Abfahrt aus Lübeck gegen 09.30 Uhr. Das neue WoMo und der Fahrer mussten sich erst noch aneinander gewöhnen, das Fahren geradeaus und Autobahnstrecke erwiesen sich zunächst als problemlos. Bei den Einstellungen des Tempomats haperte es, zu viele Schaltmöglichkeiten, doch dann endlich die Einstellung „100 km/h“ gefunden und fixiert. Strecke insgesamt frei, überraschend starker Verkehr in Dänemark (bei Kolding und Aarhus besonders intensiv). Mich übermannte unterwegs mehrfach Müdigkeit und legte mich deshalb auf einer Raststätte aufs Ohr, wachte nach einer Stunde wieder auf, ohne mich besser zu fühlen. Schafften es bis Aalborg, wo Jola einen Stellplatz am Hafen aufgetan hatte. Hier belegten allerdings überwiegend PKW die Parkmöglichkeiten. Ein letzter freier Platz dazwischen, da bugsierte ich unser WoMo hinein. Alles da, Sanitäranlage direkt „vor der Nase“ und nach „Inspektion“ hervorragend ausgestattet. Ebenso Stromanschlüsse. 139 Dkr eine Übernachtung. Restaurants und eine Grünanlage in unmittelbarer Umgebung. Das alles interessierte mich derzeit nicht, haute mich aufs Ohr und schlief, quasi bis zum Morgengrauen. Unruhige Nacht verbracht, was war nur los mit mir?
Nächster Morgen (14.06.2023), leichte Besserung der körperlichen Verfassung spürbar, aber eben noch nicht fit. Da half auch die Dusche im angenehmen Ambiente der Sanitäranlage nur bedingt. Jola, ohnehin vom Umfeld der Hafengegend begeistert, schlug eine Verlängerung um einen Tag vor, ich willigte widerstandslos ein. Schwarzen Tee geschlürft, dann Haferflocken mit Wasser gelöffelt, den Magen angeregt, zu arbeiten. Sonne wie in Afrika, heiß war es, erstmals beglückwünschten wir uns zum installierten Lüfter, der sich fast heiß lief. Spaziergang zur Kreislaufanregung mit Sondierung, was wo zu finden war. Jola machte per Rad Ausflug ins Zentrum bzw. die Hafenkante lang und kam mit allerlei Informationen zurück. Gemeinsam marschierten wir zur Halle mit Streetfood.
Diese Futterkammer öffnete für Hungrige erst um 12 Uhr. Blick vom WoMo aus zwischen der Sanitäranlage auf den Limfjord und gegenüberliegendes Ufer.
Grünanlage hinter den Stellplätzen
Halfen einem Schweizer Paar beim Zurechtfinden, wie Stromanschluss, Bezahlen und zu guter Letzt der Tipp mit Streetfood, den der scheinbar hungrige Mann dankend aufnahm. Wir radelten die rund 2,5 km Promenade am Limfjord Richtung Zentrum ab. Gleich hinter der Eisenbahnbrücke über den Limfjord ein ehemaliges Fabrikgelände, „Spritten“, früher (wohl Anfang 1900 bis in die 50er Jahre) wurde hier Alkohol hergestellt (nomen est omen). Das Areal macht(e) Platz für Wohnbauten und demnächst einem Kulturzentrum.
Hafencity at it’s best, gelungene Architektur, wenn auch oft in Hochhausform, umgeben von Kunst und Kultur sowie Chilplätzen direkt am Wasser. Utzon, ein weltweit bekannter Architekt, schaffte sich hier sein eigenes Denkmal in Form eines musealen Zentrums. Wenige Hundert Meter weiter gleich das „Musikhuset“. Bis hierher reichte die erste Erkundungstour für mich.
MusikhusetBlick ins Zentrum von AalborgPromenadengrünBadeanstalt im LimfjordMusikhuset Eingangsbereich
Gegen 12.15 Uhr hing der Magen auf Tiefststand, das Angebot in der Halle von Streetfood schien uns am verlockendsten, deshalb Rückfahrt.
Verschiedenste kulinarische Geschmacksrichtungen boten sich hier uns an. Einmal im Karree die Halle durchschritten, da wussten wir, was „auf den Tisch“ kommen sollte. Asiatisches…., Details lasse ich hier weg. Geschmacklich ansprechend, die Schweizer trafen wir hier wieder, sie nickten uns dankbar (vermutlich für den Tipp) und gesättigt (weil schon fertig mit Essen) zu. Mittagsschläfchen…. Danach Besuch des Utzon-Zentrums. Auf dem Weg dorthin jetzt mehr Menschen im Freizeitmodus, sprich, Take-away-Fastfood in Liegestühlen genießen, ein Döschen Bier an der Kaimauer schlabbern, oder einfach nur Po und Rücken auf der Liegewiese in der Sonne braun werden lassen. Utzon ist der Architekt der Sydney-Oper, 1955/56 wurde sie erbaut. Die Ausstellung widmete sich u.a. Baumaterialien, Überlegungen, wie man Gesehenes aus der Natur in architektonische Gestalt umwandelt. Hier ein paar Eindrücke….
Innenhof zum EntspannenRaumfahrtvision der DänenLegoland: für ein Leben auf dem MondAlles Bio (Algen etc.)Begehbare Muster
Die Hafencity bis zum Ende verfolgt, zwischen Wohntürmen fanden wir dies Skulpturengruppe…
Dann kurzer Abstecher in die Stadt, wiedererkannt aus dem letzten Besuch ein Stück in der Fußgängerzone. Über die Eisenbahnbrücke hinüber, links in den Stadtteil Lindholm, Bild hier Blick von einer Pausenbank…
Auch auf dieser Uferseite viel neuer Wohnraum, gelungen, zumindest optisch im Vorbeifahren. Schön große Eckbalkone, reichlich Platz zwischen den Wohneinheiten. In einem Gebäude diente ein ganzes Erdgeschoss als Fahrradstellplatz, beachtenswert! Wir radelten ein Stück durch den gleichnamigen Park, überall Liegewiesen, wenn auch kaum noch Grün zu sehen, durch die anhaltende Dürre alles leicht ins Gelbliche changierend, was den Besuchern egal schien, solange sie sich in der Sonne räkeln konnten.
Nebenarm des Lindfjords
Genug Sonne getankt, deshalb Rückfahrt zum WoMo. Die Brückenquerung Maßarbeit bei radelndem Gegenverkehr. Das war’s aus Aalborg, wer hier einen Stopp einlegt, die Promenade lohnt jedenfalls einen Abstecher.
15.06.2023 06.15 Uhr aufgewacht, Jolas Bett schon leer. Der Himmel heute mit Wolken durchzogen, kurzzeitig tröpfelte es aufs Dach des WoMo, Regen, kaum noch gekannt, das Wort fast schon vergessen. Kurz nach 8 Uhr fertig gefrühstückt und abfahrbereit. Gleich auf der Hauptstraße Berufsverkehr, die nächste Tankstelle war meine, knapp 50 Liter flossen in den Tank, 11,69 Dkr der Liter, bei einem Wechselkurs von 7,46 wäre das ein Dieselpreis von ca. 1,57€. Dann Aalborg verlassen und die rund 60 Kilometer Autobahn zurückgelegt, kaum nennenswerter Verkehr unterwegs. Kurz vor 9 Uhr in Hirtshals gleich zur Fjordlinie zum Terminal abgebogen, leider falsche Fahrspur erwischt und bei „Cargo“ an verschlossener Schranke gelandet. Rückwärts Marsch, Marsch, zum Glück kam kein LKW. Am Terminal marschierte Jola guten Mutes zum Schalter, kam wenige Minuten später zurück, Papiere fehlten, Führerschein, Ausweis, Fahrzeugschein, außerdem die Botschaft, Abfahrt 11.45 Uhr war bereits ausgebucht, wir müssten die Fähre um 18.15 Uhr nehmen. Nun gut, besser als noch einen Tag warten. Mit dem Ticket zurück, stellte sie fest, das Ticket war auf ein Fahrzeug mit 6m Länge ausgestellt, ein Fehler, denn unser WoMo überschreitet die 7m Marke. Wieder zum Schalter, nachgebucht, weil länger = teurer. Dann auf den Stellplatz unter den riesigen Windkrafträdern, hier dar man neuerdings nicht über Nacht stehen. Jola marschierte zum Strand, der breit und feinkörnig ins seichte Meer reichte. Wir dann mit den Rädern ins Zentrum von Hirtshals, ein Ort wie eine im Aufbau befindliche Westernstadt wirkend. Das Gewerbegebiet glänzte mit boulevardartig breiten Straßen, ansonsten eher durch wenig schöne Fabrikgebäude. Hirtshals selbst darf man ruhig als „ausbaufähig“ umschreiben, vereinzelt nahm ich Sanierungsarbeiten wahr. Wir radelten zum Leuchtturm, den kannten wir zwar schon vom letzten Jahr, aber jetzt mit dem Rad auf anderer Strecke hin. Hier deutlich schicker, augenfällig attraktiven Einzelhäuser in guter Lage mit Seeblick. Zwischendurch „Til salg“ = zu verkaufen. Der Leuchtturm in voller Pracht…
Uns erreichte hier eine Nachricht von Bekannten, dem Mann sei sein Fahrrad nebst Tasche mit Geld und Papieren gestohlen worden, musste gezwungenermaßen die Heimreise antreten, was für ein Ärger!! Eine der Bunkeranlagen aus dem 2. Weltkrieg diente mir kurzzeitig als Liegeplatz für ein Sonnenbad, Jola tippte währenddessen Nachrichten. Dann Rückkehr in den Ort, jetzt zur Hafenkante hinunter und am Fischhaus gestoppt. 2 Portionen Fisch und Chips bestellt. Es dauerte ein paar Minuten, dafür sah die Mahlzeit lecker aus….
Und dem Essen stand es ins Gesicht geschrieben…
Am Nachbartisch verabschiedete sich gerade eine Frau von ihrer Garnelenpulerei, der Teller blieb unabgeräumt auf dem Tisch stehen, eine Einladung für wachsame Möwen, davon schon eine am Straßen lauernd wartete, und nun gierig zuschlug…
Sobald sie jedoch eine livrierte Servicemitarbeiterin entdeckte, suchte sie schnell das Weite. Wir, gesättigt, ebenso. Am Hafen die Fischereiflotte abgelichtet…
Jetzt, zurück am WoMo, galt es die Zeit bis ca. 17.15 Uhr abzusitzen, die Tasse selbst gebrauten Kaffee genossen…..
Jola bevorzugte die Wartezeit mit einem Strandbesuch zu überbrücken. Ich weihte unseren mobilen Wechselrichter ein, lud meinen Fahrradakku und schaute der Anzeige zu, wie die Kapazität sank. Es dauerte halt….Dann kehrte ich den Prozess um, probierte den mobilen Wechselrichter über die Solaranlage wieder aufzuladen. Dazu steckte ich das mitgelieferte Kabel für Solarladung in die rückseitige Buchse und in eine Steckdose für Zigarettenanzünder (12 V). Funktionierte, wenn auch lediglich um die 90 Watt aufgenommen wurden. Ich folgte Jola an den Strand, stakste als erstes in das glasklare Wasser, angenehm temperiert und weitläufig bis unterhalb der Knie durchwatbar, weil Wellengang minimal. Einige Einheimische brachten ihre Autos direkt mit an den Strand, nutzten sie als Schattenspender fürs Sonnenbad. Gegen 16.15 Uhr schmierte Jola uns Stullen für die Bordverpflegung, dann fuhren wir zum Check-Inn, reihten uns in die Warteschlange ein. Mehr als pünktlich ging es dann an Bord und bereits um 18.05 Uhr legte die Fähre ab.
Hallo liebe Leser des Reiseblog, seit genau drei Tagen gehört die Ära Euramobil Profila 695 der Vergangenheit an. Mit WoMo Nummer 2 (Profila 726) vergrößerte sich unser Raumangebot durch rund 30 cm mehr Länge.
Die Fahrt führte uns über Ahrensbök und Scharbeutz nach Grömitz, in der Hoffnung, auf dem großen Stellplatz Achtern Diek einen Platz zu ergattern. Doch am Eingang signalisierte die Anzeige „0 free sites“. So versuchten wir es am nebenan gelegenen Campingplatz Camaro. Durch glückliche Fügung traf Jola auf eine Mitarbeiterin, die uns den letzten freien Platz zuwies. Nicht schön, aber das war egal, Hauptsache die „Testphase Übernachtung“ im neuen WoMo konnte beginnen. Antenne fuhr schon mal normal aus, positiv! Landstrom angeschlossen, funktionierte, nur der Kühlschrank ließ sich bitten, stellte sich nicht automatisch von „Gas“ auf „Strom“ um. Anfängerfehler, zu lange den Umschaltknopf gedrückt, daher kein Wechsel der Betriebsart. Handbuch konsultiert, Ergebnis: man sollte nur 2 Sekunden den Schalter gedrückt halten. Problem gelöst, Kühlschrank lief auf Strom. Jetzt einen Kaffee, Wasserkocher befüllt, doch Elektrokabel zu kurz für die in der Oberleiste der Küchenzeile installierte Steckdose. Vier Holzbretter aufgestapelt halfen dem Kocher aufs Podest. Fernseher ausprobiert, Schiebemechanismus an der Halterung durchgeistigt, um den Bildschirm in eine einsehbare Position zu bringen. Dann noch aufs Rad geschwungen und kleine Tour zum Yachthafen gemacht. Frischer kühler Seewind, aber die Sonne brannte vom Himmel. Stopp bei der Surfschule, draußen hingen „die Sportler“ bei einem Bier oder sonst was ab. Aperol und ein Weizenbier gönnten wir uns, saßen in praller Sonne und genossen die Aussicht.
Etwas übertrieben der Spruch, aber nett war es hier. Die Geschäfte schlossen meist um 17 Uhr, so auch die, die Räucherfisch verkauften. Bei Rewe gab es eine abgepackte Makrele, die abends zum Kartoffelsalat verspeist wurde. Die Wasserpumpe in Betrieb genommen, rödelte erst einmal einige Zeit, ohne Wasser in die Leitung bzw. daraus zu bringen. Aber kein Bedienfehler, musste wohl nur erst einmal Luft aus den Leitungen gedrückt werden. Nun ist aber genug getestet für den ersten Abend.
10.06.2023 Samstag
Nichts passiert in der Nacht, alle Systeme o.k. Dafür der Driver schon kurz nach 6 Uhr aufgestanden, die Einstellungen der Heizanlage gegen ihm nicht aus dem Kopf. Das Handbuch wurde gewälzt, immerhin brachte mir das Studium die Funktionen im Display näher. Später sprudelte warmes Wasser aus dem Hahn im Badezimmer, es muss also irgendwo etwas aufgeheizt haben. Hundebesitzer streunten mit ihren Lieblingen zu dieser frühen Stunde über das Gelände des Campingplatzes. Jola erwachte, Zeit für ein Frühstück. Radtour nach Cismar, am Kloster vorbei, wir wählten Lensahn als Ziel aus, u.a., weil es dort einen Campingzubehör-Shop gab. Mehrfach lenkten uns die grünen Streckenschilder auf Wege, die uns zusätzliche Kilometer auf den Tacho brachten, meist auf Wegen ohne Lärmbelästigungen, ausgenommen der Vogelwelt, die tirilierend uns von den Bäumen begleitete. In Lensahn folgten wir einem Schild „Wohnmobil“, das uns zum Waldschwimmbad führte. Hübsch, direkt am Mühlenteich gelegen, Stromanschluss vorhanden, Ticket würde man im Schwimmbad (mit 50m Bahnen) lösen, 12 €, den Stellplatz merkten wir uns für ein späteres Wochenende vor. Im Campingzubehör-Shop nach fehlenden Kleinigkeiten Ausschau gehalten, nichts davon vorrätig. Im Fischgeschäft Bratheringe und Fischfrikadellen als Beilage fürs Abendbrot gekauft. Radelten nach Cismar zurück, Abstecher zum Hofladen / Café Klostersee. Der wie beim letzten Besuch stark frequentiert. Käseteller für mich Kuchen für Jola, einfach lecker! Ein halbes französisches Landbrot (noch leckerer!) kaufte ich zum Mitnehmen. Am WoMo Pause, für mich, Jola nach Grömitz zu Rossmann. 17 Uhr Fußmarsch zum Strand, am Stellplatz Achtern Diek vorbei, jetzt „1 Platz frei“. Stürmische See, kaum Menschen am Strand, nur hartgesottene, oder Surfer / Kiter, meist auf See unterwegs. Strümpfe und Schuhe ausgezogen und bis zum Riesenrad im, gefühlt, lauwarmem Ostseewasser gewandert. Beach-Handballturnier, anstrengende Gelegenheit für die Beine. Restaurants überfüllt. Auf dem Deich gegen den Wind zurück, Knie und Fuß lahmten bereits.
Jola gab zu Protokoll „hochzufrieden“ mit dem neuen WoMo!
Ziel für uns war heute Grömitz an der Ostsee. Dort ein relativ neuer Stellplatz namens „Achtern Diek“ mit 154 Stellplätzen. Weil neu, alles hübsch, gut geplante Zufahrtswege, Plätze durch niedrige Hecken getrennt, mit Codekarte alles „machbar“ (Zutritt Sanitärgebäude, Strom abrufen etc.). Das Gelände gehört einem Förderverein „.. für Ferienkolonien 1904“, die Einnahmen (die „Gewinne“) fließen dem Förderverein zu. Gut gemacht die Internetseite, auf der man die Zahl der freien Stellplätze ablesen kann. 19 waren bei Ankunft frei, gestern noch alle besetzt.
Fast vor genau 7 Jahren besuchten wir mit unserem Wohnmobil erstmals Grömitz, nächtigten auf dem Campingplatz „Hohe Leuchte“. Vieles vom Umfeld Grömitz war mir entfallen, kam erst beim visuellen Besuch im Ort zurück ins lebensnahe Gedächtnis. Der Sun-Run fand gerade statt, auf der Kurpromenade Zieleinlauf, der erste Läufer des Halbmarathon erreichte das Ziel. Es stiegen schmerzhafte Erinnerungen an meine eigene Laufkarriere in mir hoch, sprich, geschundene Gelenke als auch Wehmut, nicht mehr aktiv sein zu könne. Egal, ich suchte die Kaffeerösterei Tork an der Kurpromenade. Fußmarsch dorthin, gelungener Neubau einer DLRG Hauptwache, viel Holz wurde an dem schiffsähnlichen Bau verarbeitet. Pause bei Tork. Kaffee und Cookie. Keine Frikadellen zum selbstgemachten Kartoffelsalat im Ort bekommen, da halfen drei kleine Putenschnitzel aus, schnell in der Pfanne gebraten, und fertig war das Mittagessen.
Nachmittags Radtour am und auf dem Deich bis nach Dahme. Dahme wirkt mit restaurierten Häusern teilweise wie ein erhaltenes Fischerdorf, andererseits stehen dazwischen unansehnliche Bauten, die die Gesamtansicht eher stören. Wir kehrten um, jetzt den Seewind im Rücken, trotzdem zog ein leichtes Frösteln den Körper hoch.
Abends durfte wieder mit der Technik gekämpft werden, das Bild vom Fernseher wollte nicht pixeln, doch zur Tagesschau zeigte sich plötzlich Farbe auf dem Display.
15.05.2023 Montag
Sonniger Tagesbeginn, wenn auch den Morgen etwas verschlafen. Erstaunlich, bei gut 130 besetzten Stellplätzen im Sanitärgebäude kein Gedrängel. Der Stromzähler lief beim Duschen relativ rasch, doch weniger Haare sind eben auch schneller gewaschen, und fertig. Der kolumbianische Kaffee schmeckte zum Frühstück ausgezeichnet. Schnell noch nachgeschaut, wie die Öffnungszeiten im Kloster Cismar sind, dort alles erst am Mittwoch geöffnet. Egal, unsere Tour führte ohnehin über das Gelände.
Ankunft gegen 11 Uhr. Blick von außerhalb auf die Kirche.
Am Café nahm ich jubilierende Töne wahr, Menschen standen mit Sektgläsern in einer Runde. Beim Näherkommen hoben sie zum Geburtstagsständchen an, ein ältliches Gekrächze. Nettes Plätzchen für eine Feier und völlig ungestört, da das Café ja geschlossen hatte. Im Innenhof dominant und stattlich eine Kastanie.
Etwas erstaunt las ich, dass das Kloster (gotischer Backsteinbau) ein aus Lübeck verlagerter Ableger des St. Johannes-Klosters (gegründet von Heinrich I.) sei. Ab 1906 beherbergte das Gemäuer in Lübeck das Gymnasium Johanneum.
Uns zog es weiter Richtung Grube zu der dortigen Feldkirche mit Holzfiguren, so in einem Prospekt gelesen. Am Straßenrand Blumenverkauf, optisch glich das Stück Land den Tulpenfeldern in Holland, also kurz „Tulpen gucken“, nur als Miniatur.
Bald darauf ein Hinweisschild „Klostersee Hofladen 300m“. „Geöffnet“, das motivierte uns, einen Abstecher zu machen. Ziemlich neu wirkender Hofladen, in 2019 ausgezeichnet als bester unter seinesgleichen, so eine Urkunde am Haus bewies. Umfangreiches Sortiment, Kuchen und Kaffee sowie Käse- oder Schinkenteller, draußen verteilt stehende Tische. Einkauf auf später verschoben, zwei Frikadellen ließen wir uns für „nachher“ zurücklegen.
Geduld, warum?, ja, bisher noch nichts zu sehen von der Rapsblüte, aber dann, zwischen Guttau und Grube wurde es gelb auf den Fotos.
Von weitem sah man in Grube den kompakten Umriss der Feldkirche, doch auf der Hauptverkehrsader durch den Ort verschwand die Silhouette spurlos, auch nirgends ein Hinweisschild. Am Dorfmuseum die Touristeninformation, geöffnet, verwaist, niemand da, Mittagspause? Lageplan mitgenommen, missgedeutet das Ziel. Umgekehrt, dann endlich die Feldkirche St. Jürgen gefunden.
Die Kirche ist dem Heiligen St. Georg geweiht. Georg bedeutet im Niederdeutschen „Jörg“ und im Hochdeutschen „Jürgen“, das war mir bis dato nicht bekannt. Im Innern erwartete mich im Vorraum zunächst muffige Kälte, dann in der Kirche zwischen den Bankreihen zwei helle Figuren, ein Mann und eine Frau, geschnitzt aus Holz, getrennt saßen sie, von hinten gesehen, andächtig / nachdenklich.
Der Mann fand sogleich eine weibliche Begleitung.
Nun noch die Kirche abgelichtet…
….., dann sollte es zurück zum Hofladen gehen. Wählten den Weg an der Kirche vorbei. Ein Fehler, wie sich alsbald herausstellte. Gut 3 Kilometer Kiespiste der übelsten Art, übersät mit losem Treibsand. Entnervt die Frau, warum?, die Reichweite des Akkus sank kontinuierlich. Abgebogen bei Hinweisschild „Korneiche“, wieder holperige Piste, dabei den Abzweiger zum Hofladen Klostersee übersehen, weibliches Geschimpfe aus dem Windschatten „wären wir nur die Hauptstraße gefahren“. Keine Korneiche gesehen, dafür unmittelbar am Hofladen aus dem Wald gekommen. Kauften zwei halbe Brote, ich aß einen Käseteller, wobei das Leckerste die beiden Stullen französisches Landbrot zum Käse, noch warm, waren. Mohnkuchen lobte Jola, ich orderte zum Mitnehmen ein Stück Kirsch-Rote-Bete-Schokoladen-Torte, … was für eine Kombination! Mir war bisher aus dem Pflanzenreich der „Flaschenputzer“ bekannt, jetzt kam aus dem Tierreich der „Tellerputzer“ hinzu, ein Spatz säuberte die Schmutzteller, hier gestört und gerade im Abflug befindlich.
Die Rundfahrt beendeten wir über Lensterstrand nach rund 33 Kilometern.
Der Fernseher versagte diesmal total seinen Dienst, so griff ich auf den Laptop zurück. Fand einen makaberen Streifen „Das schwarze Quadrat“, den wir aus der Mediathek uns ansahen.
16.05.2023 Dienstag
Nachts dröppelten kurzzeitig Regentropfen aufs Dach. Morgens total frisch, um nicht zu sagen, kalt. Es fehlte die Sonne, sie glänzte durch Absentismus. Dafür schickte der Wettergott Sturmböen ins Gefecht. Nach Neustadt sollte es gehen, gut 20 Km eine Strecke. Dumm nur, dass oberhalb des Yachthafens man an der lauten und viel befahrenen Bundesstraße 501 bis nach Bliesdorf radeln musste. Das Stück von Grömitz bis Neustadt besteht eigentlich ausschließlich aus Campingplatzarealen, unterbrochen von Ferienhaussiedlungen oder Jugendcamps. Und überall entstehen Neu- , Ersatzbauten oder alte Schuppen werden restauriert, soviel zu dem Streckenumfeld. Daneben achtete ich natürlich wieder auf das satte Gelb, die Rapsfelder…..
…… hier gleich hinter dem Yachthafen hinauf zur Bundesstraße. Deutlich erkennbar der wolkenverhangene Himmel, der permanente Gegenwind ließ sich leider nicht abbilden.
Nach einer Stunde, es war gegen 11.30 Uhr, auf Höhe des Strandbades in Neustadt ein Blick über die Bucht.
Der Wind blies unangenehme Gerüche ans Land, hervorgerufen durch Algenschlick im Wasser oder am Strandrand. Die Objekte des Kunstkilometers am Jungfernstieg während der Fahrt wahrgenommen, dann Foto von der Doppelhelix gemacht (oder was es auch immer darstellen sollte).
Die Sonne blickte währenddessen wohlwollend auf uns herab, genehm, Blick an die andere Hafenseite gegenüber. Dort wich Altes durch Abriss freiem Gelände, vermutlich später bebaut mit einer Hotelanlage oder den quadratisch-praktisch-gut Kästen, Eigentumswohnungen, wir werden es irgendwann sehen.
Aber wir waren jetzt auf der Suche nach Essbarem. Heute kein Essen im Brauhaus, Miera bot keinen Mittagstisch, hatte auch noch gar nicht geöffnet. Nebenstraße zum Markt hochgefahren, heute am Dienstag er mit Ständen besetzt. Historisches: Der Marktplatz mit seinen umliegenden Straßenzügen ist aus der Zeit der Stadtgründung bis heute so erhalten geblieben. Fischbrötchen boten sich an Ständen mehrfach an, doch erst mal nur schauen. Lammfellsohlen erstand Jola, dann empfahl ich einen wollenen Sattelüberzug, der perfekt auf ihren Sattel passte, 15 €. Die sagenhafte Einkaufsstraße bis zum Kremper Tor marschiert. Historisches: Das letzte erhaltene Stadttor Neustadts. Eine Kaffeerösterei namens Matico wanderte auf meine Merkliste, für später. Umkreisten am Binnenwasser den Ortskern, gelangten zum Kugelbrunnen (schwedischer Granit, Kugel wiegt 7.000 Tonnen, wird durch Wasserdruck (1,1 bar) in Schwung gehalten, wenn denn Wasser fließt) am Brücktor, das vom Brückengeld-Einnehmer-Haus gesäumt wurde.
Hier, Am Hafen, gab es Fischbrötchen vom Deck eines marode wirkenden Schiffes. Nun zugeschlagen, Brathering und Makrele auf knusprigen Brötchen. Kurzfristig gesättigt. Anmerkung zur Neustädter Durchgangsstraße: wie immer, elendig lange Blechlawine kriecht durch den Ort.
Zurück zum Markt bzw. zur Kaffeerösterei; dumm gelaufen, die Freude auf die Zimtschnecken kam zu früh, leider schon alle verkauft. Was blieb als Alternative? Eine Scheibe Bananenbrot, das ganze Teil in der Kuchenvitrine sah aus wie ein kastenförmiger Sandkuchen. Wie isst man das, meine Frage? „Die Scheibe würde kurz warm gemacht, geröstet, dann käme Butter und Zimt darauf„, so der Mann hinter dem Tresen. Gut, wurde bestellt. Innen im Laden rotierten vor dem Tresen in einer Röstmaschine die Bohnen. Der „Chef“ brachte auf dem Teller die Scheibe Bananenbrot, garniert mit Minzblättern, ein Streifen Butter schmolz seicht auf der Oberflächen auf der Zimt schimmerte, drumherum kleine Erdbeerscheiben. Überraschend schmackhaft alles zusammen. Milchkaffee in großer Tasse ebenfalls in Ordnung. Probiert einmal, wenn der/die geneigte Leser/in in Neustadt Station macht. Dann Postkartenkauf und Abmarsch Richtung Grömitz bzw. nach Rettin, neuer Versuch die Ferienanlage zu finden, in der Freunde eine Wohnung besaßen. Wieder kein Glück gehabt, dafür erstmals den Ort nach Durchfahrt näher in Augenschein genommen. Gar nicht so unattraktiv und größer als gedacht. Ab Bliesdorf nicht den kürzeren Weg an der Bundesstraße genommen, sondern über einen frisch geteerten ebenen Weg (Brenkenhagen) zwischen Rapsfeldern in den gleichnamigen Ort gestrampelt, mal mit Rückenwind, dann wieder blies es seitwärts mich fast vom Weg, die Rotoren der Windräder rauschten im Rhythmus und warfen lange Schatten.
Jola, vorausgefahren, und, weil hügelig, kam mir im Ort abhanden; ich folgte dem Schild „Grömitz 3,5 km“, geriet auf einen Feldweg. Gelangte zum Yachthafen und freute mich auf das Ende der Strecke, mehr als 50 Kilometer waren schon zurückgelegt, mein Hintern signalisierte „genug für heute“.
17.05.2023 Mittwoch
Frühstück vor dem Duschen, dabei Beobachtungen durchs Fenster, Umgang mit dem Hund. Das ums Maul ergraute Tier der neben uns residierenden Hamburger Familie schlief im Gang im WoMo vor dem Ausgang, jetzt musste es, vom Herrchen nach draußen befördert, frische Luft schnappen. Dehnübungen, Platz auf dem Sitzkissen. Dann füllt Herrchen das Futternapf, Hund kommt und schnuppert, scheinbar nicht das richtige Frühstücksangebot, abgewendet. Ab und an ertönt aus den tiefen des Zwerchfells ein hüstelndes Bellen, meist, wenn andere Hunde den Weg kreuzen, allerdings nur kurz, mehr Luft zum aggressiven Kläffen fehlt der alten Töle offensichtlich. Dann schafft Herrchen eine Dose aus der Garage und füllt ein Pulver auf das Hundefutter im Napf. Und schwupps, der Hund stand parat und begann gierig zu fressen. Welches „Suchtmittel“ wohl in dem Pulver wirkte? Als ich dann zum Schluss unserer Abbautätigkeiten in sein Revier vordrang, um die Kabeltrommel einzupacken, ja, da erwachte sein Verteidigerinstinkt, bellte ein paar Mal, ansonsten blieb er auf seiner Decke liegen. Aber als Mensch weiß man ja nie, wie viel Terrain er sein zu verteidigendes nennt. Bei Abfahrt Stau an der Zufahrt zum Gelände, enge Straßenverhältnisse, Frühaufsteher wollten einen Platz zum morgigen Vatertag sichern. Über Lenste zum Hofladen Klostersee, frisches Brot sollte besorgt werden, die Erinnerung an unseren ersten Besuch vor zwei Tagen: es war einfach zu lecker. Brot für rund 23 € gekauft. Auf der Bundesstraße nach Heiligenhafen, kaum Verkehr. Auf dem Stellplatz vor dem Ferienzentrum Plätze frei. 2 Tage gebucht, Kosten ca. 54 €. Christine winkte bereits im 9 Stock vom Balkon. Kurzer Besuch mit einer Tasse Tee in luftiger Höhe, dann zum Griechen „Mykonos“. Reichlich Ouzo, vor und hinterher, Essen schmeckte, wenn auch (zu) viel Fleisch. Nachtisch: griechischer Joghurt mit Honig, Nüssen und Äpfeln, Portionen wie eine Hauptspeise. Spaziergang ans Meer, bei dem Wind müssten eigentlich mehr Surfer auf dem Wasser sein, aber vermutlich hielten die sich alle auf Fehmarn auf, wo morgen ein Treffen stattfindet und bis zu 30.000 Besucher erwartet werden. Jola und ich machten einen Verdauungsspaziergang ins Zentrum von Heiligenhafen, auf dem Hinweg schob uns der Sturm quasi in die Stadt. Am Hafen:
Rückweg geriet zum Kampf gegen den Wind, drei Schritte vor, einen zurück…. Um 16.30 Uhr bekamen wir Kaffeebesuch. Der Stellplatz jetzt vollbesetzt.
18.05.2023 Donnerstag („Vatertag“)
Auf dem Tisch lag ein Umschlag, beschriftet mit „….wer ist der Schönste in diesem Land?“. Darin eine Bartschere und ein Gutschein für eine Messerrasur, ups, hoffentlich kein Halsabschneider! Gegen 11.15 Uhr in die Sättel gestiegen, Fehmarn sollte erobert werden. Der Wettergott meinte es gut mit all den Vätern bzw. denen, die es noch werden wollen. Die Strecke über die Ortsteile Ortmühle und Strandhusen aus früheren Touren bekannt, doch immer wieder erfreut man sich über die Panoramablicke auf den Graswarder und die Fehmarnsundbrücke, die bereits aus der Ferne grüßte. In Lütjenbrode nicht auf den Weg zum Südstrand von Großenbrode abgebogen, dadurch einen Ortsteil von Großenbrode entdeckt, der uns bisher unbekannt.
Ein „Thing-Platz“, hier hielten früher die Germanen Gericht oder Volksversammlungen ab. Eine Gilde (Ole Gill von 1771) hat hier ihren Treffpunkt für den jährlichen Umzug. Unterwegs nun schon erste Väter, von denen einige mit Bierkisten beladene Handkarren schoben, teils leicht angeheitert. Die Auffahrt über den „Betriebsweg“ hoch zur Brücke eine Zumutung. Schlaglöcher wie an einer Perlenkette, dann der Weg so eng, dass zwei Radfahrer nicht aneinander vorbeikamen. Ich hatte Glück, hinter mir gerade keine „Verfolger“, so konnte ich einen Schnappschuss von der Brücke machen.
Die Rapsfelder hier auf der Insel im Sonnenlicht noch intensiver.
Im Kopf kursierte die Vorstellung, jetzt im Hof-Café in …., ja wie hieß der Ort noch mal?, Kaffee und Kuchen zu uns zu nehmen. Albertsdorf, so der Name, aber erst noch durch Strukkamp durch. Gut besucht war das Hof-Café, ein paar freie Plätze im Außenbereich vorhanden. Willkommene Pause nach gut 18 Kilometern Gestrampel. Nun sollten Absatzmärkte für Schlüsselanhänger aufgetan werden, deshalb radelten wir weiter zum Wulfener Hals zum dortigen Campingplatz. Halligalli an der Wasserski-Anlage, Seitenstreifen zugeparkt, Menschen vergnügten sich beim Zuschauen von laienhaften Wasserski-Akrobaten, die versuchten, einen Kreis ohne Untergang im Wasser zu bewältigen. Chillige Atmosphäre rund um die Wasserbecken. Der Campingplatz wohl vollbesetzt, eine kleine Stadt für sich, mit Veranstaltungszelt, Supermarkt etc. Das Bulli-Treffen findet im Sommer am Südstrand statt, nicht hier am oder auf dem Campingplatz. Ob es den Rad- und Wanderweg um den Burger See schon früher gab?, ich entsann mich nicht. Jedenfalls nutzten Radler und Spaziergänger diesen Deichweg intensiv, hier ebenfalls „Vatertagstouristen“ mit Handkarren. Ein vor Jahren auf Fehmarn gekauftes Minibild mit dem Motiv von Segelschiffen bot Anlass für ein Suchspiel, sprich, wo befand sich das Atelier bloß? Burgstaaken oder Burg? Es wird hier weggelassen, wie die Diskussion endete. In Burg begrüßte uns vor einem Eisladen namens Radden’s eine lange Schlange Wartender, wohl der angesagteste Laden (seit 1947 stellt man hier Softeis her). Wir stellten die Räder etwas weiter im Ort ab, marschierten durch die gut besuchte Hauptstraße, vollbesetzte Außenbereiche der Restaurants. Unentschlossen kreisten wir, mein Sättigungsgefühl vom Kuchen im Hof-Café zeigte mir keine Eile bei der Suche nach einem „Essplatz“. Bei „Wisser’s“ dann einen freien Tisch gekapert, doch die Auskunft des Servicemitarbeiters an Gäste am Nachbartisch „die Küche habe geschlossen“ ließ uns gleich weiterziehen. In der zweiten Reihe, hinter dem Rathaus in der Orthstraße das Café Traube, „geöffnet“. Nettes Ambiente, im Außenbereich keine freien Plätze, machte nichts, genug Sonne hatten wir schon abbekommen, also nahmen wir im Innenbereich Platz. Aßen Panini, leckeres Beiprogramm mit Salatschüssel, darin karamellisierte Walnüsse. Ein Stück Apfelkuchen und zwei Espressi rundeten den Aufenthalt ab. Blick vom meinem Sitzplatz nach draußen:
Von der Mitarbeiterin erfuhr ich, wo sich ein Atelier eines ortsansässigen Malers befindet, Kirch, das musste der gesuchte Künstler sein. Ich nutzte die Wartezeit während des Einkaufs bei Edeka nach dem Atelier Kirch Ausschau zu halten und wurde im Nebenweg, quasi „gleich um die Ecke“, fündig. Das Atelier hatte geschlossen.
So ward das Rätsel gelöst, aber kein neues Motiv konnte gekauft werden. Nun zum Südstrand. Am Südstrand in Burgtiefe empfingen uns die drei weit sichtbaren Hoteltürme. Am Strand buntes Treiben der Surfgemeinde.
Die Touristeninformation hatte schon geschlossen, deshalb keine Information über das Bulli-Treffen und für Jola keine Geschäfte zu machen. Heimfahrt über Wulfen und Fehmarnsund. Auf dem Deichweg zurückgelassene leere Bierkiste, ein Mann schien mit seinem Rad vom Weg abgekommen zu sein, krabbelte den Deichhang wieder hinauf. Jetzt schon gut 50 Kilometer auf dem Tacho, das spürte das Gesäß. Blick von Fehmarnsund auf die Brücke.
Wieder den Betriebsweg hinauf zur Brücke. Am Hafen in Heiligenhafen in der Hafenkneipe ein Stopp, jetzt war die Zeit für ein Vatertagsbier gekommen. Es wurden dann zwei. 62 Kilometer waren es dann nach Erreichen des Stellplatzes noch geworden, puh, genug für heute.
19.05.2023 Freitag
Verschiedene Versuche, woanders einen Stellplatz zu bekommen, scheiterten. Insofern erleichterten die abschlägig beschiedenen Nachrichten die Verlängerung auf dem Stellplatz in Heiligenhafen um zwei Tage. Auch gut, Wetter zeigte sich von seiner Sonnenseite nur die gestrigen 62 Radkilometer waren nicht vollständig abgeschüttelt. So machten wir zuerst einen Spaziergang an die Steilküste, die Gelenke wieder justieren. Auf dem Minigolfplatz herrschte reger Andrang, eine Gastfamilie führte ihren Hund mit, der am „Wassergraben“ diesen für seinen Wassernapf hielt und daraus schlabberte. Am Wasser einige Angler, einer davon in wasserdichter Montur im Meer stehend.
Zur anderen Seite Blick über den Binnensee auf… Rapsfelder (nun gut, weder den See sieht man wirklich, noch sind die Rapsfelder im Zentrum des Bildes).
In der Ferne der Leuchtturm an der Steilküste, hier aus der Perspektive von Steinchentürmen.
Am Weg ins Landesinnere Betonteile auf dem Strandsand, irgendwann herabgestürzt, als die Erdkante der Steilküste abbrach. Der Iven-Hof rechterhand versteckt hinter Hecken und Bäumen. Hier müssen Menschen wohnen oder Eigentümer sein, die zitatenbegabt oder philosophisch orientiert sind:
Im Vordergrund die Weideflächen für Galloway-Rinder mit Panoramablick auf das Ferienzentrum, auf den Grünflächen offensichtlich Nachwuchs, „Bruder und Schwester“ boxten sich gegenseitig.
Eins trottete bald darauf muhend davon, „beleidigt“. Den Rundgang am WoMo beendet, mittags außen um den Binnensee zur Seebrücke, es sollte ein schmackhaftes Fischbrötchen gegessen werden (nicht von mir). Mittlerweile wirkte diese Urlaubsareal am Yachthafen recht ansprechend, „eingewachsen“ die Häuser, Hotels im Seebadstil, nicht überdimensioniert. Im Geschäft mit Schiffszubehör fand ich spontan eine Jacke, Kauf perfekt gemacht. Im Yachthafen machte sich jemand an einem seiner Segel zu schaffen, sollte wohl „neu verpackt“ werden.
Trennung, ich zurück, Frau ins Zentrum. Ich Kaffee kochend, Kuchen schneidend am WoMo. Sonne genossen, gelesen. Auf dem Stellplatzgelände ständig suchende Neuankömmlinge, manche hatten Glück, dann, wenn gerade jemand abreiste. Heute dann Grillen mit Schwiegereltern. Lotus-Grill brachte schnell Glut in die Kohle, Lamm und Würstchen, dazu Salat und das französische Landbrot vom Klostersee. Geselliger Tagesausklang.
Bild von unserem Stellplatz mit Blick auf das Ferienzentrum.
20.05.2023 Samstag
Jola las morgens die neueste Nachricht von der Tochter, die gerade eine Radtour in Holland machte und zuletzt in Nijmegen Station machten. Ich sattelte mein stählernes Ross und fuhr zum Bäcker Brötchen besorgen. Lange Schlange, zu Glück ausreichend Personal, so kam ich rasch zu meinen Kartoffelbrötchen (immer noch 5 zum Preis von 4 = 2,90 €), die akzeptabel in Geschmack und Biss sind. Im WoMo Tisch gedeckt, draußen war es einfach zu kalt und stürmisch, trotz Sonnenschein. Schlug Tour nach Oldenburg vor, wieder Rapsfelder ohne Ende, etwas erhöht mit Blick auf die Ostsee.
Einsamer Kampf gegen die Unbill der Natur, sprich, Sturmböen. den Markt in Oldenburg quasi am Museum vorbei über den Wall erreicht. Drei Marktstände priesen Biobrot und Gemüse an. Bummel durch die Kuhtorstraße. Aufgewärmt in der Buchhandlung, Dort Ständer mit „Leseproben“ aktueller Bücher, interessanter Ansatz, so schnuppert man etwas tiefer in die Literatur, als wenn man nur den Klappentext lesen würde. Ich nahm mit „Das verlorene Kleid“ (8 Kleider von Dior erzählen eine fesselnde Geschichte). Die einkaufswillige Frau musste kurz noch ins Modehaus. Auf meinem inneren Programmheft stand als nächstes „Gut Görtz“ bei Heringsdorf. Wieder der Kampf mit den Böen, in Heringsdorf angekommen, leider falsch abgebogen und bis Neunkirchen vorgearbeitet. Dann Irrtum bemerkt und die rund 3,5 Km wieder zurück. Vorfreude auf einen warmen Kaffee. Wir blieben in der Scheune, gönnten uns zwei Stücke Kuchen. Das metallene Großwild (Elefanten, Giraffen und ein Bulle) schienen nicht so leicht verkäuflich zu sein, sie standen nach wie vor auf dem Gelände. Die kleine Porzellanblüten für Dekorationszwecke gab es zu Jolas Bedauern nicht mehr, dafür andere hübsche Glaskunst. Lustig auch die Vogeltränke mit den Nilpferdköpfen.
Es gab Sonnenuhren aus geschliffenen Granitplatten, hätte ich vielleicht für unseren Garten mitgenommen, aber „zu schwer“, um auf dem Fahrrad gegen den Sturm transportiert zu werden. Die letzten 9 Kilometer wieder viel Raps, viel Wind, viele Hügel, in Klingstein kein Hof, der frische Eier verkaufte, sehr zu Jolas Bedauern.
Hier die Tour in etwa, den kleinen Umweg bei Heringsdorf habe ich weggelassen. In Heiligenhafen wollte Jola noch „ihren Geschäften“ nachgehen, ich orientierte mich hin zum WoMo, heißer Tee wurde jetzt zu einer willkommenen Abwechslung.
Die Geschäfte liefen gut, ein Grund zu feiern, so wurde ich in die Hafenkneipe zum Umtrunk eingeladen. 19 Uhr, durchs Fenster sah man eine Musikanlage, also heute Konzert. Drinnen schon etliche Tische besetzt, nahe „der Bühne“ ein Hochtisch noch frei. Hoffentlich wird’s nicht so laut. Ein grauhaariger Oldie mit Schirmmütze stimmte seine elektrische Gitarre, Klänge von den „Eagles“ waren zu hören, dann Funkstille. Offiziell sollte es um 19.30 Uhr beginnen. Landbier bestellt und Currywurst, die geschnitten in warmem Ketchup badend im Glas serviert wurde, dazu zwei kleine Scheiben angewärmtes Baguette. Mit Anstoßen und Verzehr überbrückten wir die Zeit bis zum Konzertbeginn. Der Musiker musste über Heiligenhafen hinaus bekannt und Freunde gehabt haben, die nach und nach eintrudelten und restliche Tische okkupierten. Hier ein Bild „under table“ geschossen kurz nach Beginn.
Musikalische Wanderung von CCR über Cream bis hin zu Alvin Lee und einigen Stücken aus den 50er Jahren. Seine Stimme immer gleich (nuschelig), sein virtuoses Spiel und die zum besten gegebenen Anekdoten glichen einiges aus.
Mal begeisterte er nicht nur die Zuhörer, sondern auch sich selbst und erhob sich aus dem Sitz, rockte, zwar etwas steif, vor dem Mikrofon herum. Ich durfte sogar eine Frage (wer John Fogerty sei) richtig beantworten. Dann folgte ein Akrobatikstück (Jimi Hendrix stand Pate): er spielte über Kopf….(Video).
Enthusiastisch feierte das Publikum seine Gelenkigkeit und Saitensicherheit.
Nach gut 1,5 Stunden und dem zweiten Bier genügte mir das musikalische Genuschel und forderte zum Aufbruch auf. Hoffentlich keine ordnungsrechtlichen Kontrollen, aber Heiligenhafen war im öffentlichen Raum schon fast ausgestorben, und so fuhren wir fast allein und ungestört in den Sonnenuntergang zum WoMo zurück.
Das war es dann…..
21.05.2023 Sonntag
Mückenschwärme tanzten über der Wiese, noch mehr um das Wohnmobil, wedelnd musste ich mich zu den Duschen vorkämpfen. Fand am Haken hängend eine Kulturtasche. Während der Waschung wartete ich stets auf ein Klopfen, jemand würde seine verlustig gegangene Tasche einfordern, doch niemand störte mich. Ich legte die Tasche auf eine Mülltonne, vielleicht vermisst sie ja jemand. Ich warf einen Blick auf den Inhalt, immerhin eine elektrische Zahnbürste, die würde man sicher ungern vermissen.
Dann Abfahrt, Stocksee als Ziel war ins Navi eingegeben, etwas über eine Stunde Fahrtzeit, erst Autobahn (frei), dann bis Lütjenburg und weiter über Plön. 10.35 Uhr Ankunft am Naturcampingplatz, unser Platz noch nicht frei. Karin war da und empfing uns mit einem Kaffee. Ihr Wohnwagen stand quasi direkt am See mit Seeblick, ansonsten der Blick auf den See meist durch Bäume verstellt. Jola vor ihrem neuen Wohnmobil:
Der Wohnwagen ca. 23 Jahre alt, innen im Design überraschend „modern“ und die Einrichtung gut durchdacht. Die Platzbesetzer ließen sich Zeit, erst gegen 11.45 Uhr zogen sie von dannen. Hier am Stocksee alles Naturschutz, Paddeln auf dem See nur mit Erlaubnis, Bäume fällen sowieso verboten, Glück für Karin, der Vorbesitzer hatte sich nicht an das Verbot gehalten, deshalb jetzt die baumfreie Fernsicht. Der Vorschlag, nach Dersau ins Gartencenter mit Café im Grünen zu fahren fand Zustimmung, gut 5 Km entfernt, mit dem Auto brachte Karin uns dahin. Alle drei in der Hoffnung, dort etwas Kräftiges zu essen zu bekommen.
Wir hatten Glück, neben der Kuchenauswahl bot man Quiche mit Karotten an. Davon wurden drei Stücke zzgl. Salat geordert, drei Kannen Ingwerwasser dazu, perfekter Mittagssnack.
„Was haben wir das gut„, ein gern gewählter Ausspruch, auch hier und heute. Pflanzenauswahl innen und außen begutachtet, dann Kuchen bestellt, Eierlikörtorte, und, nach meiner Empfehlung, ganz gewagt, bestellte Karin die Grüne Glückstorte, die neu in der Auslage entdeckt worden war. Scheinbar finden Konditoren Gefallen an der Kombination süße Kuchenbasis und Gemüse, hier hauptsächlich Spinat.
Davon blieb nichts zurück! Dann wollten wir in Ascheberg noch Fisch angeln, wenn auch nur geräucherten. Personalmangel schränkte den Verkauf ein, Gebratenes gab es nicht, dafür hing eine Ausschreibung aus, man könne sich Bewerben: Fischbräter, Bestellannahme oder Teller herrichten, von Mai bis September. Blick auf den Plöner See und umgebaute Anglerboot.
Zwischenzeitlich stellte sich sommerliches Wetter ein, vor allem blieben die gefürchteten stürmischen Böen aus.
Gemeinsames Abendbrot mit Karin und anschließendem Spieleabend. Ich spielte den technischen Helfer und richtete „Signal“ auf Karins Handy ein, diesmal klappte es mit der Installation, was zu einer happy Karin führte.
22.05.2023 Montag
Unser Stellplatz liegt quasi auf der anderen Wegseite von Karins Wohnwagen.
Zu dem Sanitärgebäude muss man einen relativ steilen Anstieg bis zur Rezeption bewältigen, nicht gerade leicht für Hüftgeschädigte oder einen wie mich, der einen vollen WC-Tank zur Chemie-Toilette transportieren muss, und dass schon morgens um 7 Uhr. Frühes Frühstück, noch gab es kostenlosen Strom von „Abgereisten“. Karin kam später an, wollte zum Frühstück einladen, sprich, vergebene Mühe, weil wir schon fertig waren. Jola ließ sich auf einen koffeinfreien Kaffee bei ihr nieder. Es folgte eine Stunde Camper-Ratgeber, ob Windschutz, Markise, Putzmittel, Pfanne oder Mixer. Die Markise wurde eingerollt und verpackt, was für ein umständliches System, alleine kaum zu bewältigen. Karin schenkte uns als Andenken ein Mühlespiel aus vier Glasplatten und Schnapsgläsern als Spielfiguren, sehr lustig, vor allem, wenn man mit gefüllten Gläsern spielt. Der Ausflugstrip der beiden Frauen zur Gärtnerei war quasi „umsonst“, die Gärtnerei hatte montags geschlossen, so gab es keine Cosmea für Jola.
Ich fuhr mit Jola durchs Land: die Tour in der Übersicht
Nach Schmalensee, rechterhand um den gleichnamigen See, wieder enorm viele Rapsfelder, jedoch schien das Gelb nachzulassen, der Hochstand der Blüte wohl vorüber; es schimmerte mehr Grün aus den Feldern. Die Aussaat bzw. das mechanische Stecken der Setzlingen von Mais hatte begonnen, schön in Reih und Glied, selbst in Kurven und bergan.
Ruhwinkel, ein beschauliches Örtchen mit einigen hübschen Neubauten und diesem gelungenen Anstrich eines Verteilerkastens nahmen wir bei der Durchfahrt zur Kenntnis.
Leider auch hier kein Gasthof oder Restaurant weit und breit in Sicht, also Weiterfahrt auf Nebenweg namens Charles Ross zur Alten Koppel.
Ungefähr 1806 siedelten sich hier aus Schottland stammende Einwanderer an. Ludwig Ross machte sich als Archäologe später einen Namen, insbesondere bei Ausgrabungen auf der Akropolis in Athen. Es folgte eine Professur an der Universität in Athen. Karl (Charles) wurde 1816 auf dem Hof Altekoppel geboren und wurde zu einem angesehenen Landschaftsmaler. Dann gab es noch Gustav, geboren 1818. Er förderte die Seebad-Kultur, vor allem erlangte Westerland auf Sylt durch seine These von der heilenden Wirkung eines Nordseeaufenthaltes Vorschub beim Bekanntheitsgrad. 1857 gründete er eine Aktiengesellschaft, die den Zweck einer Badeanstalt verfolgte (entnommen aus einer kulturhistorischen Informationstafel). Vogelgezwitscher begleitete uns, vor allem auf den Waldwegen. Nächster Ort war Perdoel. Ein Schild „Camping / Restaurant“ ließ uns vor dem eigentlichen Ort auf einen Kiesweg abbiegen. Der führte uns parallel der Alten Schwentine zum Campingplatz. Originelles Angebot an Unterkünften, leider das Restaurant montags Ruhetag. Rundfahrt über den Campingplatz.
Erstes Radlerpaar auf der Tour getroffen. Über Kalübbe, nichts Berichtenswertes, nach Dersau, wo ich die Käserei Biss am Vortag in einem Prospekt verortet hatte. Allerdings lag sie gut 1 Kilometer außerhalb. Das Angebot verlockend, die dargereichten Käseproben überzeugten, das merkte ich beim Bezahlen, Jolas Fahrradkorb gefüllt bis obenhin. Dann Heimfahrt nach Stocksee zum Campingplatz, wieder 35 Kilometer gestrampelt.
10.15 Uhr verließen wir den Platz mit Ziel Bunnik bei Utrecht. Es soll nicht viel Gerede um die Fahrt gemacht werden, durch Sperrung einer Abfahrt zweimal zusätzliche Kilometer auf den Tacho bekommen und im zähfließenden Verkehr über die N 206 bis zur Autobahn geschlichen. Dann teils vierspurig bis vor Utrecht. Am Campingplatz de Vliert gegen 11.50 Uhr angekommen. Das Areal bauernhofähnlich, freilaufende Hühner, Weideflächen, einige Plätze belegt. Sehr individueller Touch, händische Beschriftung jeglicher Schilder, die Rezeption in einem rot gestrichenem Holzhaus, Automat, an dem man frische Eier kaufen konnte. nur keine besetzte Rezeption. Gegen 12 Uhr würde jemand kommen, die Auskunft erhielt Jola von einen Gartenarbeiter. Derweil Platzbesichtigung. Kiesfläche von Rasen umgeben, Neuanpflanzungen von Hecken drumherum. Neues Sanitärgebäude. Leider dauerte es mit der Besetzung der Rezeption länger, bis gegen 12.30 Uhr eine junge Frau in einem dreirädrigen Elektromobil vorgefahren kam. Mit uns warteten bereits zwei andere Besucher aufs Einchecken. Das Bezahlsystem funktionierte nicht, wir sollten überweisen.
Die Plätze am Wegrand begrenzten in Blüte stehende Apfelbäume.
Ich inspizierte das neue Sanitärgebäude. Alles blitzsauber, hübsches Styling, wunderbar.
Lidl und Aldi kam auf den Tisch, Tortellini, Pesto und Gemüse als Salat. Dann Tour nach Houten, nun endlich wollten wir eine autofreie Stadt uns ansehen. Kaum mehr als 3 Kilometer bis in die 50.000 Einwohner zählende Stadt. Tatsächlich zunächst kein Auto zu bemerken, dafür breite Radwege, viele Radler, viel Grün, viel Wasser. Doch Houten war keineswegs „autofrei“. Zur Erklärung zitiere ich von der Seite Wikipedia: „Beim Ausbau der Gemeinde soll darauf geachtet werden, dass Radfahrer vor Autofahrern bevorzugt werden. Das Verkehrskonzept wurde in den 1970ern vom Stadtplaner Robert Derks entwickelt.[3] Houten erhielt sternförmig angelegte Radwege mit Vorfahrtberechtigung. Die Radfahrer können so von ihren Wijken (Stadtvierteln) aus das Zentrum der Gemeinde schnell erreichen. Als Folge davon wird in Houten der größte Anteil der Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt. Kleine Elektro-Scooter fahren als Mini-Taxen auf den Radwegen.[4] Für die Autofahrer gibt es einen „Rundweg“. Von jedem Wijk aus muss erst dieser Rundweg angesteuert werden, um das Zentrum und die anderen Wijken zu erreichen. Dadurch sind die Wege für Fahrräder typischerweise kürzer als für den Autoverkehr.„ Das, was wir auf dem Weg ins Zentrum architektonisch von Houten sahen, begeisterte uns nicht so sehr, Vorteil vieler Bewohner jedoch, Lage von Haus oder Wohnung an einer der Grachten. Ein Bahnhof im Zentrum (viele Menschen aus Houten pendeln zur Arbeit nach Utrecht), wir ließen uns auf dem Imkerpfad einfach so lange treiben, bis wir an den Rundweg (für Autos) kamen, bogen ab und gelangte zu den beiden Kirchen im alten Ortskern, dort Bäckerei und andere Geschäfte. Fahrt nach Bunnik. Fort Vechten links vor der Unterführung der Autobahn, dann gleich das Restaurant Vroeg entdeckt, später besucht. Nach der Hälfte der Strecke Schilder „Rhijnauwen“ und „Theehuis“. Den Abstecher machten wir. Das Theehuis entspricht sicher nicht jedermann dem, was man unter einem Teehaus verstehen möchte, aber schöne Lage des reetgedeckten Hauses, Esel auf der Weide, Schüler oder Studenten im Service, erst zu schnell am Tisch, dann wieder einmal kein Blick für die Gäste. Eigentlich ein bisschen frisch, um draußen zu sitzen, aber nett war es trotzdem und der Ingwertee wärmte durch. Schöne alte Zeder, passte gar nicht ganz ins Bild, zumindest, wenn das Lokal mit drauf soll. Links sieht man der „Kromme Rijn“ vorbeifließen.
Kurzer Abstecher zum Fort, wieder Erinnerung an „die Deutschen“ im 2. Weltkrieg. Radeln durch die Landschaft, landeten wieder am Fort Vechten und dem Museum Wasserlinien. Auf dem Parkplatz „Ententreffen“.
Ob die Enten „käuflich“ waren, nicht eruiert, weil niemand ansprechbar war. Anderer Weg ins Heim. Abends Unwetter, das WoMo bebte, die Antenne wackelte, alles blieb bei uns heil, anders in der Nachbarschaft, die ausgerollte Markise flog vom Wohnwagen davon, nächster Nachbar hatte Glück im Unglück, kam gerade zur rechten Zeit, um seine flatternde Markise „einzufangen“ und zu sichern. Morgen soll’s zum Stoffmarkt nach Utrecht gehen.
22.04.2023 Samstag
Zeitig aus den Federn, weil, es ging zum größten Stoffmarkt der Niederlande. Der findet seit etlichen Jahren jeden Samstag von 08.00 Uhr bis 13.00 Uhr in der Breedstraat statt. Erstmals als Lapjesmarkt durften Händler am 09.05.1597 hier zweimal im Jahr Leinentuch verkaufen. Mit richtig justiertem Navi war Utrecht nach gut 9 Km schnell erreicht, den Wilhelmina-Park gestreift, dann schon in den ersten Straßen quirliges Leben, noch mehr Radverkehr. Ein Ruf von Jola „hier ist es schon„, bremste mich und wir bogen von der Voorstraat in den Begijnehof ein, von wo die Breedstraat abzweigte; schon die ersten Stände mit Stoffballen sichtbar. Ein freier Pfahl eines Verkehrsschildes diente als Andockstation für unsere Räder. Schwupps, und Jola war schon in die Stoffwelt eingetaucht. Zum Glück leicht wieder auffindbar, denn die Besucherzahl zu diesem Zeitpunkt war überschaubar. Entsprechend viel Platz an den Ständen, um alles in Augenschein zu nehmen. Ich streue hier einmal ein paar Bilder ein
Wij hebben geen PIN
„geen PIN“ = keine Kartenzahlung. Garn und sonstige Nähutensilien verschwanden nach und nach in Jolas Tasche, alles so preiswert hier. Nach ca. 50 Minuten war der Kaufrausch vorbei, ich lockte sie ins Café Marktzicht auf einen Cappuccino. Das Lokal existiert bereits seit 1898 und gehört zu den ältesten von Utrecht. Originell der mobile grüne Verkaufsstand, um den Marktbesuchern Kaffee, Tee oder Wasser anzubieten.
Die zwei jungen Mädels im Service überwiegend damit beschäftigt, den Gästen den uns allseits bekannten gedeckten Apfelkuchen an den Platz zu bringen, die meisten Stücke hier trugen eine weiße Sahnehaube, und zwar nicht gerade klein. Rustikales Innenleben kurz fotografisch festgehalten:
Was nun?, kein Plan! Der Plan war, sich treiben zu lassen. Momentan bestes Wetter, Shoppen, Chillen, Eten & Drinken…., das schienen tausende andere Besucher ebenfalls gedacht zu haben, entsprechend voll die Lokale und Fußgängerzonen. Hier hätte man dies…, dort jenes ….kaufen können, nur wer will das alles beim sich Treiben lassen mit sich herumschleppen? Wir kamen zum Platz namens „Neude“, dort befand sich diesen Platz dominierend das ehemalige Hauptpostamt.
Musik schallte vom Platz, eine Band trat auf, es schien ein Musikwettstreit zu sein. Gerade war Bandwechsel. Dem Platz vorgelagert ein Denker auf dem Felsen (Thinker on a rock)
Aber zurück zum Hauptpostamt, das wir beinahe hätten links liegen gelassen, wenn ich nicht wieder einmal den Riecher für ein interessantes Objekt gehabt hätte. Also Eintritt durch einen eher unscheinbaren Eingang. Keine Post mehr wird hier angenommen, abgeholt, keine Briefmarken verkauft oder Telegrammen verschickt, nichts dergleichen. Im Jahr 1920 wurde das Hauptpostamt gebaut, das 2011 als letztes niederländisches Postamt geschlossen wurde. Mehrere Jahre lang konnte keine neue Nutzung gefunden werden. Nach 2016 wurde das Gebäude zu einem Kulturzentrum mit Bibliothek, Kino, Hörsaal, Brasserie und Café sowie Ausstellungsräumen, Arbeitsplätzen und einem Fahrradschuppen umgebaut. Das Gebäude beherbergt neben einer größeren Buchhandlung jetzt hauptsächlich die Zentralbibliothek. Am 11. Mai 2020 wurde es für die Öffentlichkeit geöffnet.
Sechs Statuen aus Blaustein sind in der Halle angebracht. Fünf dieser menschlichen Figuren stellen die verschiedenen Kontinente dar und werden von einem entsprechenden Tier begleitet, während eine sechste Statue den Handel und den Wohlstand darstellt. Die Statuen und Ornamente wurden von Hendrik van den Eijnde geschaffen.
Rechts auf dem Bild „Europa“, hätte ich nicht schreiben müssen, steht ja drauf. Im Erdgeschoss stand ein Klavier, angeschlossen ein Computer. Klassische Musik erklang. Ein Projekt „Piano Robot“ vom Institut für Design und Engineering.
Das dazugehörige Video hat, aus welchen Gründen auch immer, leider keinen Ton.
Aus einem der oberen Stockwerke der Bibliothek schöner Ausblick auf die umliegenden Restaurantbetriebe.
Wie schon beschrieben, Lokale voll, unsere Mägen derzeit ziemlich leer, wohin nun? Oudegracht, dort saßen die Menschen direkt am Wasser.
Broodje in vielen Händen, lecker sahen die Teile aus. Beim „Italiener“ die längste Schlange, wohl die besten. Rasant ging es voran, an der Tresenfront durfte ich Augenzeuge der Zusammenarbeit von vier alten Männern werden, die im Akkord die Broodje buken, aufschnitten, mit Wurst und Käse belegten, Salat drauf legten, eintüteten und schwupps, waren 5 € verdient. Meine Calzone musste erst in den Hitzeofen, deshalb meine eingehende Beobachtung vor Ort. Am Gelände der Gracht Verzehr. Jola lechzte nach einem Bier, also kurze Strecke später wieder ein Stopp, gerade ein Außenplatz zwischen Statuen frei. Horeca nannte sich das Lokal. Zwergenbier und Affligem. Die Bedienung kam, sprach, was ich nicht verstand, räumte Speise- und Getränkekarte vom Tisch ab, dann quasi die Übersetzung, in 30 Minuten würde es zu regnen beginnen.
Was nun? Nach Hause, in 30 Minuten kaum zu schaffen. Fortsetzung des Spazierganges. Hier irgendwo Kauf eines appetitlich aussehenden Brotes im Bioladen. Jola erstand von einem mobilen Händler Reste seines Tulpenbestandes. 3 x 30 Tulpen für 15 €. Ein Schnäppchen wie sie meinte und trug fortan eine große weiße Plastiktüte mit sich herum. Wir gingen danach zum Fischmarkt, eine Drehorgel spielte.
Dahinter tänzelte der „Organist“.
An der Maartensbrug zum Domplatz abgebogen. Der 112m hohe Turm total eingerüstet, einzig die Uhren blieben sichtbar. Es erinnerte an Lübeck und seine ständig im Sanierungszustand befindliche Kirchen. Besuch des Inneren. Wieder eine besondere Schlichtheit, mit Ausnahme der Fenster und der Orgel (3698 Pfeifen in 50 Registern). Besonderes: ein Sturm brachte den Turm 1674 zum Einsturz, ansonsten wechselvolle Geschichte (Verweis auf Wikipedia). Zwischenzeitlich setzte der vorausgesagte Regen ein, ich besetzte einen Platz im Dom-Café, mit Blick in den Innenhof. Das Café adrett, derzeit kaum Gäste. Kaffee und Walnussschnitte (sehr lecker) geordert, alles für 9,60 €. Besucher im Innenhof nun mit Regenschirmen oder Regenmantel bestückt unterwegs. Bindfäden fielen vom Himmel. Andere Menschen fanden den Weg ins Café, alles voll. Spanische Truppe mit Kleinkindern besetzte den größten Teil. Vor dem Altar sang ein Chor, erinnerte an unsere Erlebnisse in Israel. Schöner Klang, andächtiges Zuhören. Danach mehrfacher Versuch den Dom zu verlassen, aber zu starker Regen, sprich, wir blieben, am Ausgang Schau der ein- und ausströmenden Besucher, lustig, die Leute mit den übergezogenen „Müllsäcken“, manchmal ein Farbspiel an Regensachen, rot, grün gelb. Dann nachlassender Regen, in Etappen Rückmarsch, mit Pause im Hauptpostamt, der Zentralbibliothek. Auch hier sang ein Chor, ob es der aus dem Dom war? Interessierte standen wieder um das Klavier, insbesondere die Kleinkinder blickten fasziniert. Die Außenplätze der Gastronomie leer, die Stimmung ansonsten nicht schlechter, alles traf sich in den Lokalen. Zurück am Stoffmarkt, der aufgeräumt aussah, als wenn hier nichts stattgefunden hätte. Heimfahrt im Regen.
Endlich TULPEN GUCKEN:
23.04.2023 Sonntag
Kurz nach 9 Uhr Abfahrt, schade eigentlich, denn die Sonne schien, kaum ein Lüftchen rührte sich, nichts trübte die Aussicht auf den neuen Tag. Fahrt komplikationslos, ein Unfall auf der A28 verzögerte kurzfristig die fast durchgängige Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h. Schaulustige bremsten das Fortkommen aus, zwei Autos lagen im Seitengraben, Polizei und Rettungswagen schon vor Ort; wer hatte da nicht aufgepasst? 12.00 Uhr Ankunft auf dem Platz des Seglervereins in Leer, kein WoMo da, dafür zwei Stellplätze mit PKW zugeparkt. Jola bezahlte die 18 €, Stromanschluss war bereits frei. Auf Rädern zum Rathaus, im Restaurant Waage im Außenbereich Mittag gegessen. Das Labskaus, das Jola bestellte, sah anders als in der Erinnerung an das aus dem Jahre 2017 aus (Grund: der Pächter hatte vor drei Jahren gewechselt). Ein bisschen per pedes die Umgebung der Fußgängerzone erkundet. Später mit den Rädern im Hafengebiet gewesen, Bild vom gegenüberliegenden Seglerverein und unserem WoMo (ganz rechts) gemacht…
…. danach zum Leda-Sperrwerk und weiter zu einem der Dörfer, Umkehr in die Stadt, Antik-Café aufgesucht, Kaffee und Kuchen. Neubaugebiet angesehen, Hausbesuch, Wohnungen wäre nichts für uns. Fahrt durch etabliertes Wohngebiet aus Siedlungs- und Reihenhäusern. Rückkehr zum WoMo. Auf dem Gelände reges Treiben der Segler, Klein und Groß beim Saubermachen der Boote. Morgen geht’s nach Hause.
De Lakens mit mehreren weinenden Augen verlassen, so schön fanden wir es hier. Hätte ich ein Bewertungsportal für meine besuchten Camping- oder Stellplätze, würde ich für diesen annähernd die Höchstpunktzahl vergeben. Nahmen einen Umweg, warum?, weil ich in Lisse einen Camperservice aufgetan hatte, der auch Kühlschränke in Wohnmobilen reparieren könnte. Bei Lisse umfangreiche Blumenfelder, Hyazinthen und Tulpen, diverse Farben. Autoverkehr nahm zu, stauverdächtig, warum?, weil der Keukenhof sich in der Nähe befand. Reisebusse, ein riesiges Areal voller Wohnmobile, wie auf einer Messe. Ich hätte in den Stau abbiegen müssen, aber so wichtig war es mir dann doch nicht, kühlen wir also weiter mit Gas. In Katwijk aan Zee lag der Campingplatz ebenfalls in einem Dünengelände, allerdings durften wir ihn nicht sofort betreten, eine Schranke stoppte uns. Um 12 Uhr, erfuhr Jola, könnten wir einchecken, es war gerade 11 Uhr. Die Räder ausgeparkt, den Ort erkundet. Ein Kirmes ward auf Werbetafeln angekündigt, die Schaustellerfahrzeuge zeugten von einer Warteposition. Typisches Seebadprofil, fanden jedoch keinen alten Ortskern. Neubaugebiete vermittelten den Eindruck, hier wollen mehr Menschen wohnen. Nach 45 Minuten Rückkehr zum Parkplatz. Auf der Anhöhe ein orientalisch anmutender Bau, eingezäunt.
Internationale Soefi Bewegung (Universal Murad Hassil), gebaut im Jahre 1969.
Durften dann doch früher einchecken, Platz 31, mit Order, wie wir uns aufzustellen hatten (wegen Windböen seeseitig).
Neubau eines Geschäftsgebäudes auf dem Gelände, nicht rechtzeitig zum Saisonstart fertig geworden. Der Platz eher ein typischer Rasenplatz in Reih und Glied, umgeben von Dünen. Und was passierte sonst noch? Alles installiert, testete den Kühlschrank, und siehe da, er fraß wieder Strom. Dieses WoMo machte wirklich, was es will. Rund 10 Kilometer wurden mir als Entfernung bis nach Leiden angezeigt. Ein Weg durch die Dünen schien es nicht zu geben. Katwijk aan Zee, Katwijk, Katwijk aan den Rijn, Rijnsburg, Oegstgeest und Leiden bildeten für mich ein örtliches übergangsloses Konglomerat, klar, dass man sich da auch mal verirren, sprich, verfahren kann.
Wie schon zuvor einmal konstatiert, verirren kann auch eine erfreuliche Seite aufweisen, hier durften wir uns von einer modernen Reihenhaussiedlung an einer der Grachten oder dem Oude Rijn erfreuen. Jedes rückseitige Grundstück mit sehr individuell gestalteter Grünanlage, fast überall sah man ein Trampolin, manch Hauseigentümer war offensichtlich zudem Bootsbesitzer. Man beachte den breiten Radweg! 25 Minuten später waren wir dann endlich in Leiden, fanden im Stationsweg relativ rasch die Tourist-Info, gegenüber das Lokal „Paco Ciao„. Draußen keine Speisekarte, deshalb suchte ich den Eingang. Gelangte über Stufen durch eine Tür in ein winziges Zimmer, kommodig eingerichtet, aber nirgend eine Durchgangstür zum Restaurant. Dafür öffnete sich kurz ein antiker Schrank, dessen Tür klappte jedoch gleich wieder zu. Verließ enttäuscht den Raum, dann eben nicht. Zwei Frauen verschwanden durch die gleiche Tür, kamen nicht zurück, also doch irgendwo ein Zugang, egal jetzt, wir zuckelten nun mit Stadtplan und Guide aus der Tourist-Info in der Hand weiter. Leiden, erfuhren wir aus dem Prospekt, besitzt die älteste Universität der Niederlande, 28 Kilometer Grachten, 13 Museen, rund 3.000 Monumente und ist die Geburtsstadt Rembrandts, in der er seine ersten 25 Jahre lebte. Über die Steenstraat (hier Blick auf eins der Museen, De Valk, das Mühlenmuseum) ……
……gelangten wir in der nächsten Stunde an den Stille Rijn, fanden ein freien Außenplatz direkt am Wasser in gleichnamiger Straße. Erstmals auf einer Speisekarte fand ich im Lunchroom Logica die Möglichkeit, eine Flasche Leitungswasser zu bestellen, Kostenpunkt 1,50 €. Essen heute: Tagessuppe (Jola), ich 5x Falafel und 5x Jersey-Cheese-Kroketten).
Logica
Deutlich zu erkennen, die Temperatur war gestiegen, die Außenplätze gefragter denn je.
An den Straßen Aal-, Vis- und Botermarkt Marktstände, bei einem kaufte Jola Ingwer, indessen ich auf die Kornbrücke stieg und diese beiden Fotos schoss:
Blick in die andere Richtung:
Auf dem Markt traf ich etwas später auf zwei verkleidete Frauen, die in den Händen Körbchen mit Tulpenzwiebeln umhertrugen, wozu nur?
Wie schon erwähnt, Leiden ist die Geburtsstadt Rembrandts, dazu bekamen wir den Tipp, im Young Rembrandt Studio uns ein Video über seine Zeit hier anzuschauen, kostenlos. Das Gebäude sollte sich nach der Angabe im Stadtplan irgendwo in der Nähe der Pieterskerk befinden. Die Kirche gehört zum Pieterskwartier (oder umgekehrt), das Kwartier wegen der Szene beliebt bei Studenten. Hier ein Bild idyllischer Hinterhofatmosphäre mit etwas durch Bäume verdecktem Blick auf die Kirche.
Im Café der Kirche (Museum) gönnten wir uns bei einer Verschnaufpause auf der Suche nach „Rembrandt“ jeder einen Cappuccino (only PIN). Das Studio in der Langebrug 89 von außen unscheinbar. Einige Merchandisingprodukte waren im vorderen Bereich des Raumes ausgelegt, im hinteren Teil befanden sich vier Stühle, rechts eine Leinwand. Auf einem Schild stand „…in progress“; auf der Leinwand der Stadtplan von Leiden. Ein junger Mann eilte herbei, begrüßte uns (einzige Gäste) herzlich (auf Englisch), spulte seine Ansage textsicher und schnell herunter (ich verstand kaum etwas), wünschte uns dann „…enjoy“, zog den Vorhang zu und ließ uns allein. Die Vorführung begann. Hier ein kurzer Ausschnitt aus dem Video:
Gut gemachte Animation. Nur quasi um die Ecke die Straßen, die nach dem Guide unbedingt begangen werden sollten, Doezastraat hieß die erste. Die schloss sich dem Pieterskwartier direkt an. Hier auch ein Teil der Universität. Studenten sind offensichtlich Radfahrer.
Müde gewordene Beine verzichteten auf die Verfolgung der zu besuchenden Straßen, wir kürzten das Stromern ab und begaben uns auf den Rückweg, wollten noch „De Bucht“ besteigen. Der Singelpark (www.singelpark.nl), ein Projekt durch Anwohner initiiert, dient der Begrünung des Altstadtrandes (meine Formulierung). Hier die hübsche Art von Beschriftung eines Eingangsbereiches an der Straße Jan van Houtkade.
Bekanntes vom Hinweg wiedererkannt, dann die Hooglandse of St. Pancraskerk in der Nieuwstraat 20. Erbaut im 15. Jahrhundert auf einem Gebäude aus dem 13. Jahrhundert, restauriert zwischen 1885 und 1902. Aus dieser Perspektive als Ganzes kaum aufs Bild zu bekommen.
Besuch des Inneren dieser protestantischen Kirche, deren Schlichtheit im völligen Gegensatz zu den vielfach gesehenen Kathedralen katholischer Anhänger stand. Eine Organistin übte gerade ein Stück ein. Jola meinte, Fehler gehört zu haben.
Kaum 100 m weiter konnte man den grünen Erdwall durch ein Tor schimmern sehen, das letzte Ziel für heute ward somit gleich erreicht. Lauschiges Plätzchen vor dem Eingang, Jola lechzte nach einer Sitzgelegenheit. Doch erst die Arbeit und dann das Vergnügen, also Aufstieg, nun die Wahl, Treppen oder seichter Fußweg hinauf? Die Wahl fiel auf den seichten, dafür längeren knieschonenderen Aufstieg. Eigentlich bestand das Monument nur aus der Rundmauer, die man über eine metallene Wendeltreppe besteigen und begehen konnte. Schöne Aussicht auf Kirchen und Stadt. Ein Foto von St. Pancrans genügte mir.
Wer Lust hat, kann über diese „Burg“ auf niederländisch selbst nachlesen.
Jetzt den Abstieg über die Treppen, Jola voran, saß bereits auf dem sonnigsten Platz vor dem Lokal. Jenever sollte es sein. Das verstand der junge Mann nicht bzw. verschwand er im Lokal, um nachzufragen. Kam mit dem Ergebnis, sie hätten Jenever und brachte ein paar Minuten später zwei randvolle Gläser, wobei ein Teil des Inhaltes auf den Tisch schwappte. Ich musste erst „freundlich“ gucken, bevor Jola auf den Auslöser drücken wollte. Schlechte Fotografin oder kann der Mann nicht freundlich schauen?
Fußmarsch schleppend zu den Rädern, die schnell bestiegen und mit Navigation gen Katwijk aan Zee gesteuert wurden, um sich dann doch noch einmal zu verfahren. Puh, das war ein anstrengender Tag, immerhin bei sehr schönem Wetter und einer lohnenswert zu besuchenden Stadt. Statt der berechneten 22 fuhren wir, nach Jolas Zähler, rund 30 Kilometer (hin und zurück).
20.04.2023 Donnerstag
Den Vormittag verbrachten wir bei ungemütlichem Wetter dödelig, Reiseblog fortsetzen, Postkarten schreiben etc. Mittagessen mit Resten aus der Pfanne. Damit die Leser eine Vorstellung von der mehrfach gefahrenen Strecke bis nach Leiden bekommen:
Das Ziel für heute war Hortus Botanicus, Rapenburg 73. Nach 13 Uhr Start. Kennt man die Strecke ein wenig, schaut man anders auf die Umgebung. Die 6 bis 8 qm großen Areale der an den Straßen gelegenen „Vorgärten“ ähneln sich bei ihrer Gestaltung bzw. Ungestaltung durchaus mit denen in anderen Ländern, bspw. in Deutschland. Mit Steinen aufgefüllte Fläche, aus denen einzelne Pflanzen als „Zierde“ kämpfen, Aufbewahrungsorte für Kinderspielzeug oder Sportgeräte der Erwachsenen (Paddel, Kanu etc.), Parkfläche für Fietsen, verwilderte, aber eben auch mit Liebe gepflegte „Kleinkunstwerke“ floraler Natur sah ich heute. An anderer Stelle brauchten Menschen eigentlich keinen eigenen Vorgarten, können sich doch fast jeden Tag auf ein solches farbliches Blumenbouquet blicken.
In Leiden wichen wir ein Stück vom bisher gefahrenen Weg ab, belohnt wurden wir mit der Fahrt durch den Bio Science Park (Universitätsgelände), der dem Hauptbahnhof nahe vorgelagert war.
Hier durften sich wieder einmal Architekten austoben. Abstecher zum Mühlenmuseum, kein Besuch. Der Bereich gehört schon zum „Singelpark“.
Dann rund 2 Kilometer durch die Altstadt geradelt. Kurz vor 15 Uhr den Botanischen Garten erreicht; Eintritt (9 €). Ein Vorbau gehörte zur Universität Leiden, Fakultät Geisteswissenschaften. „Promotie“ stand auf einem Plakat. In Schale geworfene junge Männer und Frauen, Menschen mit Urkunden und Blumensträußen wuselten umher. Nach der allgemeinen Übersetzung deutete ich das Wort als Promotion von Doktoranden, hier eben dessen Feier. Wenn sich ein paar dieser Promovierten später auch noch recht „kindisch“ gaben, aber das war sicher die Freude über…. Was soll man über einen Besuch eines Botanischen Garten schreiben? Bin schließlich kein Botaniker, hatte zwar meine App wieder aktiviert und konnte einige Pflanzen identifizieren, aber irgendwie erschlug die Vielfalt mich. Insofern stelle ich einfach nur ein paar Bilder zu Ansicht. Zuerst das Glashaus mit Kakteen und fleischfressenden Pflanzen.
Nun gut, ein paar Sachen erschienen mir doch noch erwähnenswert. Zwei hohe, ansonsten unscheinbare Bäume standen im Haupthaus, Wollemien (Familie der Aurakariengewächse). Sie gehören zu den prähistorischen Pflanzen, die Art wurde erst 1994 in Australien entdeckt und galt als ausgestorben. Durch ein Zuchtprogramm soll die Baumart erhalten werden. Aktuell soll es davon nur 100 Bäume geben. Seit 2006 steht einer davon in Leiden und konnte 2018 „ein Kind“ zeugen, einen Ableger aus männlichen und weiblichen Zapfen). Ganz oben, unter dem Glasdach existierten die „Fleischfressenden Pflanzen“ im Licht und auf nährstoffarmen Böden. Die „Venusfalle“ funktioniert wie folgt: Die Beutetiere werden durch Nektar am Rand der Falle sowie die auffallende Fallenfärbung angelockt. Berührt ein Insekt eine der Fühlborsten mehr als einmal, oder zwei Fühlborsten, schließt sich die Klappe blitzschnell. Die nun aktiv werdenden Verdauungsdrüsen füllen das Falleninnere mit Flüssigkeit und zersetzen die Weichteile des Opfers. Der Verdauungsvorgang kann je nach Größe der Beute zwischen 5 und 35 Tagen dauern. Die freigesetzten Nährstoffe sorgen für den fortwährenden Verschluss der Falle. Nachdem die Falle sich wieder geöffnet hat, ist diese sofort wieder einsatzbereit. Nach dem dritten Verdauungsvorgang schließt die Falle jedoch nicht mehr und stirbt schließlich ab. Dieser Text stammt von www.carnivoren.org. Ich experimentierte, wollte ein Video aufnehmen. Zog einen Grashalm durch „den Schlund“. Und tatsächlich zogen sich nach mehrmaliger Berührung die beiden Hälften zusammen, die natürlich den dünnen Halm nicht festhalten konnten. Hatte ich jetzt für das schnellere Ableben eines Pflanzenteils gesorgt? Mit dem Video klappte es nicht, egal warum. Weitere Gewächshäuser folgten, dort diese Riesenblätter (linkes Bild), dann Außenbereiche, wie den „Chinesischen“, später an der Sternwarte Ruheplatz mit Blick auf Gracht und Wohnhäuser:
Thai Gigant„Woodstock“Hochzeitspaar beim Fotoshooting
Zum Hochzeitspaar sei anzumerken, das Paar sah ich erstmals im tropischen Glashaus durch beschlagene Brillengläser. Sie quiekte, weil etwas an ihrem langen Schuhabsatz hing; nein, es war keine Schlange. Später musste sie dann im Außenbereich posieren und schien unendlich zu frieren, da half die heiße Liebe nur bedingt. Wir checkten aus, beschritten den Weg außen um die Anlage zum Eingang hin zurück, es wartete das Café auf uns.
Das Blesshuhn schien neben den natürlichen Baumaterialien auch die Rückstande bzw. Abfälle moderner Kunststoffprodukte für den Nestbau genutzt zu haben.
Im Café reges Treiben, wohl auch Absolventen der „Promotie“, die Servicekräfte wirkten leicht derangiert, doch irgendwann trat eine von ihnen auch an unseren Tisch und nahm die Bestellung auf. Kuchenauswahl, merkwürdig, die Stücke sahen in allen holländischen Bars, Cafés oder Restaurants bisher gleich aus, der gedeckte Apfelkuchen, der Käsekuchen mit Passionsfrucht. Gibt es eine zentral operierende Konditorei, die diese Teile herstellt und vertreibt? Egal, Jola hat das Stück Käsekuchen gemundet. Sie erwarb dann noch im Shop diverse Accessoires, während ich draußen die Welt beobachtete.
Danach eilige Fahrt in die Fußgängerzone, Jola wollte in der Drogerie die norwegischen Puschen kaufen. Wollte nicht nur, sie tat es auch, weil ja so günstig. Diesmal gelang die Rückfahrt ohne Irrungen. In Katwijk aan Zee verließ mich Jola, für Lidl. Ich brauste allein zum Campingplatz, in der Hoffnung, Jola würde den Rest des Weges zum WoMo alleine finden. Bei der Abfahrt am Mittag nach Leiden um uns herum Leere, jetzt überall neue Nachbarn. Lag es an der Eröffnung des Kirmes? Aber wer käme mit dem Wohnmobil hierher, nur weil ein Kirmes aufmacht? Vielleicht doch die Vorboten des Königstages? Morgen geht’s weiter Richtung Utrecht.
Vor 8 Uhr aufgewacht, ob ausgeschlafen oder von den Strapazen gestern, egal. Punkt 8 Uhr tauchten wir ein letztes Mal ins Wasser des Schwimmbeckens ein, mit uns einige wenige andere Frühaufsteher und -schwimmer. Die Frau wieder ohne Handtuch, ich gab ihr später den trockenen Teil meines übergroßen Badetuches ab. Aufräumen, Abwasch erledigt, alles verstaut, Stützen waren diesmal nicht ausgefahren, konnten also auch nicht abgefahren werden. Für die Rückgabe der Codekarte gab es 2 €. Sonnig unterwegs, Vorfreude auf den nächsten Stopp. Bei Alkmaar kurzzeitiger Stau, Ampeln regelten den Verkehr, Rückreise der Urlauber aus Nordrhein-Westfalen oder die Anziehungskraft von Alkmaar als Shopping-Metropole könnten mitursächlich gewesen sein. Ansonsten viel Verkehr, aber alles im Fluss. Ein paar Kilometer durch Grünland, erster Campingplatz in Bloemendaal gleichen Namens „geschlossen“, aber es waren ja noch 1,3 km bis zu dem von mir gewählten De Lakens.
Angekommen (oben links im Bild das grün eingekreiste Areal beim Hazenberg ist der Campingplatz) im Zeeweg 60, erschreckte mich das Schild „Vol“, was ich nicht lange zu übersetzen brauchte. Ärgerlich, aber ich fuhr trotzdem an die Rezeption. Jola ließ dort ihren Charme spielen und hatte Erfolg, Platz 794. Inmitten der Dünenlandschaft ein riesiges Gelände, verwinkelt, hinter Böschungen die Plätze, hier fanden auch Menschen ohne WoMo, Wohnwagen oder Zelt Unterkünfte, in kleinen Holzhütten oder in Großraumzelten. Hinter unserem Platz „der Baum“ zum Klettern für Kinder. Leider mein Daumen davor.
Im Schutze des WoMo ließ es sich gut in der Sonne sitzen. Spargelsuppe und Obstsalat dienten als Mittagessen, einfach und gut. Marsch über den Campingplatz zum Strand. Die Dünen schienen hier noch ein Stück höher als die bisher erlebten.
Die Dünenlandschaft durchfurcht von vielbefahrenen Straßen, enorm große Parkflächen; über 5 Stunden kosteten 19 €, kein billiger Strandbesuch. Richtung Zandvoort eine Vergnügungsmeile mit diversen Bars, Restaurants etc. Irgendwo müsste sich die Rennstrecke der Formel 1 befinden, zu hören war allerdings nichts. Wieder vergällte einem der kalte Wind den Spaziergang am Strand, den Hunden war’s egal, sie jagten den vom Herrchen geworfenen Bällen hinterher, auch wenn sie sie nicht immer orteten. Pause im WoMo, Jola errichtete eine Kirschtorte. Gegen 16 Uhr dann ein Abstecher nach Haarlem, rund 8 Kilometer mit dem Rad. Gleiche Strecke wie mit dem WoMo, Overveen, ein netter Flecken mit rund 4.500 Einwohnern vor Haarlem durchfahren, hier gepflegtes Ambiente, bestimmt nicht günstig zu wohnen. In der Nassaustraat in Haarlem die Räder abgestellt, ein junger Baum diente der Ankettung; die Flut an Fahrrädern war enorm, sowohl parkende, als auch die fahrenden. Geschäfte geöffnet, erster Eindruck wie üblich, überwiegend Filialbetriebe. Bei einem Bäcker Brot gekauft. Ein Jahrmarkt mit Riesenrad bevölkerte die Gegend um die Sankt Bavokirche am Grote Markt. Stromerten quasi ziellos durch die Gassen, fanden an der Ecke Damstraat / Spaarne bei dem gastronomischen Betrieb „De Waag“ ein geschütztes Plätzchen im Außenbereich. Die Frau verzichtete auf den ihr zustehenden Campari, wollte ein Bier, ein solches, wie das leere Glas, das vom Vorgast auf dem Tisch stand, und dazu einen Jenever.
Brasserie d‘ Achouffe (Bier)
Am Kai der Binnen Spaarne legte ein Boot an, aus dem stiegen einige leicht angeheiterte Frauen aus und eilten zielorientiert ins Innere von De Waag um sich zu erleichtern. Mich hatte der junge Kellner bei der ersten Bestellung vergessen bzw. dachte er, der Jenever wäre für mich. Ich orderte einen Campari mit Eis ohne alles, bekam ein üppig gefülltes Glas. Ein Blick ins Innere der Gaststätte:
11 €, der günstige Pausendrink überraschte uns. Leicht alkoholisiert marschierten wir an dem Wasserlauf zur Gravestenenbrug (aus dem Jahre 1950) mit danebenstehendem Kunstwerk. „Der Fuß des Merkur“ (De Voet van Mercurius) steht hier seit 1997.
So, damit der Blick auch ganz auf den Fuß und nicht auf das Umfeld fällt, vergrößert:
Kälter wurde es, wandelten an der Gracht Richtung Markt, hübscher Blick auf die Bakenesser Kirche, die als Grabkapelle der Maria geweiht war. Nicht gesichert, soll sie im 15. Jahrhundert erbaut worden sein.
Wenig weiter standen wir plötzlich an der Ecke, wo wir unsere Räder „geparkt“ hatten. Nach den 8 Kilometern zum Campingplatz zurück durfte ich mir meine Eisfinger auftauen. Haarlem war entdeckt, ob es mit Alkmaar konkurrieren kann, werden wir an einem der nächsten Tage erkunden.
16.04.2023 Sonntag
Ein Wechselbad der Wettergefühle, gestern Sonne, heute Wolken, Nieselregen. Nachts störte ein Geräusch den Schlaf, Zweige des Kletterbaumes schabten durch den Wind am WoMo, Ergebnis: quietschende Unruhe.
So übernachten andere Menschen auf diesen Campingplatz:
Vormittags nach Zandvoort, über den Strandweg des Campingplatzes zum Radweg, letztes Stück Treibsand, sprich, Fahrrad geschoben! Zwiebelhafte Kleidung half gegen das ungemütliche Wetter, Rückenwind erleichterte das Fortkommen. Sonntag ist Tag der Amateurradrennfahrer, also Achtung. Ausguck auf den Rennparcours in den Dünen,….
….einmal im Jahr jagen hier die Formel 1 – Piloten nach WM-Punkten. Was für ein Irrsinn, gerade diesen Sport in einem Naturschutzgebiet zuzulassen. Am Rathaus die Räder zurück gelassen. Typische Shoppingatmosphäre eines Seebades. Die meisten Geschäfte geöffnet, Bars und Cafés gut besucht. Marsch zur Promenade über einen bunt gefärbten Zebrastreifen. Niederländische Architektur und Wohnkultur muss nicht immer gelungen sein, in Zandvoort durfte ich mich davon mehrfach überzeugen; im Bild ein besonders unangenehmes Objekt als „Abschreckung“, falls hier jemand mal Station machen möchte:
Wir folgten dem Wegweiser zum Museum. Trotz „Sonntag geöffnet“ war geschlossen. Am Platz dahinter ein „Hofje“, Ein Hofje, das ist ein Ort, der in früheren Jahrhunderten für alleinstehende Frauen zum Wohnen eingerichtet wurde.
Gasthofhofje aus dem Jahre 1947
Die unterkühlte Frau brauchte einen Ort zum Aufwärmen, den wir im Café Noble Tree am Rathausplatz fanden. Auf der Heimfahrt abgeschweift in ein paar Gassen (Kanaalweg oder Willemstraat), die offensichtlich zu den ursprünglichen Orten des einstmaligen Fischerdorfes gehörten. Leider keine Fotos gemacht, aber sehenswert, im Gegensatz zu den meisten anderen Stellen in diesem Ort. Auf der Rennstrecke rumorten seit einiger Zeit laut Motoren, irgendwelche Rennen liefen dort. Im kalten, mit Schaumkronen bewehrtem Wasser der Nordsee tummelten sich Surfer und Kiter. Mittagessen im WoMo. Pause bis in den späten Nachmittag. Dann Bummel über das Areal des Campingplatzes bis in die Dünen.
Sauna, Fitness-Center, großer Spielplatz, ein Spar und ein Restaurant, alles vorhanden. Das Restaurant:
Im Restaurant bekam Jola endlich ihren Drink (Campari) spendiert, den ich auf dem Golfplatz durch eine „Lady“ verursachte und ihr schuldete. Jola hat’s genossen:
Und so haben wir 1976 in Zandvoort übernachtet:
17.04.2023 Montag
08.20 Uhr aufgewacht, aufgestanden, Handtuch und Shampoo geschnappt und zum Haus „Fit- und Zenzone“ marschiert. Den Code an der Eingangstür eingegeben, ein leises Klack und die Tür zum Sportparadies öffnete sich. Geräusche aus der oberen Etage, ein Mann arbeitete sich an Kraftmaschinen ab. Ich setzte mich an das Rudergerät, wasserbetrieben. 20 Minuten holte ich ausladend mit den Händen an der Stange das Metallseil aus dem schwarz verkleideten „Wasserbad“. Das Display zeigte diverse Ergebnisse an, mich wunderte der geringe Kalorienverbrauch (103) für die Schwerstarbeit. Steppte auf dem Walker weiter 10 Minuten, um dann eine Erfrischungsdusche zu nehmen. Jola schon mit Frühstück durch. Ich gab nach Essen und Trinken ins Navi die Wanderpunkte in Haarlem ein. Es versprach ein wärmerer Tag zu werden, trotzdem noch Handschuhe und Mütze mitgenommen. Gleiche Strecke wie vorgestern gefahren, ich machte in Overveen Bilder von Gebäuden. Ein frisch mit Reet gedecktes Haus, links neben dem Schornstein verpackt ein Dachdecker (eher nicht erkennbar) gerade ein Büschel.
In der Nähe des Bahnhofs entdeckte ich eine Parkanlage, dorthin bogen wir ab, ausgezeichnet war die Anlage mit „Bolwerk“ und lag an einem Gewässer namens „Kloppersingel“. Dem folgten wir bis zur Königskirche, was ein Stück zu weit war, um zum eigentlichen Ausgangspunkt „Grote Markt“ zu kommen. Deutete ich die Informationen zur Kirche richtig, ist sie 2003 abgebrannt und wieder neu errichtet worden.
Heute, jedenfalls aktuell, angenehme Leere auf den Wegen, man konnte also ruhig mal links und rechts den Blick schweifen lassen, ohne gleich mit anderen Radlern zu kollidieren. An der St. Bavo Kirche die Räder angestöpselt. Riesenrad und Jahrmarktbuden immer noch um die Kirche verstreut, noch ohne Betrieb. Das Rathaus seitlich abgelichtet,….
….. innen die Touristen-Info, Jola besorgte einen Stadtplan (1 €, frech). Ausgangspunkt meiner „Stadtführung“ für Jola begann hier. Blick in den Innenhof, der erinnerte etwas an das St. Annen-Museum in Lübeck.
Es ließ sich gut Bummeln, zu gucken gab es ja genug, wenn auch hier keine Tulpen. Geschäfte teils noch geschlossen, ich führte die Frau zu Haus Nr. 37, eine alte Bäckerei. Geschlossen und im Umbau befindlich, Blick durchs Fenster, innen alles mit Delfter Kacheln verkleidet.
Mit ein bisschen Gesuche und der Hilfe des Navi fand ich die Gierstraat Nr. 3, wo sich seit ewigen Zeiten eine Drogerie angesiedelt hatte und „Wundermittel“ gegen jegliche Beschwerden verkaufte. Die Frau wich kurz von meiner Seite und sondierte die Auslagen bei „Stach„, kehrte interessiert zurück.
Das Wundermittel fanden wir in der Drogerie nicht, egal, übersiedelten zu Stach am Botermarkt (Buttermarkt), Keks und Kaffee kamen gegen 12.15 Uhr gerade zur rechten Zeit.
An der Eingangstür ein Schild „PIN only“, was soviel bedeutete wie keine Bargeldzahlung. Schien ein angesagter Laden zu sein, kurz nachdem wir saßen und unsere gehaltvollen Cookies (sehr lecker) bekamen,….
…bildete sich eine Schlange im Geschäft, Kaffee machen war hier Handbetrieb und dauerte eben. Die Dame hinten im Bild schien ambitionierte Fotografin zu sein, der dazugehörige Mann musste im Laden für Bilder posieren. Sie trafen wir an anderen Orten noch einige Male wieder. Es ging weiter zur Nieuwe Kerk (erste protestantische Kirche in Haarlem aus dem Jahre 1659); auf dem Weg dorthin hingen Gießkannen zwischen den Bäumen.
Schon in der Breestraat ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen sollte: Grünzeug vor der Haustür!
Nun erwartete uns die „grünste Straße“ von Haarlem (so stand es im Prospekt), die Korte Houtstraat. Die Anwohner sichtlich bemüht, die nicht vorhandenen Vorgärten durch originelle Gestaltung grün erscheinen zu lassen.
In einer der Nebenstraßen hatte sich wohl eine Anwohnerin als Kunstwerk an einer Hauswand verewigt:
Napoleon muss auch hier in Haarlem gewesen sein, nach der Beschreibung befindet sich ein Landsitz im Stadtpark (Friedenspark). Dorthin leitete ich Jola mit dem Argument, das Theehuis läge dort ebenfalls und man empfahl den Lesern der Broschüre dort zu Mittag zu essen, so stand es geschrieben. Außerdem gäbe es noch den Pavillon Welgelegen zu bewundern.
Napoleon nächtigte hier vom 02. auf den 03.07.1810. Das Teehaus musste erst entdeckt werden, verborgen hinter Gebüsch lag es etwas unscheinbar an einem Freigehege. Außenbereich in der Sonne, Felle und Decken, falls es an Bein oder Rücken zu kalt wird, lagen bereit. Tagessuppe für die Frau,12 UURTJE vlees für mich. Ich dachte, so hieße die angebotene Speise, doch irrte ich. 12 UURTJE bedeutete „12 Uhr“ und vlees = „Fleisch“). Merkwürdiges Sammelsurium auf meinen Teller: Braune, fluffige Brotscheiben, Carpaccio, Krokette mit undefinierbarem, aber schmackhaftem Inhalt, Senfsoße, Mini-Salatbeilage, ein Glas mit einer rötlichen Tunke. Nach dem Zwergenbier genoss Jola nun eins vom Strauß.
Gesättigt trippelten wir am Park vorbei zurück ins innere Zentrum, die Kleine Houtstraat mit ihren vielen individuellen Geschäften lockte. Wir fanden etliche Anregungen zu Interieur oder Dekoration, Antiquiertes und Originelles, Jolanda, in Holland kein so ungewöhnlicher Name, dennoch ein Foto wert, zumal mit dem Zusatz „Prinsen“.
In der Auslage eines Outdoor-Geschäfts (Soellaart) sahen wir ein Paar rote Schuhe, Musterung ähnlich wie aktuelle Steppjacken. Schwupps, Eintritt und Anprobe, Wohlfühlen und Kauf. Wir näherten uns dem Ausgangspunkt, dem Grote Markt, das Teylers Museum am Montag geschlossen, ebenso De Waag, enttäuschend, wo wir uns so auf ein großes Glas Jenever gefreut hatten. Die Frau hatte es nicht vergessen, Casa, ein Modegeschäft, musste letztendlich noch konsultiert werden, ich bremste mich, blieb vor einem Kaffeeladen wartend, ging hinein, fragte nach „Guatemala“, den man nicht im Sortiment hatte. Dann endlich wieder im Sattel sitzend die Rückfahrt, fehlerhaft, sprich, falsch abgebogen. Manchmal „erfährt“ man dadurch Bereiche, die man sonst nicht zu Gesicht bekommen hätte; so auch jetzt. Über Bloemendaal ging es nach Ovenvees, Größe der Grundstücke oder die Gebäudearchitektur beeindruckten so sehr, ich kam aus dem Staunen kaum heraus. Toppte das noch einmal die Eeuwigelaan in Bergen bei Alkmaar? Jola wollte in den Nationalpark, ich folgte bis zum Dünencafé. Der Weg durch den Nationalpark war mir zu lang, mein heutiges Tagespensum erreicht, deshalb kehrte ich direkt zum Campingplatz zurück. Jola berichtete später enthusiastisch von ihrer Rundfahrt, bat um eine Verlängerung um einen Tag. Leider, erstaunt, dürfen wir nicht auf unserem Platz bleiben, müssen zwei Reihen weiter uns aufstellen. Alles wieder ausgebucht, so die Auskunft an der Rezeption, kaum zu glauben, oder hatte das schon etwas mit dem Königstag am 27.04.23 zu tun? Abends erst Aufzug von Nebel, später sternklare Nacht.
18.04.2023 Dienstag
Gerader Tag, schlechtes Wetter, das hatte zuletzt System. Zuerst eine Pflichtaufgabe: der rote Knopf der Toilette leuchtete, sie wollte entleert und gesäubert werden. Mein Job. Danach spazierte ich wieder ins Fitnesshaus, niemand da, 20 Minuten angestrengt gerudert, im Anschluss 10 Minuten Walken, plötzlich Stimmen, eine Frau kam aus dem Nichts, setzte sich neben mich vor den Ausgang, grüßte in undefinierter Sprache, zog sich ihre Turnschuhe an und verschwand. Für mich stand Duschen an. Gegen 10.30 Uhr sahen wir die Franzosen abreisen, der Platz 801 also frei für uns zum Umparken. Das war schnell in 5 Minuten erledigt. Das mit dem schlechter Wetter stimmte heute nicht ganz, ab ca. 11 Uhr meldete der Wettergott Sonnenschein, allerdings begleitet von stürmischen Böen. Gleich sollte es in den Nationalpark gehen, äh, wir fuhren natürlich mit den Rädern… Was ist passiert? Mein Körper rebellierte, zeigte mir die „Gelbe Karte“, zu viel Action beim Frühsport. Schleppte mich mühsam aufs Rad, Jola übernahm die Führung, die Strecke zum Teil von gestern bekannt. Dieser Nationalpark (Zuid-Kennemerland) ist einer von 20 Nationalparks und entstand 1995. Er liegt zwischen der Nordseeküste und Haarlem und erstreckt sich von Zandvoort bis IJmuiden auf einer Fläche von ca. 3.800 Hektar. Gut ausgebautes Radnetz, an vielen Stellen ausgewiesene Spielplätze, an anderen Betretungsverbot. Mich erinnerte die Landschaft ein Stück weit an die Lüneburger Heide, eben nur weitaus „gebirgiger“. Urwüchsig, naturbelassen, auch durch das viele Totholz. Wir bewegten uns zunächst auf den Strandpavillon Parnassia zu. Kurz den weitläufigen Strand und das Meer angeschaut. Auf dem Zuweg Reparaturarbeiten an den Zäunen.
Fortsetzung mit schweren Beinen, auf dem Weg zum Vogelmeer, ohne Feldstecher waren nur wenige selten Arten zu sehen, dafür Gänse, Elstern, Dohlen, na, was halt so an Gefieder erkennbar war.
Kilometer um Kilometer störte einen fast niemand, Autolärm war hier unbekannt. Ideal für Menschen, die gern kreuzungsfrei unterwegs sein wollen. Die Tour verlagerte sich leicht landeinwärts, optisch dadurch kaum Veränderung im Landschaftsbild. Dann zwischen noch nicht in Blüte stehenden Bäumen lagen zwei Wisente bräsig im Gras herum, im Hintergrund Pferde (Wildpferde?).
Die Wisente sollen den Buschwuchs reduzieren, durch ihren Dung den Sandboden verbessern, das Ansiedlungsprojekt wird aktuell als erfolgreich eingestuft. 24 Tiere leben derzeit in etwas eingeschränkter Freiheit in diesem Nationalpark. Noch einmal Dünenlandschaft:
Am Rande des Nationalparks fiel uns diese Ruine auf:
Die Ruine von Brederode, derzeit geschlossen. Wechselvolle Geschichte seit dem 13. Jahrhundert (wer will kann nachlesen unter https://ruinevanbrederode.nl/en/history/). In Santpoort im Radfahrertreff Duin en Kruidberg eine Tagessuppe zu zweit gegessen. Danach den Ort Bloemendaal gestreift und wieder in den Nationalpark zurück. Versteckt zwischen hohen Bäumen wieder architektonische Wunderwerke, wie viele Millionäre hier wohl wohnen?
Zeltplatz erreicht, Pause für mich in der Horizontalen, quasi Zona Recreativa! Die Tour mit ca. 24 Km in etwa in der Übersicht.
Alkmaar ade, Wehmut kam nicht auf, obwohl die Sonne schien. Wirklich viel Neues hatte wir hier in Alkmaar nicht gesehen. Wie man sieht, „gähnende Leere“ auf diesem Teil des Campingplatzes. Beinahe wäre die Abfahrt mit einem Unglück gestartet, es schabte beim Zurücksetzen über die Pflastersteine, ein unangenehmes Geräusch war zu hören. Ursache: Wieder die Stützen vergessen, zum Glück hingen die beiden in der Luft, deshalb entstand kein Sachschaden. Vor der eigentlichen Strecken ging es zur Tankstelle, wo ich die Gasflasche wechseln bzw. „Nachtanken“ konnte. Einmal um die Altstadt herum, am bekannten Design-Shop vorbei, dann die Tankstelle entdeckt. Freundliche Dame schaute mir beim Ausbau der Gasflasche zu, nickte ein O.K. und brachte mir kurz darauf eine Transportkarre. Ich brauchte nichts machen, sie schob mit Flasche und Karre ab, verschwand im hinteren Bereich, wo ich Gasflaschen stehen sah, sie jedoch von dort keine neue brachte. Auf einer Werbetafel flimmerte ein Text „Gasflessen en Gasvulling„, was so viel bedeutete wie „Gasflaschen und Gasbefüllung“. Die Frau trullerte mit ihrer Karre zurück, darauf meine Flasche. Neu befüllt, den Typ Flaschen hatten sie für einen Tausch nicht. 36 € berappte ich fürs Nachfüllen.
Für die knapp 35 Km bis nach Julianadorp benötigten wir nicht allzu lange, Punkt 12 Uhr standen wir an der Rezeption von „‚t Noorder Sandt„. Was hatten wir unterwegs gesehen? Etliche Kilometer den Nordholland-Kanal, viel bewirtschaftete Felder, teils gelb bewachsen, mit was? Narzissen waren es vermutlich nicht. Später linksseitig die Dünen. Freie Platzwahl auf einem Areal des großen Campingplatzes, wo ausschließlich Wohnmobile standen. Sonnig war es, sonnig blieb es den Tag über und stürmisch. Radtour nach Den Helder durch Dünenlandschaft (ohne Fotos, da Handyakku leer!). Später in Den Helder quasi „hintenrum“ ins Zentrum gelangt, sprich, Umweg gefahren, dafür ein paar neue Stadtansichten gewonnen, wenn auch nicht immer schöne. Im Zentrum erweckte die Innenstadt den Eindruck, noch nicht aus dem Winterschlaf erwacht zu sein. Leerstand, geschlossene Geschäfte (wieder wg. Personalmangel?), Tristesse, sprich, ungepflegte Fassaden, Wandel durch Billigshops, Langeweile, Rückfahrt auf vertrauter Strecke, auf der wir mit starkem Gegenwind zu kämpfen hatten. Nichts weiter Berichtenswertes.
12.04.2023 Mittwoch
Jola war gestern früh ins Bett verschwunden, vermutlich war ihr zu viel Sonne aufs Haupt geschienen. Nachts trommelten Regentropfen unverdrossen aufs Dach. Mich hat’s nicht gestört, Jola dagegen berichtete morgens, dass sie durch die Geräusche nicht schlafen konnte. Außerdem wirkte die Sonneneinstrahlung wohl bei ihr nach, sie verzichtete auf den Besuch des Schwimmbades. Gegen 08.30 Uhr zuckelte ich mit Handtuch und Badehose los, kleine Seenplatten hatten sich auf den Fahrwegen gebildet, von oben gab es keinen nassen Nachschub, dafür eitlen Sonnenschein. Traf ein Paar aus Leipzig, die es „bedauerten, keine Badesachen dabei zu haben; wenn sie von dem schönen Schwimmbad gewusst hätten, ja dann…„. Ich suchte den Eingang, umkreiste Rezeption, Restaurant etc. und wäre beinahe vorbeigelaufen. Zugang nur mit Codekarte, alles übersichtlich, Duschen, Umkleide, Zugang zum Schwimmbecken. Drei Damen bewegten sich im Wasser, für mich war ausreichend Platz, jetzt schon „Bahnen zu schwimmen“. Ab 09.00 Uhr sei das Becken für Bahnenschwimmen reserviert, so stand es in der Campingbroschüre, bis 10 Uhr nur für Erwachsene. Das Becken länger als von außen vermutet. In den letzten fünf Monaten zuletzt nur ein einziges Mal meine 1.000m geschwommen, als ich loslegte, schien es mir, als habe ich das Schwimmen verlernt, aber es gelang mir dann, die 40 Bahnen durchzuziehen. Puh, erschöpft, aber das hatte irgendwie gut getan. Verlor auf dem Weg zum WoMo unbemerkt meine Socken; die wollte wohl niemand haben, sie lagen wartend auf mich am Ausgang der Schwimmhalle. Frühstück, Jola saß am gedeckte Tisch, Tomatenstückchen vor sich, die Brötchen aufgewärmt. Sie haderte mit ihrem Zustand, verschwand nach dem Frühstück und holte Schlaf nach. Gut, dann spielte ich eben den Hausmann: Abwasch, Müllentsorgung; anschließend Spaziergang durch die angrenzende Ferienhaussiedlung, dessen architektonische Gestaltung ein gewisses individuelles Aussehen hergab. In „Deutsch“ hingen etliche Vermietungsschilder an Zäunen. Rückkehr zum WoMo, Schlaf war noch nicht ausreichend nachgeholt. So las ich, setzte mich in die Sonne nach draußen, nur der nach wie vor kühle Wind ärgerte mich ein bisschen am reinen Sonnenvergnügen. Es wurde Nachmittag, nach Frischekur eine Radtour, geplant nach Schagen, gut 19 Km. Ich wagte es, in kurzer Hose loszufahren. Erst noch nach Julianadorp. Buntes Blumenfeld am Wegesrand:
Doch der Wegweiser der Knotenpunkte bugsierten uns am Ort vorbei, die Strecke erkannte ich an einem Schulkomplex wieder. Es zog sich zu, die Strecke zu lang, falsche Straße, Abbruch, Umkehr, abgezweigt in die riesige Wohnanlage einer Behinderteneinrichtung. Von da ins Zentrum von Julianadorp, das tatsächlich im östlichen Stadtteil einen gewerblichen Mittelpunkt besaß. Im EFFE (falls jemand mal in Julianadorp einen Zwischenstopp macht: das Restaurant befindet sich in der Straße Loopuytpark 10) eingekehrt, nettes Ambiente (mit Regalen abgetrennte Sitzbereiche, verschieden gestylte Stühle an den Tischen), etwas verschlafene junge Dinger im Service, ein großer Kaffee kam alsbald, dazu ein kleines Gefäß mit?… es schien Schlagsahne zu sein. Jedoch schwamm unten eine Flüssigkeit, die nach Eierlikör schmeckte.
Die Sahne wanderte in den Kaffee, der wärmte mich etwas durch, das später gelieferte enorme Stück Apfelkuchen entschädigte für „die Tour-Pleite“ und das kalte Draußen. Jola ward es übel, immer noch Unwohlsein, deshalb schneller Aufbruch. Bei einem Bäcker ein „Stangenbrot“, sprich, Baguette gekauft und dann ab zurück. Heißer Tee, Jola machte Bubu. Die Technik im WoMo ging weiter ihre eigenen Wege, sprich, das Bild vom Fernseher ließ sich immer zweimal bitten, bis es Pixel auf das Display brachte. Ich musste wieder den Stecker ziehen, das Gerät stromlos warten lassen, dann wieder Stromzufuhr, dann wieder Bild, wobei das Programm eh mies war.
13.04.2023 Donnerstag
Mein Gott, hatte uns der Sturm gestern so zugesetzt? Ich wachte erst gegen 09.30 Uhr auf, die Frau murmelte noch vor sich hin, Genesungsschlaf. Regengetrommel auf dem Dach wechselte sich mit zerrenden Sturmgeräuschen am WoMo-Aufbau ab. Zum Schwimmen, oder doch noch einmal umdrehen? Nein, die Badegelegenheit sollte nicht ungenutzt verstreichen, Badehose und Handtuch gerafft und ab durchs Camping-Feuchtbiotop zur Schwimmhalle. Heute plantschten ein paar mehr Leute im Wasser, aber ich konnte meinen „Bahnen ziehen“. Kurz nach 10 Uhr stiegen die ersten Väter mit ihrem Nachwuchs ins Wasser. Bei Wasserkontakt durfte man raten, ob das Gezappel der Babys vor Angst oder Freude entstand. Frühstück mit einer etwas fitteren Ehefrau. Den Vormittag mit Sondierung der nächsten Ziele verbracht. Der Stoffmarkt in Utrecht nebst der „autofreien Stadt Houten sollten Ziele werden, ich checkte dazu das Umfeld von Haarlem und Leiden (Stadt der Grachten). Die gute Nachricht für den Resttag, die Sonne ließ sich blicken, die schlechte, der Sturm von der Seeseite blies unverändert heftig. Die Frau besuchte Julianadorp, insbesondere den Lidl, ich fuhr den Küstenweg durch die Dünen ein Stück. Beim Strandpavillon Paal warf ich einen Blick auf das tosende Meer, die Wellen rauschten schäumend heran.
Lange war das Gezerre des Windes an mir nicht auszuhalten, aber sobald man sich abwendete, war es so, als wenn kein Lüftchen wehen würde.
Die Kamera fest im Griff, der Sturm ruckelte ordentlich an der Hand, aber ich hatte mich „scharf gestellt“. Den Campingplatz kann man eigentlich nur loben, auch ohne das Schwimmbad dabei zu erwähnen, für Kinder ein Paradies, ganze Pfade mit Klettergeräten, eine Hüpfburg, Skaterbahn, Reitanlage (Ponys), viel Platz zum Rad fahren.
14.04.2023 Freitag
He Leute, was für ein Tag, die Sonne schien, der gestrige Wind hatte sich zu einem lauen Lüftchen verflüchtigt, ideale Voraussetzungen für unser Vorhaben, die Insel Texel ein zweites Mal zu entdecken. Die Frau tat etwas zur körperlichen Ertüchtigung und ging um 8 Uhr ins Schwimmbad. Flotte Fahrt durch die Dünenlandschaft bis zur Fähre, wo wir gegen 10.40 Uhr den Anleger erreichten. Genug Zeit um Tickets zu besorgen, die Fähre legte um 11 Uhr ab. Laut Aufschrift ein „Doktor-Schiff“:
Wesentlich weniger Passagiere als im Sommer. Kaum saß man im Oberdeck, da waren die 20 Minuten Überfahrt schon vorüber und wir mussten zurück zu den Rädern.
Unsere heutige Tour (rund 32 km) auf einen Blick:
Keine 500m gefahren und bei ‚t Horntje schon die ersten Eindrücke über die hiesige Landwirtschaft gewonnen, freilaufende Hühner, deren Art mir nicht geläufig ist, sie aber zumindest sich mit einem opulenten Gefieder zur Schau stellten. Vom nebengelegenen Hof brachte der Bauer unser neues Tiny-Haus, wusste nur nicht, wohin damit.
Danach ein Stück geschützt hinter dem Deich geradelt. Bald tauchten die ersten Schafe mit ihrem Nachwuchs auf, bräsig lagen viele von ihnen im Gras und dösten, verdauten oder ließen sich einfach nur ihre Wolle wärmen. Was bei zu langem Sonnenbad herauskommt bzw. wenn zu lange in der Sonne gedöst wird, kann man auf den beiden Fotos gut erkennen, man verbrennt.
Das beschauliche Ouderschild , hier ein Bild vom Deich aus über den Ortsrand….
….erreichten wir nicht über den Ortseingang bei den Kirchen, sonder direkt vom Hafen aus, wo sich das Zentrum mit dem Museum und der bekannten Fischräucherei „Van der Star“ befand. Texel Lana eroberte Jola im Sturm, kaufte diverse Paar Lammfellhausschuhe, der komplette Kofferraum vom E-Bike füllte sich mit Lammfell. Uns bekannt für die gute Qualität der Kippelinge bestellten wir zweimal das Menü. Kaum saßen wir draußen, ich durfte den Dosenöffner für Jola spielen, sie bekam den Verschluss des Mineralwassers nicht, da brachte uns einer der Mitarbeiterinnen fröhlich unsere Bestellung, keine Wartezeit, kein Signalton von der „Bestellplatine“ (oder wie nennt man die vibrierenden Dinger?). Uns hätte sicher eine Portion gereicht, was alles über das Menü aussagt (Pommes, Salat und der Fisch (wohl Dorsch) wunderbar). Pappsatt nennt man das wohl umgangssprachlich trollten wir uns von dannen. Ich ging ins Museum, Jola suchte nach Schnüren in einem Laden für Campingzubehör. Im Museum stand eine mit hunderten kleiner Köpfe tapezierte Figurine bereit, mit der sich Gäste fotografieren lassen konnten. Ich animierte Jola für ein Foto-Shooting.
Nun mussten die Kalorien abgestrampelt werden, es ging weiter nach Oosterend, immer noch Schafe, immer noch Lämmer, jetzt auch einige Ornithologen mit Ferngläsern und Teleobjektiven bewaffnet auf der Suche nach einem Motiv. 400 Vogelarten soll es auf Texel geben.
Ich habe diverse Austernfischer gesehen, Möwenarten, Tauben, Enten, Wildgänse, irgendwo unterwegs gab es einen Verkaufsstand mit „Ganzen Eier“, nicht ganze Eier, sondern Gänseeier. Obwohl es nicht eine Erhebung auf der Insel zu überfahren gab, mittlerweile ermüdeten die 70-jährigen Gelenke vom Radeln, die Sonne tat ihr übriges. In De Waal angekommen, stoppten wir beim kulturhistorischen Museum für ein Päuschen. Hübsch anzusehen der Außenbereich, Jola besorgte uns zwei Kaffee.
Nun sollte noch die „Hauptstadt“ von Texel, Den Burg, erobert werden. Neubbaugebiete am Rande, waren es Ferienhäuser oder Wohnraum für Alleinstehende oder eine Siedlung für „Alte“, Tiny-Häuser im Doppelstockverfahren? In Den Burg zuerst die Gassen mit Shoppingangebot durchstreift, „waren wir hier schon einmal?“, Jolas Kommentar. Am Fischmarkt bei der Kirche fiel es uns wieder ein, hier saßen wir im Café. Zwei Paar Wollsocken wanderten noch in meinen Rucksack, „für das Geld kann ich die nicht selber stricken„, neuerlich ein Kommentar von der Frau. Die Suche nach der Texel-Brauerei blieb erfolglos, egal, das Bier schmeckt auch nicht anders. Den Hoorn wollten wir noch „mitnehmen“, Jola schaute auf ihre Reichweitenanzeige, „reicht nicht mehr so weit„, besorgter Kommentar von Jola. Nun gut, die Muskeln haderten ohnehin schon über ihre Aktivitäten, zu viel Arbeit hatten sie geleistet. Sahen Wohnmobile auf mehr oder weniger privatem Gelände campieren, vielleicht eine Option für uns? Die letzten zwei Kilometer im Spurtmodus zurückgelegt, warum?, sprich, die Fähre um 16.00 Uhr wollte ich erreichen. Geschafft, quasi „auf dem letzten Drücker“. Jola fuhr direkt heim, ich kaufte in Den Helder Brötchen. 61 Kilometer, das reichte dann auch.
Es war gerade 10 Uhr vorbei, gewünschte Abfahrtzeit von zu Hause war 09.30 Uhr gewesen, sprich, Zielmarke verfehlt. Die Sammlung an Nahrungsproviantvorräten zog sich länger hin, als Jola gedacht hatte. Berge an „Futter“ wurden im WoMo verstaut, quasi hätte man damit auch eine Expedition in eine der entlegensten Regionen der Welt versorgen können; egal, der Kühlschrank ist voll. Kilometerstand: 66842. Sonne schien bei Abfahrt durch eine Art Hochnebel, signalisierte, ich komme noch kräftiger. Das defekte Thermometer im Cockpit zeigte -17° an, 8° das im Wohnraum.
Auf den Autobahnen herrschte reichlich Betrieb, trotzdem guten Vorankommen. Zwischen Oldenburg und Delmenhorst „ein Unfall mit Vollsperrung“ tönte es aus dem Radio bei den Verkehrsnachrichten. Das Navi schien es gehört zu haben, den es lotste uns zunächst auf die A1 und dann auf die A29. Perlenkettenartig schlichen die LKW auf der rechten Spur dahin, kurz vor dem Dreieck Ahlhorner Heide Rast auf einem kleinen „Naturparkplatz“ eingelegt, Beine vertreten und Kartoffelsalat gegessen.
Ist Leer so eine große Stadt?, 11 Km lagen zwischen der ersten Abfahrt und der „Leer West Hafen“, wo wir abbogen. 14.05 Uhr, zwei Wohnmobile standen bereits auf dem Gelände des Seglervereins, zwei Plätze waren noch frei, puh, Glück gehabt!
Kein hausgemachter Kaffee, auswärts sollten Speisen und Getränke konsumiert werden. Also die Räder aus der Garage geholt und ab in die Altstadt. Hier kannten wir uns ja nun schon recht gut aus. In der Rathausstraße am Rathaus gestoppt. Rechts vor der Brücke über die Leda eine Ostfriesische Teestube. Bisher war uns diese bei Besuchen nie aufgefallen. Draußen saßen Menschen, vor ihnen auf den Tischen typisch für Ostfriesland, Stövchen und darauf eine Teekanne. Ein Tisch noch frei, die Sonne lachte, lud uns nachdrücklich zum Verweilen ein. Die Sonne wärmte so stark, krempelte die Hemdsärmel hoch. Ruhig war es in der Neue Straße, Grund: die Brücke war gesperrt. Zum Entsetzen aller Einheimischen trank ich den Ostfriesentee ohne Klütje (große Stücke Kandis) und Sahne, gut, kein Einheimischer bemerkte die Schandtat.
Sonnenbrandgefahr drohte, deshalb Aufbruch ins Schattenreich der Altstadtgassen. Den Buchladen in der Altstadt steuerte Jola an, sie suchte ein Buch über Blankenese, nicht vorrätig hier, würde aber bestellt und bis morgen geliefert. Quasi vor der Tür werden des öfteren Filmszenen zu den Friesen-Krimis der ARD gedreht.
Welch ein Werbeslogan (rechts): „Wenn Sie bei mir nichts essen, verhungern wir beide“
Bummel durch die endlos lange Fußgängerzone mit Buch- und Brotkauf („Blankenese“ doch nicht im Altstadt-Laden gekauft). Möglich, dass auch in dieser Stadt Geschäfte unter Personalmangel litten, denn diverse Läden öffneten erst ab Mittwoch. Sahen am Ende der Fußgängerzone ein riesiges „Bünting“-Schild, dachten, dort sei eine Fabrikationsstätte. Nur ein Werbegag. Um die Ecke ragte ein Wasserturm über Altbestand an gestandenen Einfamilienhäusern. Wieso nicht dorthin und schauen…
Der Platz davor gewidmet einer Bürgerin aus Leer (Wilhelmine Siefkes), verdient um heimische Literatur. Rückfahrt über das neubebaute Areal am Hafen. Im angrenzenden Park (Inselgarten) ein Denkmal, gewidmet dem Genozid armenischer Bürger, eingerahmt von ornamental verzierten Parkbänken.
Überquerten die Fußgängerbrücke.
Wieder eingetaucht in die Altstadt, warf ich einen Blick in die Seitengasse (Glupe), wo ein Vinyl-Laden sein Dasein fristete und Schallplattenfans beglückte. Rückblickend das imposante Gebäude der Weinhandlung Wolff. Das Haus „Samson“, 1643 neu errichtet im niederländischen Klassizismus.
Eine Frau, die ebenfalls ein Foto machen wollte, empfahl den Besuch der Weinhandlung, in der sich neben zu kaufendem Wein ein Sammelsurium von Utensilien aus längst vergangener Zeit in musealen Räumlichkeiten befand. Gegen eine Spende von 3 € durften wir über Treppen und Stiegen auf mehrere Stockwerke verteilt Einsicht in die Lebenskultur von Leeranern nehmen. Chroniken über diverse restaurierte Bilder, Urkunden, Kamine, Kacheln, Uhren, Rüstungen und Fotos aus den Anfängen der Weinhandlung Wolff (Interessierte schauen bei www.wein-wolff.de nach).
Jola kaufte Kräuterlikör „Alter Schwede“, ich einen Roten; „gute Wahl“, lobte die Dame im Verkauf. Rückfahrt zum Seglerverein.
Den Hausmeister vom Seglerverein um Stromanschluss gebeten. Stellplatz 18 € inkl. Strom, wie im letzten Jahr. Neben uns, ja, ziemlich auf die Pelle gerückt, stand das vierte Wohnmobil. Vielleicht erzwungen, weil daneben ein PKW parkte. Morgen geht’s nach Alkmaar. Telefonisch konnte ich die Buchung wegen früherer Anreise um einen Tag verlängern.
06.04.2023 Donnerstag
08.15 Uhr, die Sonne schien. Morgendliche Idylle auf dem Seglervereinsgelände.
Frühstück mit den aufgewärmten Brötchen Marke Abend-Kracher. Wasser auf komplizierte Weise im Sanitärgebäude gezapft, Grund: aufgefülltes Wasser lief zu Hause unbemerkt durch geöffnetes Frostventil ab, Tank leer! Kompliziert, weil, mit Kanisteröffnung kam ich nicht unter den Wasserhahn des Waschbeckens.
Kurz vor der Weiterfahrt, Katastrophe, sprich, Jola hatte wichtige Arznei vergessen. Rad wieder aus der Garage bugsiert, Jola in die Altstadt, Apotheke suchen, ich, der Wartende. Halbe Stunde Verzögerung; dafür Arznei an Bord, Abgabe ging auch -ausnahmsweise- ohne Rezept. Deshalb erst Abfahrt 10.30 Uhr. Fahrt über niederländische Autobahnen (A31 und A7) manchmal etwas holperig (die Unebenheiten der Fahrbahn waren übrigens die einzigen Erhebungen auf der Strecke, wir fuhren ja quasi unterhalb des Meeresspiegels), aber dafür bei 100 km/h Höchstgeschwindigkeit insgesamt total entspannt. Die Dauerbaustelle in Groningen gut bewältigt, am Ortseingang ein Hinweisschild für Parkplatzsuchende, die morgen Pflanzen auf dem weit über Holland hinaus bekannten Blumenmarkt einkaufen möchten. Hinter Harlingen dann wieder über den ca. 30 Km langen Damm, diesmal ohne Wartezeiten.
Kurz vor dem Ziel in Noord-Scharwoude getankt, 1,606 € schien mir recht günstig zu sein. Alkmaar im Regen angefahren, Ankunft 13.30 Uhr. Im Wartebereich des Campingplatzes ein WoMo aus Lübeck mit Anhänger vor uns, auch ein Euramobil. Jola zur Rezeption, Warteschlange dort, Grund: Computerausfall. Smalltalk mit Lübeckern, eine Bulldogge glotzte mich aus dem WoMo kritisch durch die geöffnete Aufbautür an, besser keine Späße machen, das „Ding“ sah ziemlich angriffslustig aus. Sie dagegen eher gesprächsfreudig und überrascht. Das Paar bereits auf der Rückreise, morgen den Käsemarkt besuchen, dann zurück nach Lübeck. P08, parzellierte Wiesenfläche; kaum eingeparkt, ertönte hinter mir eine nicht ganz unbekannte Stimme an mein Ohr, ein Mitarbeiter meines ehemaligen Arbeitgebers, ebenfalls aus Lübeck. Scheinbar ein kleines Lübecker Nest hier in Alkmaar. Regen hielt sich hartnäckig, ärgerlich, denn in Lübeck schien laut H. bestes Wetter vorzuherrschen. Später stellte ich einen Stromausfall fest, wechselte den Anschluss, die Heizung ging wieder, der Kühlschrank nicht. Sicherungskasten observiert, die Sicherung ließ sich nicht mit den Fingern herausziehen. Ein weißes Etwas umgab einen Kontakt, wahrscheinlich durchgebrannt. Doch ein Wechsel, unter Zuhilfenahme einer Gartenschere, brachte keine Besserung, der Kühlschrank lief nur auf „Gas“. Nun gut, keine Outdoor-Aktivitäten heute, günstige Gelegenheit, um Reisenotizen zu schreiben. Doch kein Zugangscode fürs Internet zu finden. Den brauchte ich, „um den Blog zu füllen“. Marsch im Regen zu Anmeldung. An der Rezeption drängende Dichte, weil, keiner wollte im Regen draußen warten. Den Zugangscode hätte ich mit der Bestätigung per Mail erhalten, so die Mitarbeiterin. Na gut, mein Fehler. Wollte mich mit dem merkwürdigen Buchstabensalat einloggen, Fehlermeldung. Wieder zur Rezeption, wieder drangvolle Enge durch Neuankömmlinge, der Camping-Platz jetzt ausgebucht. „Ach ja„, meinte die Mitarbeiterin, durch die gestrige Zubuchung hätte sich der Code geändert. Sie druckte mir die neue Bestätigung aus, wieder so ein Wirrwarr aus Buchstaben: SONGAMANA-MIKOGO, was für ein wunderbarer Sound, ich hörte glatt die Stimme von Miriam Makeba. Altes Kaffeepulver von der letzten Reise aufgebrüht, der braune Sud war noch trinkbar. Nun hofften wir auf besseres Wetter für den morgigen Besuch des Käsemarktes.
07.04.2023 Freitag
Unser Karfreitag in Deutschland wird hier nicht gewürdigt, ist ein normaler Arbeitstag, insbesondere für die Träger der Käselaibe auf dem Alkmaarer Käsemarkt. Dazu später mehr. Frühes Duschen sicherte einen freien Platz in der Nasszelle. Bereits zum Frühstück meldete sich H., sie seien um 04.00 Uhr aus Lübeck abgefahren und aktuell noch ca. 100 Km vor Alkmaar. Wir würden uns später auf dem Käsemarkt treffen. Frühlingswetter sieht eigentlich anders aus, immerhin regnete es nicht. Kurz vor 10 Uhr aufgesattelt und in die Stadt geradelt, der Weg war uns noch geläufig, außerdem gut ausgeschildert. Handschuhe taten ihren guten Dienst. An der Grote Kerk vorbei, ein Teil der Fußgängerzone war neu gestaltet worden, Bäume und Blumen gepflanzt. Direkt am Nordholland-Kanal ein freier Laternenpfahl, an dem wir unsere Räder ketten konnten. Vorhandene Fahrradständer waren meist ob der Menge an geparkten Rädern kaum zu erkennen. Der Waagplein abgesperrt, umringt von Schaulustigen, Gedränge, Sprachenwirrwarr, gereckte Arme mit Handys, auf der oft blinden Suche nach einem guten Motiv. Mir kam meine Größe zugute, fast freies Blickfeld. In vier Sprachen erklärte eine Moderatorin, was auf dem Markt passiert. Aus einigen Informationsartikeln fasse ich hier einiges zusammen: Die Träger gehören einer Gilde an, die am 17. Juni 1593 gegründet wurde und die aus 30 Männern und dem Käsevater besteht. Die Mitglieder sind in vier (farblich erkennbare) Gruppen unterteilt. Diese Gruppen werden „Vemen“ genannt. Jedes „Vem“ besitzt seine eigene Käsewaage. Die Waagen stehen im Waaggebäude, wo der Tasman die Gewichte auf die Skalen legt. Die Tragbahren wiegen mit acht Käsen beladen etwa 130 Kilogramm. An der Waage werden die Käse unter der Aufsicht des Waagemeisters, eines Beamten der Stadt Alkmaar, vom „Taschenmann“ gewogen und mit einem Stempel markiert. Danach tragen die Käseträger die verkauften Käse auf den Tragbahren zu den Fahrzeugen der Käufer. Dabei laufen die Träger in einem eigentümlichen Gang, der einen Gleichschritt und damit das Aufschwingen der Bahre vermeidet.
Seit 1961 wird das Kaasmeisje „Antje“ genannt und über die Grenzen der Niederlande hinaus bekannt. Die rund 100 Kg Käse auf den Tragen merkte ich den Trägern an, wenn sie in ihrem typischen Laufschritt dicht an mir vorbei stiefelten. Besonders fiel die „Gewichtigkeit“ auf, wenn ein(e) Zuschauer(in) als Ersatz eingespannt wurde. Manch einer bekam keinen hoch, sprich, schaffte es nicht, das Holzgestell anzuheben. Ich durchgeistigte das Geschehen nicht sofort, warum trugen die Träger jeweils 8 Käselaibe im Laufschritt zur Waage, um sie kurz darauf wieder hinauszutragen. 2.400 Laibe liegen jeden Freitag von Ende März bis September früh, bis spätestens 10 Uhr auf dem Platz. Beemster ist offensichtlich der Hauptsponsor, allgegenwärtig, insbesondere im Käse-Museum. Die größten Probestücke gab’s am Beemster-Stand.
Gemeinsames Bummeln mit Freunden, suchten für ein Mittagspäuschen ein Restaurant, die Wahl fiel, von uns hingeführt, auf „Ons Café ‚T Kantoor„. Für 14 Uhr einen Tisch reserviert. Danach trennten wir uns, paarweise erkundeten wir die Altstadtgassen. Gerade erst bogen wir um die nächste Ecke, schauten in ein buntes Potpourri an Geschäften, da dirigierte uns eine junge Dame unter Zuhilfenahme einer süßen Probe in die museale Welt von Sweets & Antiques. Drangvolle Enge, Menschen schoben sich aneinander vorbei, Blicke schweiften zu den Regalen mit angebotenen Waren oder Antikem hinauf. Auf harter Holzbank und ornamental gedrechseltem Stuhl fanden wir Platz, mit Blick durchs Hinterfenster auf eine Stiegentreppe, auf der Märchenfiguren sich gut gemacht hätten, eben verwunschen. Die „Chefin“ erbot mich erst einmal Platz zu nehmen, fotografieren könnte ich später, bumms. Die Menükarte, ich suchte eine papierenes Exemplar, sah aber keines; da stellte die Chefin ein Tablett mit diversen Küchlein auf den Tisch, kommentierte jegliches Stück, natürlich alles „selbstgemacht“. Originelle „Speisekarte“.
Wir wählten mit dem Zeigefinger aus.
Bizarr, pittoresk, die meisten Gäste staunten, knipsten. Bezahlt wurde draußen, „durchs Fenster„, so die Chefin, die ohne Worte mit Gesten uns zum Aufbruch drängte, die nächsten Gäste warteten bereits.
Schlenderten weiter durch Gassen, auch in Alkmaar gab’s geschäftliche Leerstände, mich interessierten mehr die Einblicke durch die Fenster in die Wohnzimmer unbekannter Menschen. Die Gardinensteuer aus früherer Zeit schien bei vielen Eigentümern / Mietern den Verzicht von Vorhängen zu fördern. Ein Mann saß in einem senffarbenen Sessel lesend, quasi „im Fenster“, was mich ein bisschen an die Damen in der Herbertstraße auf St. Pauli erinnerte. Wir gerieten in den Victorie-Park, 1822 im englischen Landschaftsstil angelegt, dominiert von einem 2016 restaurierten Gebäude, jetzt interessante Gaststätte. Für mich auffälliger jedoch das weiß-rote Blumenbeet im Umfeld des Gebäudes.
Hier wurde ich („STEEN“) also als erster gelegt. Ha, ha, ha…
14.00 Uhr, Treffen im Restaurant. Mittags gab’s nur Snacks und Afflingem Gold. Im Anschluss führten wir K. + H. ins Sweets & Antiques, was wiederum staunendes Wohlgefallen verursachte. Jola gefiel’s auch beim zweiten Mal noch.
Ich bemühte mich die Treppe hinauf und erfuhr dort von einem Gästepaar, dass hier zwischen Bewirtung zwei Menschen wohnen würden. Der Mann zeigte mir ein Schwarzweißfoto der Mieter, das an einer Pinnwand hing. Kaum zu glauben, aber wahr.
Auf dem Weg zu unseren Rädern durfte ich Zeuge eines Brückenmanövers werden.
Danach war für uns Schluss mit Stadterkundung, wir fuhren zum Campingplatz zurück. Dort wieder Probleme mit dem Strom, 10 Ampere reichten scheinbar nicht, um Heizung und Wasserkocher gleichzeitig zu betreiben.
08.04.2023 Samstag
06.50 Uhr Gang mit Waschzeug zu den Sanitäranlagen. Auf dem Fahrweg suchten zwei verirrte Enten nach Nahrung. Auf der Holzbrücke schien mir die hinter der Rezeption aufgehende rötliche Sonne entgegen, unter mir tuckerte ein Blesshuhn im brackigen Wasser ins dunkle Nichts. Endlich die ersehnte Sonne. Auf dem WoMo das Sonnenfenster gereinigt, da glitt unter dem Wischmob noch eine hauchdünne Eisschicht hinfort. Ca. 09.15 Uhr saßen wir bereits auf den Rädern, ein gelbes Narzissenfeld begegnete uns unterwegs. Jola wieder einmal ein Stück voraus, überging das grüne Knotenpunktschild „49“ und stand weit vorne an der Straßenkreuzung. Mir erinnerlich, die „49“ wäre der schönere Weg, also bog ich ab, beim Bäcker an der Ecke wartende Kunden. Einfamilienhäuser säumten die Straße, die bald in die Dorpsstraat mündete, inmitten der ansehnlichen Häuser ragte dieses fast kirchlich anmutende Gebäude (Nummer 34) aus dem Jahre 1933 deutlich heraus:
In den Fenstern des Treppenhauses befindet sich eine Buntglasdarstellung des barmherzigen Samariters. Auf einer niederländischen Internetseite über „Monumente“ wird dieses Haus als „Doktorhaus“ beschrieben.
Jola stieß auf „unerklärliche“ Weise wieder zu mir auf die Strecke. So erreichten wir zusammen den zentralen Platz an der Kirche / Ruine, wo rundherum sich die Marktstände reihten. Stellten die Räder auf der Grünfläche des Kirchengeländes ab.
Standanordnung wie im letzten Sommer, Tulpen, Pflanzen, Brot, Gewürze, Käse, Gegrilltes, Fisch etc.
Alles Dargebotene lud zum Einkauf ein, doch wir bremsten uns, einerseits wegen der zu transportierenden Kilo, der Haltbarkeit (weil ja sommerlich warm), andererseits, um ggf. gemeinsam mit H&K „zu shoppen“. Am Käsestand einmal die Probiermeile abgegrast, der erreichte Sättigungsgrad schien über die Mittagszeit hinaus zu reichen.
Bergen sei „mega„, so K., probierten neuerlich zusammen jetzt die Käsesorten. Wir trennten uns, frischten Erinnerungen auf, kehrten zu dem von mir favorisierten Ort für eine Rast zurück. Ich behaupte, das „beste Haus am Platze“, urig, kommod alt, mit Stil.
Hier sang im Jahre 1964 am 30.05. Jaques Brel.
Es soll „Kulturbanausen“ geben, die diesen Chansonnier nicht kennen…
Hübsche Speisekarte:
Nach Campari, Pfefferminztee und Cappuccino und Aufbruchstimmung überkam uns Hungergefühl. Ausgelöst, das Hungergefühl, durch die hier an anderen Tischen servierten Speisen. Das Angebot animierten uns zum Bleiben. 2x Französische Zwiebelsuppe und ein Baguette „warme Beenhem“ orderten wir. Warme Beenhem stellte sich als Kochschinken heraus, mit Honigsenf auf heißem Teller serviert recht schmackhaft, auch den anderen mundete die Zwiebelsuppe.
Schön eingedeckt bereits ein Teilbereich des Restaurants für das Abendessen:
Uns trieb es danach weiter nach Bergen aan Zee, wir mit dem Rad, die beiden mit dem Auto. Die ca. 5 km lange Strecke glich anfangs ein bisschen der der Elbchaussee, links und rechts Grundstücke mit Häusern, die einem den Atem raubten. Will mit Fotos keinen Neid erzeugen, doch diesen Zaun fand ich originell und fotogen:
Lost (die Freunde) in den Dünen, dann doch noch zusammengekommen. Wieder ein „Mega“ als knapper Kommentar, der Strand war gemeint. Das Restaurant am Zugang zum Strand hatte ich vom letztjährigen Besuch allerdings in schlechter Erinnerung, der Fisch nicht durchgebraten, auch nach Reklamation nicht. Die Tulpenfelder riefen unsere beiden Autofahrer zum Aufbruch, man ließ uns allein am Strand zurück.
Nach kurzer Sonnenanbetung präferierte Jola die Fahrt auf der Küstenroute fortzusetzen. Dünen ohne Ende, weiß wie Schnee, hoch wie Kirchen.
Ziemliche viele Kilometer zurückgelegt auf vielbefahrenen Radwegen, nicht unüblich für Holland; dann die Raststation namens Bärenkuhle. Pause für Rennfahrer, Biker oder Wochenendradler. Jolas Charme becircte das Personal hinterm Tresen und ergatterte ein Glas Afflingem, geschenkt. Nett, der „Paashaas“ (Osterhase) mit dem Strauß Tulpen neben der Speisekarte.
Schoorl, die 2,5 km, bis dahin wollten wir noch radeln, um von dort über Bergen zurück zum Campingplatz zu kommen. In Schoorl eine Düne, oder war es eine künstliche Aufschüttung, es sah jedenfalls wie eine Skipiste aus.
Mit leichter Rötung auf den Wangen kehrten wir in unser mobiles Heim zurück, in freudiger Erwartung auf einen frischen Salat, mit Käse, Baguette und einem Glas gekühlten Weißwein.
09.04.2023 Ostersonntag
Jola rumorte früh am Küchenblock, Vorbereitungen für das Osterfrühstück mit Freunden. Gemüse geschnippelt (für einen Smoothie), Eier aufgeschlagen für das Rührei. Vor dem WoMo lag ein Pappschächtelchen mit Schokoladenostereiern, in der Früh verteilt vom Campingplatzpersonal, nette Geste. Um kurz nach 9 Uhr tauchten die beiden Gäste auf, brachten ein kleines Präsent mit, einen Keramik- Osterhasen, der gut ins Bild passte.
Der Käse vom gestrigen Marktstand in Bergen fand allgemein Zuspruch, ebenfalls die Wurst aus Kassel. Der Tisch im WoMo war reich gedeckt, es fehlte an nichts, alle waren zufrieden, die beiden Gäste besonders, als sie das Glas Afflingem überreicht bekamen.
Danach begann der Aufbruch nach Dirkshoorn zum Golfplatz. Drei Reisebags im Mini verstaut und dazu fanden noch vier Personen Platz, nicht schlecht für einen „Mini“. Wir machten einen Schlenker über Bergen, wo wir K. absetzten, ein Bummel schien spannender als die Begleitung auf dem Golfplatz. Auf dem Golfplatz etwas zu früh eingetroffen, früher loslegen konnten wir nicht. So blieb Zeit für ein paar Übungsschwünge. Die halfen mir später auf den 9 Bahnen wenig, einfach zu wenig Spielpraxis, um das Ganze ein bisschen abzukürzen. Immerhin durften wir am letzten Loch einen Birdie von H. feiern und uns über Sonnenschein freuen. In Bergen vereinten wir uns im De Pilaren wieder mit K., Zwiebelsuppen wurden geordert, ich gönnte mir ein Stück „gedeckten Apfelkuchen“. Die Sonne trieb die sehr zahlreichen Menschen in die Außenbereiche der gastronomischen Betriebe, keins der von uns aufgesuchten bot „Waffeln“ an, die besonders gern gegessen worden wären. Dafür toppte ein Stück Käsetorte mit gelbem Fruchtaufstrich (da wussten wir noch nicht, was es sein sollte) für schlappe 6,50 € bisher mir alle bekannten Kuchenstückpreise. Das Stück soll immerhin geschmeckt haben. Am WoMo die Restsonne genossen.
10.04.2023 Ostermontag
Grummelnde Geräusche und sonstige Unruhezeichen am Morgen, der Auszug des Wohnmobilvolkes aus dem gelobten Alkmaar begann recht früh, wohl meistens Wochenendtouristen gewesen?! Noch herrschten freundliche Wetteraussichten, um so eiliger hatten wir es, auf die Tour zu kommen. „Die Tour“ sollte über Bergen nach Egmond, Heiloo und zurück nach Alkmaar gehen. So gegen 11 Uhrin Bergen eingetroffen, ganz anders heute die Atmosphäre, leere Gassen, kein Markt, kaum Menschen unterwegs. Eigentlich wollte ich die Strecke des Architektur-Rundganges abfahren, doch das schien Jola nicht recht, Grund: das Wetter sollte später umschlagen, Regen war angesagt, da sollte erst einmal Strecke gemacht werden. Am innerstädtischen „Tierpark“ gestoppt, der Nachwuchs tollte auf dem Gelände herum, hier die Ziegen. Die Dohle schien ein Stück aus der Brotfütterung abgestaubt und nun den Bissen auf dem Pfahl in Sicherheit gebracht zu haben.
Wieder auf die Eeuwigelaan, wieder staunend bei fast jedem Grundstück die vielfältige Architektur mit einem gewissen „Neid“ bewundert. Die Schnappschüssen spiegeln leider nicht die tatsächliche Besonderheit wider.
Der Radweg begleitete den Herenweg, oft oberhalb durch bewachsene Dünenlandschaft bis nach Egmond aan den Hoef bzw. die Abzweigung nach Egmond aan Zee. An der Nummer 292 hielten wir, ein Haus, nichts besonderes, ein Monument aus dem 17. Jahrhundert in dem um 1900 Hitchcock einige Jahre lebte und wirkte. Ja, als ich das las, wunderte ich mich ein bisschen, zumal ich tatsächlich den Vornamen auf der Info-Tafel vergaß zu deuten. Es war natürlich nicht „unser Alfred“ und deshalb wurde hier auch nicht „Psycho“ geschrieben oder gedreht. Es war Georg ein Maler, dem etliche um 1920 aus seiner Zunft aus Amerika hierher folgten.
Egmond aan Zee begrüßte uns mit Kirchenansicht und Fußgängerzone sowie etwas durch Gebäude versteckt einem Leuchtturm. Den Rädern gönnten wir ein Pause, marschierten zu Fuß durch die belebte Einkaufsstraße. In einem Shop neben einer der beiden Kirchen entdeckte ich Keramik und…. beklebte Bauchgläser mit Spiegelscherben und bunten Körnchen, offensichtlich handgemacht oder mit einer Maschine hergestellt, die Kleinteile in so unregelmäßigen Abständen verkleben kann, das es eben „handgefertigt“ aussieht. 9,95 € ein Teil, da hätte ich nicht mithalten können. Wir fanden ein Geburtstagsgeschenk für einen Freund, aßen Fischbrötchen (Makrele), mit 5,50 € auch nicht gerade günstig, aber schmackhaft.
Gut eine Stunde später das erste rotgefärbte Blumenfeld, nicht sofort erkennbar, um welche Pflanzenart es sich handelt. Es waren…?
Einen kleinen Disput gab es um die Fortsetzung unserer Reise, Egmond-Binnen wurde für das Zentrum von Egmond gehalten, war aber lediglich einer der Ortsteile. Egal, so sahen wir eben dieses Hyazinthenfeld. Was macht man nur mit bereits so weit aufgeblühten Pflanzen? Die Wetter-App behielt recht, es zog sich zu, begann zu nieseln als wir Heiloo passierten. Ein Stück Strecke erkannten wir an der „Eisdiele De Hertenkamp“ am Zanderweg. Im letzten Sommer aßen wir dort leckeres Eis. Diesmal waren wir froh, im Innenbereich einen freien Tisch zu finden. Etliche Familienfeste begrenzten die freie Platzwahl, außerdem nahm der Regen zu. Etwas eingenässt erreichten wir das WoMo, das verlassen von all seinen Freunden fast alleine auf der Wiese stand. Es strafte uns am Abend mit Bildausfall des Fernsehers. Zuvor erschienen H. und K. zum Gulaschsuppeessen – komisches Buchstabenaneinanderreihung: pp ee ss-.
Was bringt das neue Jahr an Überraschungen mit sich? Erste war im Januar ein Kurztrip nach Buxtehude, Besuch einer Freundin, bei gleichzeitiger Abholung meines Geburtstagsgeschenks zum 70.
Zwischenstopp in Hamburg, am Fernsehturm, wo sich in der Lagerstraße das von Jola herausgesuchte Wasch-Zentrum für Wohnmobile befand. Mussten nicht lange warten, dann begannen drei Heinzelmännchen mit der Säuberung, teils kletterten sie dazu auf ein Gerüst. Vorne lief die dunkle Suppe nebst kleinen Ästen über die Scheibe nach unten. Der Druck presste Wasser durch die Deckenfenster, Saubermachen! 85 € kostete die Reinigung, 30 € allein für die manuelle Säuberung des Daches. Wir aßen im nebenan gelegenen Braugasthaus Altes Mädchen zu Mittag. Hier buk man Brot aus der Maische. Weiterfahrt nach Buxtehude, über die Bremer Autobahn bis Abfahrt Rade. Am Hafen 5 angekommen, versperrte am Ende des öffentlichen Parkplatzes ein Gatter die Zufahrt. Jola rief den Hafenmeister (+4915236158600) an, von dem sie den Code für die Schließanlage des BSV Hansa e.V. (oben am Rand des Bildes) genannt bekam.
Direkt am Wasser, mit Blick auf Kirche und moderne Wohnhäuser sowie einer Motoryacht, konnten wir uns platzieren; Auffahrtshilfen standen zur Nutzung bereit. Als ich die Bordelektrik einschaltete und die Antenne ausfahren wollte, rebellierte das Control-Paneel, sprich, es spielte verrückt. Alle Anzeigen leuchteten bzw. blinkten rot, die Antenne fuhr nicht hoch, kein Licht im Innern. Das Piepen zerrte an den Nerven. Den Wagen vom externen Strom nehmen half auch nicht. Einmal schaffte ich es irgendwie, die Anlage auszuschalten, nach dem Wiedereinschalten begann das Spiel von Neuem. Genervt wäre ich am liebsten zurück nach Lübeck gefahren, was nach Jolas Vorstellung außerhalb jeglicher Überlegung stand, sie sei ja schließlich mit Silvia am nächsten Tag verabredet. Technischen Service zweier Händler angerufen, niemand konnte helfen. Jola kurbelte bereits an der Solarlampe, erzeugte Strom, zwischenzeitlich war es dunkel geworden. Zum Glück hatte ich meine neue Taschenlampe eingesteckt. Endlich schaffte ich das Control-Paneel auszuschalten und ließ es „ruhen“. Also kein Fernsehen und damit auch kein Handballspiel. Jola eruierte Sport-Bars, eine fanden wir gegen 19.15 Uhr, namens „Bier-Baum“. Nachgefragt, ob sie Handball einschalten würde, ja, aber wir sollten rechtzeitig kommen, es würde voll werden (was sich später als Scherz herausstellte). Gegen Spazierten über „hochgeklappte“ Bürgersteige durch eine fast menschenleere Fußgängerzone. Kurz vor 20 Uhr traten wir wieder in den Bier-Baum ein, vier Personen saßen an einem Tisch und spielten Karten, sonst war niemand da. Bier wurde bestellt, Jola gönnte sich ein erstes Grimbergen Blond, ich ein Weizen. Den Fernseher schaltete der bartbewachsene Wirt an, es kam kein Ton. Er fummelte etliche Male an der Fernbedienung und an den Anschlüssen herum, ohne Besserung, bis wir signalisierten, „es ginge auch ohne Ton“. Spannend war es, aber Deutschland verlor gegen Norwegen knapp mit 2 Toren Unterschied. Die Nacht war ruhig, den Sanitärbereich hatten wir für uns ganz allein, sehr angenehm. Jola legte die 15 € Übernachtungsgebühr in einen Umschlag, der wurde am dafür vorgesehenen Platz deponiert. Ich durfte dann bei Silvia meine laienhaften technischen Hilfsdienste anbieten, es seien die Programme verstellt bzw. einige nicht mehr zu empfangen, so sie mir berichtete. Damit beschäftigte ich mich geraume Zeit, vor allem, um die Kanäle nach dem Suchlauf sinnvoll zu sortieren. Silvia war begeistert. Gegen 14.20 Uhr Rückfahrt mit Halt in Reinfeld bei Berger. Ich schaltete das Control-Paneel ein, und es funktionierte ohne Macken. Ups!!?
Das WoMo blieb nicht lange so schön sauber, unser Stellplatz befindet sich unter einem Baum, einer der nächtlichen Stammplätze der geschützten Art „Krähen“, die, wie bei Hitchcock, zu Hunderten in den Ästen sich bei Einbruch der Dunkelheit lärmend in den Schlaf krächzen…. und Dach und Motorhaube – drastisch formuliert – vollkacken.
Im Februar war es so weit, eine Trennung stand bevor, die Frau konfrontierte mich mit „Benz“, nie von ihm gehört. Er würde nun bald, nach 6 Jahren Zusammenleben, ihr neuer Begleiter sein. Das war wirklich äußerst überraschend, was sollte ich machen, mich beugen oder wehren? Die Liebelei war von Bekannten angeheizt worden, „Benz“ sei so zuverlässig, einmal mit ihm zusammen, man würde sie vermutlich nie wiedersehen. Ich schlug vor, in die Messe zu gehen, vielleicht ließe sie sich umstimmen. Tatsächlich fanden wir dort „Benz“, ich musste einsehen, er vermittelte Klasse, ich verstand meine Frau total. „Benz“ vertröstete meine Frau auf den Mai, dann wäre er bereit für eine engere Beziehung….. Wer war nun dieser „Benz“? Er befand sich seit längerer Zeit ebenfalls in einer festen Beziehung, Mercedes, so nannte sich seine Begleitung. Verlassen wollte er sie nicht, wäre aber bereit, sie mit uns zu teilen, natürlich gegen Bezahlung. Ja, so schlossen wir im Februar den Vertrag…. und warten nun sehnsüchtig darauf, dass Mercedes Benz mit EuraMobil Huckepack uns beglückt.
Die Alte Liebe bedurfte der Pflege und Wartung, alle 2 Jahre, jetzt im März fällig. Kaum das gute Stück abgeliefert, rief man mich an, mit den zwei platten Füßen würde es nicht durch die Kontrolle kommen. Glück im Unglück, auf Lager seien zwei gleiche, die ich für günstiges Geld bekommen könnte. Ärgerlich, den Abschied schon vor Augen, und nun noch diese Extrakosten, aber was soll’s. Nun dürfen wir wenigsten noch bis Mai damit auf Entdeckungstour gehen, womit ich zu unseren Planungen komme:
Eigentlich schon bald soll es ins Blumenland gehen, Tulpen und Narzissen begucken, Alkmaar bspw. als Standort. Nochmal Norwegen, dann Normandie (mit oder ohne Kanalinseln), Kroatien sowie wieder Südtirol. Dazwischen Deutschland unsicher machen, vielleicht Kopenhagen als Architekturhauptstadt 2023. Mal sehen….
Holland fiel wegen Schlechtwetter und Corona-Infektion ins Wasser.
Das böse Virus schien es mit uns gut gemeint zu haben, unendlich langanhaltend laufende Nasen und nächtlicher Hustenreiz, der zunächst uns gegenseitig den Schlaf raubte, das war es aber auch schon an Lamento mit dem Virus, der die Welt fast drei Jahre in Atem hielt.
Nun denn, Jola suchte uns alternativ ein Nahziel, das Schleswig hieß, als Destination für drei Tage aus. Der Stellplatz am Hafen soll der drittbeliebteste in, ja wo nun, Deutschland, Schleswig-Holstein oder nur an der Schlei sein. Egal, diesmal hatten wir Glück, diverse Abreisende hatten für uns Platz gemacht und einer davon war mit Wasserblick und doppelt so breit wie nebenstehende.
Kurz nach 11 Uhr war der Hafenmeister nicht mehr im Büro, machte aber nix, Schlüssel für den Sanitärblock gab es für 20 € Pfand im Café. Strom, Wasser, alles im Preis von 23 € enthalten, diesen Obolus entrichten wir dann morgen.
Spaziergang nach Holm, eigentlich müsste es heißen „auf den Holm“, das alte Fischerdorf, privilegiert schon seit dem 12. Jahrhundert mit Stadtrechten. Keine 500 m waren es vom Stellplatz aus. Nicht mehr ganz neu für uns, denn hier spazierten wir vor etlichen Jahren schon einmal herum, trotzdem ein pittoresker Anblick mit inmitten gelegenem Friedhof und der kleinen Kirchen.
Schauten beim St. Johannis-Kloster vorbei, seit 1251 steht hier das von Benediktinern gegründete Kloster, in dem sehr viel später lange Zeit unverheiratete adlige Frauen aufgenommen wurden. Nach alt kommt neu, nur wenigen Schritte weiter ein Neubaugebiet, „Freiheit“ genannt, super Lage, Wasserblick, Bauweise typisch modern, quadratisch, praktisch…. und kilometerweit Brachland bzw. Bauland für weitere Wohnprojekte, ein neuer Stadtteil wird dort entstehen.
Nach Mittagessen (im WoMo), Männerschlaf und Kaffee und Kuchen im Hafen Café spazierten wir über über die Stadtwiesen durch den Stadtpark.
In der Ferne der Dom St. Petri dominant zu sehen. Später aus der Nähe imposanter der Anblick.
Wir warfen einen Blick hinein, ein paar mehr waren es dann doch. Abgelichtet das Grab von Friedrich I., leer soll es nach der Beschilderung sein. Aus Marmor und Alabaster geschaffenes Kunstwerk aus dem Jahre 1555 von Cornelius Floris aus Antwerpen. Der Sargdeckel getragen von den 6 Tugenden Stärke, Klugheit, Gerechtigkeit, Glaube, Hoffnung und Liebe, hier auf dem Foto nur zwei der „Hübschen“ zu sehen. Genug Heiligkeit, sakraler Baukunst und Gottesfurcht, Rückkehr zu den Banalitäten des Lebens, Kaffee kochen, Zeitung lesen, Füße hochlegen.
20.03.2023Montag
Dichte Wolkendecke hing über der Schlei, nichts Frühlingshaftes begrüßte uns. Kurzes Frühstück, aufgewärmte Brötchen von gestern. Auf dem Gelände des Stellplatz“es stand ein größerer LKW, darum herum kleinere Fahrzeuge eines Gartenbaubetriebes. Männer in grüner Arbeitskleidung wuselten um einen Baum herum, der gerade abgeladen worden war. Als ich aus dem Sanitärblock wieder zurück kam, war der Baum verschwunden, Auf der Ladeflächen lagen zwei weitere in größeren Ballen in Jutesäcken verpackt. Ich fragte einen Mitarbeiter, was so ein Teil wiegen würde und bekam mit ausländischen Akzent die Antwort „drei bis vier Tonnen, weil der Ballen nass sei, wögen die Teile so schwer„. Den nächsten Entladevorgang habe ich dann dokumentiert:
Das Teil wurde wie ein rohes Ei behandelt, Jutesack unter den Ballen, beim Aufrichten die Gabel bedeckt, nur keine Verletzungen.
Vormittags auf dem Weg zum Shopping durch die Fußgängerzone die Altstadt durchschritten.
Die Langestraße wies etliche gut erhaltene Häuser im Barockstil auf. Darunter die Nummer 9, 1735 wahrscheinlich im niederländischen Barockstil errichtet.
Weitere Gebäude waren unter Denkmalschutz gestellt und ebenfalls mit Info-Tafeln beschriftet. Teils idyllische Hinterhofatmosphäre hier in und um die Altstadtgassen, in der Fußgängerzone dagegen eher typisches Kleinstadtmilieu mit Leerstand, Filialbetrieben, Imbissen. Personalmangel muss hier diverse Geschäfte dazu gezwungen haben, an mehrere Wochentagen nicht zu öffnen (das erfuhren wir später beim Essen in der Schleimöwe). Dort (in der Schleimöwe auf Holm) aßen wir zu Mittag relativ preiswert Fisch.
Trotz widriger Wetterverhältnisse folgte ich Jolas Wunsch nach einer Tour nach Fleckeby ins Kunst-Café. Gut 14 Kilometer nach Routenplaner. Bei schnell beschlagenen Brillengläsern wurden durch falsch gefahrene Streckenabschnitte daraus rund 18,5 Km. Dafür sahen wir dörfliche Idylle, die sofort den Eindruck vermittelte, hier geht alles etwas ruhiger oder gemächlicher zu. Schon erprobt durch andere Touren an der Schlei, Berg- und Talfahrten. Das Kunst-Café in Fleckeby erreichten wir nach einem Anstieg. Äußerlich eher unscheinbar wirkend, boten sich uns innen Räumlichkeiten musealen Charakters an, vielleicht besser umschrieben als modernes Trödelantiquariat in uriger Kaffeehausatmosphäre. Wohlige Wärme empfing uns im Eingangsbereich durch einen befeuerten Kaminofen. Aufs Engste waren im Nebenraum mit unterschiedlichstem Interieur ausgestattete Stühle nebst dazugehörigen Tische fast alle besetzt. Ein Zweiertisch an der Heizung wurde uns von der Chefin zugewiesen, dort sei es ja auch warm. Auf laminierten Kärtchen legte sie uns ihr Angebot der selbstgemachten Torten zur Auswahl vor, mit dem Hinweis, es geben halbe Tortenstücke, dann dürfte man zwei sich aussuchen. Den bestellten Milchkaffee durfte ich mir selbst zusammenmischen, dafür stellte sie mir ein Kännchen aufgeschäumte Milch mit auf den Tisch.
Das Preiselbeer-Walnuss-Stück links war recht mächtig, am Ende ließ ich ein Stück der „Buttercreme“ auf dem Teller zurück, von der englischen Orangentorte mit dem leicht zitronigem Geschmack hingegen blieb nichts als ein Hauch dieses Duftes an der Gabel. Die Herren mussten fürs „Geschäft“ in den Keller, auf dem Weg dorthin ein Hinweisschild, das ergänzt wurde mit „stöbern“. Regale voll mit einem Sammelsurium von Gläsern, Schälchen, Büchern, batteriebetriebenen Lichtern, Postern und Gemälden, alle bepreist. Mich deuchte, hier beutete jemand bei Haushaltsauflösungen verwaiste Wohnungen aus, oder, Gäste brachten Dinge als „Geschenke“ mit. 25,80 € kostete uns dieser gemütliche Nachmittag in der historischen Wohnstube. In diesem Ambiente backt Frau Tammling seit über 30 Jahren jeden Tag ihre Kuchen selber und den Gästen kredenzt. Heimfahrt ohne Umwege im forschen Tempo. Schnell unter die Dusche. Den Kabinen im Sanitärblock fehlt es wirklich an nichts, separate Dusche, Waschbecken, Urinal, WC, Sitzbank, Seifenspender, Desinfektionsmittel, Papierhandtücher, Wischer, genügend Haken, Steckdose, Heizung und Lüfter. Das verwöhnt einen Wohnmobilisten, der sonst oft zwischen engen resopalbeschichteten Wänden sich kaum drehen kann. Und werden wir demnächst auf einen anderen Stellplatz kommen, so eine Sanitäreinrichtung werde ich sicher vermissen. Fernseher an, merkwürdig, kein Eingangsbildschirm des Herstellers, Ton ist da, kein Bild. Schalte den Strom aus, im Dunkeln ist gut Munkeln, aber nix zu sehen. Handy an, dann den Einschaltknopf entdeckt, aber wieder kein Bild. Was nun, was tun? Die Erfahrung mit technischen Geräte (bspw. Druckern) lehrte mich, bei solchen Ereignissen den Stromzufluss total abzuknipsen. Also suchte ich im Background den Stecker im Fernseher, was allein schon recht schwierig war, aber gelang. Ein paar Sekunden gewartete, und eigentlich sollte der Stecker wieder in die Buchse, doch partout wollte das Teil nicht in eins der „Löchle“. Über Kopf hangelte ich unter dem Gerät, wo war bloß die Buchse geblieben? Mit Beleuchtung fand ich dann doch ein passendes Loch. Und es half, Bild war wieder vorhanden, tja, die Seele eines technischen Gerätes braucht manchmal wohl eine stromfreie Pause.
21.03.2023Dienstag
Die ersten nächtlichen Stunden des neuen Tages waren geprägt durch ein systematischen Geräusch, manchmal ähnelnd von klappernden Hufen, dann wieder wie schwere Regentropfen, die in vereinzeltes Tickern übergingen, aber nicht aufhören wollten. Morgens fand ich die Ursachen, Wasser lief vom Dach des WoMo auf den Fahrradträger, sammelte sich auf einem der Halterungen und tropfte von dort auf den darunterliegenden. Da die Teile hohl waren, erzeugte jeder Tropfen dieses tickernde Geräusch. Ansonsten gab es nichts Neues, das Wetter stabil schlecht, uns für den Vormittag egal, den um 10 Uhr ging es zum Schloss Gottorf in die Ausstellung „Christo und Jeanne-Claude – Paris. New York. Grenzenlos“. Nach gut 18 Monaten ein Wiedersehen mit Christo und seinen Werken. Realisierte und nicht realisierte Projekte mit detaillierten Zeichnungen, Fotos und zum Teil „in echt“ zu sehen, nachzulesen oder zu hören.
Das Mastaba ProjektDer VW Käfer
Zum Mastaba-Projekt wäre anzumerken, dass es sich dabei um das letzte (noch) zu realisierende Projekt von Christo nach seinem Tod handelt. Mastaba sei eine altägyptische Grabform, die aus noch „vorpyramidischer“ Zeit stamme. Die Ausführung des aus 410.000 Ölfässern bestehenden Projektes ist für Abu Dhabi vorgesehen.
Verhüllter Reichstag 1995
Bemerkenswert fand ich die filmische Dokumentation über die Zustimmung zum Projekt „Verhüllung des Reichstages“ und die sich daran anschließende Verwirklichung. Was wohl B. Hirsch oder W. Schäuble zu ihrer damals in der geäußerten Ablehnung des Projektes sagen würden?
Es gäbe noch viel zu den beiden Christos und ihren Projekten zu schreiben, aber dies hier soll keine Biographie werden (die kann man im Shop kaufen). Die Ausstellung geht noch bis Angang September 2023, also selbst hinfahren!. Oben auf der Empore erwartete mich eine nette Idee, kleine Papierschirmchen und Filzschreiber hatten Mitarbeiter für kleine und große Besucher bereit gelegt, mit denen man diese Schirme bemalen und anschließend an eine riesige Stellwand pinnen konnte, quasi ein neues Christo-Projekt. Mein Werksbeitrag:
„Christo meets Uwe“
Im Anschluss Snack im Museumscafé eingenommen (Erbsensuppe und Spinatpastete). Gestärkt danach durchs eigentliche Museum einen Rundgang gemacht und vom Ölbild, Zinnbecher über Fayencen bis hin zur Ritterrüstung Gegenstände aus den letzten rund 800 Jahren betrachtet, manchmal im Schnelldurchlauf. Faszinierend, was die Menschen damals schon alles ohne die heutigen technischen Hilfsmittel hergestellt und künstlerisch gestaltet haben, Kompliment, wenn dafür sich auch niemand mehr bedanken kann…. Nieselregen, immer noch, husch nach Hause ins Wohnmobil. Abends dann zu Zander am Hafen, nur gut 200m vom WoMo entfernt. Imbissartiges Ambiente, Selbstbedienung; die Auswahl fiel, wie nicht anders zu erwarten war, auf Currywurst. Endlich mal wieder was „Ungesundes“. Jola mit Ofenkartoffel, ich traditionell mit Pommes. Die Pommes hätten sicher einen hart arbeitenden Bauarbeiter alleine satt gemacht; zusammen mit der Currywurst war die Mahlzeit kaum zu schaffen gewesen, und das für schlappe 7,50 €. Geschenkt nennt man das in der heutigen Zeit. Bei Hensler auf dem Priwall hatten wir zuletzt 13,50 € für weniger auf dem Teller bezahlt. Flasche Flens dazu, saugemütlich war’s.
Und das war’s denn auch schon, sprich, der nächste Morgen begrüßte uns wieder mit Schlechtwetter, deshalb nach dem Frühstück Abfahrt zurück nach Lübeck.
Froh eigentlich über das Vorhandensein der Sanitäreinrichtungen, konstatierte ich, dass diese optisch in die Jahre gekommen waren, rostige Heizkörper, abgebrochene Handtuchhaken, keine Seifenspender. Erding verließen wir gegen 09.15 Uhr. Am Horizont ein letzter Rest von Sonnenschein, der schon bald verblasste und Regen Platz machte. Regen fiel vom Himmel, alle Stauseen dürften heute wieder aufgefüllt worden und jeder Forst- oder Landwirt sollte zufrieden über die wässrigen Gaben von oben gewesen sein. Selbst mich störte das ständige Geprassel aufs Dach des Wohnmobils nicht, die rund 400 Kilometer Fahrt über war’s eigentlich egal wie’s Wetter ist. Die Scheibenwischer taten ihre Arbeit im gleichbleibenden Rhythmus, auf Bayern 2 liefen im Radio interessante Sendungen bspw. wie wichtig das Singen für das Wohlbefinden sei. Hörer meldeten sich zu Wort, meist Männer, einer merkte an, er hätte sich von einem unmusikalischen Menschen zu einem Chorsänger entwickelt. Ein anderer Mann schmetterte – für ihn eine Premiere – als Tenor auf Italienisch ein bekanntes Stück von Rigoletto, ein „Opa“ sang Kinderlieder, merkte an, durch Singen hätte er sogar eine Fremdsprache erlernt, worauf hin der Moderator erwiderte, ein britischer Parlamentarier hätte vor Jahren einmal einen Song der Beatles (Yellow Submarine) ins Lateinische übersetzt und begann eine Textzeile vorzusingen / -sprechen.
Die Sichtweite reichte bei dem Dauerregen meist gerade aus, um das Fahrzeug einigermaßen sicher steuern zu können, vom landschaftlichen Umfeld war kaum etwas zu sehen. Der immense Verkehr floss, erstaunlich, selbst an Baustellen keine Staus, dafür häufig die bekannten Geschwindigkeitsbeschränkungen. Wieso sind bloß in Deutschland die Autobahnstrecken in so einem schlechten Zustand? In der Nähe von Bamberg fuhr ich in Buttenheim zu einer nahe gelegenen Tankstelle ab, 2,119 € der Dieselpreis, tankte 20 Liter, um sicher in Eisenach ankommen zu können und hoffte auf günstigere Preise später. Prüfte den Luftdruck, ein Reifen braucht schon seit längerer Zeit immer etwas Nachschub, so auch jetzt. Jola schmierte mir unterdessen eine Stulle (Brot von der Hofpfisterei). Beine vertreten tat ganz gut.
In der gekauften Süddeutschen, bzw. im Magazin fand sich ein Nachruf auf den kürzlich verstorbenen Autor der wöchentlich im Magazin erschienenen Rätsel „Um die Ecke gedacht“. Jede Woche brachte er „seine Fans“ mit seinen verzwickten Fragen an den Rand der Verzweiflung, nun blieb die Rubrik im Magazin leer. Er stürzte auf tragische Weise in den Bayrischen Alpen beim Bergsteigen ab. Für viele Fans wird diese Lücke kaum zu schließen sein. Wer kann sich für ein einfaches Kreuzworträtsel schon solche verrückten Fragen ausdenken?
In Thüringen empfand ich die Fahrerei erneut als anspruchsvoll, 8%-ige und 10%-ige Gefälle oder Steigungen mussten bewältigt werden, Serpentinen ließen nur langsames Fahren zu. Gegen 14.45 Uhr bog ich von der Landstraße ab, Jola irritiert, denn es waren noch gut 10 Km bis Eisenach. Mein ihr gegenüber angegebenes Ziel, der Campingplatz, lag einsam etwa 1.500m in den Wald hinein am Altenberger See im Ortsteil Wilhelmsthal. Hier auf dem Platz bis 15 Uhr Mittagspause. Ich spazierte zum See, mehrere Wanderwege ausgeschildert, bis Eisenach 14 Kilometer, bei Regen kein tröstliches Unterfangen mit dem Rad dorthin zu fahren. Jola suchte nach einer Alternative, in Eisenach ein Stellplatz mit Stromversorgung in der Karl-Marx-Straße. Obwohl schon etwas erlahmt, nahm ich die Fahrt ins Ungewisse auf mich. Eisenach mit seiner Wartburg lag unweit vom bekannten Wanderweg „Rennsteig“ entfernt quasi in einem Tal, denn es ging die rund 10 Km meist bergab. Unterwegs ein Parkplatz und Wartende an der Bushaltestelle, offensichtlich Ausgangspunkt für Wanderer, die den Rennsteig erkunden wollten / erkundet hatten.
Gegenüber von Netto, nahe der Bahnstrecke der Stellplatz für ca. 8 Fahrzeuge, noch drei davon frei. Rangiert und eingeparkt. Erfreulich, zu diesem Zeitpunkt machte der Regen, hier zumindest, ein Pause. Drei Lokalitäten in unmittelbarer Nähe hatte ich im Internet gefunden, brauchbar, um dort eventuell feste Nahrung zu sich zu nehmen. Eisenach bot gleich ein ansehnliches Panorama von gut erhaltener Häusersubstanz, am Theaterplatz das Landestheater dominant,
am Platz davor eine Skulptur von Ernst Abbe, einem Physiker, der mit Zeiss die moderne Optik entwickelte. Das Lokal die Alte Schule daneben öffnete erst ab 17 Uhr, versprach auf der Speisekarte ein vielfältiges Angebot, kam auf meine Merkliste, ebenso das gegenüber in einer Seitenstraße befindliche Kartoffelhaus, das urig daherkam und draußen mit lustigen Sprüchen warb. Ebenfalls ab 17 Uhr geöffnet, ebenso der Grieche. So blieb Zeit, die Fußgängerzone abzuschreiten, ein Stück Kuchen (Zimtschnecke, nicht zu vergleichen mit denen in Schweden oder Norwegen) zu kaufen und sich nach Veranstaltungen zu erkunden.
Jola verschwand in einem Stoffladen, ich fotografierte das Haus, entdeckte eine Tafel mit Inschrift, danach hätte hier am 09.08.1869 August Bebel zusammen mit Wilhelm Liebknecht in dem damaligen Gasthof „Zum Mohren“ die Sozialdemokratische Arbeiterpartei gegründet.
In der gleichen Straßen ein Stückchen weiter las ich diesen Text einer Wandmalerei:
Über den Satz kann man nachdenken und vielleicht etwas daraus machen!?
In der Fußgängerzone erklang Gitarrenmusik, ein „Barde“ sang ein mir bekanntes Lied, dessen Name mir nicht einfiel, gute Cover-Version. Ein kleines Kind kam freudig angelaufen, warf eine Münze in den Kasten und schrammte mit den Fingern über die Saiten auf die bereitwillig ihm hingehaltene Gitarre. Nachwuchs in spe?
Ansonsten eher ein Warensortiment, was man aus anderen mittelmäßigen Einkaufsstraßen so kannte. Thalia, die Buchhandlung lockte mich, das Buch über Blanche Monet hatte ich gestern zu Ende gelesen. Und tatsächlich wurde ich fündig, ließ den schon ausgewählten und in die Hand genommenen Krimi zurück, kaufte das Buch mit dem Titel „Der Geschichten Bäcker“. Ob es an dem Aufkleber „Spiegel Bestseller“ lag oder an dem Wort „Bäcker“ in Zusammenhang mit „Geschichten“, der Klappentext versprach eine interessante Story. Ich werde jetzt hier nicht zu einem der Einflüsterer neuer Bücher, wie sie auf TikTok (Booktoker wie bspw. ‚Pastellpages‘ alias Saskia Papen) aktuell für Furore sorgen, quasi als männlicher Influencer. Einige dieser jungen Dinger hätten schon 200.000 Follower, so heute ein Bericht im Radio. Mehr Buchverlage folgen dem Trend und suchen eine Verbindung zur jungen Zielgruppe und den Influencer/innen.
Aufgeschnappter Gedanke, schon aus den ersten Seiten des Buches.
Man stelle sich vor, man sei ein Pflasterstein. Ein Pflasterstein bspw. inmitten vieler anderer Pflastersteine auf einem großen Marktplatz. Jeder Stein ist anders und doch fügen sie sich zu einem schlüssigen Ganzen zusammen. Kein Stein fragte je, ob er sich an der richtigen Stelle befinden würde. Wäre das eigene Leben dieser eine Pflasterstein, befände man sich damit an der richtigen Stelle / dem richtigen Platz im Leben? Hat man also Einfluss auf d i e Stelle auf dem Marktplatz (in dem Leben)? Wer ist bei dieser Metapher der „Bauarbeiter“, der die Steine nebeneinander legt? Wonach wählte er aus?
Oder ist das eigene Leben eher wie ein Buch? Das weitergeschrieben werden muss, jede Stunde und jeden Tag. Und auf der nächsten leeren Seite erkennt man (vielleicht), dass man selbst der Autor ist, mit dem Schreiber in der Hand. Niemand sonst schreibt die Geschichte!
Am Markt das rote Rathaus, die Georgenkirche (in der Bach als Jugendlicher im Chor sang), das Stadtschloss mit der Tourist-Information. Im Hintergrund lugte Grünes hervor, das Roesesches Hölzchen, höchster Punkt dort gut 320m.
17 Uhr, jetzt hing der Magen doch schon in den Kniekehlen, also auf die Fortsetzung des Stadtrundganges zugunsten einer Mahlzeit verzichtet. Wir wählten den Kartoffelhaus in der Sophienstraße. Wieder alles reserviert, wieder ein Tisch bis 19 Uhr frei (wie in Lana). Einer Höhle gleich, vollgestellt mit altem Spielzeug, alten Gerätschaften, einem Moped „Schwalbe“, Baujahr 1973 sowie etlichen Figuren von Donald Duck und seinen Verwandten.
Jola bestellte eine „Karre Mist“, ich ein „Teufelswerk“, lustige Namen gaben sie ihren Gerichten hier seit gut 20 Jahren. Jolas Mistkarre (tatsächlich wurde das Gericht in einer kleinen Holzkarre gebracht) wurde mit einer brennenden Wunderkerze serviert, warum nur „der Mist“ beleuchtet wurde, erschloss sich mir nicht. Mir stellte man zu der Pfanne mit den Kartoffeln, Gemüse und Fleisch eine schwarze „Arbeitsfläche“ zusätzlich auf den Tisch. Auf dieser befanden sich ein paar Salatblätter, zwei Scheiben Radieschen. Auf der großen braune Flasche ein Etikett, mit „Durstlöscher“ waren die alkoholischen und alkoholfreien Getränke gemeint. Stupps nannte sich die Bier-Hausmarke, wir orderten die Version Kellerbier.
Rechtzeitig räumten wir unseren Platz gegen 18.15 Uhr, aber erst nachdem Jola ihre Nachspeise namens „Ostalgiebecher“ (Apfelmus, Schlagsahne und Eis), serviert in einem Einweckglas, verspeist hatte.
Das war’s. Morgen geht’s nach Kassel. Das ist dann „PRIVAT“.
Nun, die Fahrt nach Kassel darf ich als noch „öffentlich“ bezeichnen und möchte von einem Interview mit Ulrich Wickert im Hessischen Rundfunk berichten.
Der ex Mr. Tagesthemen Ulrich Wickert bewarb sein neustes Buch „Die Schatten von Paris“ auf der Frankfurter Buchmesse, Krimi Nr. 7 mit der zentralen Hauptfigur Untersuchungsrichter Jacques Ricou. Gewählt hatte er diese Figur, weil U-Richter eine ganz andere, mächtigere, Position im Rechtssystem in Frankreich einnehmen. Angeblich sollen sie so gut wie unbestechlich sein, eine bemerkenswerte Eigenschaft.
Wieso einen Untersuchungsrichter? Wickerts großes Vorbild sei der Privatdetektiv Philip Marlowe und in Frankreich sei die Position des Kommissars mit Maigret fest besetzt. Der Stoff für seine Krimis basiert meist auf realen Fällen, diese Grundlagen bieten dem Autor die Möglichkeit, die Wahrheit fiktional zu dehnen und anzupassen (vielleicht auch an die Wunschvorstellungen des Autors). Verstrickungen politischer Amtsträger seien hervorragende fiktive Figuren, man denke nur an Sarkozy, der derzeit mit elektronischen Fußfesseln herumlaufen muss oder Chirac, der zu 2,5 Jahren Haft auf Bewährung verurteilt war (und dessen Partei die Kaution bezahlte).
Er selbst brachte in einem anderen Zusammenhang in dem Interview seinen legendären Satz „Ich wünsche Ihnen eine geruhsame Nacht“ ins Spiel. Von 1991 bis 2006 moderierte er die Tagesthemen und benutzte diesen Satz für die Verabschiedung am Ende seiner Sendung. Wie kam es dazu? Nach den oft „schlechten“ Nachrichten, die er zu verkünden hatte, glaubte er, mit „Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht“ nicht den richtigen Abschluss gefunden zu haben. PS: Damals war nach den Tagesthemen Sendeschluss! Er bemühte eins seiner vielen Wörterbüchern und Nachschlagewerke aus seinem Regal, in diesem Fall ein Wörterbuch der Synonyme und fand für „gute Nacht“ den Begriff „geruhsame Nacht“, der ein bisschen aus der Zeit gefallen zu sein schien („Postkutschenzeit“). Trotzdem sympathisierte er mit diesem Wort, meinte, es sei wichtig, dass alte Sprache fortleben sollte. Als er den Satz erstmals am Ende der Nachrichten sprach, verdrehten die Kollegen in der Redaktion die Augen. Doch er blieb standhaft und so etablierte sich dieser Satz zu einer Einheit mit der Person Ulrich Wickert. Einmal vergaß er wohl fast dieses Ende, da flüsterte die Stimme aus der Regie ihm, „Herr Wickert, Sie haben etwas vergessen?“.
In Kassel schon oft gewesen, diesmal machten wir einen Spaziergang durch das Uni-Gelände. Moderne Architektur wechselte sich hier – auch nach so vielen Jahren (1971 begann der Bau der Universität) immer noch – mit verrotteten Industriebauten ab. Die Industriebauten gehören zu Überbleibseln einer ehemaligen Maschinenbau-Dynastie namens Henschel. Lokomotiven, Kanonen und Nutzfahrzeuge produzierte das Unternehmen. Interessant dabei, dass während der nationalsozialistischen Herrschaft Juden in Waggons deportiert wurden. Ein Mahnmal „Die Rampe“ erinnert auf dem Uni-Gelände an diese Ereignisse.
Frieden stiften sollte diese Dame, die hier auf einer Bank im etwas vernachlässigten Campus-Biogarten saß und auf ….. wartete.
Bei unserem Spaziergang traf ich an der Ysenburgstraße auf eine Gedenk- bzw. Informationstafel zu Henschels Arbeiterhäusern. Den nachfolgenden Text entnahm ich aus dieser Info-Tafel.
Henschel in Kassel, Dynastie mit dem Bau von Lokomotiven und Kanonen, kaufte diverse Häuserblocks in der Ysenburgstraße. Universität baute ab 1971 auf dem Gelände ihre Institute, Reste noch heute aktuell, teils genutzt (K19), Deportation von Juden → Denkmal BILD.
Bereits unter dem Vater Georg Alexander „Carl“ Henschel (1810-1860) wurde der Schwerpunkt der Produktion ab 1845 auf die Herstellung von Dampflokomotiven gelegt. Das 1837 am Möncheberg gebaute Werk expandierte schnell und hatte bei Übernahme durch Oskar Henschel bereits 2.500 Mitarbeiter. Da für die vielen Mitarbeiter nicht genügend Wohnraum in der Altstadt von Kassel zur Verfügung stand, wurde am Schützenplatz zwischen Franzgraben und Bleichen ein Grundstück erworben und mit dem Bau einer Arbeitersiedlung begonnen. Diese älteren Henschelhäuser wurden 1867 fertiggestellt. Zwischen ihnen wurde um 1901 der erste Teil der heutigen Ysenburgstraße angelegt, die an den Prinzen Johann Casimir von Isenburg-Birstein (1715-1759) erinnert. 1904 führte die Straße bereits bis zur Weserstraße und 1910 zur Moritzstraße auf dem Möncheberg. 1908 wurde die Hafenbrücke gebaut, was die Ysenburgstraße zu einer wichtigen Verbindung über die Fulda machte. Etwa zu dieser Zeit entstanden unter Sohn Karl auch die neueren Henschelhäuser am Franzgraben (unten).
Inmitten der älteren Henschelhäuser wurde 1902 das „Wohlfahrtshaus“ errichtet. Im Erdgeschoss befand sich links eine Kleinkinderschule und darüber eine Haushaltungsschule. Der Besuch dieser Einrichtungen war kostenfrei und sollte die Eltern in der Erziehung ihrer Kinder unterstützen. Im Erdgeschoss rechts war auch eine Badeanstalt mit separatem Zugang untergebracht. Dort gab es Waschräume sowie Brause- und Wannenbäder. An der Rückseite des Gebäudes befand sich zudem ein Vereinssaal für 350 Personen, in dem die 160 Mitglieder der Sängervereinigung regelmäßig übten.
Oscar Henschel hatte 1859 einen Arbeiterfortbildungsverein gegründet, dem 1905 eine Fortbildungsschule unter Sophie Henschel folgte. 1866 wurde eine Invaliden-, Witwen- und Waisenkasse eingerichtet; 1887 der Henschelfonds für in Not geratene Arbeiter; und 1898 der Rekonvaleszentenfonds. 1870 wurde auch eine eigene Werksfeuerwehr mit 120 Mitgliedern aufgestellt. Sophie Henschel, die das Unternehmen von 1894 bis 1912 leitete, bleibt der Stadt besonders wegen ihrer Stiftungen in Erinnerung. Ungefähr 30 Mio. Euro gab sie für gemeinnützige Zwecke. Dank ihr konnten 1900 die Lungenheilstätte Oberkaufungen und 1908 das Rote-Kreuz- Krankenhaus in Wehlheiden eröffnet werden.
Was denkt man nun über so einen Wohltäter, der so viel für seine Belegschaft tat? Auf der anderen Seite produzierte diese Belegschaft (für ihn) Kriegsmaterialien und Fahrzeuge zur Deportation von Menschen in Konzentrationslager.