19.04.2023 Mittwoch
De Lakens mit mehreren weinenden Augen verlassen, so schön fanden wir es hier. Hätte ich ein Bewertungsportal für meine besuchten Camping- oder Stellplätze, würde ich für diesen annähernd die Höchstpunktzahl vergeben.
Nahmen einen Umweg, warum?, weil ich in Lisse einen Camperservice aufgetan hatte, der auch Kühlschränke in Wohnmobilen reparieren könnte. Bei Lisse umfangreiche Blumenfelder, Hyazinthen und Tulpen, diverse Farben. Autoverkehr nahm zu, stauverdächtig, warum?, weil der Keukenhof sich in der Nähe befand. Reisebusse, ein riesiges Areal voller Wohnmobile, wie auf einer Messe. Ich hätte in den Stau abbiegen müssen, aber so wichtig war es mir dann doch nicht, kühlen wir also weiter mit Gas.
In Katwijk aan Zee lag der Campingplatz ebenfalls in einem Dünengelände, allerdings durften wir ihn nicht sofort betreten, eine Schranke stoppte uns. Um 12 Uhr, erfuhr Jola, könnten wir einchecken, es war gerade 11 Uhr.
Die Räder ausgeparkt, den Ort erkundet. Ein Kirmes ward auf Werbetafeln angekündigt, die Schaustellerfahrzeuge zeugten von einer Warteposition.
Typisches Seebadprofil, fanden jedoch keinen alten Ortskern. Neubaugebiete vermittelten den Eindruck, hier wollen mehr Menschen wohnen. Nach 45 Minuten Rückkehr zum Parkplatz. Auf der Anhöhe ein orientalisch anmutender Bau, eingezäunt.
Internationale Soefi Bewegung (Universal Murad Hassil), gebaut im Jahre 1969.
Durften dann doch früher einchecken, Platz 31, mit Order, wie wir uns aufzustellen hatten (wegen Windböen seeseitig).
Neubau eines Geschäftsgebäudes auf dem Gelände, nicht rechtzeitig zum Saisonstart fertig geworden. Der Platz eher ein typischer Rasenplatz in Reih und Glied, umgeben von Dünen.
Und was passierte sonst noch? Alles installiert, testete den Kühlschrank, und siehe da, er fraß wieder Strom. Dieses WoMo machte wirklich, was es will.
Rund 10 Kilometer wurden mir als Entfernung bis nach Leiden angezeigt. Ein Weg durch die Dünen schien es nicht zu geben. Katwijk aan Zee, Katwijk, Katwijk aan den Rijn, Rijnsburg, Oegstgeest und Leiden bildeten für mich ein örtliches übergangsloses Konglomerat, klar, dass man sich da auch mal verirren, sprich, verfahren kann.
Wie schon zuvor einmal konstatiert, verirren kann auch eine erfreuliche Seite aufweisen, hier durften wir uns von einer modernen Reihenhaussiedlung an einer der Grachten oder dem Oude Rijn erfreuen. Jedes rückseitige Grundstück mit sehr individuell gestalteter Grünanlage, fast überall sah man ein Trampolin, manch Hauseigentümer war offensichtlich zudem Bootsbesitzer.
Man beachte den breiten Radweg!
25 Minuten später waren wir dann endlich in Leiden, fanden im Stationsweg relativ rasch die Tourist-Info, gegenüber das Lokal „Paco Ciao„. Draußen keine Speisekarte, deshalb suchte ich den Eingang. Gelangte über Stufen durch eine Tür in ein winziges Zimmer, kommodig eingerichtet, aber nirgend eine Durchgangstür zum Restaurant. Dafür öffnete sich kurz ein antiker Schrank, dessen Tür klappte jedoch gleich wieder zu. Verließ enttäuscht den Raum, dann eben nicht. Zwei Frauen verschwanden durch die gleiche Tür, kamen nicht zurück, also doch irgendwo ein Zugang, egal jetzt, wir zuckelten nun mit Stadtplan und Guide aus der Tourist-Info in der Hand weiter.
Leiden, erfuhren wir aus dem Prospekt, besitzt die älteste Universität der Niederlande, 28 Kilometer Grachten, 13 Museen, rund 3.000 Monumente und ist die Geburtsstadt Rembrandts, in der er seine ersten 25 Jahre lebte.
Über die Steenstraat (hier Blick auf eins der Museen, De Valk, das Mühlenmuseum) ……
……gelangten wir in der nächsten Stunde an den Stille Rijn, fanden ein freien Außenplatz direkt am Wasser in gleichnamiger Straße. Erstmals auf einer Speisekarte fand ich im Lunchroom Logica die Möglichkeit, eine Flasche Leitungswasser zu bestellen, Kostenpunkt 1,50 €. Essen heute: Tagessuppe (Jola), ich 5x Falafel und 5x Jersey-Cheese-Kroketten).
Deutlich zu erkennen, die Temperatur war gestiegen, die Außenplätze gefragter denn je.
An den Straßen Aal-, Vis- und Botermarkt Marktstände, bei einem kaufte Jola Ingwer, indessen ich auf die Kornbrücke stieg und diese beiden Fotos schoss:
Blick in die andere Richtung:
Auf dem Markt traf ich etwas später auf zwei verkleidete Frauen, die in den Händen Körbchen mit Tulpenzwiebeln umhertrugen, wozu nur?
Wie schon erwähnt, Leiden ist die Geburtsstadt Rembrandts, dazu bekamen wir den Tipp, im Young Rembrandt Studio uns ein Video über seine Zeit hier anzuschauen, kostenlos. Das Gebäude sollte sich nach der Angabe im Stadtplan irgendwo in der Nähe der Pieterskerk befinden. Die Kirche gehört zum Pieterskwartier (oder umgekehrt), das Kwartier wegen der Szene beliebt bei Studenten. Hier ein Bild idyllischer Hinterhofatmosphäre mit etwas durch Bäume verdecktem Blick auf die Kirche.
Im Café der Kirche (Museum) gönnten wir uns bei einer Verschnaufpause auf der Suche nach „Rembrandt“ jeder einen Cappuccino (only PIN).
Das Studio in der Langebrug 89 von außen unscheinbar.
Einige Merchandisingprodukte waren im vorderen Bereich des Raumes ausgelegt, im hinteren Teil befanden sich vier Stühle, rechts eine Leinwand. Auf einem Schild stand „…in progress“; auf der Leinwand der Stadtplan von Leiden. Ein junger Mann eilte herbei, begrüßte uns (einzige Gäste) herzlich (auf Englisch), spulte seine Ansage textsicher und schnell herunter (ich verstand kaum etwas), wünschte uns dann „…enjoy“, zog den Vorhang zu und ließ uns allein. Die Vorführung begann.
Hier ein kurzer Ausschnitt aus dem Video:
Gut gemachte Animation. Nur quasi um die Ecke die Straßen, die nach dem Guide unbedingt begangen werden sollten, Doezastraat hieß die erste. Die schloss sich dem Pieterskwartier direkt an. Hier auch ein Teil der Universität. Studenten sind offensichtlich Radfahrer.
Müde gewordene Beine verzichteten auf die Verfolgung der zu besuchenden Straßen, wir kürzten das Stromern ab und begaben uns auf den Rückweg, wollten noch „De Bucht“ besteigen.
Der Singelpark (www.singelpark.nl), ein Projekt durch Anwohner initiiert, dient der Begrünung des Altstadtrandes (meine Formulierung). Hier die hübsche Art von Beschriftung eines Eingangsbereiches an der Straße Jan van Houtkade.
Bekanntes vom Hinweg wiedererkannt, dann die Hooglandse of St. Pancraskerk in der Nieuwstraat 20. Erbaut im 15. Jahrhundert auf einem Gebäude aus dem 13. Jahrhundert, restauriert zwischen 1885 und 1902. Aus dieser Perspektive als Ganzes kaum aufs Bild zu bekommen.
Besuch des Inneren dieser protestantischen Kirche, deren Schlichtheit im völligen Gegensatz zu den vielfach gesehenen Kathedralen katholischer Anhänger stand.
Eine Organistin übte gerade ein Stück ein. Jola meinte, Fehler gehört zu haben.
Kaum 100 m weiter konnte man den grünen Erdwall durch ein Tor schimmern sehen, das letzte Ziel für heute ward somit gleich erreicht. Lauschiges Plätzchen vor dem Eingang, Jola lechzte nach einer Sitzgelegenheit. Doch erst die Arbeit und dann das Vergnügen, also Aufstieg, nun die Wahl, Treppen oder seichter Fußweg hinauf? Die Wahl fiel auf den seichten, dafür längeren knieschonenderen Aufstieg.
Eigentlich bestand das Monument nur aus der Rundmauer, die man über eine metallene Wendeltreppe besteigen und begehen konnte. Schöne Aussicht auf Kirchen und Stadt. Ein Foto von St. Pancrans genügte mir.
Wer Lust hat, kann über diese „Burg“ auf niederländisch selbst nachlesen.
Jetzt den Abstieg über die Treppen, Jola voran, saß bereits auf dem sonnigsten Platz vor dem Lokal. Jenever sollte es sein. Das verstand der junge Mann nicht bzw. verschwand er im Lokal, um nachzufragen. Kam mit dem Ergebnis, sie hätten Jenever und brachte ein paar Minuten später zwei randvolle Gläser, wobei ein Teil des Inhaltes auf den Tisch schwappte.
Ich musste erst „freundlich“ gucken, bevor Jola auf den Auslöser drücken wollte. Schlechte Fotografin oder kann der Mann nicht freundlich schauen?
Fußmarsch schleppend zu den Rädern, die schnell bestiegen und mit Navigation gen Katwijk aan Zee gesteuert wurden, um sich dann doch noch einmal zu verfahren. Puh, das war ein anstrengender Tag, immerhin bei sehr schönem Wetter und einer lohnenswert zu besuchenden Stadt.
Statt der berechneten 22 fuhren wir, nach Jolas Zähler, rund 30 Kilometer (hin und zurück).
20.04.2023 Donnerstag
Den Vormittag verbrachten wir bei ungemütlichem Wetter dödelig, Reiseblog fortsetzen, Postkarten schreiben etc. Mittagessen mit Resten aus der Pfanne.
Damit die Leser eine Vorstellung von der mehrfach gefahrenen Strecke bis nach Leiden bekommen:
Das Ziel für heute war Hortus Botanicus, Rapenburg 73.
Nach 13 Uhr Start. Kennt man die Strecke ein wenig, schaut man anders auf die Umgebung. Die 6 bis 8 qm großen Areale der an den Straßen gelegenen „Vorgärten“ ähneln sich bei ihrer Gestaltung bzw. Ungestaltung durchaus mit denen in anderen Ländern, bspw. in Deutschland. Mit Steinen aufgefüllte Fläche, aus denen einzelne Pflanzen als „Zierde“ kämpfen, Aufbewahrungsorte für Kinderspielzeug oder Sportgeräte der Erwachsenen (Paddel, Kanu etc.), Parkfläche für Fietsen, verwilderte, aber eben auch mit Liebe gepflegte „Kleinkunstwerke“ floraler Natur sah ich heute.
An anderer Stelle brauchten Menschen eigentlich keinen eigenen Vorgarten, können sich doch fast jeden Tag auf ein solches farbliches Blumenbouquet blicken.
In Leiden wichen wir ein Stück vom bisher gefahrenen Weg ab, belohnt wurden wir mit der Fahrt durch den Bio Science Park (Universitätsgelände), der dem Hauptbahnhof nahe vorgelagert war.
Hier durften sich wieder einmal Architekten austoben.
Abstecher zum Mühlenmuseum, kein Besuch. Der Bereich gehört schon zum „Singelpark“.
Dann rund 2 Kilometer durch die Altstadt geradelt. Kurz vor 15 Uhr den Botanischen Garten erreicht; Eintritt (9 €). Ein Vorbau gehörte zur Universität Leiden, Fakultät Geisteswissenschaften. „Promotie“ stand auf einem Plakat. In Schale geworfene junge Männer und Frauen, Menschen mit Urkunden und Blumensträußen wuselten umher. Nach der allgemeinen Übersetzung deutete ich das Wort als Promotion von Doktoranden, hier eben dessen Feier. Wenn sich ein paar dieser Promovierten später auch noch recht „kindisch“ gaben, aber das war sicher die Freude über….
Was soll man über einen Besuch eines Botanischen Garten schreiben? Bin schließlich kein Botaniker, hatte zwar meine App wieder aktiviert und konnte einige Pflanzen identifizieren, aber irgendwie erschlug die Vielfalt mich. Insofern stelle ich einfach nur ein paar Bilder zu Ansicht. Zuerst das Glashaus mit Kakteen und fleischfressenden Pflanzen.
Nun gut, ein paar Sachen erschienen mir doch noch erwähnenswert. Zwei hohe, ansonsten unscheinbare Bäume standen im Haupthaus, Wollemien (Familie der Aurakariengewächse). Sie gehören zu den prähistorischen Pflanzen, die Art wurde erst 1994 in Australien entdeckt und galt als ausgestorben. Durch ein Zuchtprogramm soll die Baumart erhalten werden. Aktuell soll es davon nur 100 Bäume geben. Seit 2006 steht einer davon in Leiden und konnte 2018 „ein Kind“ zeugen, einen Ableger aus männlichen und weiblichen Zapfen).
Ganz oben, unter dem Glasdach existierten die „Fleischfressenden Pflanzen“ im Licht und auf nährstoffarmen Böden.
Die „Venusfalle“ funktioniert wie folgt: Die Beutetiere werden durch Nektar am Rand der Falle sowie die auffallende Fallenfärbung angelockt. Berührt ein Insekt eine der Fühlborsten mehr als einmal, oder zwei Fühlborsten, schließt sich die Klappe blitzschnell. Die nun aktiv werdenden Verdauungsdrüsen füllen das Falleninnere mit Flüssigkeit und zersetzen die Weichteile des Opfers. Der Verdauungsvorgang kann je nach Größe der Beute zwischen 5 und 35 Tagen dauern. Die freigesetzten Nährstoffe sorgen für den fortwährenden Verschluss der Falle. Nachdem die Falle sich wieder geöffnet hat, ist diese sofort wieder einsatzbereit. Nach dem dritten Verdauungsvorgang schließt die Falle jedoch nicht mehr und stirbt schließlich ab.
Dieser Text stammt von www.carnivoren.org.
Ich experimentierte, wollte ein Video aufnehmen. Zog einen Grashalm durch „den Schlund“. Und tatsächlich zogen sich nach mehrmaliger Berührung die beiden Hälften zusammen, die natürlich den dünnen Halm nicht festhalten konnten. Hatte ich jetzt für das schnellere Ableben eines Pflanzenteils gesorgt?
Mit dem Video klappte es nicht, egal warum.
Weitere Gewächshäuser folgten, dort diese Riesenblätter (linkes Bild), dann Außenbereiche, wie den „Chinesischen“, später an der Sternwarte Ruheplatz mit Blick auf Gracht und Wohnhäuser:
Zum Hochzeitspaar sei anzumerken, das Paar sah ich erstmals im tropischen Glashaus durch beschlagene Brillengläser. Sie quiekte, weil etwas an ihrem langen Schuhabsatz hing; nein, es war keine Schlange. Später musste sie dann im Außenbereich posieren und schien unendlich zu frieren, da half die heiße Liebe nur bedingt.
Wir checkten aus, beschritten den Weg außen um die Anlage zum Eingang hin zurück, es wartete das Café auf uns.
Das Blesshuhn schien neben den natürlichen Baumaterialien auch die Rückstande bzw. Abfälle moderner Kunststoffprodukte für den Nestbau genutzt zu haben.
Im Café reges Treiben, wohl auch Absolventen der „Promotie“, die Servicekräfte wirkten leicht derangiert, doch irgendwann trat eine von ihnen auch an unseren Tisch und nahm die Bestellung auf. Kuchenauswahl, merkwürdig, die Stücke sahen in allen holländischen Bars, Cafés oder Restaurants bisher gleich aus, der gedeckte Apfelkuchen, der Käsekuchen mit Passionsfrucht. Gibt es eine zentral operierende Konditorei, die diese Teile herstellt und vertreibt? Egal, Jola hat das Stück Käsekuchen gemundet.
Sie erwarb dann noch im Shop diverse Accessoires, während ich draußen die Welt beobachtete.
Danach eilige Fahrt in die Fußgängerzone, Jola wollte in der Drogerie die norwegischen Puschen kaufen. Wollte nicht nur, sie tat es auch, weil ja so günstig.
Diesmal gelang die Rückfahrt ohne Irrungen.
In Katwijk aan Zee verließ mich Jola, für Lidl. Ich brauste allein zum Campingplatz, in der Hoffnung, Jola würde den Rest des Weges zum WoMo alleine finden.
Bei der Abfahrt am Mittag nach Leiden um uns herum Leere, jetzt überall neue Nachbarn. Lag es an der Eröffnung des Kirmes? Aber wer käme mit dem Wohnmobil hierher, nur weil ein Kirmes aufmacht? Vielleicht doch die Vorboten des Königstages?
Morgen geht’s weiter Richtung Utrecht.