23.07.2019 Dienstag
Und immer wieder grüßt das Murmeltier, oder wie sollte ich die Diskussion um die nächste Etappe umschreiben?
Eigentlich wollten wir vor dem Frühstück noch einmal im Mittelmeer baden, wir kehrten die Reihenfolge um, nach dem Frühstück spazierten wir zum Strand, fast allein hatten wir den Abschnitt hier für uns. Gleich ging es ab ins Wasser, die Wellen wogten mich hin und her, wie auf einer Hollywoodschaukel.
Duschen, eingepackt war ja schon fast alles. Nass aus der Dusche, trocken am WoMo und dann schon wieder verschwitzt. Jola bezahlte, die Rechnung musste ich an der Schranke am Ausgang vorzeigen. Die Route, zunächst mit Zwischenziel Sète, dann sollte es – eventuell – nach Villeneuve-les-Béziers gehen. Bei Carrefour in Pérols getankt.
Aus der Ferne war Sète bereits an seinem Berg und die Industrietürmen am Hafen auszumachen. Im Ort kein Hinweis auf einen Campingplatz, das Touristenbüro mitten im Zentrum, zu wuselig und eng die Straßen. Parkte bei Carrefour, dazu ein Ticket gezogen, wonach die ersten zwei Stunden kostenlos seien. Nahm die Hitze zu, ziemlich benommen marschierten wir eine Straße bis zu Brücke über den Kanal und folgten der Beschilderung zum Touristenbüro. Langer Fußweg an mit aller Art von Automobilen verstopften Straßen.
Campingplatz lag ca. 10 Km außerhalb, erfuhr ich von einem Mitarbeiter. Danach wandelten wir auf ruhigeren Wegen auf einen Freiplatz mit Pagodenzelten, angeboten wurde Literatur im Rahmen eines Lese-Festivals. Kurz darauf die Markthallen, magisch schluckte uns dieser Genusstempel. Fisch in allen Variationen, teils auch zum sofortigen Verzehr. Gemüse, Wurst und Fleisch, Baguette waren fast schon ausverkauft.
Jola bestellte Aubergine mit Hack, ich besorgte ein Bier und eine Cola Zero. Einen Sitzplatz ergatterte ich vorab, Glück gehabt, denn alle Stühle waren ausgebucht. Crevetten nahmen wir 500,o für ca. 10 € mit.
Bei Carrefour eingekauft, alles im überhitzten WoMo verstaut, mit der Parkzeit reichte es, ohne Kosten vom Hof zu kommen.
Den Campingplatz Les berges du Canal erreichten wir gegen 14.30 Uhr, er befand direkt am Kanal. Die Platzsuche wurde dadurch erschwert, dass die Plätze anders bezeichnet als sie auf dem Lageplan benannt waren. Dann die Wahl: diesen oder jenen, wo könnte mehr Schatten zu ergattern sein?
Pause, nachdem alles installiert war. Attraktiv, das zum Campingplatz gehörende Schwimmbecken. Ein Sprung in das ca. 12 m lange Becken erfrischte ungemein. Es war so viel Platz, dass ich sogar ein paar Bahnen ziehen konnte. Danach folgte ein Ausflug in die Umgebung.
Die ersten 5 Kilometer am Canal de Midi legten wir in Richtung Portiragnes zurück.
Unmittelbar neben dem Campingplatz zwei stets gut frequentierte Restaurants. Wahrscheinlich gerne besucht von den Bootsanlegern, die hier vor der Schleuse Zwischenstation machen.
Am anderen Ufer das Touristenbüro, natürlich stilgerecht auf einem Holzboot.
Freuten uns über den breiten und zum Teil neu gemachten Radweg direkt am Wasser. Wie so oft in diesem Landesteil säumten Platanen den Kanal, wahrscheinlich gepflanzt beim Kanalbau. Der Ort wirkte ausgestorben, bei einer Pizzeria saßen zwei drei Einheimische, die Kirche dominierte das Stadtbild.
Wieder am WoMo, wollten wir die Gelegenheit beim Schopfe greifen und Wäsche waschen. Wir hatten die Wahl zwischen zwei Waschmaschinen, eine auf dem Platz, eine davor (für Bootsanleger). Nutzten die außerhalb, weil uns die Beschreibung eine leichtere Bedienung ermöglichte.
Die Handtücher wurden über Nacht natürlich nicht trocken.
24.07.2019 Mittwoch
Die Nächte waren recht anstrengend, wegen der dauernden Bestrahlung durch die Sonne heizte die Luft im WoMo so stark auf, dass wir bis zum Morgen reichlich mit den Tropischen Temperaturen zu kämpfen hatten. Morgens nächste Fuhre Wäsche gewaschen.
Die Tour nach Agde sollten ca. 20 Km lang sein. Die ersten fünf davon kannten wir von der gestrigen Erkundung. Leider währte der gute Fahruntergrund nur knappe drei weitere Kilometer. Danach mündete der Radweg auf verengtem Weg, knochentrocken, ausgedörrt, rissig und mit grobsteinigem Splitt versehen, später schien er als Reitweg gedacht, geführte Ausritte kamen uns entgegen. Der Rüttelkurs bremste natürlich das anfangs hingelegte Tempo total ab. Auf dem Wasser dümpelten neben kleinen Elektrobooten auch diverse gemietete Yachten von „Le boat“ nebst einigen privaten Schiffen. Ab und an hing an einem angetauten Boot ein Verkaufsschild. Radfahrer waren in beiden Richtungen unterwegs. An der Schleuse Ouvrages du Liberon durften die Fahrräder durch eine schmale Absperrung geschoben werden. Die Schleuse gehört zum Kulturgut, sorgte sie doch in früherer Zeit für einen freien Schiffsverkehr auf dem Kanal. Der Liberon floss in ihn hinein, brachte viel Geröll und Sand bei auftretenden Gewittern mit und sorgte für Versandung. Durch die Konstruktion schaffte man es, dass das Wasser des Liberon über das Wasser des Kanals hinwegfloss und der Sand nicht im Kanal landete. Zwei Schleusenwärter mussten dafür an der Anlage ihre Arbeit verrichten. Bis Vias mussten unsere Räder durchhalten, gerüttelt und nicht gerührt kamen wir dann in Agde am Fluss Hérault an. Eine Brücke überquert, landeten wir in der Altstadt. Genau wie in anderen Orten, enge Gassen; bei genauerem Hinsehen, fast als apathisch zu bezeichnende Tristesse. Marode Bausubstanz, Jola meinte, in einer der Gassen hätte der Schimmel ihre Riechorgane gefährlich strapaziert, so verzichtete sie sogar auf den Restaurantbesuch und den Verzehr eines Galette.
Die Halles entpuppten sich als Marktstände für Trödel und nicht für mediterranes Essen.
Schön war es dagegen, dass ich noch diese dekorierte Hauswand entdeckte (kaum zu erkennen, dass es sich um Malerei handelte):
Am Ufer des Flusses wählten wir das Restaurant Mare Nostrum für eine Stärkung. Menü für 16 € (überbackene Muscheln – beide – , Rotbarbe (Uwe) und Ente (Jola)). Ein Rose aus der Region.
Trauten uns in der Mittagshitze noch bis Le Grau d‘Agde, der Badeplatz am Meer. Schnell die Räder angeschlossen, an den Strand, heißer Sand!, ausgezogen und ins kühle, nein, kühl war es nicht wirklich, warme Wasser des Mittelmeeres eingetaucht.
Jola meinte, sie sähe in ihren schwarzen Dessous aus wie eine weiße Larve, verschwand dann ebenfalls für ein paar Minuten im Wasser. Trocknung auf einer Parkbank, die im Schatten eines Baumes auf der Promenade stand.
Rückfahrt durch ein paar Gassen dieses stark frequentierten Küstenortes zum Kai, wo ich auf eine Art Dschunke zusteuerte, eine Fähre, die uns über den Fluss bringen würde, quasi eine Abkürzung auf dem Weg zurück nach Villeneuve. Die Räder etwas umständlich an Bord gebracht, auf mein Haupt achtend, denn das Verdeck hatte eine geringe Höhe. 5 € zahlte ich, obwohl eine einfache Fahrt nur 1,50 € kosten sollte (so der Preisanschlag am „Kapitänsstand“). Beim Ausstieg war mir ein junges Mädchen behilflich (it‘s my job), trug es gemeinsam mit mir die Treppen hoch. Jola bekam Unterstützung eines charmanten älteren Herren.
Vor dem Hintergrund des Wissens um die schlechte Wegstrecke empfand ich den Part nicht ganz so strapaziös wie auf der Herfahrt, trotzdem ärgerte ich mich, dass so was als Radweg ausgewiesen werden durfte.
Gegen 17 Uhr zurück, Tee getrunken, dann ins Schwimmbad, wo im Schwimmbecken vier jüngere französische Frauen lautstark sich zu diesem und jenem äußerten, lachten und gestikulierten, ich blieb teilnahmsloser Zuhörer.
Gegen 19 Uhr nach Béziers, ca. 5 Km laut Plan. Der Weg war zwar geteert, aber gut zu fahren geht anders! Im Ort wollte ich erst weiter zu den 9 Schleusen, ausgeschildert, doch die Strecke zog sich. Jola murrte, ich zweifelte und wir drehten um. Folgten dem Schild „historische Altstadt“. Über die für den Autoverkehr gesperrte Brücke Pont Vieux gelangten wir in die Nähe der Altstadt, die allerdings nur mit etwas Anstrengung zu erreichen war.
Fotos von der Brücke. Ziemlich steil ging es eine gepflasterte Gasse hinauf, die neu geteerte Fahrstraße war nicht minder stark im Anstieg. Oben kreisten wir erst durch die Schattenseiten des Wohlstands, ruinöse Gebäude, manche mit einer Bautafel versehen, anstehende Reparaturen, Sanierungen, Restaurierung, ich „überlas“ es. Dann ein Platz, auf dem eine Bühne für Veranstaltungen aufgebaut war (immer freitags bis sonntags). Nettes Ambiente verleitete vor dem La Crypte in der Rue Porte Oliviers zu einem sofortigen Stopp. Kleine Karte, am Nachbartisch sah ich ein Galette auf einem Teller nach und nach verschwinden, auf der Karte fand ich zu Galette nichts. Galette wurden hier Crêpe genannt. Ein Glas Weißwein, Jola aß einen Salat, auch sehr lecker anzusehen gewesen.
Gerieten danach wieder in Viertel mit Charakter eines Banlieue, danach wieder vom „Berg“ herunter, Viertel umkreist und ein ganz anderes Bild dieser Stadt tat sich vor uns auf. Schicke Läden, Häuser aus der Gründerzeit, moderne Parks mit beleuchteten Wasserspielen, vorzeigbares Rathaus, Prachtallee zum Theater hin. Jola kam aus dem Staunen nicht heraus. Gegen 21.30 Uhr setzte ein buntes Lichtspiel bei den Wasserfontänen ein.
Die Rückfahrt bescherte uns einen Blick in überdimensionierte Einkaufszentren, u.a. Polygone, brachte uns zu den Bahngleisen am Bahnhof, die wir aber nicht überschreiten konnten und deshalb umdrehen mussten. Suchten den Durchlass, der Tunnel führte dann zur Strecke, die wir gekommen waren. Vor dem Canal du Midi, einer hell erleuchteten Bar, standen die Menschen mit ihren Getränken draußen, unser Streben trieb uns auf dem schon recht im Dunkeln liegenden Radweg zum WoMo.
25.07.2019 Donnerstag
Nächtliches Schwitzen gehörte mittlerweile zur Tagesordnung. Frühstück, diesmal mit warmen Baguette. Unter dem Tisch Ameisen, die quirlig und emsig Krümel in mühsamer Trägerarbeit abtransportierten, manchmal auch der Versuch, gemeinsam einen größeren Krumen wegzuschaffen.
Um 09.30 Uhr setzte die Zumba-Musik ein und die junge blonde Allroundkraft, gerade noch im Putzmodus, streifte sich ihr T-Shirt mit der Aufschrift „Animation“ über, und schwang ihre Hüften im Takt, einzige Übungsakteurin war eine ältere Dame, die nur eingeschränkt die kreisenden Bewegungen nachmachen konnte.
Um 10 Uhr mogelte ich mich an den beiden ins menschenleere Schwimmbecken und drehte ein paar Bahnen zur lauten Musik.
Jola nutze die Gelegenheit, nahm um 10.30 Uhr an der Wassergymnastik teil.
Gefaulenzt, wenn man das mal so formulieren darf. Schwimmen, gerätselt und gelesen. Mittags fanden wir kein Restaurant, das uns verköstigen wollte. Also mussten eigene Vorräte, wie die Melone, ein paar Tomaten, Ziegenkäse und die Oliven mit einem vom Morgen übrig gebliebenen Baguettestück Ersatz bieten. Gegen 16 Uhr neuerlicher Versuch die Schleusenanlage in Béziers zu besichtigen. Diesmal passte ich besser auf und fand den Weg am Kanal, der uns auch zur Überführung über den Fluss Orb brachte. Bis zu den acht Schleusenkammern waren es dann nicht ganz 1.400m. Rund um die Schleusenkammern neu angelegte Parkanlagen, einige junge Pinien waren eingepflanzt, Ruhebänke unter alten Platanen. Metallschilder mit Höhenangaben der Schleuse über Normalnull.
Reger Verkehr herrschte für meine Begriffe auf dem Wasser. Die Kammern der Schleusen öffneten und schlossen sich im Minutentakt. Spektakel für Menschen am Ufer, für Mitfahrer auf Leihbooten oder eigenen Schiffen (weil von beiden Mitarbeit beim Sichern und „Einparken“ gefordert wurde) oder den Passagieren von Ausflugsbooten.
25 Meter Höhenunterschied überwand man hier, wenn man alle Schleusen hinter sich gelassen hatte. Bis zu 45 Minuten konnte so eine Passage dauern.
Eigentlich wollten wir danach abends Essen gehen. Jola schlug erneut einen Besuch in Béziers vor. Die Anblicke aus der Ferne waren beeindruckend. Zur römischen Arena mussten wir dem ausgeschilderten Weg folgen, ausgerechnet die steilste Straße der Stadt. Sogar mit Unterstützung der Schiebehilfe kam ich ins Schwitzen. Gefunden hatten wir die Arena nicht. War mir oben angekommen dann auch egal. Bloß nicht weiter durch diese engen Gassen bergauf, bergab kreisen oder schlimmer noch, auf den engen Straßen mit den aggressiven Autofahrern um den beschränkten Platz auf dem Asphalt kämpfen.
Jola übte Einsicht, kaufte bei einem Gemüsehändler ein, dann zurück auf den Treidelpfad. Nun suchten wir den bestmöglichen Weg zum Restaurant L’Écluse, gelegen auf der anderen Kanalseite. Wo lang also fahren?
Am Himmel zogen zunehmend Wolken auf. Sollte es tatsächlich Regen geben? Die Dachluken standen sperrangelweit auf. Ich hatte bei der Hinfahrt richtig geschaut, es gab an der Schleuse einen Fußgängerübergang, der allerdings führte auf ein Privatgrundstück und nicht zum Restaurant. Ärgerlich!
Auf den Schiffen auf dem Kanal vermehrt im Zweierpack Familien, meist waren dazu vier Kinder an Bord, die sich langweilten? Oder sich auf Deck sonnten, wie im übrigen auch einzelnen Erwachsene im Schatten von Kabinenwänden dösten. Wir brachten das Gemüse zum WoMo, dabei die Pizzeria La Cremade gut besucht am Kai gesehen, nachgefragt nach einem freien Tisch. Alle Tische am Wasser bereits reserviert.
Mein Thunfischsteak war lecker, „Medium“, wovon Jola mir bei der Bestellung erst abriet, ich nach einem zögerlichen Kopfschütteln der Chefin dabei blieb. Die Beilagen dagegen hätte ich lieber ausgetauscht.