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Südtirol Tag 08

05.10.2022 Mittwoch

Nachts leuchtete die rote Lampe vom WC im WoMo, sprich, die Kassette war voll. Morgens als erstes den Reinigungsautomaten begutachtet, der die Reinigung für 2 € übernehmen würde. Diverse Kassettensysteme waren abgebildet, lauter bildhafte Erklärungen, was man wann bei welchem Typ hätte machen müssen. Ich ließ es, ging zu den Katakomben und fand den normalen Entsorgungsraum mit „Kimik“ beschriftet. Volle Kassette geholt und im Halbdunkeln damit zu den Katakomben gerollert, immer das Teil im Blick, ob nicht etwas vom Inhalt überschwappt. Super berührungslose Einstellung am Entsorgungsbecken, sobald man den Inhalt in den Ausguss entleerte, sprang automatisch das Spülwasser an.

Alles paletti, dann zum Duschen, mit schmutzigem Geschirr, nein, nicht mit in die Dusche, sondern in den Geschirrspüler. Schwupps, passte alles hinein, sogar die Bratpfanne. Grünen Knopf gedrückt und in 3 bis 5 Minuten wäre alles sauber, so die Beschreibung. Ich verschwand zum Duschen. Haare geföhnt, Klappe vom Geschirrspüler geöffnet, alles warm und sauber, gut ein paar Teeränder in zwei Tassen, das konnte ich verknusen.

Frühstück, dann bezahlen, Jola brachte die Rechnung mit, von den rund 184 € über 24 € für Strom.

Abfahrt mit dem Ziel Klausen. In Seis die Tankstelle aufgesucht, 1,819 € für Diesel erschienen mir auch bei halb vollem Tank lohnenswert, diesen ganz aufzufüllen. Bis zur Brennerstraße Serpentinen, und natürlich immer bergab. In einer der ersten 180° Kurven klappte die Tür mit der Gewürzlade auf und schaukelte hin und her. Pappe und Klebestreifen halfen nicht, es schepperte weiter. Nach 22 Kilometern erreichten wir Camping Gaup in Klausen. Mussten 15 Minuten auf die Abfahrt des Vormieters von unserem Platz warten. Dann manövrierte mich der Hausherr persönlich zum Stellplatz, dirigierte wie ein Orchesterleiter mich vor und zurück, bis ich endlich, nach seiner Façon, richtig stand. Er empfahl uns, bei Besuchen in Meran oder Bozen auf die Mitnahme der E-Bikes zu verzichten, derzeit würden viele Räder von organisierten Banden gestohlen.

Ein Besuch im Ort, die Altstadt, eng lag Klausen an die Eisack gebaut an eine der Talseiten gequetscht, ansonsten viel Gewerbe und Industrie. Ein Ausflug, wohin sollte es gehen? In die Berge nach Verdings schien Jola zu anstrengend, weil viel bergauf befürchtet. So blieben wir an der Eisack Richtung Bozen. Immer am Fluss lang, der fast sanft in seinem Bett dahinplätscherte. Menschen am Flussbettrand, sie suchten nach ….? Oft war der Radweg durch Bäume schattig, durch den Fahrtwind war es mir dann zu kühl, weil nur Poloshirt und kurze Hose an. Bei Waldbruck überquerten wir die Eisack und landeten in Lajen bzw. dem Ortsteil Unterried. Ein Blick auf eine Info-Tafel über früheres Leben zeigte Wege auf dieser Flussseite zurück nach Klausen. Ich präferierte allerdings den gleichen Weg zurück. In Klausen bei der Pâtisserie Brot und Kuchen sowie ein Stück Ortler Käse gekauft, um am WoMo einen Imbiss zu nehmen. Essen wollten wir abends im Gassl Bräu.

Bis 14.30 Uhr Pausenzeit. Auf dem Camper-Stopp kaum andere Fahrzeuge, der riesige Nachbar war abgefahren.

Aufbruch zu einer Wanderung zum Kloster Säben, Blick von einer der Brücken über die Eisack, die gerade nicht so viel Wasser führte.

Durch enge Gassen kamen wir zu einem, ich nenne es einfach mal Innenhof, an einer der Hauswände hingen altertümliche Gegenstände.

Wegweiser zeigte in einen dunklen Hauseingang, von dem aus es rechter Hand treppenartig aufwärts zu streben galt.

Noch nicht richtig Tritt gefasst, mühten wir uns langsam voran. Bald darauf auf dem mit Steinen gepflasterten Pfad, der Teil des Jakobsweges war, schlichen wir auf den 673m hohen Säbener Berg (Marienkirche, Heilige Kreuz Kirche und Klosterkirche). Die sakralen Gebäude erreichbar, aber nicht einsehbar, weil geschlossen.

Die Nonnen, die hier lebten, hatten sich nicht gerade den einfachsten Weg zu „ihrem Reich“ ausgesucht, wir schwitzten, krochen quasi im Schneckentempo über die Pflastersteine. An der ersten Kirche verlor ich Jola, weil ich ein Stück voraus abbog, sie zur nächsten Kirche weiter schlich. 1791 wollten die Österreicher das Kloster als Verteidigungsanlage okkupieren und rieten den Nonnen, sich anderswo Zuflucht zu suchen (kamen u.a. in Feldthurns unter). Die Österreicher hielten die Anlage nicht, die Franzosen plünderten sie, mussten später aber selbst wieder abrücken, weil ihre Truppen eine Niederlage hinnehmen musste.

Der Abstieg erfolgte ähnlich, gepflasterter Weg, steil; Rücken gerade, Körper leicht nach hinten geneigt, sonst fiel man vorne über. Ich ging auf gerader Strecke Slalom, wegen der Kräfte, die bei steilem Abstieg aufs Kniegelenk wirkten. Auf dem Panoramaweg einige Schilder zu den am Wegesrand wachsenden Pflanzen, in dem vorherrschenden Dschungel waren diese kaum identifizierbar. Blicke auf die Stadt, auch auf den Stellplatz (rechts vom weißen Gebäude mit Solarpaneelen auf dem Dach steht unser WoMo).

In einer der letzten abwärts verlaufenden Kehren diese Weintraube:

Gegen 16.30 Uhr stampften wir wieder auf ebener Erde durch Klausen, Gassl Bräu schon jetzt gut besucht, wir freuten uns auf den späteren Abend. Jola bummelte, kaufte in einem Laden Backzutaten. Ich schritt einfach weiter voran, die Füße liefen noch wie von selbst. An der Apostelkirche neben der Touristeninformation hatte eine Skulptur bereits beim ersten Gang zur Altstadt meine Aufmerksamkeit erregt. Das „Projekt Venus“, 18 Monate steckte der aus Eppan stammende Künstler Lukas Mayr in die Herstellung dieser 12 Tonnen wiegenden, die Fruchtbarkeit ausstrahlenden, Figur.

Mich zog es gleich nach der Rückkehr zu den Duschen. Die Sanitäreinrichtungen waren über gut 50 Stufen hoch zum eigentlichen Campingplatz zu erreichen. Hier oben schien noch die Sonne auf Mensch und Fahrzeuge. Das Schwimmbecken lag neben dem Sanitärbereich einsam und verlassen. Ein Test zeigte mir, warum. Zu kalt für ein Bad nach hitziger Wanderung.

17.45 Uhr radelten wir in die Altstadt. Im Gassl Bräu „Hochbetrieb“, draußen freie Plätze, wir wollten gerne drinnen essen. Minuten Wartezeit, dann wurde ein Tisch frei. Frisch und schnell gezapftes Bier, Helles und Weizen, gerade die richtigen Durstlöscher nach der Wanderung.

In der Dolomiten Zeitung die Schlagzeile „100 Millionen für Südtirol„, gemeint war damit die Unterstützung wegen der steigenden Energiepreise und der daraus sich allgemein entwickelnden Zunahme an Preissteigerungen. Staus, überbordender Tourismus und Corona, alles Themen, die man auch aus heimischen Gefilden kennt. Geld der Touristen nimmt man gerne, sie selber sollen lieber zu Hause bleiben (so oder ähnlich sprach man früher in Österreich über die Deutschen, oder wie war das noch mal?)

Das war der Tag….

Südtirol Tag 04

01.10.2022 Samstag

Erholungsschlaf, Jola klapperte mit Geschirr, kam vom Abwasch zurück. Einfaches Frühstück, DDR-Brötchen aufgebacken. Frischwasser aufgefüllt, Chemie-Toiletten geleert. Noch war bis zur Abreise um 12 Uhr Zeit, die nutzten wir, um nach Brixen zum Brotmarkt zu fahren. Blieben auf der linken Seite der Eisack, anderer Blick auf Stadt. Hier kein geteerter Weg, Schutzmauer am Ufer neu gemacht, Bänke, Plattform, Toilette. Dann der „Grüne Baum“, das Hotel, in dem wir 2014 einen Urlaub verbrachten, äußerlich ohne erkennbare Neuerungen. Ein altes Gebäude, direkt an der Fußgängerbrücke, eingerüstet, sah nach umfangreicher und kostspieliger Sanierung aus. Besucherandrang im Zentrum, wohl wegen des Brotfestes an der Kirche, davor ein Trödelmarkt, Gebrauchtes aus modernen Haushalten, aus dem Fundus von Bauernhäusern Holztrog, Eisengerätschaften, Geschirr und Bilder schrecklicher Sujets. In einem „festen“ Geschäft in den Fensterauslagen originelle Malerei ausgestellt war. Ein Bild mit Donald faszinierte Jola so sehr, sie trat ein und fragte nach dem Preis, 250 € wollte man für das Original erlösen. Sie ließ es sich zurücklegen. Eventuell ein Geschenk für Miriam.

Auf dem Weg zum Brotmarkt ein Schaufenster mit witziger Dekoration von Lampenhaltern:

Auf dem Kirchenvorplatz bis auf wenige Ausnahmen Stände mit Herstellern von Brot- und Backwaren sowie zwei regionaler Mühlen (u.a. die uns bekannte Meraner aus Lana).

Inmitten der Pagodenzelte ein Areal mit traditioneller Mühlenarbeit bzw. den zum Mahlen vorgelagerten Dreschen von Getreidehalmen.

Die Männer konnten nicht nur „dreschen“, sie spielten danach Alphorn (oder ähnlich Genanntes).

An Angeboten von naturbelassenem Brot und leckeren Kuchen (bspw. Apfelstrudel oder Buchweizen) mangelte es hier keinesfalls. Unsere Einkaufstasche füllte sich nach und nach, doppelt kauften wir zur gleichen Zeit an unterschiedlichen Ständen, dadurch entspannte sich die Versorgungslage für Zeiten ohne Backwarenangebote enorm.

Ein etwas aus der Zeit gefallener Mann mit Pferdekutsche bot Rundfahrten auf seinem Gefährt an. Der wies uns eingangs beim Abstellen der Räder in einer Toreinfahrt belehrend darauf hin, dass das Abstellen der Räder dort verboten sei und außerdem seine Pferde behindere.

Langsam wurde es Zeit für die Rückfahrt. Neue Ankömmlinge warteten schon vor der Schranke auf Einlass bzw. Abfahrt von Weiterreisenden. Wir verabschiedeten uns ohne Worte, Jola warf die Magnetkarte für die Ausfahrtschranke in einen Metallkasten, dann durch Brixen auf die Brennerstraße, ca. 15 Km bis zur Abzweigung auf die Seiser Alm. Das serpentinenreiche Gegurke begann alsbald, manchmal im 2. Gang die Kurven befahren. Ab Kastelruth war der Golf- und der Campingplatz ausgeschildert. Nach 45 Minuten Fahrzeit erreichten wir Völs am Schlern; in der Dolomitenstraße befand sich der Campingplatz, auf dem Check-In-Streifen etliche wartende Wohnmobilisten. Jola kam zurück, kein Platz für uns frei! Was sich daraus entspann lasse ich hier …. weg. Idee von Jola war, zum Golfplatz zu fahren und nachzufragen, ob wir uns dort hinstellen dürften (wenn wir denn eine Startzeit buchen würden). Die Zufahrt, steil und eng abwärts, war bereits eine kleine Herausforderung. Parkplätze rondellartig angelegt, kein Möglichkeit, direkt vors Clubhaus zu fahren. Jola marschierte zur Rezeption, kam mit guter Nachricht zurück, „ausnahmsweise“ dürften wir neben einem Wohnwagen uns hinstellen. Für morgen war für 13 Uhr eine Startzeit gebucht.

Was nun hier anfangen? Räder ausgeparkt, mühevolles Hinaufkraxeln bis zur Fahrstraße, dann nach Seis. Nahmen den ausgeschilderten Radweg, der uns zum Parkplatz und der Talstation der Seilbahn zur Seiser Alm brachte. Hinauf wollte ich nicht, Wetter noch wolkenverhangen. Samstagnachmittag, „tote Hose“ in Seis, die meisten Geschäfte natürlich geschlossen. Die Information entdeckt. Wander- und Radkarte besorgt. Auf Nachfrage nach Restaurants, Hinweis: Restaurant an der Seilbahn. Dabei saßen direkt vor dem gegenüberliegendem Hotel Menschen draußen und aßen. Wir gesellten uns dazu, Gulaschsuppe für Jola, ich ein Vinschgauer, belegt mit Brie und Schinken, und ganz viel Ruccola. Unterhielten uns mit Ankommenden, die zwei I:SY vor sich herschoben. Paar aus NRW, Begeistert von ihren Rädern tauschten wir Erlebnisse und Reiseziele aus. Sie kamen gerade aus Istrien bzw. vom Gardasee, zuletzt noch 30°, heute waren Flipflops und kurze Hose nicht mehr angezeigt. Uns zog es weiter nach Kastelruth, wieder Straße hinab, Höhen erklommen, bei starken Verkehr und keinem separaten Radweg. In Kastelruth Spaziergang, gemalter Stadtplan mit einem bemerkenswerten Text, in dem die Italienische Bevölkerung um Verzeihung für die während der nationalsozialistischen Zeit „geraubten“ deutschen Ortsnamen. Wies eine Identifikation mit der Mussolini-Diktatur von sich. Noch nirgends sah ich bisher in Südtirol an öffentlicher Stelle eine solche Entschuldigung.

Musik ertönte, wir folgten den Klängen zur Kirche hinauf. Musikkapelle in Trachten spielte für ein Hochzeitspaar.

Die Braut verteilte in kleinen Tonkrügen Schnaps und stieß mehrfach mit Musikern / Musikerinnen an. Der Trubel löste sich später auf. Im Ort viele Besucher, Radfahrer, Wanderer.

Bei Spar eine Flasche Rotwein und Kaffeesahne gekauft, Jola suchte vergeblich nach speziellen Nudelsorten. Gegen 16 Uhr Rückfahrt mit ähnliche Abfolge, „dicke“ Autos jagten dicht an uns vorbei, wir flüchteten, sobald die Möglichkeit bestand, auf den Fußweg, rasende Abfahrten mit steilen Ansteigen folgten. Am WoMo. Stühle herausgeholt, die Sonne schien, endlich einmal kräftig. Gelesen, Reisenotizen gemacht. Fernsehen war möglich, aber langweiliges Programm.