszuweichen, missglückte, weil die Parkplätze zum nahe gelegenen Finanzamt gehörten. Ich war echt bedient, wollte schon bis Regensburg weiterfahren. Ein Anruf auf dem uns dort bekannten Azur-Campingplatz schockte uns mit dem Preis von über 40 € für eine Übernachtung. Geiz fühlt sich zwar anders an, aber wir hatten noch eine Alternative, die hieß „Lauf“. Strecke von 9 Kilometern von Hersbruck wieder rückwärts gefahren. In Lauf ein kostenloser Stellplatz mit Stromversorgung (1 € für 8 Stunden) und Entsorgung, und freien Plätzen. Sogar etwas „Reststrom“ vom Vorgänger durften wir mit verbrauchen. Regen hielt uns die Treue. Der Weg in die mittelalterlich wirkende, aber gut restaurierte Innenstadt, sollte uns zu „Hugo“ führen. „Hugo“ reklamierte auf dem Parkplatz etliche Stellflächen für seine Kunden, bot Mittagstisch in der Altdorfer Straße 14. Nur, wo befand diese sich? Wir marschierten dem Schild „Marktplatz“ nach. Fachwerkhäuser, die Laufer Kaiserburg, die Karl IV. bauen ließ, eine der letzten Schleifmühlen, etliche historische Brücken, ein altes Rathaus, ein Industriemuseum, ein Judenturm, viel zu begucken.

Blick über die Pegnitz Richtung Zentrum

Aber erst zu Hugo! Schnell war das Restaurant gefunden. Ein Zwitter aus Restaurant, Bar und Spielstätte (für Kartenfreunde). Ein Zweiertisch, ich durfte mich auf den Stuhl setzen, der mir einen Blick auf Bilder ehemals berühmter Weiblichkeiten gönnte (Twiggy, Blow up, Audrey Hepburn). An zwei Nebentischen saßen sieben Frauen und spielten Karten (4 davon auf ernsthafte Weise Canasta). Meine drei überbackenen Stücke Hirtenkäse auf einem Salat-Bouquet und die Ofenkartoffel mit Pilzen für Jola, ausgezeichnet. Dazu 0,5 Liter dunkles Bier, Bier hier so günstig wie vor zwanzig Jahren.

Gesättigt begaben wir uns auf den Stadtrundgang, der Regenschirm dabei im ständigen Wechsel von Aufspannen und Einklappen. Die Markenzeichen der bekannten Filialbetriebe, Banken oder Versicherungen hier im Zentrum nicht in den sonst üblichen Logo-Farben, alles hübsch neutral in „weiß“ gehalten. Jola schaffte es im dritten Anlauf, sprich in der dritten Buchhandlung, einen Roman von Lena Johannson zu erwerben. Das Industriemuseum hatte gerade seine Pforten geschlossen, als wir am Eingang vorbei schlenderten. Kehrten über eine erst 2017 eingeweihte Fußgängerbrücke namens Justin Wunder um. Justin Wunder war Direktor eines Farblabors und entwickelte ab 1865 ein Verfahren zur industriellen Herstellung von roter Ultramarinfarbe, wofür er 1877 ein Patent erhielt. Gegen 17.30 Uhr saßen wir wieder im WoMo, um uns herum alle Stellplätze besetzt. Resümee: hübsche Altstadt.

Plan für morgen ist, ankommen in Südtirol.

Südtirol Tag 01

28.09.2022 Mittwoch

Wem der folgende Absatz zu lang(weilig) ist, der möge hier zum nächsten springen.

Geplant war ursprünglich, am 27.09.2022 morgens die Reise zu beginnen. Ein kleiner Schwächeanfall bremste uns jedoch kurzfristig aus. Verschoben deshalb ohne große Traurigkeit die Abfahrt auf den Folgetag, uns jagte ja niemand und regnen tat es außerdem noch. Schlimmer jedoch traf uns die Erkenntnis, ein Bund mit Haustür- und Garagenschlüssel fand sich, auch nach noch so intensiver Suche, nicht wieder an. Vom begehbaren Schlafzimmerschrank bis in den Keller stellte ich alles „auf den Kopf“, der Weg zur Garage wurde inspiziert und fremde Menschen dort befragt. Das Fundbüro riet uns zur Geduld, Schlüssel würden manchmal erst nach Tagen abgegeben. Unruhe blieb, weil, wenn ein Mensch mit böser Absicht die Schlüssel gefunden und dabei mich beim Suchen beobachtet hätte, unbeschwert würden wir mit dieser Vermutung nicht ruhig verreisen wollen. Also was tun? Die Schlösser auswechseln…. Machte mich zu Schlüssel-Reese auf. Der gute Mann vom Fach mit einer Portion eigenem Humor meinte, „verlorene Schlüssel“ und deren Folgen, davon lebe er fast ausschließlich, das sei sein Tagesgeschäft. Ob ich wüsste, wie man die Zylinder ausmessen würde? Nein, davon hatte ich keine Ahnung. Aber ich schien mit dem Unwissen nicht allein vor dem Verkaufstresen gestanden zu haben. Just holte er aus den Tiefen seines Lagers einen Torso einer Tür mit Schloss und Griffen. Zückte den Zollstock und ließ mich sein Wissen aufsaugen. Zweimal müsste man messen, um die Art und Länge des Schließzylinders richtig zu bestimmen. Mit diesen Informationen fuhr ich schnell nach Hause. Entschloss mich aber, die Zylinder auszubauen, um sie dann als Vorlage mitzunehmen. Bin zwar kein Sicherheitsingenieur, handwerklich aber nicht unbegabt. Drehte die Sicherungsschraube aus dem Zylinder, doch der ließ sich nicht herausziehen. Was hatte ich falsch gemacht? Baute die Griffe ab, der Zylinder ward freigelegt, doch rührte er sich nicht aus dem Holzrahmen heraus, selbst Hammerschläge halfen da nichts. Steckte den Schlüssel ein, drehte links und rechts herum, mehrfach, nichts tat sich. Verzweiflung trieb mir Schweißperlen auf die Stirn. Nächster Versuch, dann ein kleiner Widerstand beim Schlüssel drehen und der Zylinder rutschte aus dem Rahmen. Nun das Ganze noch zweimal bei den anderen Türen, gleiches Ergebnis, der Zylinder ließ sich nicht so einfach von seinem „angestammten“ Platz entfernen. Ich wusste ja, es funktioniert, also nur Geduld…. Dann tatsächlich alle drei Zylinder ausgelöst und ab zu Schlüssel-Reese. Der Fachmann nahm Maß, suchte in seinem außerordentlich umfangreichen Sortiment nach den passenden Zylindern, fragte dabei, ob es mit „Sicherheitskarte“ sein solle. „Ja bitte, sonst könnte man ja leicht Schlüssel nachmachen….“ Er bot mir erst ein System an, dort waren aber die entsprechenden Längen nicht vorrätig. Er zückte eine Box von Abus, noch hochwertigere Materialien, hätte er extra für solche wie meinen Fall eingekauft. Was auch immer „in meinem Fall“ bedeuten sollte. Ich ließ mich über Legierungen belehren, sah zu wie er für eine Demonstration einen alten Zylinder in einen Schraubstock klemmte und den mit einer Zange mit einem Ruck zerriss, billiges Metall…. Er bastelte mir aus den Einzelteilen meines Sets die entsprechenden Zylinder zusammen, variable Teilstücke ermöglichten es, das System an jegliche Längen anzupassen. Ein Pflegespray bekam ich gratis zu dem System mit fünft Schlüsseln dazu. 240 € kostete mich der „Spaß“. Wobei der Fachmann mir mit dem Hinweis, die alten Zylinder hätten eventuell ohnehin bald „ihre Macken“ gehabt und eine Reparatur wäre wahrscheinlich geworden, die Sorge um meine Geldausgaben nahm. Zu Hause dem Einbau entgegen gefiebert, ob die Dinge auch passen würden? Passten! Geschafft von meinem handwerklichen Geschick bekam ich Nackenschmerzen vom Schrauben drehen. Jola war’s zufrieden, die Sicherheit des Hause nun gewährleistet.

Nun aber zum Reisebeginn:

Abfahrt nach Beladung, Kühlschrank meckerte mit blinkender Anzeige. Der Gashahn war nicht aufgedreht. Dann in die Geniner Straße, 1,929 € für Diesel, da noch vollgetankt. Reifendruck prüfen: Gut, dass wir das gemacht haben. Alle vier Reifen bedurften des Nachschubs. Über die Fahrt gab es nicht viel zu berichten. Wenig Verkehr, entspanntes Fahren. Wetter wechselhaft, öfters Nieselregen, manchmal „kurze sonnige Abschnitte“, wie es die Meteorologen immer gerne titulieren. In Werder begaben wir uns nicht unmittelbar auf den WoMo-Stellplatz, fuhren auf die Insel und fanden einen kostenlosen Parkplatz Am Mühlenberg.

Mittagszeit, Jola besorgte für 4 € eine Makrele, gleich um die Ecke befand sich eine Fischgeschäft. Kartoffelsalat hatten wir von zu Hause mitgenommen.

Dann Spaziergang auf der Insel, Erinnerungen aufgefrischt, wo gefrühstückt, wo Rad gefahren, von Kuchen und Brötchen gekauft. Gleich ein Stopp bei der Kaffee-Rösterei im Lendel-Haus, eine ehemalige Saftfabrik (ein bisschen Geschichte: 1822 Verpachtung einiger Gebäude an eine Brauerei; 1896 Friedrich Wilhelm Lendel erwirbt das Gelände und gründet eine moderne Obstverwertungsfabrik. Hier werden nun Konserven, Säfte, Weine und Marmeladen für den Berliner Markt hergestellt. 1916 Friedrich Wilhelm Lendel bezieht mit seiner Familie das Gelände und gibt damit dem Haus seinen bis heute eingebürgerten Namen „Lendelhaus“). Diesmal saßen wir im Innenbereich und schauten den Angestellten beim „Rösten“ zu.

Die Kaffeeauswahl…

Leckerer mampfiger Streuselkuchen mit Rhabarber und kräftiger Kaffee. Ich nahm gleich noch eine Packung Guatemala gemahlen für den Handfilter mit.

Wir folgten dem Schild „Insel-Rundgang“. Nachsaison, es tröpfelte, den Schirm als Drohung nach oben mitgeführt, kaum als Gäste erkennbare Menschen unterwegs. Wanderten von der Insel herunter, suchten den Buchladen, Jola wünschte ein Buch zu kaufen. Begutachteten den Stellplatz, 19 € das Tagesticket, Strom extra nach Verbrauch. Unter den Linden bis zur Kreuzung, der Buchladen Hellmich auf der anderen Straßenseite. Das gewünschte Buch nicht vorrätig, dafür eins über Monet.

Rückmarsch zum Parkplatz, an der Brücke Aufnahmen von Kirche und Mühle …..

…. sowie dem einmaligen Boot, ein Kunstwerk des Malers Arno Christian Schmetjen, gemacht. Es handelt sich um eine seetüchtige Yacht der Holländischen Werft Victoire aus dem Jahre 1969. Der Künstler hat aus 8 Grundfarben ca. 350 Farbnuancen gemacht und damit über 1.500 Farbfelder auf das Boot aufgebracht.

Dann Anruf beim Campingplatz Riegelspitze, 35 € sollte eine Übernachtung kosten. Wir entschieden, doch auf dem Stellplatz für 19 € zu nächtigen.

Erste Reihe mit Blick aufs Wasser und Kirche. Lesestunde, bzw. Blog schreiben. Entspannen….

Interesse am 2. Tag? Hier geht’s weiter.

Alkmaar 3. Tag

07.15 Uhr den Korb mit dem Abwasch zum Sanitärgebäude mitgenommen. Es herrschte dort zu früher Stunde merklich mehr Andrang als in südlichen Ländern, woran liegt das nur? Nach Rückkehr fand ich Jola wach vor, Frühstück ohne Sonne draußen. Erste Sonnenstrahlen ließen sich erst gegen 8 Uhr auf dem Erdwahl erblicken. Neugierige Gäste waren eine Möwe und diverse Nebelkrähen (oder andere Art dieser Gattung). Keck schauten sie und hüpften schreckhaft um die hingeworfenen Krumen, wenn diese zu dicht an unserem Tisch lagen. Frechheit siegte, mutige schnappten sich gleich drei Happen auf einmal und flogen damit in sichere Entfernung.
Heute sollte es nach Hoorn ans Ijsselmeer gehen. Leider besaßen wir keine Karten mit Knotenpunkten, wie gestern auf der Tour nach Bergen.
Die allgemeine Ausschilderung der Radwege führte uns zunächst durch Alkmaar an Stellen, die wir noch nicht gesehen hatten. Rechts die Overstad, ein Stadtteil mit 80.000 m2 Einzelhandelsfläche.

Danach tauchten bereits erste Windmühlen auf, von denen wir später noch mehrere bewohnt und / oder in Betrieb sahen. Die Wege führten oft abseits vielbefahrener Straßen entlang, später an Grachten zwischen den Poldern.

Zur Geschichte einer dieser Mühlen deren Chronik im Bild.

Wege wie mit dem Lineal gezogen. Das „Lineal“ war dann reichlich länger als ich angenommen hatte, statt geschätzter 12 Kilometer verdoppelte sich die Strecke nach Hoorn um mehr als die Hälfte. Ein Teil davon auch deshalb, weil wir ohne Radkarte und mangels Knotenpunkt eine längere Strecke gefahren waren.

Die Grachten meist mit grüner Grütze bedeckt, am Ufer lauerten in Abständen geduldig Reiher auf Beute; was auch immer in diesem Wasser Essbares schwimmen mochte.

Meine Anwesenheit mit der Kamera machte einen nervös, er flog ein paar Meter weiter.
Radweg einmal anders genutzt, ein geführtes Pferd.

Statt der sonst meist obligatorischen Maisfelder mehrfach Rotkohl auf breiter Fläche.

Wogmeer, Spierdijk, Berkhout, Hoorn, geschafft. Nicht zu übersehen das Theater Schouwburg Het Park, im Jahr 2004 von Königin Beatrix in Hoorn eingeweiht.

In Hoorn trafen wir im gesamten Altstadtbereich auf ein buntes Straßenbild, das von den Ständen herrührte, ein Markt freischaffender Künstler. Im Nachgang recherchiert, dieser Part gehörte zum 17. Hoorner Kulturwochenende. Teilnehmer kamen nicht nur aus dem nahen Umfeld, sondern auch aus Utrecht, Rotterdam, Amsterdam etc..
Vielfältiges Schaffen, teils originelle Werke dabei, und alles natürlich Geschmackssache. Wir suchten statt nach Kunst nach den rund 30 Kilometern eher eine Gelegenheit für eine Stärkung.
Neben bildlicher Kunst versuchten ein Leierkastenmann sowie eine Spielerin auf einem….., ja wie nennt man so ein Tasteninstrument? Ist es eventuell eine Celesta?, die umher schlendernden Besucher zu unterhalten?

Einige Geschäfte hatten heute am Sonntag geöffnet, mir ein Foto wert, die auffällige Figurine im Gold-Outfit.

Während des gesamten Aufenthalts kreiste in unseren Köpfen die Frage, waren wir zusammen schon einmal in Hoorn und suchten dafür nach Anhaltspunkten. Ich fand keine!
Verließen den Bereich der Stände, dabei etliche Speisekarten von Restaurants geprüft, suchten im Hafenbereich weiter und fanden am Museum Cinema eine Brasserie namens Oostereiland. Auf dem Weg dorthin die Hoofdtoren aus dem 16. Jahrhundert abgelichtet. Hafenblick vom gastronomischen Außenbereich aus umsonst, Segelschiffe schipperten hinaus aufs Ijsselmeer oder liefen von dort ein.

Auf einem Deich den Hafenbereich umgangen, altes Gemäuer, ähnlich schiefe Häuser wie in Lübeck. Restaurierter Schriftzug aus der Kolonialzeit.

An der entweihten Kirche „Grote Kerk“ einen Platz für einen Kaffee und eine Zironentarte im The Saint gefunden. Die Kirche war sowohl Restaurant als auch Hotel.

Gegenüber vor einem Lokal saß ein Mann auf einem Mauervorsprung und spielte auf seiner Gitarre für ein nicht besonders zahlreiches Publikum softige Musik.
Der Roode Steen, so nennt sich der Platz vor diesem Gebäude.

Rückfahrt auf ähnlichem Wege, Umwege ausgelassen.

Der Gänsemarsch in Reinkultur.

Das war also Alkmaar, nach 46 Jahren ein dreitägiges Wiedersehen. Hier einige Bilder aus der alten Zeit:

Käsemarkt

Victoria, man achte auf den Schriftzug
Und an gleicher Stelle jetzt:

Das Haus rechts daneben sieht fast noch genau so aus wie vor 46 Jahren.
Morgen geht es weiter Richtung Heimat.

Alkmaar 2. Tag

Heute durfte ich wieder einmal von der schönen Bäckerin Brötchen besorgen. Der Weg dahin war noch viel weiter als in Pont-d’Ouilly. 2,5 Kilometer radelte ich durch das verschlafen wirkende Alkmaar Richtung City. Am Wasserturm, ob es einer war, egal, ein Bäcker „Beerse – Brood & Banker“. Die Fahrt bei morgendlich kühler Frische hatte sich gelohnt, endlich einmal wieder „richtige“ Brötchen. Und die schöne Bäckerin war eine nette junge Holländerin.
Zurück auf dem Campingplatz hatte Jola draußen eingedeckt und einen neuen Verehrer, eine Nebelkrähe wartete auf die Abgabe von Nahrungsstücken. Sehr vorsichtig pickte zu Krumen eines alten Baguette auf, immer auf dem Sprung zum Abflug.
Ich machte ein Foto vom Strand, verfütterte den Rest des Baguette, da die Nebelkrähe sich anderen Versorgern zuwandte.

Alkmaar-Beach

Vorgenommen hatten wir uns für heute die im Stadtplan empfohlene Fietsroute von Alkmaar nach Bergen und Bergen aan Zee. Nach Plan wären 32 Km zurückzulegen gewesen. Ausgeschildert schon vom Campingplatz aus entwickelte sich schnell ein entspanntes Fahren, das nach ca. 4 Kilometern, etwas abweichend von der beschriebenen Route in Bergen an der Ruinekerk mündete,

mitten im Wochenmarkt, dessen Stände sich um den Kirchplatz verteilten. Räder ließen wir besser gleich hier abgestellt stehen. Wieder muss ich das Wort „pittoresk“ in den Mund nehmen, um annähernd zu beschreiben, wie man sich hier bei dem Anblick fühlte. Alle total entspannt, niemand von den Radfahrern klingelte jemand beiseite, wenn gerade kein Durchkommen war, Einkaufstüten mit stylistischen Aufschriften wurden artig getragen; schon am Vormittag die Außenbereiche von Bars, Cafés oder Restaurants fast vollständig belegt, neben Kaffee auch schon mal ein Gläschen Wein auf dem Tisch beim Schwätzchen.
Käse- und Brotstand boten optische Reize.

Jola freute sich über einen Stand, der Blumenzwiebeln veräußerte und kam mit einem kleinen Sack Tulpenzwiebeln zurück, der ich derweil die Bilder vom Brotstand und der Kirche knipste.
Wer schon alles hatte oder keinem Kaufrausch verfallen war, saß einfach im Schatten (heiß war es mittlerweile geworden) und checkte seine Nachrichten auf dem Handy.

Endlich gefunden, ein Geschäft, das kurze Hosen in einigermaßen ansprechenden Farben und guter Form anbot, wenn auch von der Stange. Eine Frau im bunten, recht offen dekolletierten, Blumenkleid wies mir nach Auswahl mehrerer Modelle einen mit Vorhängen abgetrennten Bereich zum Umziehen. Das Prozedere sei abgekürzt geschildert, ich kaufte drei Hosen, verhandelte und sparte (neben dem ausgeschilderten Rabatt von 50%) dadurch noch einen kleinen Betrag, der für ein Mittagessen reichen könnten. Jola frohlockte, nun könnten bald ein paar alte Hosen ausgemustert werden.
Blick durch ein Modegeschäft:

Nicht weit davon entfernt, hier mein neues Betätigungsfeld. Alkmaar gefiel so gut, gleich ein Geschäft eröffnet und umgesattelt.

Mit Brot, Käse, Blumenzwiebeln und Hosen bepackt setzten wir unsere Fahrt zum nächsten „Knotenpunkt“, sprich, Nummer 8, fort. Nummer 8 lag in Bergen aan Zee, gut 5 Kilometer bis dahin. Im Rest von Bergen, also bevor wir den Ort verließen, idyllischer Wohlfühlstadtteil, sprich, ansehnliche Grundstücke mit oft typisch holländischer Architektur, sprich, offen, einsehbar, dekorative Fensterbankverschönerung (geschmacklich nicht immer meinen treffend).
Keine Ampeln, stattdessen Kreisverkehre, wenn auch nur „angedeutet“.

Selbst hier traf man an exponierter Stelle auf Erinnerungen an den 2. Weltkrieg: „19. Mai 1940“ steht auf der weißen metallenen Inschrift zwischen der Bank. Was das zu bedeuten hatte, war von mir nicht zu ermitteln.

Eins der ausgefallenen Häuser, Frage: kann man sich gestalterisch und architektonisch davon eine Scheibe abschneiden?, offensichtlich wünschte sich der Bauherr im wahrsten Sinne des Wortes eine Trennung.

Durch Wald ca. 4 Km gefahren, hier nahm gegen Ende der Kiefernbestand zu, Jola freute sich über den zunehmenden Harzgeruch.

Gingen in Bergen aan Zee an den Strand, Meer nur leicht in Bewegung; keine Badehose dabei, macht nix, ging auch ohne (also mit das, was man drunter trägt).
Links und rechts Windschutz und Liegen zum Mieten. Hier die linke Seite von Coca Cola gesponsert.

Lange, seichte Zugänge, also bis ich endlich ein paar Züge im frischen Meerwasser absolvieren konnte, war Land außer Sichtweite.
Bekam zu oft Land unter die Schwimmhäute und begab mich zurück ans Ufer. Eine Dusche neben einem Restaurant erblickend, eilte ich zum „Entsalzen“. Leider wieder einmal „out of order“. Also blieb das Salz auf der Haut. Jola versuchte etwas später ihr Glück und wagte sich ein Stück weiter hinaus.
Strandidylle, Mutter und Kind beim Verzehr der mitgebrachten Vesper.

Fehlen sollte natürlich nicht das obligatorische farbige Segelboot vor blauem Himmel.

Über den anschließenden Versuch, ein Mittagessen in Strandnähe einzunehmen, hülle ich den Mantel des Schweigens.
Wir folgten danach wieder den Knotenpunkten und gelangten kilometerlang zwischen die Dünen, super Radwege auch hier, zweispurig, sodass sich Gegenverkehr nicht behinderte.

Am Rande schien sich ein zotteliges Rind auf Abwege begeben zu haben, zumindest sah man keinen Zaun, der es hätte bremsen können. Es graste friedlich unmittelbar am Radweg und ließ sich von schaulustigen Radlern beim Fressen nicht abhalten.

Nach dem Verlassen der Dünenlandschaft fanden wir uns in dem Ort Egmond aan den Hoef wieder. Bei der Fortsetzung sahen wir auf einem Hof einen privaten Stellplatz für Wohnmobile. Daneben am Wegesrand diese Panzersperren (von Deutschen errichtet) aus dem 2. Weltkrieg, die in einem Gehege Ziegen als Klettermöglichkeiten dienten.

Über Heiloo fanden wir zurück nach Alkmaar, wo wir vor dem Erreichen von Knotenpunkt 73 einen Stopp bei einer Villa, wohl Restaurant mit angeschlossener Eisdiele, einlegten. Genau der richtige Zeitpunkt bei der Hitze und dem Gestrampel. Eiskugeln wieder einmal „riesig“, und das für nur 1,60 € / Kugel. Kinder (ob in Belgien oder Holland) liebten scheinbar besonders das blaugefärbte Eis. Neben uns ein „Kleiner“, die Tüte schon halten können, dafür haperte es beim Schlecken. Mutter musste nachhelfen und weiches Eis abschöpfen.
Bis ins Zentrum schöne Strecke durch Wald, hervorragend ausgelegt, kein austreibenden Baumwurzeln durchbohrten hier den Belag, unsere Stadtgestalter sollten einmal hierher kommen und sich Nachhilfeunterricht in Radwegeplanung geben lassen (bspw. für Waldwege). Ich musste Jola dann noch einmal zu einem bestimmten Geschäft lotsen, Socken kaufen. Machte vom Eingangstor zur „Oude Stad“ eine Aufnahme, beinahe wäre sie ohne Touristen gelungen.

Im Museumscafé des Stedelijk Museum eine Tarte gegessen und Kaffee getrunken.

Für Museumsbesuch zu schönes Wetter.
Zurück zum WoMo. 35 Km.

Alkmaar (Holland)

Verließen den Campingplatz in Bredene Punkt 9 Uhr. Entgegen der Vorhersage blieb Regen zugunsten ganztägiger Sonne aus. Ostende, Brügge, Gent, Antwerpen, die Autobahnen voll, LKW-Kolonnen wie sonst nur in Deutschland, Elefantenrennen deshalb an der Tagesordnung. Selbst dort, wo vierspurige Streckenabschnitte vorhanden waren, war es eng. Dann zweimal Unfall oder liegen gebliebene Fahrzeuge, ein LKW hatte seine Ladung Sand verloren und auf einer Fahrspur der Autobahn verteilt. Dadurch mindestens 30 Minuten Verzögerung. Zähfließend um Antwerpen und Rotterdam der Verkehr, trotz automatischer Temporegulierung. Dieser Melting-pot zwischen Brügge, Brüssel, Antwerpen, Amsterdam und Rotterdam ist mir vergleichbar mit dem Ruhrgebiet um Leverkusen etc.. oder um München herum. Nach drei Stunden in Bergen op Zoom getankt (1,979 €), im Ort nichts zum Mittagessen gefunden, dann an der nächsten Raststätte eine Pause eingelegt.

In Alkmaar um 15 Uhr am Campingplatz angekommen. Die Anlage etwas verwinkelt angelegt, dadurch wirkten einige Stellen wie geräumige Kuschelecken. Wir ganz am Ende auf einer Wiese, ein Erdwall grenzte den Platz ab, darüber ragten drei runde Strohdächer hinaus. Ein Beach mit Sand und Sonnenliegen an einer Gracht befand sich hinter dem Erdwall.

Nach einer Erholungspause typischerweise den Weg ins Zentrum eingeschlagen. 10 Minuten mit dem Rad, so stand es auf einem Info-Zettel. Unabhängig von dieser Beschreibung brauchte man nur den, hier roten, Radwegschildern zu folgen. Alkmaar entpuppte sich als genau das, was über sie geschrieben stand, schnuckelig, quirlig, weltoffen.
Straßennamen und Plätze werden den meisten sicher nichts sagen, deshalb nur das Wichtigste genannt. Der Käsemarkt sollte mit seinem Museum nicht unerwähnt bleiben, ebenso der Waagplein mit dem Waagtoren oder der Vismarkt.

Das nächste Bild zeigt einen Teil der beiden arkadenförmigen Gebäudeteile (Ursprung 1755) mit den innen aufgestellten Fischbänken, jetzt sitzen daran Gäste eines Restaurants.

Dann noch zwei Teilansichten vom Stadhuis (Errichtung angefangenen im 17. Jahrhundert).

Ansonsten reihe ich einfach meine Schnappschüsse aneinander.

Beemster küssen…

Eins der zahlreichen Restaurants fand dann unsere Zustimmung, das „Ons Café ‚t Kantoor“. Es befand sich auf der Platten Stenenbrug, eigentlich gepflasterte Überdachung einer Gracht.

Das fremdsprachige Geplapper und Gemurmel der um uns herum sitzenden Gäste sedierte zusätzlich zum Afflinger Blond, das wir schon vor dem Essen ausgetrunken hatten. Spareribs vom Iberico, serviert ohne Rippchen, mal eine andere Variante, aber geschmacklich sehr lecker. Dazu die krossen Pommes von echten Kartoffeln.
Die Ladenbesitzer ließen in Alkmaar bereits um 17 Uhr die Rollläden herunter. Einen Einkaufsbummel mussten wir auf morgen verschieben.

Bredene – 2. Tag –

Nachtrag zu gestern: Eisessen, eine Kugel 2,50 €, zwei Kugeln 4 €, drei Kugeln 5,50 €.
Tüten ziemlich schmal, Portionen Eis dagegen riesig und dessen Konsistenz eher „sahnig“ weich, was zu Konflikten zwischen Halten und Essen führte, vor allem in der Sonne.

Zweiter Tag in Belgien, Bredene bei Ostende. Wechsel des Campingplatzes, von „Astrid“ 100m weiter zu „Warande“, weil der Platz vorbestellt war. Die überraschenden Eindrücke unserer gestrigen Tour zum Strand, den Dünen und nach Ostende hatten uns dazu bewegt, einen Tag länger am Ort zu bleiben. Hatte noch kurz Kontakt zu zwei anderen deutschen Paaren, von einer Frau aus NRW erfuhr ich, dass die Strände und ausgedehnten Promenaden in die andere Richtung nach De Haan ebenso beeindruckend wären.
Insofern war mit dieser Information unsere Marschroute für heute bereits definiert. Der Sturm hatte sich gelegt, war in einen leichten Wind abgemildert, ideal jetzt für das Radeln auf den breiten, meist rot gefärbten Radwegen. Ungestört von Fußgängern und Autos vor den zweiten Dünenbergen entspanntes Fahren, allerdings mit zweirädrigem Gegenverkehr. In den Dünen diverse Wanderwegen. Nach 5 Kilometern bogen wir nach De Haan ab. Schon eingangs mondäne Bauten, ob alt oder neu ließ sich im Vorbeifahren nicht einwandfrei identifizieren.

Ein bisschen Feeling wie in Ahlbeck oder Heringsdorf auf Usedom kam auf.
Originell auch die Straßenbeschriftung.

An der Promenade ein Restaurant, in das es Jola wegen der hübschen Aussicht auf Promenade und die See zog. Danach ein paar Minuten am Strand verweilt, weiße Hautstellen anbräunen. Die Flut nahte wieder, und wieder rückten die Leute von der Lifeguard die Fahnenstangen und das Rettungsboot zurück in Richtung Promenade.
Danach De Haan im Kern erkundet, viele alt wirkende Häuser attraktiv hergerichtet, alle individuell mit Namen an der Hauswand. Fast alle in weiß gehalten,

zwischendurch Neubauten im aktuellen architektonischen Stil (quadratisch, praktisch…). Oft war ich mir gar nicht sicher, ob so ein Haus nun vermietet oder „bewohnt“ wird. Später sah ich in einem Fenster eines Neubaus ein T-Shirt mit der Aufschrift „Ich wohne hier, ich bin kein Tourist“ hängen.
Mit dem Hahn hatten es hier einige als Maskottchen, hier ein ganzer Zaun, woanders wachte einer im Vorgarten…und Jola lichtete einen vor einem Hotel ab.

De Haan beschränkte sich nicht nur auf diesen optisch attraktiven Kern, sondern auch auf die umliegenden Gemeinden, wie ich bei einem Stopp an einer Abzweigung von einem auf einer schattigen Bank sitzenden älteren Herren erfuhr, nachdem er mir den Einzugsbereich auf der Karte gezeigt hatte, außerdem wie ich wohin noch hätte fahren können. Und wieder ein Belgier mit Kontakten nach Deutschland, Steinbek in der Nähe von Hamburg verriet er mir. 1954 hätte er bei Kassel die Grenze bewacht…
Wir blieben allerdings auf dem roten Belag und folgten dem Dünenweg bis Wenduine. Das krasse Gegenteil zu De Haan, wieder eine Betonzeile Hotels und Appartements neben einer breiten Promenade und dem weitläufigen Strand.
Den Menschen schien es zu gefallen, saßen auf schattigen Bänken und ließen den Blick in die Ferne schweifen, wo etliche Frachtschiffe vermutlich nach oder von Zebrugge ein- oder ausliefen oder saßen am Strand in einem Liegestuhl, viel Platz war garantiert.

Nett die Figur (Titel: Inner Circle“) zu Beginn der Promenade:


Am Ende dieser Hotelflucht eine Surfschule mit Restaurant. Wir ließen uns dort nieder, tranken etwas und saßen auf harten Holzbänken mit Blick auf die See, die Wellen und die Surfer auf ihnen oder gerade vom Brett kommend und sich aus dem Neopren pellend.
Danach Heimfahrt auf gleichem Wege, knappe 24 Km zurückgelegt. Jola verlängerte, weil Einkauf anstand.

Bredene (nahe bei Oostende – Belgien)

Heute hieß es Abschied nehmen von der Normandie, zumindest vorerst. Ein wenig lieb gewonnen hatten wir diese Region, die Küste, die Strände bei Ebbe oder Flut, die normannische Schweiz, die kleinen Städte oder Dörfer, Giverny mit den Gärten von Monet besonders, die Schlösser, aber auch die vielen Relikte (Hinterlassenschaften der Deutschen) aus dem 2. Weltkrieg als Mahnmale, natürlich das Baguette in seiner Vielfalt, selbst die oft weite und eintönige Agrarfläche, jetzt besonders nach der Ernte ein einziges gelbliches Terrain, dazu noch staubig, beeindruckte, die schlechten Straßen und ungezählten Kreisverkehre sowie die Sanitäranlagen der Campingplätze, wo oft Klopapier selbst mitgebracht werden musste, werde ich vermissen. Originell fand ich die florale Ergänzung des Sanitärbereiches auf unserem letzten Campingplatz.

Nun sind wir rund 265 km gefahren, in Bredene nahe Oostende (belgische Schreibweise) bei „Astrid“ gelandet, so nennt sich dieser Campingplatz. Unterwegs, noch in Frankreich, versuchten wir einen Schlachter in einem der durchfahrenen Dörfer zu finden, Jola wollte unbedingt Rillettes kaufen, vergebens. Lediglich Baguette ergatterten wir in einem Ort, dessen Name mir bereits wieder entfallen ist.
Bredene tut sich insbesondere durch seine riesigen Dünen und weitläufigen Strände hervor. Die Architektur des strandnahen Umfeldes würden einige als „grauenhaft“ bezeichnen. Im touristischen Abseits allerdings in den Nebenstraßen ein paar sehenswerte Häuser, alt wie neu. Oostende begrüßte uns auf der Herfahrt mit dem WoMo mit viel Skyline von Hochhäusern. Ich hatte mich wohl vertan, als ich den Ort für den Zwischenaufenthalt auswählte. Keine bescheidene, beschauliche Kleinstadt. Das Umfeld machte eher den Eindruck einer Metropolregion, das Gewerbegebiet wollte gar nicht enden. Rund 71.000 Einwohnern sollen hier leben.
Erwähnenswert war, unterwegs sich schon ankündigend, der extrem heftige Wind. Der Gang zum Strand über eine Fußgängerbrücke direkt in die Dünen. Am Strand kaum Personen zu sehen, die jungen Leute vom Rettungsdienst konnten sich auf wenige badende Menschen im aufgewühlten Wasser konzentrieren.

Wir staksten zu den stets näher kommenden Ausläufern der Wellen, es schien gerade Flut zu sein. Die „Aufpasser“ rückten Fahnenstangen mit den rot-gelben Flaggen und anderes Warngerät zurück in Dünennähe.
Der Sturm zerrte an meiner Haut und meinem Haar, was mich leicht zermürbte. Am WoMo Teepause eingelegt. Dann Aufbruch nach Oostende.
Wieder einmal positiv beeindruckte das Radwegenetz. Ohne Unterbrechung näherten wir uns den Hochhäusern, teils noch im Bau befindliche Wohnanlagen. Der Hafenbereich, wie in so vielen Städten, im Umbruch begriffen. Als Mahnmale belassene Wehranlagen auf den Dünen zeugten wieder einmal von geplatzten deutschen Großmachtphantasien.
Zu unserer Überraschung fanden wir nach gut 3,5 km eine Fährverbindung zum Zentrum von Oostende vor, kostenloser Transport.

Starker Wellengang, das schaukelte auf der kurzen Überfahrt ordentlich. Dann die nächste Überraschung, nach der bisher wenig erbaulichen Architektur (kein Wunder, bei der Bombardierung durch die Alliierten 1944 wurde der Großteil der Stadt zerstört), die überbreite Promenade und der ca. 5 km lange Strand, der in diesigen Sandwehen in der Ferne fast verschwand. Erfreulich, dass sich bummelnde Passanten und Radfahrer auf der Promenade nicht in die Quere kamen.
Her ein paar Impressionen von unserer Fahrt auf der Promenade:

Leopold II. (Reiterstandbild) aus dem Jahre 1931
Zwei Künstler namens Courtens

Die Promenade war immer noch nicht zu Ende, es würde kühler, Hunger stellte sich ein, deshalb Umkehr. Aber nichts gefunden, vor allem keinen gemütlichen Altstadtkern. Dafür Häuserschluchten wie man sie sonst in New York vermuten würde. Preise auf den Karten einiger Restaurants eher im oberen Segment angesiedelt, bspw. marinierte Muscheln für 24 €. Für Muscheln zahlten wir in Frankreich zwischen 12 € und 18 €. Leicht frustriert wieder zur Fähre und Heimfahrt nach Bredene. Lustig fand ich die Ampel an einem Metallsteg über eine Schleuse.

Gegen den Sturm die Rückfahrt angetreten, dann Ruhephase. Danach quasi Essen vor Ort. Direkt vor dem Eingang zum Campingplatz eine Brasserie. Und wieder grüßte das Murmeltier: meine ausgewählte Speise, nicht vorrätig.
Jola riet mir, zukünftig gleich immer eine „2.Wahl“ zu tätigen.