Archiv der Kategorie: Okzitanien

2019 Vaison-la-Romaine

01.08.2019 Donnerstag

Gern wäre ich noch länger hier geblieben, das Fest am Wochenende miterlebt. Nur sollte der nächsten Aufenthalt ja endlich näher an die Heimat heranrücken. Ursprünglich war als Etappenziel die Region Dentelles de Montmirail eingeplant, ein Herzstück des Weinbaus und Bestandteil der Route Touriste Cote du Rhône. Unbedingt besucht werden sollte vor der Abfahrt der Wochenmarkt in L‘Isle-sur-la-Sorgue. Ungewaschen und ohne Bissen radelten wir in die Stadt. Der Markt erstreckte sich durch die halbe Altstadt um die Kirche hin bis an die Ufer der Sorgue. Wir waren sehr früh vor Ort, manche Marktbeschicker bauten ihre Stände auf oder bestückten mit einem Lied auf den Lippen die Auslagen mit ihrem Sortiment, Oliven schaufelte man aus blauen Plastikeimern in hübsche halbrunden Holzschüsseln, der frische Schafskäse wurde appetitlich drapiert usw. Die Entscheidung fiel schwer, also erst einmal eine Proberunde gedreht und das Angebot gesichtet. Am Ende lagen ein Schwertfischsteak, Crevetten, Melonen, Tomaten, Oliven, Pate und vier runde Ziegenkäse in unserer Tragetasche. Zwei Baguette wanderten mit auf den Campingplatz.

Das Frühstück war verdient und entsprechend umfangreich im Angebot.

Es kam ein Ehepaar aus Hameln mit ihrem WoMo, parkten gegenüber ein. Kleiner Austausch an Reiseinformationen, woher, wohin, was ist passiert, wo ist es schön.

Jola schien die festgelegte Marke nicht weit genug gen Norden zu gehen. Egal, erst einmal losgefahren. Orte die wir „berührten“ oder durchfuhren waren Pernes-les-Fontaines, Carpentras, Aubignan und Vacqueyras, Weinstöcke so weit das Auge reichte, Orte wie Schwalbennester an Berghänge geklebt, bei offenen Fenstern das geräuschvolle Konzert der Zikaden. Eine Domaine nach der anderen warb auf seinen großen Straßenschildern mit Verkauf und Degustation. Gigondas (als „Lieblingsort“ bezeichnete die Reisebuchautorin diese Stadt) lag etwas oberhalb, die Straßen wurden enger, Jola befürchtete wieder, ich würde in ein Ortszentrum fahren, aus dem es keine „Wiederkehr“ gäbe (sprich keine Umkehrmöglichkeit etc.). Doch ich wagte die Einfahrt, mogelte mich quasi zwischen zwei Restaurants durch und erreichten einen Parkplatz, der sogar Wohnmobilstellplätze auswies. In einen freien schob ich unser WoMo zwischen PKW.

Als die Sonne beinahe am höchsten stand, durchkämmten wir die Gassen, auch hier Verkostungsstellen der Weingüter mit Verkauf, teils auch mit Restaurantbetrieb. Ateliers mit Kunst unterschiedlichster Prägung. Das Sensoriel lockte uns bis fast auf die oberste Ebene des Ortes. Ohne Eintritt durften wir in den Räumen aus diversen Glasfläschchen Riechproben durchführen, um zu erraten, welcher Duft uns in die Nase stieg (Thymian erriet ich als einzigen). Man erfuhr etwas über die Böden, auf denen der Wein angebaut wurde, konnten einen Film über den Anbau ansehen und einen Blick in den Weinkeller werfen. Grenache, Syrah und Mourvédre wachsen hier in höherer Lage scheinbar besonders erfolgreich, die Weine haben wegen der begrenzten Fläche auch ihren Preis.

Ein paar Kunstobjekte bereicherten die Umgebung um das Ausstellungsgebäude, von dessen Terrasse ich einen Blick ins Tal und auf das es begrenzende Bergmassiv hatte.

Gegessen hatten wir natürlich auch im Ort, bei Bar a Vin NEZ! in der Rue du Rouvis unter einer riesigen Platanen.

Jola machte eine Degustation, kaufte zwei Flaschen Weißwein.

Danach ging es im Talkessel weiter über Sablet nach Vaison-la-Romaine. Den Campingplatz ausgeschildert bereits vor Augen, standen wir zunächst an der falschen Stelle in der Straße, drehten bei, um ihn dennoch nicht zu entdecken. Einmal um den Kreisel vor dem römischen Theater, dann hinter dicker Mauer den Eingang gefunden. Einen schattigen Platz gab es noch, wie wir am nächsten Tag merkten, nur für eine Nacht. Der Platz war vorgebucht.

Spaziergang in den Ort. Überall liefen oder standen Menschen mit einer Akkreditierungskarte am Band um den Hals, ein Zeichen für das gerade begonnen Chorfestival, das hier alle drei Jahre ein Großereignis ist und wohl tausende Sänger in die Stadt spült. Aus der Arena klang von einer Probe Gesang auf den Campingplatz, der quasi gegenüber lag. Durch die vielen jungen Leute sowie den Besuchern wirkte die Stadt recht quirlig, die Straßen zudem nicht so eng und die Gassen weniger dunkel. Gelbliches Licht der Beleuchtung tauchte alles in ein Sujet alter Meister wie Van Gogh oder Picasso.

Jola verwies auf den Stadtplan und bugsierte uns auf der Römischen Brücke (aus dem 1. Jahrhundert n.u.Z.) über die Ouvèze (leicht vertrocknet) in Richtung Altstadt, die mit leichter Mühsal erklommen werden musste. Bei Sonnenschein ein beschaulicher Flecken Erde, die Gassen so eng, kam ein PKW musste ich den Bauch einziehen und mich zur Hauswand wenden. So altertümlich, man hätte hier Filme drehen können, Jahrhunderte zurückliegend. Eine Galerie (zwei Künstler) lockte ins Innere. Oft verwendete Muster in leicht abgewandelter Form bildeten ein Motiv, wie wenn man in ein Haus ohne Außenmauer schaut und die einzelnen Wohnungen mit ihrem Interieur und Bewohnern sieht.

Es war kurz vor 19 Uhr, die Schweißdrüsen taten ihre Arbeit ungebremst, die Zikaden trällerten ihren rasselnden Sound ebenso inbrünstig. Auf dem Weg zurück entdeckte ich eine an einem Telefonmast, gut getarnt in ähnlicher Farbe wie der Beton.

Eine gelungene Aktion fand ich die Sache mit den in der ganzen Stadt ausgelegten Büchern. Auf Mauern, Zaunfundamenten oder Fensterbänken lagen Exemplare aus, versehen mit einem Hinweis, dass man das Buch mitnehmen, lesen und an einem anderen Ort wieder auslegen dürfe.

Ab 20.30 Uhr hallte dann der Lyoner Jugendchor aus der Arena ins Umland.

02.08.2019 Freitag

Wie es zu der Entscheidung kam, einen Tag zu verlängern, lasse ich einmal dahingestellt. Problem war, wir durften nicht auf dem gleichen Platz verweilen. Blieb nichts anderes übrig, als einzupacken, abzuräumen und umzuparken. Der neue Platz war nicht schlechter, sogar näher zu den Sanitäreinrichtungen. Durch den Umzug verzögerte sich der Tagesablauf. Ich hatte aus dem Touristenbüro detaillierte Fahrradrouten der Umgegend besorgt und die Tour über Roaix, Rasteau bis hin nach Cairanne ausgesucht (den Rest der Rundfahrt vernachlässigte ich). 16 Km nach der Streckenbeschreibung, mit der Möglichkeit, alternative Wege zu fahren. Zwar fanden wir kaum wirkliche Radwege getrennt von der Fahrstraße vor, dafür aber wenig befahrene in landschaftlich schöner Umgebung am Rande des Talkesseln durch fast ausschließlich Weinfelder. Der Wind blies kräftig ins Tal und hinderte manchmal an geordneter Vorwärtsfahrt. Dafür schob er nach einer ziemlich steilen Abfahrt zusätzlich mächtig im Rücken an.

Die Trauben hingen dicht an dicht an den relativ kleinen Stöcken, wie schaffen die das nur, wenn die Trauben erst reif und schwer geworden sind?

Nach gut 5 Km den Ort Roaix durchfahren, als Abwechslung tauchten mit Pinien eingefasste Areale am Horizont auf, später in Jungform in Baumschulen in Reih und Glied gezüchtet.

Rasteau war mir als einer der Weinorte der Region in Erinnerung geblieben, wäre gerade das richtige Ziel zur rechten Zeit für eine Mittagspause gewesen. Um in den Ort zu gelangen bedurfte es einiger intensiverer Pedalumdrehung im Sportmodus. Umso enttäuschter blickte ich über den leeren Platz an der Touristeninformation. Eine Bar, vor der drei Einheimische bei einem Gläschen Bier saßen, ansonsten kein Angebot für Hungrige. Trotzdem gab es ein Mitbringsel aus diesem eher verschlafenen Weindorf. Eine Flasche aus der Domaine des Nymphes für 7,50 € kam in einer Plastikhülle mit auf die restliche Wanderschaft. Die Abzweigung nach Sablet war exakt beschrieben, doch es fehlte das grüne Radschild, gut, dass der Name des Feldweges (Chemin de la Dague) genannt war.

In Sablet fanden wir nach abgebremster und trotzdem rasanter Talfahrt nach etwas Sucherei am Marktplatz ein lauschiges und zugleich schattiges Plätzchen bei Le Bar des Sports für einen Mittagstisch. Schatten war, neben einer Flasche Wasser, ein wichtiger Aspekt um diese Tageszeit. Beide aßen wir recht appetitlich aussehende Pizza, dünner Teig, fast wie bei Flammkuchen. Nach der Zahl der Gäste musste es das einzige geöffnete Restaurant im Ort gewesen sein. Gestärkt verließen wir den Ort, sahen bald rechts Seguret, wieder ein Dorf an den Berg geklebt. Hochgewachsene Bambushecken begrenzten mancherorts die Felder.

Die Hitze spürte ich bei der Fahrt vermehrt unter dem Hut, das, obwohl der Gegenwind für reichlich Kühlung sorgte. Bald schloss sich der Kreis, das Tal war fast umrundet, vor Roaix nach Vaison-la-Romaine abgebogen.

Gewebegebiet, schon bei der Herfahrt aus dem WoMo geortet, jetzt zog es auf einem komfortablen Radweg vorbei, wenige hundert Meter weiter tauchte ein Miniatur von Stonehenge auf. Zügig geknipst, schnell weitergefahren, bloß nicht zu lange stehend/ruhend in der gleißenden Sonne verbringen. Pause am WoMo.

Abends losgezogen, vor der Arena dem Dargebotenen gelauscht. Auf der Bühne versuchten Menschen Menschen auf den Rängen (gut gefüllt) zum Mitsingen zu animieren. Sektenhaft wirbelten Hände von gelbbetuchten T-Shirtträgern in die Höhe, die sich schaukelnd wiegten. Die im Programm und auf Plakaten angekündigte A-Capella-Gruppe mit Jazz-Vokals kann das nicht gewesen sein, meinte Jola.

Wir fingen dann die Abendstimmung am Platz Montfort bei einem Bier/Pastis ein. Kinder turnten an den Wasserspielen, versuchten den Strahl mit Hand oder Fuß zu bändigen, genauso wie ein Hund versuchte, in die Fontäne zu beißen. Kinder rannten sich die Lunge aus dem Hals, Eltern jagten ihren Kleinen hinterher.

Bier und Pastis war ausgetrunken, ich angesäuselt, wollte langsam nach Hause. Jola eher geneigt, bis zum Morgengrauen hier auf dem Platz sitzen zu bleiben und sich von dem Gemurmel einlullen zu lassen.

Chormitglieder saßen in Gruppen zusammen, später stellten sich ein paar Jugendliche auf ein Podest und ließen sich von einem Mann dirigieren, tanzten und sangen in Spanisch zu ihrer Melodie. Abends wieder mal Streiterei um die nächste Etappe.

2019 Colmar

05.08.2019 Montag

Nachdem mit Miriam geklärt war, wann wir sie in Kassel besuchen kommen können, war für uns Colmar ein nahes und bekanntes Zwischenziel. Rund 180 Km verbrachten wir gemächlich auf verschiedenen Straßentypen, immer kamen wir gut voran. Wieder im Elsass fühlte ich mich gleich der Heimat näher, wieso eigentlich? Obwohl ich die Adresse des Campingplatzes eingegeben hatte, steuerte ich den Stellplatz am Hafen in Colmar an. Um die Mittagszeit reisten einige Gäste ab und genügend freie Plätze standen zur Verfügung. Nur wenig mehr als 15 € für eine Nacht mit Strom, und noch näher zum Zentrum.

Die letzte Melone verspeist, dann aufs Rad geschwungen und zur Markthalle gestrebt. Vieles war seit dem letzten Aufenthalt in Vergessenheit geraten oder kam erst mit der realen Bebilderung zurück. Die Altstadt wimmelte von Touristen, mehrere Gruppen asiatischer Herkunft tourten durch die Gassen, ein bunter Haufen Menschen, bei denen ich deren skurrilen Einkleidungsstil bei bestem Willen nicht nachvollziehen konnte, meist mit Selfiestick bewaffnet, wurde alles abfotografiert.

Die Markthalle hatte dummerweise am heutigen Montag geschlossen.

So durften wir uns der Suche nach einer anderen Speisestätte widmen. Die drückende Hitze belastete das Gemüt, schnell geriet man wegen Kleinigkeiten in einen Disput. Trotzdem fanden wir am Place Ancienne Douane einen freien Tisch am Gehwegrand und aßen „Überraschungsteller“, weil das Französische auf der Speisekarte falsch interpretiert wurde.

Gegen 13.20 Uhr verhängte der Service die Essenssperre, neue Gäste wurden mit dem Hinweis „geschlossen“ verprellt, Stühle zusammengeschoben und die Speisekarte weggesperrt. „Terrine lapin“ entpuppte sich als zwei kalte Scheiben Undefinierbares, dazu geraspelte Karotten, und Speckkohl. Auf Jolas Teller befand sich ein Hähnchenschenkel und Frites mit dicker herbstlicher Soße.

Ein heimischer Winzer verkostete Elsässischen Wein, wir probierten ein Glas 0,1 Ltr. Rosé für 2 €. Werden ihn nicht vermissen.

Latschten durch zwei Einkaufsstraßen, Jola auf der Suche nach einem Kleid und nach Geschenken für Miriam. An der Touristen-Information „angeklopft“ (Jolas Typisierung) und an den Wasserlauf gesetzt und den Füßen eine Abkühlung gegönnt. Neues Hobby von mir: mich in freien Gewässern selbst fotografieren.

Folgten kurz den metallenen Dreiecken zur Rue de Tété. Das „Kopfhaus“ noch einmal betrachtet, dann einen Espresso im „1921“ getrunken und 250.o Kaffee gekauft. Immer noch so viele Touristen, eigentlich mehr, als zu dem Zeitpunkt, an dem wir hier eintrudelten. Nicht ganz bei den Rädern, stoppten wir erneut bei der Weinverkostung, Jola spendierte einen Crémant, danach einen weißen Muscat. Beide trinkbar, aber nichts, für einen Flaschenkauf.

Jola meckerte über meine Vorliebe, jungen Frauen nachzuschauen. Nun ja, ab und an gab es ja schließlich auch was zu sehen!

„Paul“, der Bäcker, mit seinen leckeren Baguette noch in Erinnerung aus der letzte Reise, tauchte auf und ich nahm zwei Paulette mit. Schwüle Luft begleitete uns auf dem Heimweg, der schneller zu Ende war, weil kürzer als bis zum Campingplatz. Der Stellplatz war „closed“, alle Plätze vergeben.

Jola zog gegen 18.40 Uhr erneut los, Besorgungen machen. Zu diesem Zeitpunkt war nicht nur der Stellplatz geschlossen, auch Toiletten und Duschen konnten nicht mehr benutzt werden.

06.08.2019 Dienstag

Katzenwäsche von Jola im WoMo gegen 07.30 Uhr, Grund: Duschen waren erst am 08.30 Uhr nutzbar. im Anschluss auf die Räder geschwungen und zur Markthalle gefahren. Berufsverkehr an der Hauptstraße, im Ort gähnende Leere, kaum Menschen in der Fußgängerzone, wenn, dann saßen sie vor einer Patisserie und aßen Croissant und tranken Kaffee.

Punkt 8 Uhr schlossen wir die Räder vor der Markthalle an. Ohne Touristen wirkte die Gegend am Quai de la Poissonnerie verlassen, konnte da, durch seine fein gemachten Häuser würdigen. Marschierten ins Innere, bestellten zwei kleine Frühstück. Der Mann bot uns einen Tisch auf dem außen über dem Wasserlauf des La Lauch angebrachten Ponton an, erste Gäste. Ein Glas kalter Orangensaft, ein Drittel Baguette, ein Croissant, ein kleines Glas Marmelade und einen Kaffee, typisch französisch.

Ein bisschen Käse, Zwiebeln, Tomaten, Baguette und eine Flasche Cidre schafften wir zum WoMo. Neuer Versuch, Schweiß von der Haut zu bekommen, Sanitärtrakt aufgesucht, Dusche besetzt, also warten, zusammen mit Jola. Gemeinsam in die Dusche, saunaartige Luftmasse waberte von der Vorgängerin um uns herum. Nach der Dusche schwitzte ich mehr als zuvor.

Ich kam mit den Nachbarn aus Bremen am WoMo ins Gespräch, die erstmals mit einem geliehenen WoMo unterwegs waren.

Die Abfahrt verzögerte sich, Jola musste unbedingt den Wasserbehälter auffüllen. Dafür stand sie ziemlich lange an der Zapfstelle an (Grund: zu geringer Druck in der Leitung).

Die Fahrt bis kurz vor Straßburg reine Freude, kein Stau, flüssiger Verkehr, die Temperatur stieg im Fahrzeug an, Klimaanlage an, dann war es zu kalt, Klimaanlage wieder aus. Dann den Rhein überquert und Deutschland hatte uns wieder. Bis 13 Uhr auf der Autobahn durchgehalten, dann abgefahren nach Lorsch (ca. 13 Km von Worms) in ein Gewerbegebiet und auf dem Parkplatz von tegut gehalten. Jola bereitete Mittag, zwei Quiche in der Pfanne warmgemacht, ich vertrat mir derweil die Beine und besuchte die Toilette.

Im Navi hatte ich nach der nächsten Tankstelle gesucht. Dafür kreiste ich 1.500m (nach Navi), es waren dann wohl ein paar Meter mehr. Goldene Tankzeiten schienen nach dem teuren französischen Diesel angebrochen zu sein, nur 1,269 € für den Liter.

Nach und nach reisten wir in eine dunkle Wand, kurze starke Schauer wechselten mit aufgelockerter Bewölkung. Ursprünglich war Fulda mit der Therme in Künzell als Ziel vereinbart. Alternativ kam Bad Hersfeld in Betracht, allerdings kein Campingplatz, dafür Stellplatz am Freibad.

Mal was Neues ausprobieren war unsere Devise, also fiel die Entscheidung zu Gunsten Bad Hersfeld aus. Dafür musste ich ca. 55 Km mehr auf der Autobahn abreißen. Immerhin besserte sich das Wetter. Wie ich befürchtete, die wenigen Stellplätze waren alle besetzt, zumindest auf den ersten Blick. Eine Lücke bot mir den Versuch an, meine Einparkkünste unter Beweis zu stellen. Jola half beim Abstand halten. Sogar eine freie Stromsteckdose war für uns übrig.

Zum Hausmeister in den Pavillon, wo ich 6,25 € für den Stellplatz löhnte und einen Stadtplan bekam.

Direkt an einem Fußballfeld mit Kunstrasen standen wir, das Freibad auf der anderen Seite. Das besuchten wir zuerst für eine Erfrischung. 2,20 € Eintritt nach 17 Uhr, zusätzlich 20 Cent fürs Duschen. Wundersame Welt: im Freibad fürs Duschen einen Obolus zu entrichten.

50m Bahn, kaum Besucher, ideale Bedingungen für ein paar ordentliche Züge. 600 Meter schaffte ich, trotz schmerzendem Knie.

Danach den einen Kilometer in die Innenstadt zurückgelegt. Der Marktplatz fungierte als Parkplatz, ansonsten Fachwerkhäuser, viele Lokale in verkehrsberuhigter Lage, einige imposante Sakralbauten und die Festspielbühne in der Ruine. Aßen im Wirtshaus zum Mückenstürmer am Marktplatz. Einige „schöne Frauen“ fuhren in teuren Cabriolets um den Marktplatz.

Jola war von der Stadt begeistert, plante schon für morgen vor, ein Bummel bei geöffneten Geschäften.

Das Festspielgelände beeindruckend in Szene gesetzt, das Innere der Ruine mit einer riesigen Zeltplane überspannt. Ein kleiner Biergarten lud zum Verweilen ein. Nach dem Rundgang gab es seit langer Zeit mal wieder ein Weizenbier (und das für nur 3,50 €). Heute fand keine Aufführung statt, ich erfuhr dies im angrenzenden Museum, in dem vor einer winzigen Bühne im Halbkreis Stühle unterschiedlicher Art und unterschiedlichen Alters standen. Sie seien aus dem Fundus des Museums, restauriert mit Spenden oder Fördergeldern.

Langsam ausgekühlt, dachte ich an die Rückfahrt. Zu uns an den Stammtisch der Darsteller (eigentlich reserviert) setzte sich eine Gruppe, zu der sich bald ein „Uwe“ gesellte und wohl noch weitere Freunde kommen sollten. Die beiden jüngsten waren zwei Frauen, wieder ausgesprochen aparte Wesen. Optisch hatte dies Stadt einiges zu bieten!

Jola wurde auf dem Rückweg durch eine rote Ampel ausgebremst. Ich wartete vorsichtshalber, der Verdacht, sie konnte die Abzweigung übersehen, bestätigte sich alsbald. Zum Glück übersah sie mich nicht, als sie angerauscht kam.

Rest der Fahrt ist privat. Am 08.08.2019 wieder in Lübeck.

2019 Besançon

04.08.2019 Sonntag

Gut 250 Km sollten heute zurückgelegt werden, Ziel der Campingplatz in der Nähe von Besançon. Ggf. war eine Weiterfahrt bis Mulhouse angedacht (-→ 130 Km mehr). Den größten Teil legte ich entspannt bei 100 Km/h auf der Autobahn zurück, was uns am Ende 31,80 € kostete. Die Landschaft veränderte sich unmerklich, der Wein wurde weniger, dafür mehr Felder mit Mais, der jetzt bereits eine gewisse Höhe erreicht hatte. Abfahrten mit Ortsnamen, die mir aus der Hinfahrt geläufig waren, weil wir sie auf den Landstraßen durchfahren hatten.

Der Campingplatz war eigentlich gut ausgeschildert, ich hatte wohl auch die korrekte Adresse eingegeben, doch das Navi wollte mich in Besançon stets woanders hinlenken. Am Ende landeten wir am Ortsende von Chalezeule direkt am Freibad. Es war ca. 13.30 Uhr, an der Rezeption ein Hinweis, um 14 Uhr sei man wieder für Gäste da. Die Snackbar bot nichts Esswürdiges an, das Restaurant auf der anderen Straßen glänzte durch gähnende Leere, weil geschlossen. Also im WoMo das Baguette von heute Morgen aufgetischt, Gemüse geschnitten, Sauerfleisch den Rest gegeben, Ziegenkäse, Oliven, was will man mehr. Dann den schattigen Platz 101 eingenommen, einen Espresso getrunken, danach ins Schwimmbad, kostenlos mit Campingplatz-Ticket, sonst 2,50 €. Es war, ohne Übertreibung, mehr Menschenmasse als Wasser im Becken. Ich wurde gleich nach der Durchschreitung des Fußbeckens vom Bademeister aufgefordert, meine Turnhose auszuziehen. Überall in den Anlagen wird stets darauf hingewiesen, dass es aus hygienischen Gründen nicht erlaubt sei, mit Shorts ins Wasser zu gehen. Warum nur?

Die dunkelsten Hauttypen sprangen kopfüber ins Becken, warfen im Wasser mit Bällen oder tollten am Beckenrand herum, ohne dass die Aufsicht einschritt. Die schönsten Mädchen/Frauen posierten, sonnten sich, schwammen, auch mal ein ansehnlicher Kopfsprung war dabei. Slalom war notwendig, um einmal durchs große Becken ohne Anecken zu schwimmen.

Gegen 17 Uhr machten wir uns nach Besançon auf.

Schöner Radweg, teils neu und nur für Radfahrer, teils auf fast unbefahrenen Nebenstraßen entlang der Doubs. Sie floss quasi durch ein Tal, links und rechts bewaldetes Felsmassiv, manchmal oben gespickt mit Ruinen alter Festungen/Burgen. Am Ufer angedockt lagen einige bewohnt wirkende Kähne. Die Citadelle thronte mit dicken Mauern über der Stadt.

Um die Stadt, die auf mich nach wie vor wie eine Festung wirkte, am Flusslauf herumgefahren. So gelangten wir ca. 18 Uhr wieder an altbekannter Stelle an der Pont Battant und der Kirche St. Madeleine in den inneren Kern der Stadt. Zeit für ein Bier, passend dazu die Lokalität direkt an der Brücke. Ein heimisches Bier, ziemlich kalt, löschte den aufgestauten Durst, während wir das Treiben um uns herum auf uns wirken ließen.

Jola wurde nicht warm mit diese militärisch anmutenden Aneinanderreihung von kompakter Bauweise, außerdem fehlte Grün in den Straßen. Die Räder ließen wir stehen, suchten auf der Wanderung durch die sediert wirkende Stadt ein Abendmahl. Konzentrierte sich auf das Umfeld um die Brücke, Flammkuchen war nicht mein Ding. Die Grand Rue empfing uns als Einkaufsstraße mit geschlossenen Läden. Am Ende wäre es zur Citadelle hinaufgegangen, später vielleicht!

Gutes französisches Essen war hier heute und jetzt kaum zu erwarten, am Ende speisten wir in der Rue Pasteur im Café Leffe, Systemgastronomie. Meine beiden Geflügelspieße waren ein Witz, jeweils 3 Stücke hingen auf den Holzstöckchen zwischen laschen roten Paprikascheiben.

Während wir auf Getränk und Essen warteten, ereignete sich an einem Nebentisch eine Art Mundraub. Ein Zwillingspaar, cool mit dunkler Sonnenbrille, leicht gebräunt und stets mit süffisantem Lächeln um den Mund, bestellten sie zwei große Bier, nörgelten beim Service daran herum, der zwei neue mit einem Löffel darin brachte. Ständig telefonierten sie (oder taten so?), die Steaks verdrückten sie, telefonierten wieder, der eine verschwand, kam zurück, der andere entfernte sich mit seinem Handy, kam ebenfalls zurück. Dann verdrückte sich der eine erneut, in eine Richtung, der andere folgte wenig später telefonierend über den Platz, wurde plötzlich schneller und entfleuchte um die Häuserecke. Niemand nahm Notiz davon. Später räumte ein Kellner die Teller weg, die halbvollen Biergläser ließ er stehen. Dreiste Zechprellerei, live dabei!

Zwei Impressionen aus der Stadt: eine sonntägliche Straßenansicht mit Menschen auf äußerer Haustreppe bei der Handynutzung und Jola mit Monsieur Battant auf der gleichnamigen Brücke.

Danach etwas sportlich aktiv die ungemein steile Straße zur Zitadelle hinaufgefahren. Imposantes Gemäuer, für ein Foto fand ich allerdings kein Motiv. Es gab leider keine alternative Abfahrt, die uns auf unseren Radweg gebracht hätte. Wieder an der Doubs, verpassten wir die Überfahrt über den Fluss, was ich ca. nach einem Kilometer anmerkte. Umkehr und Rückfahrt bei nun frischem Fahrtwind und beginnender Dunkelheit.

2019 Lyon

03.08.2019 Samstag

Abfahrt, erst ein Stück auf den wenig befahrenen D-Straßen u.a. durch Valréas, dann 176 Km auf die Autobahn A9 nach Lyon. Reger Verkehr, aber wir kamen gut voran, heißt keine Staus. Das konnte man von der Gegenseite nicht behaupten, Sitzfleisch war bei den Reisenden angesagt, Stau ohne Ende auf drei Spuren (waren das die Pariser, die ans Mittelmeer wollten?). In Lyon dann doch noch zwei Kilometer Kriechspur durch den Tunnel. Der Campingplatz wirkte etwas lieblos gepflegt, aussuchen durften wir nach Belieben einen Platz. Immerhin ein Swimmingpool, ganz ordentliche Sanitäreinrichtungen. Nach einigem Hin und Her und Nachfragen an der Rezeption verzichteten wir auf unsere Räder, benutzten Bus und U-Bahn um in die Altstadt zu kommen. 6 € ein Tagesticket, günstig für eine Großstadt. Um 15 Uhr bretterte der Busfahrer über holperiges Pflaster in Dardilly (ein weniger aparter Ort, soweit ich das aus der Perspektive im Bus beurteilen konnte) und war in gut 25 Minuten an der U-Bahn-Station. Alles gut ausgeschildert, alles sauber und ordentlich. Drei Stationen, dann krochen wir aus der Tiefe des U-Bahnschachtes an die Oberfläche der Altstadt und befanden uns unmittelbar im Touristenstrom um St. Jean. Gleich in ruhigere Gassen geschwenkt, die Rue de Doyenné. Ein kleines Restaurant bot Essen an, möglich, dass es lecker war, aber wir zogen vorbei, in der Hoffnung, bessere Einkehr zu finden.

An der Église St. Georges wendeten wir uns dem Ufer der Saône zu und marschierten zurück in das Auge des Orkans, Place de St. Jean und Rue St.Jean, wo am Platz gerade eine Gruppe Demonstranten der Marke „Gelbwesten“ markige Sprüchen von sich gebend eintraf und für Unruhe sorgte. Wenig später, wir traten gerade nach der Besichtigung der Kathedrale auf den Vorplatz, tauchten diverse schwerbewaffnete Polizisten auf, tauchten in der Menge der Touristen unter. Jola befürchtete Schlimmes, ich zog einfach weiter durch den Strom der „Ausländer“, warf einen Blick in diesen Gang oder den Hinterhof.

Im Rückblick aus der Fußgängerzone ergab sich ein schönes Motiv der Kathedrale in Seitenansicht:

Immer noch waren wir auf der Suche nach einer ansprechenden Pausenstation, die wir aus lauter Verzweiflung im Bogen der Saône am Ende des Altstadtviertels St. Paul in der Rue Lainerie bei einer Art Steakhaus in Anspruch nahmen. Auf der Karte keine alkoholischen Getränke, was den Verdacht schürte, es handele sich um einen islamisch geprägten Betrieb. Zumal ein Teil der Gäste durchaus dazu gepasst hätte, Kopftuch bspw. Bei der Bezahlung klärte sich die Sache auf, gegenüber befand sich eine Schule, im Umkreis von X Metern dürfe kein Alkohol verkauft werden.

Ein bisschen Ausgleichssport schien nicht unangebracht, so schlug ich Jola Treppensteigen vor, die gleich hinter der U-Bahnstation St. Paul hinauf führten und allein optisch schon eine Herausforderung darstellten, weil nach oben kein Ende in Sicht war.

Trotz gemäßigter Gangart auf flachen Steinstufen trat Schweiß auf die Stirn und Innenhalten war angebracht. Nach ca. 950 Stufen erreichten wir, überholt von jüngeren Spaniern/Spanierinnen, ein Plateau. Es gab einen Abzweiger mit dem Hinweisschild „Parc de Hauteurs und Notre Dame de Fourvière“, der zwar registriert, aber an dem wir vorbeigingen. Endlos zog sich linker Hand eine Mauer, unterbrochen von Stahltoren, die Grundstücke absicherten, hin, rechts ebenfalls Gemäuer, im Verfall befindlich, an anderer Stelle modernisiert. Kunst soll hier ausgestellt sein, aktuell alles hinter verschlossenen Toren versteckt. Uns deuchte, hier finden wir keinen Weg in den Park oder zur Kathedrale und kehrten um. Diesmal folgten wir dem Hinweisschild, was uns wiederum Schweiß aus den Poren trieb, denn es ging noch ein weiteres Mal Steinstufen hinauf. Oben dann die Belohnung, die Kathedrale und die Aussicht über Lyon. Dicht gedrängt standen die Menschen an der Brüstung und knipsten Erinnerungsfotos.

In die Kathedrale drangen wir nicht ein, Jolas Versuch, durch das Portal ins Innere zu gelangen, wurde abrupt durch einen Türsteher vereitelt, er schlug ihr die Tür vor der Nase zu.

Aus dem Stadtplan war mir bereits bekannt, dass von hier oben eine Art Seilbahn zur U-Bahnstation St. Jean fuhr. Diesen Kurztrip nahmen wir gerne in Anspruch. Im Wartebereich kam ich mir vor wie auf einem Berg in den Alpen.

Ohne weitere Aktivitäten, es war 19.15 Uhr, stiegen wir nach der Seilbahnfahrt gleich weiter in die Katakomben der Station St. Jean hinab, bzw. ließen uns auf der Rolltreppe nach unten transportieren. Gut ausgeschildert fanden wir gleich den Bahnsteig der Linie D nach Gare de Vaise. Nach zwei Minuten kam die recht volle Bahn an. An der Endstation wartete der Bus der Linie 89 schon (so jedenfalls der Eindruck). Kaum eine Minuten nachdem wir eingestiegen waren, fuhr der (gleiche) Busfahrer los. Im Bus meistens Touristen, die ebenfalls am Campingplatz ausstiegen.

2019 L‘Isle-sur-la-Sorgue (2)

30.07.2019 Dienstag

Abwasch (Jola) und Duschen (Uwe) überschnitt sich fast, beide schienen wir unter die Frühaufsteher gegangen zu sein. Jola trollte sich mit dem Rad davon, Basisnahrung beschafften, sprich Baguette. Ich riet ihr zu der Boulangerie Artisan gleich nach dem Kreisverkehr zu fahren. Es dauerte, aber als sie wieder auftauchte brachte sie die frohe Botschaft mit, ihr Schlüsselbund sei wieder da. Sie hatte einen Abstecher zur Patisserie gemacht, die heute wieder geöffnet war. Und wirklich, die Frau aus dem Laden hatte den Schlüsselbund an sich genommen, nur noch nicht zur Polizei gebracht. Wenigstens dieses Problem erledigte sich von selbst. Méze verließen wir gegen 09.30 Uhr, Jola schwärmte länger von „diesem schönen Ort“, wo alles so gut zu erreichen war, die Menschen zu arbeiten und hier zu wohnen schienen, die Stadt nicht so verfallen wirkte wie anderswo (bspw. Agde). Meine Routenplanung eingeschaltet, wonach es zunächst Richtung Avignon und weiter nach Lagnes und L‘Isle-sur-la-Sorgue gehen sollten, an einem der nächsten Tage in die weiter nördlich gelegene Weinregion um Gigondas und Rasteau. Die Domaine Tourbillon in Lagnes fanden wir nicht sofort.

Die Auswahl in der Verkaufshalle reichte von dem Eigenanbau bis hin zu Weinen aus der Domaine Châteauneuf de Pape. Doch die Preisklasse für diese Weine war mir definitiv eine Kategorie zu hoch. Dafür beglückte mich das Angebot des Rotweines der Sorte „Plan de Dieu“, mit 12 € eigentlich immer noch eine Preisklasse außerhalb meines Budgets, aber es gab beim Kauf von 3 Flaschen 1 gratis dazu. Mit Olivenöl (für uns und als Geschenk), Weißwein und Rosé löhnte ich zu Jolas Entsetzen 424 €. Dafür erbot ich mir etwas Entgegenkommen, bekam eine Flasche Rotwein und einen Flaschenverschluss als Zugabe. Alles im WoMo verstaut, ob bruchsicher, wird sich zeigen.

Jola schlug dann einen Abstecher nach Gordes vor, ein Dorf wie ein Schwalbennest gebaut am Fels, einst dem Ruin verfallen, gerettet und nunmehr eine Touristenattraktion, wie ich bald feststellen durfte. Busladungen, vor allem asiatischer Herkunft, strömten in diesen „pittoresken“ Haufen alten Gemäuers. Zudem war in der Ortsmitte gerade der Wochenmarkt zu Ende gegangen.

Die 13 Kilometer Anfahrt mündeten auf schmaler Straße in Serpentinengekurve, im Ort zum Glück einen bezahlten Parkplatz in der Mittagssonne ergattert (4 €). Fußmarsch schattensuchend zum Mittelpunkt (Kirche) ca. 500m. Wie eine Kolonie Ameisen stratzten die Asiaten mit aufgeklappten Sonnenschirmen oder einige im Ganzkörperkondom gen Filmkulisse. Oben ergatterten wir an einem der Wochenmarktstände warme Mahlzeiten ohne Besteck, mit den Tüten beschritten wir einige der engen Gassen, meist führten sie nach „abwärts“. Unlust überfiel mich, Hunger trieb mich zu dem Stand zurück,

Jola bat auf französisch-englischem Kauderwelsch um Anschnitt der erworbenen Bulette. Auf einer Steintreppe vor dem Touristenbüro verzehrten wir dann unsere Plate de Jour.

Ich verweigerte die Erkundung des Restes dieses Konvolutes touristischer Photomanie. Marschierte zum WoMo zurück, knipste allerdings selbst noch ein Bild von der Felswandansicht.

Nicht genug von dieser Schmalspurstrecke, Jola wollte unbedingt nach Roussillon, wo der Ocker abgebaut wird.

Wieder Ausweichmanöver auf engen Straßen und wieder Kurven hinauf in den Ort, wo kein Parkplatz für Wohnmobile zu finden war, uns eine Aufpasserin stoppte und zu einem anderen Parkplatz verweisen wollte. Mein Geduldsfaden besaß wahrscheinlich nur wenig mehr als strapazierfähige Fasern im Mikrobereich. Deshalb auch schnelle Umkehr und Roussillon unbesichtigt verlassen die Rückfahrt nach L‘Isle-sur-la-Sorgue angetreten. Die Hitze ohne Luftbewegung wurde unerträglich, das trotz Klimaanlage. Genervt von den Unnützwegen trafen wir gegen 16.30 Uhr auf dem Campingplatz ein.

Jola erledigte die Formalitäten, schilderte mir, wir hätten mehrere Optionen, vornehmlich Nummer 9 als Schattenplatz sei angepriesen worden. Nahe dem Ausgang, rangierte ich das WoMo rückwärts auf den Stellplatz. Da kein Satellit die Schüssel erreichte, scannte ich die anderen freien Plätze ab, drehte quasi eine „Ehrenrunde“ auf dem Gelände. War ziemlich viel Lauferei für „umsonst“ gewesen. Drehte danach das WoMo und Empfang war da. Jola wollte Action, ich erst einmal Tee. Pastis zur Ankunft.

Gegen 18 Uhr den Weg um das Campingplatzgelände getapert und ins eiskalte Wasser der Sorgue getaucht. Menschen saßen an den flachsten Stellen auf Stühlen bei einer Dose Bier im Wasser und klönten oder sahen ihren Kindern beim Plantschen zu. Eine Polizeistreife im Kanu, vorschriftsmäßig mit Schwimmwesten bestückt, hievte sich das Wehr geschickt hinunter und verschwand im Flussbogen. Bei 13° freiwillig ganz untertauchen, ich hätte nicht gedacht, dass das solche Freude sein könnte.

Als ich mich aufs Trockene begab, stand ein äußerst ansehnliches Mädchen, mir deuchte, es sei indischer Herkunft, im Wasser und animierte einen Jungen an Land, zu ihr ins Wasser zu kommen. Die Engelszungen wirkten nicht unmittelbar, er zauderte oder genierte sich, was weiß ich über die Mentalität.

Abends fuhren wir in den Ort, bummelten, die meisten Läden hatten schon geschlossen oder verwiesen ihre Kundschaft der Verkaufsfläche. Mediterranes Treiben dort, wo Restaurants ansässig waren.

In der Kirche begann gerade eine Veranstaltung, Internationales Jugendorchester mit ca. 70 Beteiligten spielte ab 20 Uhr Klassik. Eine Cellistin bekam beim zweiten Stück einen Solopart. Meine Musik war es insgesamt nicht.

Aßen in der Rue de Goudard bei Le 17 Place aux Vins eine Kleinigkeit (Tapas) und tranken dazu 0,12 Ltr. Rosé. Nächtliches Leuchten an der Avenue des Quatre Otages. In lauwarmer Luft radelten wir gegen 22 Uhr gelassen zurück zum WoMo.

31.07.2019 Mittwoch

War es der Mistral, der die Nacht über nicht zur Ruhe kam? Langschläfer, nennt man uns so, wenn wir erst 08.40 Uhr aufstehen? Die Hitze hielt sich noch zurück, als wir uns auf den Weg nach Le Thor zu der Grotte von Thouzon machten. Am Kreisel fanden wir ein Fahrradweghinweisschild nach Le Thor. Dem folgten wir, in der Hoffnung auf eine gute Beschilderung und vernünftige Straßenverhältnisse. Beides traf mehr oder weniger zu, teils neu geteerte Straße und an den entscheidenden Ecken die grünen Schilder. Keine fünf Kilometer und das Ortseingangsschild „Le Thor“ tauchte auf. Vom Ortspanorama keine besondere Kenntnis genommen, eher auf die Beschilderung geachtet, wo es zur Grotte ging. Mit Hilfe des Mistrals schafften wir die restlichen 4 Kilometer, ohne unter der Hitze der Sonne besonders zu leiden. Das Monument erwies sich außen als unspektakulär, ein kleiner Parkplatz, ein Picknickplatz, eine Souvenirshop und die metallene Eingangstür in die Höhle. An der Kasse im Shop handelte Jola den Eintrittspreis um einen Euro pro Person herunter (Pensionär). Wir bekamen eine DIN A4 Seite mit der Beschreibung der wichtigsten Anschauungsobjekte. Wir warteten, es dauerte dann ein Weilchen. Einmal strömte aus dem Eingang eine Menschenmenge, darunter erstaunlich viele Kleinkinder. Unter den Bäumen am Parkplatz stromerte ein Pfau herum, einer mit einem langen bunten Schwanz, der bei Windböen seinen Körper zu überholen wollen schien. So gegen 11.45 Uhr rief man die Interessierten über Lautsprecher zusammen. Der junge Mann brabbelte in schwer verständlichem Französisch (egal, auch mit Verständlichem hätte ich nicht viel mehr anfangen können), was bei der Begehung der Höhle zu berücksichtigen und zu beachten wäre. Kinder bekamen in Form eines Comic ein Höhlenerforschungsheft. In der Höhle herrschte eine konstante Temperatur von 13°. Auf den Kopf musste ein großer Mensch bei der Begehung Acht geben. Stalaktiten wuchsen auch am oder über dem Höhlenweg. Mit effektvoller Beleuchtung setzte man die natürlich entstandenen „Objekte“ aus Kalk, Wasser und Zeit besonders in Szene. Manchmal spielte auch Eisenoxyd eine Rolle bei der Farbgebung.

Schattenwurf und das Gehirn mit seiner eigenen Phantasie produzierten laufend aus den verschiedenen Formen Figuren, die aussahen wie Pferdeköpfe, Menschen in Mänteln, Gesichtern, Fischkörper etc. Makkaroni hingen von der Höhlendecke, Wasser sammelte sich nach und nach hinter dem Rand von abgelagertem Kalk, der zum einem Becken anwuchs, schafften sich im Laufe der Zeit selbst ab, indem der Kalk das Becken zu einer Glocke schloss.

Nach dem Ende des Rundganges suchten wir das Zentrum von Le Thor auf, mittags so verschlafen wie müde Augen nach einer durchzechten Nacht. Hinter der Kirche der Markt, wo gerade die Beschicker ihre Stände abbauten. Eine Bar, wo unter einer Plane ein paar Menschen bei Getränk und Essen saßen. 12.45 Uhr, eine gute Zeit, einen Imbiss zu uns zu nehmen. Außerdem würden wir der Hitze eine Zeitlang ausweichen. Die Bedienung, eine blondgefärbte Frau in kurzem Rock mit Serviceschürze und einer Zahnreihe, die nur künstlich geformt worden sein konnte, bediente freundlich, klebte die Sets mit Tesa auf dem Tisch fest, rollte die Bestecke fachgerecht in die Serviette ein. Neben Einheimischen saß auch ein Paar „Fremdlinge“, geschätzt Holländer oder Skandinavier, mit E-Bikes unterwegs, an einem der Tische bei alkoholfreien Getränken.

Jola fand das Essen zu teuer.

Als ich in der Bar zahlte, fand ich ein quirliges Innenleben mit Einheimischen vor. An der Kasse ein kleiner Mann, Typ indischer Herkunft, der mich gleich in Englisch ansprach und wissen wollte, wo ich herkomme. Artikulierte jede Position unseres Verzehrs überdeutlich und wartete auf mein o.k. dazu.

Wieder in L‘Isle-sur-la-Sorgue besuchten wir die Villa Datris ein zweites Mal. Gleich am Eingang empfing mich eine dunkelhaarige Frau im roten Kleid, hübsch anzusehen, nur störten mich leider ihre schiefen Zähne wenn sie sprach oder lächelte. Sie instruierte mich über die Villa und wünschte mir einen angenehmen Rundgang (so würde ich ihren französischen Texte frei übersetzt haben wollen). Jola blieb im Vorraum und sah sich Videos an.

Ich erklomm die beiden bisher nicht zu Gesicht bekommenen Stockwerke. In einem fand ich Holzfiguren, mit der Säge bearbeitetes Grobmaterial, hier zwei Löwentorsos.

2019 Méze

27.07.2019 Samstag

Ungewohnt mit T-Shirt zu schlafen, lag an den stark heruntergekühlten Temperaturen.

Nachdem ich gestern Abend diverse Szenarien für die nächsten Etappen durchgespielt hatte, u.a. weiter hoch an die Dordogne zu fahren, kamen wir am Morgen beim Frühstück überein, dass wir uns rückwärts an den Étang de Thau bewegen wollen. Méze als Zielort, eventuell auch Pézenas, das als lohnenswerter Besuch im Reiseführer Erwähnung fand.

Abfahrt erst gegen 11.30 Uhr, bis 9 Uhr geschlafen, weil gestern der Fernseher so lange lief.

Keine Lust auf Kreisverkehr, schaltete „Maut vermeiden“ aus und fuhr auf die Autobahn A9, wo gleich nach dem Ticket und der Auffahrt zäh der Verkehr dahinkroch, sich aber auf meiner Seite schnell beschleunigte. Auf der anderen Seite meist auf drei Spuren Stau bzw. ebenfalls im Schneckentempo ein Vorankommen.

Regen, Regen und noch einmal Schauer. Wenn schon hier in der Gegend, dann sollte es einen Versuch geben, Pézenas zubesuchen. Im Ort reger Betrieb, ein Parkplatz vor den Toren fast vollgestellt, für unser WoMo ohnehin nicht nutzbar, weil höhenbeschränkt.

Umgekehrt, aus dem Ort gefahren, Jola meldete hier einen freien Platz, dort eine Abstellmöglichkeit, ignorierte ich und drehte eine Ehrenrunde um den nächsten Kreisel. Gut einen Kilometer vor dem Ort, vor einem Gebäude, in dem Stücke von Moliere vor langer Zeit aufgeführt worden waren, fand ich einen passablen Halt. Bei Nieselregen in die Stadt (ca. 11.000 Einwohner), wo gerade der Wochenmarkt sich dem Ende neigte, dennoch emsige Geschäftigkeit herrschte. Touristen waren hier momentan in der Mehrzahl vertreten. Wesentlich attraktiveres Umfeld, hübsche Läden, oft Töpferhandwerk, Malerei etc., Museen. Moliere hat hier einmal wohl bei einem Barbier auf einem Stuhl gesessen, den man jetzt verehrungswürdig fand und der irgendwo ausgestellt sein sollte. Fußstapfen in signierten Fliesen im Trottoir, wo jeweils „Moliere“ erwähnt wurde. Jola kaufte Oliven, schwarze und grüne. Zum Weinkauf konnte ich mich nicht durchringen, zwei drei Stände boten ihren aus der Region an, probieren wollte ich nicht, obwohl eine aparte schwarzhaarige Schönheit hinter einem der Tresen Gläser zur Degustation anbot.

Ein von Jola ausgegucktes Restaurant erwies sich als scheinbar von den Servicekräften überfordert, niemand tauchte auf, um eine Bestellung aufzunehmen, außerdem sah das herausgebrachte Essen wenig ansprechend aus. Ob unsere spätere Wahl nun besser oder schlechter war, sei dahingestellt. Keinen Platz gab es im Coq Vieux, schade, denn dort sah alles appetitlich aus. Daneben ein weiteres Lokal namens La Pomme d’Amour, in das wir durchs Fenster einen Blick warfen und einen freien Tisch entdeckten. Auf den durften wir dann draußen noch 5 Minuten warten. Im Eingang ragte ein Schlauchrohr dem eintretenden Gast entgegen, es blies oder saugte warme oder kalte Luft durch eine Art Klimagerät an oder aus. Die „Mutter“ des Hauses, ein winziges Persönchen mit gerüschter schulterfreier Bluse, auf dessen nackter haut diverse Tätowierungen noch mehr abschreckten als das Outfit. Den Haarschnitt durfte man getrost „originell“ nennen. Hinten in einer Art Stufe um den Atlas herum das Haar auf Stoppellänge weggetrimmt, seitlich zottelige Strähne, alles in weißlichem Grau. Nicht nur die Schultern lagen blank, auch der Busen hüpfte ab und an aus dem rüschigen Weiß herauf, hielt sich aber soweit bedeckt, dass niemand erschrocken aus dem Lokal flüchtete.

Der Weißwein war so mies (hätte ich bei 7,50 € für ½ Liter mehr erwarten dürfen?), nach zwei Schluck blieb das Glas wie eine Unberührbare stehen. Die Miesmuscheln waren allerhöchsten zweite Wahl, viele geschlossen und das Muschelfleisch, wenn vorhanden, so klein, als wenn es künstlich geschrumpft worden wäre. Immerhin war der Käsesud essbar. Das ganze lag mir ziemlich im Magen, fürchtete kurzzeitig um meine Gesundheit. Mochte gar nicht an die Enge der Küche (ein winziger Flecken) und das Hantieren vom „Chef“ denken. Im WoMo schnell einen Schluck Rum zum Desinfizieren hinterher geschüttet. Schade, dass das Wetter nicht so mitspielte, der Ort hätte sicher einen intensiveren Rundgang verdient gehabt.

Méze bot vor dem Ortseingang eine braun-gelbe Brache als Stellplatz an, auf dem etliche weiße Gehäuse nass glänzten. Den Campingplatz fanden wir nicht gleich. Beau Rivage war eine Straße, ebenso hieß der Campingplatz. Kreisten zweimal, bis wir an der Rezeption standen.

Schöner Stellplatz mit ein wenig schattenspendenden Bäumen. Swimmingpool, stark frequentiert von Kindern und Jugendlichen. Sanitäreinrichtungen wurden gemeinsam genutzt. Waschmaschine vorhanden. An Klopapier war selbst zu denken.

Spaziergang durch den Hinterausgang des Campingplatzes zum Étang de Thau mit Blick auf Sète.

28.07.2019 Sonntag

Stürmische Nacht gewesen, der Wind hatte alle Register gezogen und mächtig am WoMo gerüttelt und die umstehenden Bäume geschüttelt.

Das Sonntagsei vorbereitet, abgewaschen; Jola verschwand, verlängerte den Aufenthalt an der Rezeption, Baguette gab es dort nicht. Sie startete eine Suchaktion, der Supermarkt in der Nähe hatte am Sonntag geschlossen, in der Stadt mehr Menschen auf den Beinen als sonst üblich: Wochenmarkt! Irgendwo am Rande des Markttreibens fand sie eine Patisserie und kam mit zwei leckeren Baguette zurück.

Den Wochenmarkt besuchten wir später. Zwischenzeitlich nicht mehr ganz so ungewöhnlich die umfangreiche Zahl der Stände und die Markthalle hatte außerdem mit Fischangeboten aufgewartet. Ohne Hunger oder Appetit kaufte es sich schlecht ein, Jola konnte bei den Bekleidungsständen der Werbung „alles 5 €“ nicht widerstehen und erwarb zwei Hängekleider. Nachdem alles gesichtet und begutachtet war, blieben wir unentschlossen; weiterfahren (den Radweg am Étang entlang Richtung Sète) oder bleiben und Mittagessen. Tranken dann in einem Bistro einen Pastis, ließen dabei die Marktbesucher auf uns wirken. Der Marktbesuch endete in der Halle, wo Jola den Rest von Crevetten an einem Fischstand für uns günstig ergatterte.

Immer noch sehr stürmische Böen bei klarem Himmel und blitzender Sonne, das waren die Rahmenbedingungen für unsere Radtour auf dem ersten ordentlichen Straßenbelag für Radfahrer auf dieser Reise. Zuerst leitete der Weg uns etwas ins Landesinnere, wo wir bei der Villa Gallo-Romaine auf einem vertrockneten Feld weiße Zelte stehen sahen, die uns anlockten. Es handelte sich um eine Art „Mittelalterlichen Markt“, am einzigen Verpflegungsstand eine lange Schlange. Kein Interesse, setzten die Fahrt fort, bald parallel zur D613. Bouzigues lockte schon am Ortseingang sofort mit Degustation und Kauf von Austern, Muscheln und sonstigen Schalentieren. Das Herz der Austernzucht war erreicht. Nicht lange gefackelt, das dritte oder vierte Lokal „Le jardins d’Oc“ gefiel uns gut und die Wahl bereuten wir nicht. 18 gratinierte Muscheln für 12 € und 9 € für den ½ Liter Weißwein. Als alle Muschelschalen geleert waren, zählte ich sogar 20 Stück.

Der Radweg blieb erfreulich breit und gut zu befahren. Der Ort strahlte einen gewissen Charme aus, Restaurants am Hafen alle gut besucht, die Sonne erleuchtete die Häuserfronten, auf dem Étang ragten die Holzgestelle der Zuchtanlage in endlosen Reihen aus dem Wasser. Der Radweg bot kurzzeitig sogar einen Damm im Étang, hier blies der Wind von landwärts besonders heftig. Balaruc-le-Vieux und Les-Bains irgendwie verschmolzen, erschienen mir größer als erwartet. Großer Campingplatz, Promenade, Stege zum Sonnen und Baden, eine moderne Therme und ein Casino. Sète rückte näher, aber uns schien der Weg bis dahin zu weit. Drehten bei und fuhren zurück.

Abends begann der nächste Alptraum, Jola fand ihr Schlüsselbund nicht. Mehr oder weniger jede Ritze im WoMo untersucht, kein Schlüsselbund, nirgends. Verzweiflung griff um sich, u.a. auch, weil nicht exakt der Zeitpunkt des Verlustes bestimmt werden konnte.

Nach vielem Überlegen fanden wir immerhin heraus, dass Jola gestern Abend beim Supermarkt ihr Rad an- und wieder aufgeschlossen hatte.

29.07.2019 Montag

Wenig erbaulich der Morgen, wieder Grübelei und Insichgehen, wo konnte der Schlüssel nur geblieben sein? Hatte Jola morgens ihr Rad / unsere Räder aufgeschlossen, sie war zur Rezeption und dann im Ort Baguette kaufen. Dort schloss sie das Rad nicht ab.

Tagsüber Recherche, Nachfrage an der Rezeption, Fahrt zur Patisserie, die hatte geschlossen.

Blieben dann einen Tag mehr in Méze. Jola fuhr den Weg zum Supermarkt ab, nichts. Einige Zeit am Campingplatz verbracht. Mittags Spaziergang die Promenade bis zum Strand, bzw. mehrere Strände. Jola nutzte die Gelegenheit, fragte im Touristenbüro nach, wo man sich nach verlorenen Sachen erkundigen könnte. Ich wartete und schaute ins Wasser, wo sie tausende Babyquallen zwischen den Schiffswänden tummelten.

Am Hafen beschauliches Treiben, die Restaurants warteten auf einen Ansturm, der am Montag wohl nicht so kommen würde. Uns kam die wochenanfängliche Ruhe zugute. Auswahl an freien Plätzen war reichlich vorhanden. Muscheln, vielleicht zum letzten Mal direkt aus dem Étang (oder wo sie auch immer herkommen mochten) im Restaurant du Port gegessen. Diesmal „ohne Limit“, hieß, wir konnten nachordern, was wir einmal machten.

Stadtrundgang, ohne Marktstände sah die Gegend gleich ganz anders aus. An der Polizeistation am Chateau Giranch trafen wir niemanden an.

Der Versuch, im Étang zu baden misslang mehr oder weniger. Am Strand stürmischer Wind, der einigen Besuchern Kummer bereitete, mal kippte ein leichter Klappstuhl immer wieder um, mal sprühte das Duschwasser der Brause durch die Gegend, mal wehte der Sand eines aufgenommenen Handtuchs auf den gerade eingecremten Nebenmann bzw. eingecremte Nebenfrau. Mein Badegang verlief wie eine Wanderung durch feuchte Grünanlagen, aufgewühlt vom Seegang waberte alles mögliche an Wasserpflanzen mit den Wellen hin und her. Ich kämpfte mich bis zum Bauchnabel ins braune Wasser vor, ließ mich von den Wellen schaukeln, gab aber schnell auf und verschwand wieder an Land. Jola beließ es bei einer Besichtigung aus sicherer Uferentfernung.

Baguette gekauft, dann im Supermarkt nach Sekt brut nature gesucht, den wünschte sich Miriam zum Geburtstag, fanden aber keinen. Dafür schnappte ich mir verschiedene Weine der Sorte Picpoul de Pinet, dem Wein der Region, der gerne zu Austern getrunken werden soll.

Abends hörten wir eine weibliche Stimme von der Bühne des Campingplatzes so laut singen, dass man die Nachrichten im Fernsehen nicht verstand. Gegen 22 Uhr schauten wir nach, wer da so einen Lärm machte. Eine etwas pummelige Frau im schwarzen Outfit namens Magalie Vae schmetterte auf den Brettern vor „vollem Haus“ ganz allein Popsongs und Chansons. Kinder tanzten in wildem Reigen vor der Protagonistin.

2019 Narbonne

26.07.2019 Freitag

Bewölkter Himmel, kaum noch ein bekanntes Phänomen auf dieser Reise. Erleichterte etwas die Abfahrt aus Villeneuve-sur-Béziers. Narbonne mit einer der schönsten Markthallen Frankreichs sollte besucht werden. Kaum 40 Km entfernt, dauerte es doch wieder länger, bis wir auf dem Campingplatz ankamen. Der angesteuerte Stellplatz existierte gerade nicht, eine Großbaustelle fanden wir stattdessen vor. Den Viersterneplatz Nautique angesteuert; der Platz lag am Étang de Bages et Sigean.

Größerer Platz (Nr. 222), eigenes Kabäuschen mit Dusche, Waschbecken und WC in einfachster Ausstattung.

Gruselige Verkehrssituation, keine Radwege in die gut 7 Km entfernte Innenstadt. Der Kanalweg betrug mehr als 14 Km, sieben davon direkt am Wasser, als schmale Furche durch Grasland, der Rest später auf einer befahrenen Teerstraße, die u.a. am zweiten Campingplatz Mimosa vorbeiführte. Ging mittags Schwimmen, das Becken doppelt so groß wie auf dem vorherigen Campingplatz.

Trotz der zugezogenen Wolkendecke drückte warme Luft auf die Schweißdrüsen. Durch den Ausgang des Campingplatzes auf Sandweg am Étang entlang, landeten wir im Port Nautique. Ein paar schöne Häuser mit Seeblick, dann war der geteerte Weg und der Ort zu Ende und der sandige Wanderweg begann. Jola verweigerte die Weiterfahrt.

Die verkehrsträchtigere Strecke raubte uns die bisher gewonnene Erholung schnell, an einem Kreisverkehr mit Auffahrt auf die Autobahn gelang es uns nur mit Mühe, in eine weniger befahrene Ausfallstraße abzubiegen. Danach ein bisschen nach Gefühl und nach Google gefahren. Half auch nicht wirklich weiter, etwas ländliche Atmosphäre an der Kreuzung Chemin du Quatourze / Chemin du Grand Quatourze mit Blick über ein Weinfeld auf ein Chateau (?). Umgekehrt und mit letztem Mut an der Abzweigung in die andere Richtung gefahren, dann eine Brücke überquert, danach schien uns das historische Zentrum endlich aufgenommen zu haben. Die Hallen, die Platanenallee am Quai Dillon, die Kathedrale St. Just & Pasteur, die schmalen Shoppinggassen und der Kanal Robine.

Auf dem Rundgang warfen wir einen Blick in die Kathedrale, meine Ambitionen für eine intensive Erkundung waren begrenzt, ruhte mich auf einer kalten steinernen Bank auf und sah einer hübschen Frau zu, wie sie einer Gruppe Menschen mit Beeinträchtigungen etwas über Bethlehem erzählte.

Wieder einmal in die Pausenzeiten der Franzosen gefallen und nichts gegessen. Die Pizzeria am Platz vor dem Palast-Museum verweigerte quasi mit Gongschlag ab 16.30 Uhr warme Mahlzeiten. Getrunken hatte ich kurz zuvor einen Tee, Jolas Cola Zero blieb deshalb einziges bestelltes Getränk. Zu regnen begann es nun doch noch, wenn auch nur wenig. Spazierten trotzdem über die Brücke der Händler, Menschen errichteten auf der anderen Seite entlang des Kanals Marktstände, Jola stöberte einen davon auf, der frischen Ziegenkäse verkaufen wollte. Für 7 € nahm sie drei Stück mit.

Die Hallen fotografierten wir, hinein kamen wir nicht, weil schon geschlossen war.

Regentropfen an mein Brillenfenster klopften als wir uns für die längere Strecke am Kanal entschieden. Nur wenige Radfahrer begegneten uns auf dem Stück bis zur Schleuse Mandirac. Der Regen wurden heftiger, der Modus und die Umdrehungszahl erhöht, leicht angefeuchtet erreichten wir das WoMo gegen 19.10 Uhr. Im Restaurant probte just jetzt eine Frau am Mikrophon für den Auftritt um 21 Uhr.

Unsere Bestellung wurde leider falsch verstanden, plötzlich standen zwei Behälter mit Muscheln vor uns, gewünscht hatten wir gratinierte Muscheln. Einer der Töpfe wanderte gleich an den Nebentisch zu eine hungrigen Engländerin.

Jetzt hatten sich die Regentropfen verbündet und fielen per Dauerauftrag vom Himmel, dazu der eine oder andere Blitz. Kurz vor 21 Uhr verließen wir ohne Musikgenuss das Restaurant, wurden fast nasser auf den 200m bis zum WoMo als auf den 14 Km von Narbonne zum Campingplatz.

2019 Villeneuve-les-Beziers

23.07.2019 Dienstag

Und immer wieder grüßt das Murmeltier, oder wie sollte ich die Diskussion um die nächste Etappe umschreiben?

Eigentlich wollten wir vor dem Frühstück noch einmal im Mittelmeer baden, wir kehrten die Reihenfolge um, nach dem Frühstück spazierten wir zum Strand, fast allein hatten wir den Abschnitt hier für uns. Gleich ging es ab ins Wasser, die Wellen wogten mich hin und her, wie auf einer Hollywoodschaukel.

Duschen, eingepackt war ja schon fast alles. Nass aus der Dusche, trocken am WoMo und dann schon wieder verschwitzt. Jola bezahlte, die Rechnung musste ich an der Schranke am Ausgang vorzeigen. Die Route, zunächst mit Zwischenziel Sète, dann sollte es – eventuell – nach Villeneuve-les-Béziers gehen. Bei Carrefour in Pérols getankt.

Aus der Ferne war Sète bereits an seinem Berg und die Industrietürmen am Hafen auszumachen. Im Ort kein Hinweis auf einen Campingplatz, das Touristenbüro mitten im Zentrum, zu wuselig und eng die Straßen. Parkte bei Carrefour, dazu ein Ticket gezogen, wonach die ersten zwei Stunden kostenlos seien. Nahm die Hitze zu, ziemlich benommen marschierten wir eine Straße bis zu Brücke über den Kanal und folgten der Beschilderung zum Touristenbüro. Langer Fußweg an mit aller Art von Automobilen verstopften Straßen.

Campingplatz lag ca. 10 Km außerhalb, erfuhr ich von einem Mitarbeiter. Danach wandelten wir auf ruhigeren Wegen auf einen Freiplatz mit Pagodenzelten, angeboten wurde Literatur im Rahmen eines Lese-Festivals. Kurz darauf die Markthallen, magisch schluckte uns dieser Genusstempel. Fisch in allen Variationen, teils auch zum sofortigen Verzehr. Gemüse, Wurst und Fleisch, Baguette waren fast schon ausverkauft.

Jola bestellte Aubergine mit Hack, ich besorgte ein Bier und eine Cola Zero. Einen Sitzplatz ergatterte ich vorab, Glück gehabt, denn alle Stühle waren ausgebucht. Crevetten nahmen wir 500,o für ca. 10 € mit.

Bei Carrefour eingekauft, alles im überhitzten WoMo verstaut, mit der Parkzeit reichte es, ohne Kosten vom Hof zu kommen.

Den Campingplatz Les berges du Canal erreichten wir gegen 14.30 Uhr, er befand direkt am Kanal. Die Platzsuche wurde dadurch erschwert, dass die Plätze anders bezeichnet als sie auf dem Lageplan benannt waren. Dann die Wahl: diesen oder jenen, wo könnte mehr Schatten zu ergattern sein?

Pause, nachdem alles installiert war. Attraktiv, das zum Campingplatz gehörende Schwimmbecken. Ein Sprung in das ca. 12 m lange Becken erfrischte ungemein. Es war so viel Platz, dass ich sogar ein paar Bahnen ziehen konnte. Danach folgte ein Ausflug in die Umgebung.

Die ersten 5 Kilometer am Canal de Midi legten wir in Richtung Portiragnes zurück.

Unmittelbar neben dem Campingplatz zwei stets gut frequentierte Restaurants. Wahrscheinlich gerne besucht von den Bootsanlegern, die hier vor der Schleuse Zwischenstation machen.

Am anderen Ufer das Touristenbüro, natürlich stilgerecht auf einem Holzboot.

Freuten uns über den breiten und zum Teil neu gemachten Radweg direkt am Wasser. Wie so oft in diesem Landesteil säumten Platanen den Kanal, wahrscheinlich gepflanzt beim Kanalbau. Der Ort wirkte ausgestorben, bei einer Pizzeria saßen zwei drei Einheimische, die Kirche dominierte das Stadtbild.

Wieder am WoMo, wollten wir die Gelegenheit beim Schopfe greifen und Wäsche waschen. Wir hatten die Wahl zwischen zwei Waschmaschinen, eine auf dem Platz, eine davor (für Bootsanleger). Nutzten die außerhalb, weil uns die Beschreibung eine leichtere Bedienung ermöglichte.

Die Handtücher wurden über Nacht natürlich nicht trocken.

24.07.2019 Mittwoch

Die Nächte waren recht anstrengend, wegen der dauernden Bestrahlung durch die Sonne heizte die Luft im WoMo so stark auf, dass wir bis zum Morgen reichlich mit den Tropischen Temperaturen zu kämpfen hatten. Morgens nächste Fuhre Wäsche gewaschen.

Die Tour nach Agde sollten ca. 20 Km lang sein. Die ersten fünf davon kannten wir von der gestrigen Erkundung. Leider währte der gute Fahruntergrund nur knappe drei weitere Kilometer. Danach mündete der Radweg auf verengtem Weg, knochentrocken, ausgedörrt, rissig und mit grobsteinigem Splitt versehen, später schien er als Reitweg gedacht, geführte Ausritte kamen uns entgegen. Der Rüttelkurs bremste natürlich das anfangs hingelegte Tempo total ab. Auf dem Wasser dümpelten neben kleinen Elektrobooten auch diverse gemietete Yachten von „Le boat“ nebst einigen privaten Schiffen. Ab und an hing an einem angetauten Boot ein Verkaufsschild. Radfahrer waren in beiden Richtungen unterwegs. An der Schleuse Ouvrages du Liberon durften die Fahrräder durch eine schmale Absperrung geschoben werden. Die Schleuse gehört zum Kulturgut, sorgte sie doch in früherer Zeit für einen freien Schiffsverkehr auf dem Kanal. Der Liberon floss in ihn hinein, brachte viel Geröll und Sand bei auftretenden Gewittern mit und sorgte für Versandung. Durch die Konstruktion schaffte man es, dass das Wasser des Liberon über das Wasser des Kanals hinwegfloss und der Sand nicht im Kanal landete. Zwei Schleusenwärter mussten dafür an der Anlage ihre Arbeit verrichten. Bis Vias mussten unsere Räder durchhalten, gerüttelt und nicht gerührt kamen wir dann in Agde am Fluss Hérault an. Eine Brücke überquert, landeten wir in der Altstadt. Genau wie in anderen Orten, enge Gassen; bei genauerem Hinsehen, fast als apathisch zu bezeichnende Tristesse. Marode Bausubstanz, Jola meinte, in einer der Gassen hätte der Schimmel ihre Riechorgane gefährlich strapaziert, so verzichtete sie sogar auf den Restaurantbesuch und den Verzehr eines Galette.

Die Halles entpuppten sich als Marktstände für Trödel und nicht für mediterranes Essen.

Schön war es dagegen, dass ich noch diese dekorierte Hauswand entdeckte (kaum zu erkennen, dass es sich um Malerei handelte):

Am Ufer des Flusses wählten wir das Restaurant Mare Nostrum für eine Stärkung. Menü für 16 € (überbackene Muscheln – beide – , Rotbarbe (Uwe) und Ente (Jola)). Ein Rose aus der Region.

Trauten uns in der Mittagshitze noch bis Le Grau d‘Agde, der Badeplatz am Meer. Schnell die Räder angeschlossen, an den Strand, heißer Sand!, ausgezogen und ins kühle, nein, kühl war es nicht wirklich, warme Wasser des Mittelmeeres eingetaucht.

Jola meinte, sie sähe in ihren schwarzen Dessous aus wie eine weiße Larve, verschwand dann ebenfalls für ein paar Minuten im Wasser. Trocknung auf einer Parkbank, die im Schatten eines Baumes auf der Promenade stand.

Rückfahrt durch ein paar Gassen dieses stark frequentierten Küstenortes zum Kai, wo ich auf eine Art Dschunke zusteuerte, eine Fähre, die uns über den Fluss bringen würde, quasi eine Abkürzung auf dem Weg zurück nach Villeneuve. Die Räder etwas umständlich an Bord gebracht, auf mein Haupt achtend, denn das Verdeck hatte eine geringe Höhe. 5 € zahlte ich, obwohl eine einfache Fahrt nur 1,50 € kosten sollte (so der Preisanschlag am „Kapitänsstand“). Beim Ausstieg war mir ein junges Mädchen behilflich (it‘s my job), trug es gemeinsam mit mir die Treppen hoch. Jola bekam Unterstützung eines charmanten älteren Herren.

Vor dem Hintergrund des Wissens um die schlechte Wegstrecke empfand ich den Part nicht ganz so strapaziös wie auf der Herfahrt, trotzdem ärgerte ich mich, dass so was als Radweg ausgewiesen werden durfte.

Gegen 17 Uhr zurück, Tee getrunken, dann ins Schwimmbad, wo im Schwimmbecken vier jüngere französische Frauen lautstark sich zu diesem und jenem äußerten, lachten und gestikulierten, ich blieb teilnahmsloser Zuhörer.

Gegen 19 Uhr nach Béziers, ca. 5 Km laut Plan. Der Weg war zwar geteert, aber gut zu fahren geht anders! Im Ort wollte ich erst weiter zu den 9 Schleusen, ausgeschildert, doch die Strecke zog sich. Jola murrte, ich zweifelte und wir drehten um. Folgten dem Schild „historische Altstadt“. Über die für den Autoverkehr gesperrte Brücke Pont Vieux gelangten wir in die Nähe der Altstadt, die allerdings nur mit etwas Anstrengung zu erreichen war.

Fotos von der Brücke. Ziemlich steil ging es eine gepflasterte Gasse hinauf, die neu geteerte Fahrstraße war nicht minder stark im Anstieg. Oben kreisten wir erst durch die Schattenseiten des Wohlstands, ruinöse Gebäude, manche mit einer Bautafel versehen, anstehende Reparaturen, Sanierungen, Restaurierung, ich „überlas“ es. Dann ein Platz, auf dem eine Bühne für Veranstaltungen aufgebaut war (immer freitags bis sonntags). Nettes Ambiente verleitete vor dem La Crypte in der Rue Porte Oliviers zu einem sofortigen Stopp. Kleine Karte, am Nachbartisch sah ich ein Galette auf einem Teller nach und nach verschwinden, auf der Karte fand ich zu Galette nichts. Galette wurden hier Crêpe genannt. Ein Glas Weißwein, Jola aß einen Salat, auch sehr lecker anzusehen gewesen.

Gerieten danach wieder in Viertel mit Charakter eines Banlieue, danach wieder vom „Berg“ herunter, Viertel umkreist und ein ganz anderes Bild dieser Stadt tat sich vor uns auf. Schicke Läden, Häuser aus der Gründerzeit, moderne Parks mit beleuchteten Wasserspielen, vorzeigbares Rathaus, Prachtallee zum Theater hin. Jola kam aus dem Staunen nicht heraus. Gegen 21.30 Uhr setzte ein buntes Lichtspiel bei den Wasserfontänen ein.

Die Rückfahrt bescherte uns einen Blick in überdimensionierte Einkaufszentren, u.a. Polygone, brachte uns zu den Bahngleisen am Bahnhof, die wir aber nicht überschreiten konnten und deshalb umdrehen mussten. Suchten den Durchlass, der Tunnel führte dann zur Strecke, die wir gekommen waren. Vor dem Canal du Midi, einer hell erleuchteten Bar, standen die Menschen mit ihren Getränken draußen, unser Streben trieb uns auf dem schon recht im Dunkeln liegenden Radweg zum WoMo.

25.07.2019 Donnerstag

Nächtliches Schwitzen gehörte mittlerweile zur Tagesordnung. Frühstück, diesmal mit warmen Baguette. Unter dem Tisch Ameisen, die quirlig und emsig Krümel in mühsamer Trägerarbeit abtransportierten, manchmal auch der Versuch, gemeinsam einen größeren Krumen wegzuschaffen.

Um 09.30 Uhr setzte die Zumba-Musik ein und die junge blonde Allroundkraft, gerade noch im Putzmodus, streifte sich ihr T-Shirt mit der Aufschrift „Animation“ über, und schwang ihre Hüften im Takt, einzige Übungsakteurin war eine ältere Dame, die nur eingeschränkt die kreisenden Bewegungen nachmachen konnte.

Um 10 Uhr mogelte ich mich an den beiden ins menschenleere Schwimmbecken und drehte ein paar Bahnen zur lauten Musik.

Jola nutze die Gelegenheit, nahm um 10.30 Uhr an der Wassergymnastik teil.

Gefaulenzt, wenn man das mal so formulieren darf. Schwimmen, gerätselt und gelesen. Mittags fanden wir kein Restaurant, das uns verköstigen wollte. Also mussten eigene Vorräte, wie die Melone, ein paar Tomaten, Ziegenkäse und die Oliven mit einem vom Morgen übrig gebliebenen Baguettestück Ersatz bieten. Gegen 16 Uhr neuerlicher Versuch die Schleusenanlage in Béziers zu besichtigen. Diesmal passte ich besser auf und fand den Weg am Kanal, der uns auch zur Überführung über den Fluss Orb brachte. Bis zu den acht Schleusenkammern waren es dann nicht ganz 1.400m. Rund um die Schleusenkammern neu angelegte Parkanlagen, einige junge Pinien waren eingepflanzt, Ruhebänke unter alten Platanen. Metallschilder mit Höhenangaben der Schleuse über Normalnull.

Reger Verkehr herrschte für meine Begriffe auf dem Wasser. Die Kammern der Schleusen öffneten und schlossen sich im Minutentakt. Spektakel für Menschen am Ufer, für Mitfahrer auf Leihbooten oder eigenen Schiffen (weil von beiden Mitarbeit beim Sichern und „Einparken“ gefordert wurde) oder den Passagieren von Ausflugsbooten.

25 Meter Höhenunterschied überwand man hier, wenn man alle Schleusen hinter sich gelassen hatte. Bis zu 45 Minuten konnte so eine Passage dauern.

Eigentlich wollten wir danach abends Essen gehen. Jola schlug erneut einen Besuch in Béziers vor. Die Anblicke aus der Ferne waren beeindruckend. Zur römischen Arena mussten wir dem ausgeschilderten Weg folgen, ausgerechnet die steilste Straße der Stadt. Sogar mit Unterstützung der Schiebehilfe kam ich ins Schwitzen. Gefunden hatten wir die Arena nicht. War mir oben angekommen dann auch egal. Bloß nicht weiter durch diese engen Gassen bergauf, bergab kreisen oder schlimmer noch, auf den engen Straßen mit den aggressiven Autofahrern um den beschränkten Platz auf dem Asphalt kämpfen.

Jola übte Einsicht, kaufte bei einem Gemüsehändler ein, dann zurück auf den Treidelpfad. Nun suchten wir den bestmöglichen Weg zum Restaurant L’Écluse, gelegen auf der anderen Kanalseite. Wo lang also fahren?

Am Himmel zogen zunehmend Wolken auf. Sollte es tatsächlich Regen geben? Die Dachluken standen sperrangelweit auf. Ich hatte bei der Hinfahrt richtig geschaut, es gab an der Schleuse einen Fußgängerübergang, der allerdings führte auf ein Privatgrundstück und nicht zum Restaurant. Ärgerlich!

Auf den Schiffen auf dem Kanal vermehrt im Zweierpack Familien, meist waren dazu vier Kinder an Bord, die sich langweilten? Oder sich auf Deck sonnten, wie im übrigen auch einzelnen Erwachsene im Schatten von Kabinenwänden dösten. Wir brachten das Gemüse zum WoMo, dabei die Pizzeria La Cremade gut besucht am Kai gesehen, nachgefragt nach einem freien Tisch. Alle Tische am Wasser bereits reserviert.

Mein Thunfischsteak war lecker, „Medium“, wovon Jola mir bei der Bestellung erst abriet, ich nach einem zögerlichen Kopfschütteln der Chefin dabei blieb. Die Beilagen dagegen hätte ich lieber ausgetauscht.

2019 Palavas-les-Flots

20.07.2019 Samstag

Bei sommerlichen Temperaturen artete die Diskussion um die weiteren Etappen der Reise in Streitereien aus. Maulend saß Jola nach der Rechnungsbegleichung im WoMo und haderte mit dem Schicksal, das es scheinbar immer schlecht mit ihr meinte (wieso eigentlich?). Obwohl, gerade der letzte Aufenthalt an der Sorgue war überraschend positiv verlaufen.

Details der Route spielten keine Rolle, Le Grau de Roi war als grobes Ziel notiert und wurde angesteuert. Vielleicht war es ein Fehler, weg von den beschaulichen Hinterlandorten hin zu den touristischen Badeorten zu machen. Stau auf den Zufahrtsstraßen, Grande Motte mit seiner spektakulären Architektur aus den 70er Jahren und optisch ansprechenden Grünanlagen gerade passiert,

wirkte Le Grau de Roi einfach unschön. Ein Campingplatz hatte nichts mehr frei, ein anderer bot einen Platz mit eigener Sanitärzelle für über 50 € an. Abgelehnt. Ca. 16 Km im nächsten Ort, gab es mehrere Plätze. Der Ort nannte sich Palavas-les-Flots. 14 Uhr war es, da hatte die Rezeption des Club Les Roquilles natürlich gerade Mittagspause (auf der Landkarte ca. 2,5 cm rechts vom rot umkreisten Gebiet). Zwei andere besichtigte Plätze fanden wir indiskutabel.

Um 14.25 Uhr stand unser WoMo wenige Meter vor der Einfahrt, ich sondierte die Lage an der Rezeption. Dort lungerten bereits Neulinge herum, auf dem Sprung zur Anmeldung. Ich schickte Jola los, sie möge sich schon einmal anstellen. Plötzlich sprach ein Mann durchs offene Fenster, fragte erst in französisch, ob ich bald wegfahre, dann, als er merkte ich verstünde ihn nicht, in Englisch freundlich nach. Er wartete auf seinen Sohn, der mit seinem Wagen dann in die Einfahrt fahren wolle. Ich erklärte, ich würde gleich auf den Campingplatz verschwinden, no problem und alles war gut danach! Auf dem riesigen Gelände standen Zelte, Wohnwagen und Wohnmobile dicht an dicht, überall hing Wäsche auf Leinen oder sonst welchen Halterungen, Spielzeug fand sich verstreut vor den Zelteingängen. Kein Stück Schatten bot der Platz, wo ein Mann auf einem Moped uns hinlotste, die Steckdose zeigte und gleich darauf wieder verschwand.

Zum Glück stand das WoMo so, dass nachmittags vor der Aufbautür Schatten herrschte. Die Markise spendete zusätzlich sonnenfreie Fläche.

Nachdem sich die erste Frustration gelegt hatte, erkundeten wir das Umfeld, zum Strand brauchten wir nur über die Straße zu gehen, ein Pluspunkt für Badeurlaub. Der Swimmingpool hätte ein weiterer sein können, wenn er nicht ständig von der zahlreichen Kinderschar in Beschlag genommen gewesen wäre. Waschanlagen waren mehrere vorhanden, deren Qualität sei eher mäßig, so Jola nach der „Inspektion“.

Eine Fahrt mit dem Rad führte uns zum Zentrum, das am Kanal lag. Das Touristenbüro befand sich in einem Tour (Turm), in dem sich oben auf einer drehbaren Plattform ein Restaurant befand. Die Räder schlossen wir vor dem Büro an, marschierten durch Gassen mit typisch touristischem Sommerangebot, wie ärmellose Kleider, Badeschuhe und -anzüge, dazwischen Imbissbuden. Am Kanal begann das richtige feeling für Badeort: Verkaufsstände für angelandeten Fisch, Boote, Restaurants wie an der Perlenkette aufgezogen (und gut besucht). Auf dem Wasser lieferten sich zwei Mannschaften (blau und rot) in von Motoren getriebenen auf Tradition getrimmten Booten einen Kampf. An einer hinten nach oben ausgelegten Sitzreihe saßen in weiß gekleidete Kinder und Jugendliche, ganz oben stand einer auf einer winzigen Plattform mit Schild und Holzspeer bewaffnet. Die Boote steuerten aufeinander zu, die beiden Protagonisten hoben die Lanzen und versuchten sich damit von der Plattform zu stoßen, was manchmal gelang und beide ins Wasser fielen, manchmal auch beide sich an Bord halten konnten. Das alles wurde von einer kleinen Richterbühne kommentiert und bewertet.

Am Ende zum Meer hin kletterten an einer Seilbahn rote Kabinen, einige offen, andere geschlossen über den Kanal. Die Abkürzung kostete pro Person 1,10 €.

Außer einem teuren Eis (2 Kugeln 4 €, eine Kugel 2,50 €) aßen wir nichts.

Die Hitze verhinderte größeren Appetit, sodass wir auf der Rückfahrt am Campingplatz vorbeifuhren, um auch die andere Seite des Ortes in Augenschein nehmen zu können. An der recht einfallslosen Architektur der Häuser an dieser Strandstraße änderte sich dabei wenig. Einen Einkaufsladen entdeckten wir, den wir später ansteuerten und Jola dort Kleinigkeiten besorgte. Nach Montpellier war ein Radweg ausgeschildert, 9 Kilometer sollten es danach bis in die Stadt sein. Ein großer Vergnügungspark mit Veranstaltungshalle tat sich am Rande des Ortes auf. Das Wasser des Étang glänzte im Sonnenlicht.

Nach dem Einkauf und wieder am WoMo, zogen wir uns für den Strandaufenthalt um und wanderten zu Fuß ans Meer. Im Schatten eines Holzzaunes das Treiben beobachtet, dann den Gang ins bewegte Salzwasser gewagt. 21° waren als Temperatur angezeigt. Ungewohntes Agieren bei Seegang, Zug der Wellen und salzigem Geschmack auf den Lippen. Ich baute eine vorzeitliche Grabstätte aus den reichlich vorhanden Muscheln und Steinen in den Sand. Salzlake abgeduscht, erfrischt, danach Koteletts draußen am WoMo gebraten.

Abends bekamen wir neue Nachbarn aus Vechta, die in einem Rutsch aus Trier bis hierher gekommen waren und weiter nach Spanien wollten. Ich konnte dem Mann noch bei der Elektrifizierung helfen. Es gab hier auf dem Platz keine blauen Schutzstecker, nur normale Steckdosen, bei denen man darauf achten musste, dass der Stift nach oben zeigt und ins entsprechende Loch der Dose passte.

21.07.2019 Sonntag

Was tun heute? 16 Km nach Grade Motte schienen machbar zu sein. Die denkmalgeschützte Bettenburg wäre sicher eine Erkundung wert. Nachdem wir uns in Carnon kurzzeitig verfranzt hatten, fanden wir nach Umkreisung von Hotelkomplexen am Yachthafen den Weg, der zu einem gut ausgebauten Radweg führte. Sportlich Aktive nutzten die noch akzeptable Lufttemperatur für eine Joggingrunde.

Ich zählte über 50 Zugangspunkte zu den Stränden, ein Teil des Radweges begleitete ein splitterbewehrter zweispuriger Weg, getrennt durch Holzbohlen in der Mitte, die Zufahrt zu den verschiedenen Parkplätzen. An der Straße rangelte man bereits jetzt um die letzten freien Abstellmöglichkeiten.

Grande Motte erwies sich als interessantes Architekturrelikt, dessen ungewöhnliche Formgebung, gegenüber heutiger Bauweise, fast schon wieder gehobenes Gestaltungsniveau bedeuten könnte, das war meine Ansicht! Wären da nur nicht einige der weißen Betonfassaden so verschmutzt oder hätte man nicht rechtzeitig die Risse in den Fassaden ausbessern können. Die Anlage wirkte bei der Durchfahrt wesentlich imposanter als bei der gestrigen Vorbeifahrt. Am Touristenbüro stellten wir unsere Räder neben die Skulptur eines roten Gorilla (sichere Wache!). Vor dem Brunnen ein immens umfangreicher Wochenmarkt (wie Bozen/Meran). Das Gedränge war unangenehm, doch die Auswahl an Leckereien zog uns durch die Reihen, wo wir dann alsbald anfingen, Sachen zu kaufen (Oliven, Brot, Olivenöl, Süßteile und Schafskäse).

Im Anschluss begann die Suche nach einem Mittagstisch, da war es ca. 11.45 Uhr. Stromerten durch die abwechslungsreich gestalteten „Ferienbunker“, überall Restaurant, Geschäfte und Menschen die shoppten, Kaffee oder bereits den ersten Aperitif tranken. Konnten uns nicht so recht einigen, was und wo wir einkehren wollten. Muscheln und Pommes gab es des öfteren, das wäre heute meine erste Wahl gewesen. Doch in der Bar Artimon am Quai d’Honneur bekam man um diese Uhrzeit noch keine warmen Speisen. So blieb es bei Cola Zero, Pastis und einem Bier. Warum Jola sich wieder mal so über meine Nachricht unseres Verbleibs an Gaby und Wilfried ärgerte, erschloss sich mir nicht, führte zu Verstimmung bis wir zurück am WoMo waren. Meine Finger waren bei der Ankunft fast abgestorben von den vielen Plastiktüten.

Baden gegen 16.30 Uhr.

Danach über Pérols neben der D21 auf breitem Radweg nach Montpellier. Bis zum Ortseingangsschild waren es ca. 10,5 Km, innerorts sicher noch ein oder zwei mehr. Aber wie so oft, verfuhren wir uns. „Antigone“ ein Stadtteil, wohl mit welch geschichtlichem Background so benannt?, Ausschilderung nach Castelnau-Le-Lez, das konnte nicht mehr richtig sein. Hotel Region, monumentale Bauten umringten die Gebäude der Regionalverwaltung, fast wie in Nürnberg aus der nationalsozialistischen Zeit.

Dann endlich Hinweise auf das „historische Altstadtzentrum“. Enge Gassen, wenig Menschen, die Kathedrale St. Pierre. Hier ging es in deren Schatten ordentlich bergauf. Drei kleine nette Lokale in dem verwirrenden Labyrinth entdeckt, die angebotenen Tische sagten uns nicht zu. An den Markthallen (geschlossen) umringten diverse Esstempel das Areal. Unsere Wahl fiel auf eine Art Steakhaus, das L’Aveyronnais. Teuer gegessen, aber einen Stern hätten wir auch hier nicht vergeben. Es begann bereits leicht zu dunkeln. Zum Triumphbogen wollte ich aber unbedingt noch und den „romantischen“ Sonnenuntergang aus den Jardins des Peyrou bewundern.

Die Rückfahrt wurde dann zu einem alptraumhaften Erlebnis. Zwischendurch fanden wir bei der Irrfahrt zentrale Plätze, wo sich scheinbar das studentische Leben abspielte. Am Bahnhof wussten wir erst nicht weiter. Dann waren wir an der Ausschilderung Palavas, die jedoch auf die Autobahn führte und uns der heftige Verkehr abschreckte. Nahm dann Maps in Anspruch und ließ mich zum Fluss Les Lez führen. Ein gewagtes Spiel, einen Weg am Fluss in völliger Dunkelheit zu befahren. Aber weit gefehlt, anfangs noch beleuchtet und an illuminierten Szenelokalitäten vorbei, radelten wir bei Mondschein quasi auf einer ebenen, schlaglochfreien Radautobahn bis in den Ort. Der strahlte weithin sichtbar mit bunter Beleuchtung am Riesenrad und Turmrestaurant.

22.07.2019 Montag

Ohne große Erwartungen schlug ich das gestern erwähnte Ziel Maguelone vor.

Die romanische Kathedrale mit Insellage inmitten der Étangs Pierre Blanche und l‘Arnel und dem Kanal Rhone – Sète besaß als wichtigste Einnahmequelle Weinstöcke.

Die Insel war durch einen Damm mit dem Umland verbunden. An der Abzweigung endeten die Strandabschnitte. Die Kathedrale war um 1993 in Teilen wiederaufgebaut worden. Ein Schild mahnte Spenden für die Fortführung der Sanierungsarbeiten an.

Zwischen den verdorrten Pflanzen unter den Bäumen wuselten 5 oder 6 Pfauen herum, davon zwei ganz weiße. Sie zupften am Blattwerk, soweit dies noch Chlorophyll enthielt. Ein Rundgang mit Aussicht auf das Weinfeld und den Kanal konnten wir von einem Holzpodest machen. Der Kanal mutete seltsam an, wie er durch das ihn umgebende Wasser der Étangs gebaut worden war.

Unser Weg endete bei einer Jugendfreizeit, die Kinder marschierten gerade vom Strand heim. Die Optimisten lagen an dem Sandstrand. Ich wagte eine Abkühlung, musste aber beim Einstieg aufpassen, abrupte Vertiefung auf steinigem Untergrund und stärkerem Wellengang.

Am Kanal ein Übergang, genannt Passerelle du Pilou, der täglich von 8 bis 20.30 Uhr überquert werden konnte, danach wurde er geschlossen (warum nur?).

Die neben dem Kanal verlaufenden Wege waren für Radfahrer gesperrt, also mussten wir umkehren oder den großen Bogen um den Étang l‘Amel machen, was uns zu weit erschien. Schon 13.45 Uhr und noch keinen Happen gegessen. Das sollte sich bald ändern, ab nach Hause und einen leckeren Salat zusammenstellen.

Mein Vorschlag, Montpellier erneut zu besuchen, diesmal mit Unterstützung der Tram, nahm Jola skeptisch auf. Erkundigungen bestätigten, man könne Räder mitnehmen. Also steuerten wir die Endstation der Linie 3 in Pérols an. Wie im Reiseführer beschrieben, konnte man den Ticketautomaten anfangs mit deutscher Beschreibung bedienen, was die Auswahl deutlich vereinfachte. Zwei Tickets „einfache Fahrt“ jeweils 1,60 €, Räder umsonst mitgenommen.

Die Tram zischte die gleiche Strecke lang wie wir sie mit dem Rad zurückgelegt hatten. Jola schwebte vor, am Gare Roch anzusteigen. Unser Blick wanderte nach jedem Halt hin zur Anzeige und zum Aufkleber mit der Linienführung über dem Ausgang. Nach der Station Rive de Lez tauchten plötzlich andere auf als eigentlich kommen sollten. An der nächsten, Les Aubes, hieß es aussteigen (hier waren wir mit dem Rad schon in die Irre gefahren). Jola verhedderte sich mit ihrem Rad und kam nicht rechtzeitig aus der Tram, die Tür schloss sich und fuhr mit ihr weiter.

Ich wartete, dachte, es kann ja nicht so lange dauern, bis sie wieder auftaucht. Leider war dem nicht so. Eine Bahn der Linie 3 kam, keine Jola stieg aus. Dafür stand eine attraktive schwarzhaarige Frau auf dem Bahnsteig, abwechslungsreiche Alternative während der Wartezeit. Der Anruf von Jola irritierte mich, sie sei an der Station Corum ausgestiegen, die Umgebung furchtbar, und sie wisse nicht, was sie machen solle. Nach dem zweiten Telefonat riet ich ihr einfach wieder in die nächste Bahn einzusteigen und zu mir zurückzukommen. Es ging hin und her, auf dem Bahnsteig fand sie Hilfe einer deutschsprachigen Frau, die nichts brachte. Ich verzweifelte am Verstand, denn es kamen ständig Bahnen mit der Liniennummer 3, wieso sie in keine dieser eingestiegen war. Dann kam die Meldung „Ich bin eingestiegen“. Aus den nächsten beiden Tram kam keine Jola. Jola rief an, sie sei nun am Place de la Comédie, ich solle dorthin kommen. Mein Bestreben war, zunächst an der Bahnlinie den weg zurückzuverfolgen, landete deshalb am Hotel Region, das so ziemlich genau entgegengesetzt im Stadtteil Antigone lag. Am Bahnhof stand ich später, diverse Male frustriert mit Jola telefoniert. Letztlich war es mir egal, wie lange sie noch warten musste. Die Rue de la République erreicht, nun schien es mir nicht mehr schwierig, Jola zu finden.

Doch just hier verhedderte ich mich, traf bei meiner Suche auf eine wunderbar bemalte Hauswand (hier auf dem Bild kaum als Malerei zu erkennen).

Sogar die Eingabe von Start – Ziel in Maps half mir nicht auf die Sprünge. Schaltete „Standortbestimmung“ und lief erst in die falsche Richtung. Dann endlich den Platz mit der imposanten Opera Comédie vor Augen, scannte ich die vielen Menschen, um darunter Jola zu entdecken.

Sie saß vor einer leeren Flaschen Cola Zero und gestikulierte heftig, als sie mich sah. Kein Bock auf die quirlige Aktivität um mich herum, wollte nicht sitzen und nicht trinken, wollte weg, eigentlich zurück zum WoMo, Montpellier schien kein guter Ort für mich zu sein. Dann warf ich doch noch einen Blick in den Stadtführer, lotste Jola zum Aquädukt, unter dem es eine authentische Bar (ohne WLAN) geben sollte (la Cigale). Das Ende des Wasserkanals gesucht, nicht gefunden, weil es hinter Bäumen auf einem abgesperrten Universitätsgelände verschwand.

Aus der Niederung wieder hinauf zurück in den Jardin, die abendliche Sonnenuntergangsstimmung einzufangen versucht.

Auf den Rasenflächen verlustierten sich Studenten oder Jugendliche mit Chipstüten, Wein, Bier oder auch anderer Nahrung aus Plastikdosen. Ein Farbiger tanzte abseits nach Musik, probierte Michael Jackson zu imitieren. Vor dem Chateau d‘Eau eine Spiegelung im Wasserbecken, leider war die Oberfläche nicht ganz glatt. Einsetzende Dämmerung bestimmte die Frage nach der Rückfahrt. Vom Place de la Comédie auf blankem Granitparkett hinunter, vorbei an den Markthallen immer der Bahnlinie rückwärts gefolgt gelangten wir zum Bahnhof. Und siehe da, hier löste sich das Rätsel auf, bestätigte meine These von Bauarbeiten. Auf der Linie 3 fuhr auch die Linie 4 und eine Teilstrecke der Linie 3 war gesperrt.

An der Station Rive Lez die Information „21 Minuten“ bis die Tram nach Pérols kommen würde. Alternativ kam die Idee auf, wieder am Fluss mit dem Rad zurück zu fahren, es sei ja noch nicht so dunkel. Am Platz dröhnte Techno-Musik aus einem abgesperrten Bereich. Am Ufer saßen Jugendliche, hörte vermutlich zu oder sprachen vielleicht auch über andere Sachen, die Mülleimer quollen von leeren Aludosen über. Die Temperatur war aktuell angenehm, also die Pedale getreten. Am Marche Le Lez vollbesetzte Außenbereiche, die scheinbar gemütliche Atmosphäre verursachte bei uns einen Stopp, ggf. eine Kleinigkeit essen. Ein gut besuchtes Restaurant, daneben Fastfood zum selber abholen auf Palettenmöbeln. Zu rummelig ging es mir hier zu. Lieber kein neuer Versuch mit unbekannter Speisekarte, Service etc.

Radelten weiter in die nächtliche Dämmerung hinein, wieder an den Pferdekoppeln vorbei aufs sich drehende Riesenrad zu.

Am Ende war ich wohl zu schnell für Jola, denn sie war allein an der Einfahrt vorbeigefahren.

2019 L‘ Isle-sur-la-Sorgue

18.07.2019 Donnerstag

Doch kein weiterer Aufenthalt mehr in Avignon. Sorgue hatte ich ausgesucht, nur knapp 30 Km von Avignon entfernt. Châteauneuf du Pape gleich „um die Ecke“. Doch wieder einmal die Reiseinformationen nicht exakt genug gelesen, deshalb wohl ein Ziel mit „Sorgue“ ins Navi getippt, wobei es sich um den Ort der Quelle des Flusses handelte. Kann ja nicht so weit entfernt sein; war der Gedanke. Den Irrtum unterwegs auf schlechter Wegstrecke an der Angabe zur Dauer der Fahrt bemerkt. Nächste Dummheit: „L‘ Isle-sur-la-Sorgue“, das müsste dann ja wohl die Insel bei der Stadt sein. Das Navi meldete beharrlich die gleiche Fahrzeit. Nun ließen wir es in Gleichmut geschehen, warteten darauf was uns in dem Ort geboten würde. Viel Verkehr in der Durchgangsstraße des Ortes, der gar nicht so unbedeutend war, wie wir wenig später feststellen durften. Zum Campingplatz Sorguette fanden wir direkt, durften uns einen Platz aussuchen, was sich zu einem Geduldsspiel entwickelte. Ziemlich viel pralle Sonne bekam das WoMo ab, trotz eines in der Mitte stehenden Baumes und hoher Hecken drumherum.

In der Mittagshitze die knapp zwei Kilometer zur Ortsmitte, wo wir nach dem Kreisverkehr den Quai Jean Jaurès mit Restaurants wie an einer Perlenkette aufgezogen vorfanden. Alle Lokale sehr gut besucht, überall ein plate de jour. Leckere Pizza gesehen, Fisch im Angebot etc.

Wir landeten dann bei „Olive & Raisin“. Eine Art Tapas-Bar, ein Glas Weißwein, für zwei eine Partie aus sechs Gläsern Brotaufstrich (Olive, Tomate etc.) und reichlich Brot dazu. Inmitten des appetitanregenden Sortiments saß es sich in kühler Atmosphäre angenehm. Die obligatorische Flasche kaltes Wasser stand mit auf dem Tisch.

Bei einem Rundgang sahen wir die aus der Blütezeit der Stadt und ihrer Papierindustrie einige der sich noch drehenden Mühlräder. Bei dem Bummel verloren Jola und ich uns erstaunlicherweise aus den Augen. Zuerst wartete ich geduldig, doch Jola tauchte nicht auf. Ging langsam am Ufer weiter und fand so Zeit, an einer Brücke meine Füße in der Sorgue Nord baumeln zu lassen.

13° hätte das Wasser durchgängig gleichbleibend im Jahr (so die Anmerkungen im Reiseführer). Ich zog die Hosenbeine hoch, testete Fuß um Fuß vorsichtig den im klaren Wasser sichtbaren Untergrund, präparierte dann mein Handy auf Selbstauslöser, stellte es – leicht wackelig – auf die Kaimauer und stakste in die Mitte des Flusses. Etwas zu kurz die fünf Sekunden, aber immerhin war ich voll „im Bilde“.

Jola musste wie ein Geist währenddessen an mir vorbeigezogen sein, sie meldete sich per Handy, sie stünde am Platz, wo Boule gespielt würde.

Da hatten wir die Stadt schon fast umkreist. Wir bedauerten es mit zunehmender Erkundung keineswegs, in dieser kleinen Stadt aufgeschlagen zu sein. Bei nachlassender Hitze rafften wir uns auf, fuhren die ca. 8 Km bis zur Quelle (Fontaine-de-Vaucluse). Ein Touristenmagnet. Den letzten Kilometer (so weit noch! Jolas Ausruf) in Hitze und bei leichter Steigung ins Massiv. Die Quelle unter einer Steilwand glänzte durch niedrigem Wasserstand. Trotz des Warnhinweises auf herabstürzende Steine und Felsen kletterten die neugierigen Touris (wie wir) über die Absperrung. Quellwasser schöpfen ging hier nicht. Im Restaurant Philip einen Tee eine Cola getrunken. Später an günstiger Stelle ins Wasser gestiegen. Blick in die Papiermühle (letzte ihrer Art, geschlossen 1968). Rückfahrt wie gehabt. Genug getan. Abends schallte Musik ans Ohr, die von der Snack-Bar herrührte. Gegen 22 Uhr lauschten wir bei einem Glas Weißwein aus dem Karton (Glas 2,50 €) dem Duo. Sie mit voluminöser Stimme brachte den (leider) recht wenigen Zuhörern alte und neue Hits zu Gehör. Ich begann mit Tischnachbarn ein Gespräch, von denen ich zuvor „Deutsches“ vernommen hatte. Ein Ehepaar aus Berlin, auf der Rückreise. Morgen sei eine Kanu-Tour angesagt, so die Frau. Davon inspiriert, fand Jola Gefallen an der Idee. Stunden vorher hatte sie mich noch alleine auf solche Tour schicken wollen.

19.07.2019 Freitag

Früh raus, Jola versuchte die Mitnahme zur Kanu-Tour zu organisieren. 09.15 Uhr sollte Abfahrt an der Rezeption sein. Bis 9 Uhr war nicht geklärt, ob wir noch mitfahren dürften. Doch es gab ein O.K. Ein Mann mit einem Kleinbus älteren Kalibers brachte uns auf einer etwas anderen Strecke wieder zur Quelle, wo sich die Einsetzstation des Verleihers befand. Wie auf dem Viehmarkt ging es hier an der Anmeldung und später bei der Einteilung zu. Schwimmwesten, Paddel und wasserdichte Tonne schleppten wir mit bis zu den Bergen von grün-gelben Kunststoffboten. Junge drahtigen Männer mit braungebrannten Oberkörpern bespaßten die stark angewachsene Gruppe mit den obligatorischen Einweisungen und Sicherheitsmaßnahmen, getrennt in „Nichtfranzösischversteher“ und Einheimische.

Dann ging es ab in die Boote, Jola durfte in der ersten Reihe Platz nehmen, ich versuchte mich hinten als Steuermann. Kaum im Wasser und erste Paddelschwünge gemacht, hieß es unter der Brücke abbremsen, weil ein leichtes Wehr zu überwinden war. Eintretendes Wasser lief zum Glück von selbst durch kleine Öffnungen im Boden des Kanus ab. Seicht trieb uns die Strömung den mäandernden Flusslauf mal mehr an die eine und dann wieder zur anderen Uferseite. Klares Wasser, in dem viel Seegras oder ähnliches wuchs und durch die Strömung wie geföhntes Haar schwebte.

Nach gut einer halben Stunde schaffte ich es, aus der Tonne mein Handy für ein paar Schnappschüsse aus der sicheren Trockenheit ins ungewisse Nassbiotop zu befördern.

So viel Interessantes gab es nicht zu fotografieren, Bäume am Ufer, die Schwimmweste auf Jolas Rücken oder andere herumeiernde Boote. Nach ca. einer Stunde erreichten wir neben ganz vielen anderen „Wildwasserfreaks“ die Pausenstation, schön getrennt nach Veranstaltern legten wir am steinigen Ufer an, um uns die Beine zu vertreten. Ein Helfer schnitzte am Durchlass an einem Stück Holz herum, gab dann nach ungefähr 15 Minuten das Signal, es ginge weiter. Boot für Boot wurde händisch durch den engen Durchlass geschoben, was für die jeweils vorne sitzenden Person ein feuchtes Vergnügen wurde. Jola ging alles viel zu schnell und wollte mich öfters im Tempo bremsen. Mir dagegen war an einer gleichmäßigen Linie gelegen, kraftsparend Paddeln halt.

Schon gegen 11.30 Uhr waren wir am Ziel, rückseitig an unserem Campingplatz durften wir aussteigen…. und zu Fuß die ca. 500m gehen.

So um 18 Uhr zufällig im Ort durch ein Portal eine Skulptur in einem Steingarten gesehen. Die gehörte zu einer Ausstellung in der Villa Datris. Ca. 85 Künstler durften hier seit 2011 ihre Werke auf gut 500 qm der Öffentlichkeit zeigen. Die aktuelle war die 9. Ausstellung.

Im Mittelpunkt stand das Tier im Verhältnis zum Menschen. Ob übergroße Ameisen, Zwitter aus Giraffe und Katze oder Eichhörnchen und Fledermaus, der Elefantenkopf aus Plastikresten oder die Schlange aus Pfauenfedern (Peacock) rechts im Bild. Konnte nicht mehr alles ansehen, wurde von einer jungen Mitarbeiterin aus der Villa komplimentiert, um 19 Uhr würde geschlossen werden. Draußen traute ich meinen Augen nicht und der Schreck fuhr mir in die Knochen, die E-Bikes waren weg! Hatte sie jemand auf die Straße gestellt (weil das Tor bereits abgesperrt war)?. Nein, man hatte sie lediglich von der Ausstellungsfläche weg um die Ecke abgestellt.

Die Trödelhallen schlossen um 19 Uhr, also kein Bummel durch Frankreichs Vergangenheit. Dafür spielte auf dem Eck vor einem Immobilienmaklerbüro eine vierköpfige Band jazzige Stücke für ein scheinbar geladenes Publikum, das sich vor dem Schaufenster an Schnittchen und Gläsern mit „was auch immer drin“ vergnüglich unterhielt.

Pastis in einer Bar Comptoir & Gourmandises getrunken, danach Rundgang durch das abendliche L‘Isle. Gegen 21.15 Uhr wanderten wir in den Park, wo bereits eine stattliche Anzahl Hörwilliger auf Bänken saß und wartete. Christian D… war für 21.30 Uhr angekündigt. Doch es dauerte, das Warten, auf dem Rasen sitzend, machte keinen Spaß. Dann kamen Ansager, sagten Dank an, dann kam eine Sprayerin oder Handmalerin, die auf eine Leinwand eine Art Vexierbild aufmalte und es am Ende umdrehte und man einen – bekannten – Menschen erkennen konnte. Das Bild wurde versteigert und von einer blonden Frau erworben. Dann gegen 22 Uhr stürmte aus dem Totenkopf auf die Bühne Christian hervor und begann im Stile von J. Hallyday seine Show. Nichts für meinen Geschmack, da half auch kein kühles Bier drüber hinweg. Nach dem vierten Lied verließen wir den Park.