Niederlande – Tulpen gucken – 5. Teil

21.04.2023 Freitag

10.15 Uhr verließen wir den Platz mit Ziel Bunnik bei Utrecht. Es soll nicht viel Gerede um die Fahrt gemacht werden, durch Sperrung einer Abfahrt zweimal zusätzliche Kilometer auf den Tacho bekommen und im zähfließenden Verkehr über die N 206 bis zur Autobahn geschlichen. Dann teils vierspurig bis vor Utrecht.
Am Campingplatz de Vliert gegen 11.50 Uhr angekommen. Das Areal bauernhofähnlich, freilaufende Hühner, Weideflächen, einige Plätze belegt. Sehr individueller Touch, händische Beschriftung jeglicher Schilder, die Rezeption in einem rot gestrichenem Holzhaus, Automat, an dem man frische Eier kaufen konnte. nur keine besetzte Rezeption. Gegen 12 Uhr würde jemand kommen, die Auskunft erhielt Jola von einen Gartenarbeiter. Derweil Platzbesichtigung. Kiesfläche von Rasen umgeben, Neuanpflanzungen von Hecken drumherum. Neues Sanitärgebäude.
Leider dauerte es mit der Besetzung der Rezeption länger, bis gegen 12.30 Uhr eine junge Frau in einem dreirädrigen Elektromobil vorgefahren kam. Mit uns warteten bereits zwei andere Besucher aufs Einchecken. Das Bezahlsystem funktionierte nicht, wir sollten überweisen.

Die Plätze am Wegrand begrenzten in Blüte stehende Apfelbäume.

Ich inspizierte das neue Sanitärgebäude. Alles blitzsauber, hübsches Styling, wunderbar.

Lidl und Aldi kam auf den Tisch, Tortellini, Pesto und Gemüse als Salat.
Dann Tour nach Houten, nun endlich wollten wir eine autofreie Stadt uns ansehen. Kaum mehr als 3 Kilometer bis in die 50.000 Einwohner zählende Stadt. Tatsächlich zunächst kein Auto zu bemerken, dafür breite Radwege, viele Radler, viel Grün, viel Wasser. Doch Houten war keineswegs „autofrei“. Zur Erklärung zitiere ich von der Seite Wikipedia:
Beim Ausbau der Gemeinde soll darauf geachtet werden, dass Radfahrer vor Autofahrern bevorzugt werden. Das Verkehrskonzept wurde in den 1970ern vom Stadtplaner Robert Derks entwickelt.[3] Houten erhielt sternförmig angelegte Radwege mit Vorfahrtberechtigung. Die Radfahrer können so von ihren Wijken (Stadtvierteln) aus das Zentrum der Gemeinde schnell erreichen. Als Folge davon wird in Houten der größte Anteil der Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt. Kleine Elektro-Scooter fahren als Mini-Taxen auf den Radwegen.[4] Für die Autofahrer gibt es einen „Rundweg“. Von jedem Wijk aus muss erst dieser Rundweg angesteuert werden, um das Zentrum und die anderen Wijken zu erreichen. Dadurch sind die Wege für Fahrräder typischerweise kürzer als für den Autoverkehr.
Das, was wir auf dem Weg ins Zentrum architektonisch von Houten sahen, begeisterte uns nicht so sehr, Vorteil vieler Bewohner jedoch, Lage von Haus oder Wohnung an einer der Grachten.
Ein Bahnhof im Zentrum (viele Menschen aus Houten pendeln zur Arbeit nach Utrecht), wir ließen uns auf dem Imkerpfad einfach so lange treiben, bis wir an den Rundweg (für Autos) kamen, bogen ab und gelangte zu den beiden Kirchen im alten Ortskern, dort Bäckerei und andere Geschäfte.
Fahrt nach Bunnik. Fort Vechten links vor der Unterführung der Autobahn, dann gleich das Restaurant Vroeg entdeckt, später besucht. Nach der Hälfte der Strecke Schilder „Rhijnauwen“ und „Theehuis“. Den Abstecher machten wir. Das Theehuis entspricht sicher nicht jedermann dem, was man unter einem Teehaus verstehen möchte, aber schöne Lage des reetgedeckten Hauses, Esel auf der Weide, Schüler oder Studenten im Service, erst zu schnell am Tisch, dann wieder einmal kein Blick für die Gäste.
Eigentlich ein bisschen frisch, um draußen zu sitzen, aber nett war es trotzdem und der Ingwertee wärmte durch.
Schöne alte Zeder, passte gar nicht ganz ins Bild, zumindest, wenn das Lokal mit drauf soll. Links sieht man der „Kromme Rijn“ vorbeifließen.

Kurzer Abstecher zum Fort, wieder Erinnerung an „die Deutschen“ im 2. Weltkrieg. Radeln durch die Landschaft, landeten wieder am Fort Vechten und dem Museum Wasserlinien. Auf dem Parkplatz „Ententreffen“.

Ob die Enten „käuflich“ waren, nicht eruiert, weil niemand ansprechbar war.
Anderer Weg ins Heim. Abends Unwetter, das WoMo bebte, die Antenne wackelte, alles blieb bei uns heil, anders in der Nachbarschaft, die ausgerollte Markise flog vom Wohnwagen davon, nächster Nachbar hatte Glück im Unglück, kam gerade zur rechten Zeit, um seine flatternde Markise „einzufangen“ und zu sichern.
Morgen soll’s zum Stoffmarkt nach Utrecht gehen.

22.04.2023 Samstag

Zeitig aus den Federn, weil, es ging zum größten Stoffmarkt der Niederlande. Der findet seit etlichen Jahren jeden Samstag von 08.00 Uhr bis 13.00 Uhr in der Breedstraat statt. Erstmals als Lapjesmarkt durften Händler am 09.05.1597 hier zweimal im Jahr Leinentuch verkaufen.
Mit richtig justiertem Navi war Utrecht nach gut 9 Km schnell erreicht, den Wilhelmina-Park gestreift, dann schon in den ersten Straßen quirliges Leben, noch mehr Radverkehr. Ein Ruf von Jola „hier ist es schon„, bremste mich und wir bogen von der Voorstraat in den Begijnehof ein, von wo die Breedstraat abzweigte; schon die ersten Stände mit Stoffballen sichtbar. Ein freier Pfahl eines Verkehrsschildes diente als Andockstation für unsere Räder.
Schwupps, und Jola war schon in die Stoffwelt eingetaucht. Zum Glück leicht wieder auffindbar, denn die Besucherzahl zu diesem Zeitpunkt war überschaubar. Entsprechend viel Platz an den Ständen, um alles in Augenschein zu nehmen. Ich streue hier einmal ein paar Bilder ein

„geen PIN“ = keine Kartenzahlung. Garn und sonstige Nähutensilien verschwanden nach und nach in Jolas Tasche, alles so preiswert hier. Nach ca. 50 Minuten war der Kaufrausch vorbei, ich lockte sie ins Café Marktzicht auf einen Cappuccino. Das Lokal existiert bereits seit 1898 und gehört zu den ältesten von Utrecht. Originell der mobile grüne Verkaufsstand, um den Marktbesuchern Kaffee, Tee oder Wasser anzubieten.

Die zwei jungen Mädels im Service überwiegend damit beschäftigt, den Gästen den uns allseits bekannten gedeckten Apfelkuchen an den Platz zu bringen, die meisten Stücke hier trugen eine weiße Sahnehaube, und zwar nicht gerade klein. Rustikales Innenleben kurz fotografisch festgehalten:

Was nun?, kein Plan! Der Plan war, sich treiben zu lassen. Momentan bestes Wetter, Shoppen, Chillen, Eten & Drinken…., das schienen tausende andere Besucher ebenfalls gedacht zu haben, entsprechend voll die Lokale und Fußgängerzonen. Hier hätte man dies…, dort jenes ….kaufen können, nur wer will das alles beim sich Treiben lassen mit sich herumschleppen? Wir kamen zum Platz namens „Neude“, dort befand sich diesen Platz dominierend das ehemalige Hauptpostamt.

Musik schallte vom Platz, eine Band trat auf, es schien ein Musikwettstreit zu sein. Gerade war Bandwechsel.
Dem Platz vorgelagert ein Denker auf dem Felsen (Thinker on a rock)

Aber zurück zum Hauptpostamt, das wir beinahe hätten links liegen gelassen, wenn ich nicht wieder einmal den Riecher für ein interessantes Objekt gehabt hätte.
Also Eintritt durch einen eher unscheinbaren Eingang.
Keine Post mehr wird hier angenommen, abgeholt, keine Briefmarken verkauft oder Telegrammen verschickt, nichts dergleichen. Im Jahr 1920 wurde das Hauptpostamt gebaut, das 2011 als letztes niederländisches Postamt geschlossen wurde. Mehrere Jahre lang konnte keine neue Nutzung gefunden werden. Nach 2016 wurde das Gebäude zu einem Kulturzentrum mit Bibliothek, Kino, Hörsaal, Brasserie und Café sowie Ausstellungsräumen, Arbeitsplätzen und einem Fahrradschuppen umgebaut. Das Gebäude beherbergt neben einer größeren Buchhandlung jetzt hauptsächlich die Zentralbibliothek. Am 11. Mai 2020 wurde es für die Öffentlichkeit geöffnet.

Sechs Statuen aus Blaustein sind in der Halle angebracht. Fünf dieser menschlichen Figuren stellen die verschiedenen Kontinente dar und werden von einem entsprechenden Tier begleitet, während eine sechste Statue den Handel und den Wohlstand darstellt. Die Statuen und Ornamente wurden von Hendrik van den Eijnde geschaffen.

Rechts auf dem Bild „Europa“, hätte ich nicht schreiben müssen, steht ja drauf.
Im Erdgeschoss stand ein Klavier, angeschlossen ein Computer. Klassische Musik erklang. Ein Projekt „Piano Robot“ vom Institut für Design und Engineering.

Das dazugehörige Video hat, aus welchen Gründen auch immer, leider keinen Ton.

Aus einem der oberen Stockwerke der Bibliothek schöner Ausblick auf die umliegenden Restaurantbetriebe.

Wie schon beschrieben, Lokale voll, unsere Mägen derzeit ziemlich leer, wohin nun?
Oudegracht, dort saßen die Menschen direkt am Wasser.

Broodje in vielen Händen, lecker sahen die Teile aus. Beim „Italiener“ die längste Schlange, wohl die besten. Rasant ging es voran, an der Tresenfront durfte ich Augenzeuge der Zusammenarbeit von vier alten Männern werden, die im Akkord die Broodje buken, aufschnitten, mit Wurst und Käse belegten, Salat drauf legten, eintüteten und schwupps, waren 5 € verdient. Meine Calzone musste erst in den Hitzeofen, deshalb meine eingehende Beobachtung vor Ort.
Am Gelände der Gracht Verzehr.
Jola lechzte nach einem Bier, also kurze Strecke später wieder ein Stopp, gerade ein Außenplatz zwischen Statuen frei. Horeca nannte sich das Lokal. Zwergenbier und Affligem. Die Bedienung kam, sprach, was ich nicht verstand, räumte Speise- und Getränkekarte vom Tisch ab, dann quasi die Übersetzung, in 30 Minuten würde es zu regnen beginnen.

Was nun? Nach Hause, in 30 Minuten kaum zu schaffen. Fortsetzung des Spazierganges. Hier irgendwo Kauf eines appetitlich aussehenden Brotes im Bioladen. Jola erstand von einem mobilen Händler Reste seines Tulpenbestandes. 3 x 30 Tulpen für 15 €. Ein Schnäppchen wie sie meinte und trug fortan eine große weiße Plastiktüte mit sich herum. Wir gingen danach zum Fischmarkt, eine Drehorgel spielte.

Dahinter tänzelte der „Organist“.

An der Maartensbrug zum Domplatz abgebogen. Der 112m hohe Turm total eingerüstet, einzig die Uhren blieben sichtbar. Es erinnerte an Lübeck und seine ständig im Sanierungszustand befindliche Kirchen. Besuch des Inneren. Wieder eine besondere Schlichtheit, mit Ausnahme der Fenster und der Orgel (3698 Pfeifen in 50 Registern). Besonderes: ein Sturm brachte den Turm 1674 zum Einsturz, ansonsten wechselvolle Geschichte (Verweis auf Wikipedia).
Zwischenzeitlich setzte der vorausgesagte Regen ein, ich besetzte einen Platz im Dom-Café, mit Blick in den Innenhof. Das Café adrett, derzeit kaum Gäste. Kaffee und Walnussschnitte (sehr lecker) geordert, alles für 9,60 €. Besucher im Innenhof nun mit Regenschirmen oder Regenmantel bestückt unterwegs. Bindfäden fielen vom Himmel. Andere Menschen fanden den Weg ins Café, alles voll. Spanische Truppe mit Kleinkindern besetzte den größten Teil. Vor dem Altar sang ein Chor, erinnerte an unsere Erlebnisse in Israel. Schöner Klang, andächtiges Zuhören.
Danach mehrfacher Versuch den Dom zu verlassen, aber zu starker Regen, sprich, wir blieben, am Ausgang Schau der ein- und ausströmenden Besucher, lustig, die Leute mit den übergezogenen „Müllsäcken“, manchmal ein Farbspiel an Regensachen, rot, grün gelb. Dann nachlassender Regen, in Etappen Rückmarsch, mit Pause im Hauptpostamt, der Zentralbibliothek. Auch hier sang ein Chor, ob es der aus dem Dom war? Interessierte standen wieder um das Klavier, insbesondere die Kleinkinder blickten fasziniert.
Die Außenplätze der Gastronomie leer, die Stimmung ansonsten nicht schlechter, alles traf sich in den Lokalen. Zurück am Stoffmarkt, der aufgeräumt aussah, als wenn hier nichts stattgefunden hätte. Heimfahrt im Regen.

Endlich TULPEN GUCKEN:

23.04.2023 Sonntag

Kurz nach 9 Uhr Abfahrt, schade eigentlich, denn die Sonne schien, kaum ein Lüftchen rührte sich, nichts trübte die Aussicht auf den neuen Tag. Fahrt komplikationslos, ein Unfall auf der A28 verzögerte kurzfristig die fast durchgängige Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h. Schaulustige bremsten das Fortkommen aus, zwei Autos lagen im Seitengraben, Polizei und Rettungswagen schon vor Ort; wer hatte da nicht aufgepasst?
12.00 Uhr Ankunft auf dem Platz des Seglervereins in Leer, kein WoMo da, dafür zwei Stellplätze mit PKW zugeparkt. Jola bezahlte die 18 €, Stromanschluss war bereits frei.
Auf Rädern zum Rathaus, im Restaurant Waage im Außenbereich Mittag gegessen. Das Labskaus, das Jola bestellte, sah anders als in der Erinnerung an das aus dem Jahre 2017 aus (Grund: der Pächter hatte vor drei Jahren gewechselt). Ein bisschen per pedes die Umgebung der Fußgängerzone erkundet. Später mit den Rädern im Hafengebiet gewesen, Bild vom gegenüberliegenden Seglerverein und unserem WoMo (ganz rechts) gemacht…

…. danach zum Leda-Sperrwerk und weiter zu einem der Dörfer, Umkehr in die Stadt, Antik-Café aufgesucht, Kaffee und Kuchen. Neubaugebiet angesehen, Hausbesuch, Wohnungen wäre nichts für uns. Fahrt durch etabliertes Wohngebiet aus Siedlungs- und Reihenhäusern. Rückkehr zum WoMo. Auf dem Gelände reges Treiben der Segler, Klein und Groß beim Saubermachen der Boote.
Morgen geht’s nach Hause.