30.07.2019 Dienstag
Abwasch (Jola) und Duschen (Uwe) überschnitt sich fast, beide schienen wir unter die Frühaufsteher gegangen zu sein. Jola trollte sich mit dem Rad davon, Basisnahrung beschafften, sprich Baguette. Ich riet ihr zu der Boulangerie Artisan gleich nach dem Kreisverkehr zu fahren. Es dauerte, aber als sie wieder auftauchte brachte sie die frohe Botschaft mit, ihr Schlüsselbund sei wieder da. Sie hatte einen Abstecher zur Patisserie gemacht, die heute wieder geöffnet war. Und wirklich, die Frau aus dem Laden hatte den Schlüsselbund an sich genommen, nur noch nicht zur Polizei gebracht. Wenigstens dieses Problem erledigte sich von selbst. Méze verließen wir gegen 09.30 Uhr, Jola schwärmte länger von „diesem schönen Ort“, wo alles so gut zu erreichen war, die Menschen zu arbeiten und hier zu wohnen schienen, die Stadt nicht so verfallen wirkte wie anderswo (bspw. Agde). Meine Routenplanung eingeschaltet, wonach es zunächst Richtung Avignon und weiter nach Lagnes und L‘Isle-sur-la-Sorgue gehen sollten, an einem der nächsten Tage in die weiter nördlich gelegene Weinregion um Gigondas und Rasteau. Die Domaine Tourbillon in Lagnes fanden wir nicht sofort.
Die Auswahl in der Verkaufshalle reichte von dem Eigenanbau bis hin zu Weinen aus der Domaine Châteauneuf de Pape. Doch die Preisklasse für diese Weine war mir definitiv eine Kategorie zu hoch. Dafür beglückte mich das Angebot des Rotweines der Sorte „Plan de Dieu“, mit 12 € eigentlich immer noch eine Preisklasse außerhalb meines Budgets, aber es gab beim Kauf von 3 Flaschen 1 gratis dazu. Mit Olivenöl (für uns und als Geschenk), Weißwein und Rosé löhnte ich zu Jolas Entsetzen 424 €. Dafür erbot ich mir etwas Entgegenkommen, bekam eine Flasche Rotwein und einen Flaschenverschluss als Zugabe. Alles im WoMo verstaut, ob bruchsicher, wird sich zeigen.
Jola schlug dann einen Abstecher nach Gordes vor, ein Dorf wie ein Schwalbennest gebaut am Fels, einst dem Ruin verfallen, gerettet und nunmehr eine Touristenattraktion, wie ich bald feststellen durfte. Busladungen, vor allem asiatischer Herkunft, strömten in diesen „pittoresken“ Haufen alten Gemäuers. Zudem war in der Ortsmitte gerade der Wochenmarkt zu Ende gegangen.
Die 13 Kilometer Anfahrt mündeten auf schmaler Straße in Serpentinengekurve, im Ort zum Glück einen bezahlten Parkplatz in der Mittagssonne ergattert (4 €). Fußmarsch schattensuchend zum Mittelpunkt (Kirche) ca. 500m. Wie eine Kolonie Ameisen stratzten die Asiaten mit aufgeklappten Sonnenschirmen oder einige im Ganzkörperkondom gen Filmkulisse. Oben ergatterten wir an einem der Wochenmarktstände warme Mahlzeiten ohne Besteck, mit den Tüten beschritten wir einige der engen Gassen, meist führten sie nach „abwärts“. Unlust überfiel mich, Hunger trieb mich zu dem Stand zurück,
Jola bat auf französisch-englischem Kauderwelsch um Anschnitt der erworbenen Bulette. Auf einer Steintreppe vor dem Touristenbüro verzehrten wir dann unsere Plate de Jour.

Ich verweigerte die Erkundung des Restes dieses Konvolutes touristischer Photomanie. Marschierte zum WoMo zurück, knipste allerdings selbst noch ein Bild von der Felswandansicht.

Nicht genug von dieser Schmalspurstrecke, Jola wollte unbedingt nach Roussillon, wo der Ocker abgebaut wird.
Wieder Ausweichmanöver auf engen Straßen und wieder Kurven hinauf in den Ort, wo kein Parkplatz für Wohnmobile zu finden war, uns eine Aufpasserin stoppte und zu einem anderen Parkplatz verweisen wollte. Mein Geduldsfaden besaß wahrscheinlich nur wenig mehr als strapazierfähige Fasern im Mikrobereich. Deshalb auch schnelle Umkehr und Roussillon unbesichtigt verlassen die Rückfahrt nach L‘Isle-sur-la-Sorgue angetreten. Die Hitze ohne Luftbewegung wurde unerträglich, das trotz Klimaanlage. Genervt von den Unnützwegen trafen wir gegen 16.30 Uhr auf dem Campingplatz ein.

Jola erledigte die Formalitäten, schilderte mir, wir hätten mehrere Optionen, vornehmlich Nummer 9 als Schattenplatz sei angepriesen worden. Nahe dem Ausgang, rangierte ich das WoMo rückwärts auf den Stellplatz. Da kein Satellit die Schüssel erreichte, scannte ich die anderen freien Plätze ab, drehte quasi eine „Ehrenrunde“ auf dem Gelände. War ziemlich viel Lauferei für „umsonst“ gewesen. Drehte danach das WoMo und Empfang war da. Jola wollte Action, ich erst einmal Tee. Pastis zur Ankunft.
Gegen 18 Uhr den Weg um das Campingplatzgelände getapert und ins eiskalte Wasser der Sorgue getaucht. Menschen saßen an den flachsten Stellen auf Stühlen bei einer Dose Bier im Wasser und klönten oder sahen ihren Kindern beim Plantschen zu. Eine Polizeistreife im Kanu, vorschriftsmäßig mit Schwimmwesten bestückt, hievte sich das Wehr geschickt hinunter und verschwand im Flussbogen. Bei 13° freiwillig ganz untertauchen, ich hätte nicht gedacht, dass das solche Freude sein könnte.
Als ich mich aufs Trockene begab, stand ein äußerst ansehnliches Mädchen, mir deuchte, es sei indischer Herkunft, im Wasser und animierte einen Jungen an Land, zu ihr ins Wasser zu kommen. Die Engelszungen wirkten nicht unmittelbar, er zauderte oder genierte sich, was weiß ich über die Mentalität.

Abends fuhren wir in den Ort, bummelten, die meisten Läden hatten schon geschlossen oder verwiesen ihre Kundschaft der Verkaufsfläche. Mediterranes Treiben dort, wo Restaurants ansässig waren.

In der Kirche begann gerade eine Veranstaltung, Internationales Jugendorchester mit ca. 70 Beteiligten spielte ab 20 Uhr Klassik. Eine Cellistin bekam beim zweiten Stück einen Solopart. Meine Musik war es insgesamt nicht.
Aßen in der Rue de Goudard bei Le 17 Place aux Vins eine Kleinigkeit (Tapas) und tranken dazu 0,12 Ltr. Rosé. Nächtliches Leuchten an der Avenue des Quatre Otages. In lauwarmer Luft radelten wir gegen 22 Uhr gelassen zurück zum WoMo.
31.07.2019 Mittwoch
War es der Mistral, der die Nacht über nicht zur Ruhe kam? Langschläfer, nennt man uns so, wenn wir erst 08.40 Uhr aufstehen? Die Hitze hielt sich noch zurück, als wir uns auf den Weg nach Le Thor zu der Grotte von Thouzon machten. Am Kreisel fanden wir ein Fahrradweghinweisschild nach Le Thor. Dem folgten wir, in der Hoffnung auf eine gute Beschilderung und vernünftige Straßenverhältnisse. Beides traf mehr oder weniger zu, teils neu geteerte Straße und an den entscheidenden Ecken die grünen Schilder. Keine fünf Kilometer und das Ortseingangsschild „Le Thor“ tauchte auf. Vom Ortspanorama keine besondere Kenntnis genommen, eher auf die Beschilderung geachtet, wo es zur Grotte ging. Mit Hilfe des Mistrals schafften wir die restlichen 4 Kilometer, ohne unter der Hitze der Sonne besonders zu leiden. Das Monument erwies sich außen als unspektakulär, ein kleiner Parkplatz, ein Picknickplatz, eine Souvenirshop und die metallene Eingangstür in die Höhle. An der Kasse im Shop handelte Jola den Eintrittspreis um einen Euro pro Person herunter (Pensionär). Wir bekamen eine DIN A4 Seite mit der Beschreibung der wichtigsten Anschauungsobjekte. Wir warteten, es dauerte dann ein Weilchen. Einmal strömte aus dem Eingang eine Menschenmenge, darunter erstaunlich viele Kleinkinder. Unter den Bäumen am Parkplatz stromerte ein Pfau herum, einer mit einem langen bunten Schwanz, der bei Windböen seinen Körper zu überholen wollen schien. So gegen 11.45 Uhr rief man die Interessierten über Lautsprecher zusammen. Der junge Mann brabbelte in schwer verständlichem Französisch (egal, auch mit Verständlichem hätte ich nicht viel mehr anfangen können), was bei der Begehung der Höhle zu berücksichtigen und zu beachten wäre. Kinder bekamen in Form eines Comic ein Höhlenerforschungsheft. In der Höhle herrschte eine konstante Temperatur von 13°. Auf den Kopf musste ein großer Mensch bei der Begehung Acht geben. Stalaktiten wuchsen auch am oder über dem Höhlenweg. Mit effektvoller Beleuchtung setzte man die natürlich entstandenen „Objekte“ aus Kalk, Wasser und Zeit besonders in Szene. Manchmal spielte auch Eisenoxyd eine Rolle bei der Farbgebung.

Schattenwurf und das Gehirn mit seiner eigenen Phantasie produzierten laufend aus den verschiedenen Formen Figuren, die aussahen wie Pferdeköpfe, Menschen in Mänteln, Gesichtern, Fischkörper etc. Makkaroni hingen von der Höhlendecke, Wasser sammelte sich nach und nach hinter dem Rand von abgelagertem Kalk, der zum einem Becken anwuchs, schafften sich im Laufe der Zeit selbst ab, indem der Kalk das Becken zu einer Glocke schloss.

Nach dem Ende des Rundganges suchten wir das Zentrum von Le Thor auf, mittags so verschlafen wie müde Augen nach einer durchzechten Nacht. Hinter der Kirche der Markt, wo gerade die Beschicker ihre Stände abbauten. Eine Bar, wo unter einer Plane ein paar Menschen bei Getränk und Essen saßen. 12.45 Uhr, eine gute Zeit, einen Imbiss zu uns zu nehmen. Außerdem würden wir der Hitze eine Zeitlang ausweichen. Die Bedienung, eine blondgefärbte Frau in kurzem Rock mit Serviceschürze und einer Zahnreihe, die nur künstlich geformt worden sein konnte, bediente freundlich, klebte die Sets mit Tesa auf dem Tisch fest, rollte die Bestecke fachgerecht in die Serviette ein. Neben Einheimischen saß auch ein Paar „Fremdlinge“, geschätzt Holländer oder Skandinavier, mit E-Bikes unterwegs, an einem der Tische bei alkoholfreien Getränken.
Jola fand das Essen zu teuer.
Als ich in der Bar zahlte, fand ich ein quirliges Innenleben mit Einheimischen vor. An der Kasse ein kleiner Mann, Typ indischer Herkunft, der mich gleich in Englisch ansprach und wissen wollte, wo ich herkomme. Artikulierte jede Position unseres Verzehrs überdeutlich und wartete auf mein o.k. dazu.
Wieder in L‘Isle-sur-la-Sorgue besuchten wir die Villa Datris ein zweites Mal. Gleich am Eingang empfing mich eine dunkelhaarige Frau im roten Kleid, hübsch anzusehen, nur störten mich leider ihre schiefen Zähne wenn sie sprach oder lächelte. Sie instruierte mich über die Villa und wünschte mir einen angenehmen Rundgang (so würde ich ihren französischen Texte frei übersetzt haben wollen). Jola blieb im Vorraum und sah sich Videos an.

Ich erklomm die beiden bisher nicht zu Gesicht bekommenen Stockwerke. In einem fand ich Holzfiguren, mit der Säge bearbeitetes Grobmaterial, hier zwei Löwentorsos.