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alter (weiser) Mann, kommunikativ (wenn es sein muss).

2021 – Havelland –

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05.08.2021 Donnerstag

Allerlei musste am Vormittag noch erledigt werden, Jola hatte sich um 9 Uhr zum Telefonat mit Miriam verabredet, um 09.30 Uhr stand – wie vereinbart – ein Mitarbeiter der Glaserei Brede auf der Matte, um sich das Roto Dachfenster anzuschauen. Im Anschluss brachte Jola das Paket mit Geburtstagsgeschenken für Miriam zur Post, ich verstaute derweil die meisten Reisesachen.

So ließen wir die Wielandstraße gegen 11.25 Uhr hinter uns. Bei Talkau auf die A24 nach Berlin gefahren. Sonnenschein vermittelte das Gefühl einer beginnenden unbeschwerten Fahrt, die Autobahn recht befahren, aber eben keine Behinderungen, erst kurz vor der Autobahnabfahrt eine Fahrbahnverengung. Werder überraschte mit einem Wechsel aus Alt und Neu, gemeint waren damit Häuser und ähnliche Gebäude, weniger Straßen und Radwege. Das Ziel am Jahnufer, der Campingplatz am Glindower See, gleich geortet. Niemand an der Rezeption, das Gelände abgesperrt. Eine Gästin des angrenzenden Restaurants verhalf mir zur Telefonnummer des Platzwartes, von dem ich lachend die Auskunft erhielt, kein freier Platz stünde aktuell zur Verfügung. So navigierte ich uns in den Ortsteil Petzow zum Stellplatz KIEZ, der sich auch Inselparadies nannte und ein Kinder- und Jugendzentrum für Erholung, Bildung und Freizeit war. Ein Mann mit Klemmbrett stand bereit, gerade ein anderes WoMo abgefertigt, von mir meinen Wunsch entgegenzunehmen. Nachschauen müsste er, wenn ich nicht reserviert hätte. Und es war ein Platz frei, Nummer 4, am Waldrand, ohne Fernsehempfang. Strom gab es, Toiletten oder Duschen nicht. Er drückte mir ein Couponheft, einen Umgebungsplan und eine Übersicht über die Freizeitanlage in die Hand und wünschte guten Aufenthalt.

Die Anlage vollmundig angepriesen, verströmte den Charme von FDJ Freizeiten in der DDR, Stege an der Badestelle (Badestrand genannt) morsch und unbenutzbar, die Freilichtbühne ein steinzeitliches Kolosseum, Bolzplätze zugewachsen, alte Treckerreifen ins Erdreich vergraben als Wegbegrenzung oder sollte es ein Trimm-Dich-Pfad sein? Überall schwirrten kleine Mädchen herum oder man hörte ihre Stimmen aus einigen der grauen Häuser.

Schauten wir aus dem Fenster unseres WoMo, so blickten wir auf einen hinter dünnen Bäumen grünlich schimmernden Tümpel, befüllt mit diversen umgestürzten Bäumen, abgebrochenen Ästen.

Da Regen oder Gewitter für den späten Nachmittag angesagt waren, machten wir uns rasch zu einer Fahrt Richtung Werder auf. Neben der Freizeitanlage ein modernes Ressort mit Anbindung an Bootsanlegeplätze und Blick auf die Grellbucht.

Die Fercher Straße nur ein kurzes Stück Richtung Werder, einen Hügel hinauf, dort stand die auffällige Schinkel-Kirche.

Nur kurz den sandigen Weg zur Hauptstraße, diese überquert, sahen wir das Schloss von Petzow am Haussee in der Zelterstraße. Auch hier wirkte Schinkel bei der Gestaltung mit. Nach den vorliegenden Informationen befinden sich jetzt Eigentumswohnungen in der Anlage. Die Fontane-Klause lud uns zu einem Imbiss im Garten ein. Bei Ankunft waren wir die einzigen Gäste. Hering mit Bratkartoffeln standen auf der Schiefertafel als Tagesangebot, Jola gefiel das. Ich begnügte mich mit einem klassischen Schnitzel, garniert mit einem Spiegelei. Kaum verspeist, forderte Jola zum Aufbruch auf, was sonst eher ungewöhnlich daherkam, Grund war gewittrige Wetterlage.

Angeboten wurde mir per Mail überraschend ein Aufenthalt auf dem Platz Blütencamping. Meine Nachricht über die Annahme des Angebots kam dann leider zu spät, der Platz ward anderweitig vergeben. So blieb nichts anderes übrig, als die zweite Nacht auch hier zu verbringen.

Der Regen kam dann noch, aber letztendlich in mäßiger Ergiebigkeit.

06.08.2021 Freitag

Unruhige Nacht, Jola hustete stark gegen Morgen. Sonne brach durch das Geäst, freundlich wirkte gleich das ansonsten eher trist daliegende Gelände der Freizeitanlage. Getoastetes Roggenbrot zum Frühstück. Kurzen Kontakt zum Nachbarn aus Bayern aufgenommen, der gerade sein Kanu für eine Ausfahrt aufpumpte. Aufbruch nach Werder. Fercher Straße entlang, der Sanddorn-Produktionsstätte einen Besuch abgestattet, dann den Campingplatz Riegelspitze eines Blickes gewürdigt, um gleich weiter ins Zentrum von Werder zu fahren. Über Unter den Linden gelangten wir in den architektonisch ansehnlichen Teil der Altstadt. Eine Sicherheit, hier nicht verhungern zu müssen, stellte sich angesichts der Vielzahl der Restaurants schnell ein. Direkt neben der Brücke auf die Insel ein Wohnmobilstellplatz, gut besucht. Ein Blick auf die Infotafel schaffte Klarheit über die Gebühren (19 € pro Tag), Strom extra, keine Duschen oder Toiletten. Aber eine super Lage. Ab hier dann Kopfsteinpflaster auf den meisten Straße auf der Altstadtinsel.

Über die Torstraße zum Markt, sahen diverse Cafés, die Frühstück anboten, eine Option für den morgigen Tag? Den Markt dominierten zwei stattliche Bäume, verkehrsberuhigte Zone, dann durch Poller abgegrenzt. Einige modern wirkende Hotels folgten, dann die Baderstraße, die uns ans Wasser der Havel brachte. „Alte Überfahrt“ ein edles Restaurant und Café, noch geschlossen. Sah eine Werbeschrift der Kaffeerösterei. Mir fehlte ohnehin Kaffee und ich ließ Jola am Fähranleger zurück, suchte die Rösterei am Markt. Musste im „Haus Schönemann“ nachfragen, indem ich durch eins der offenen Fenster „wie komme ich zur „Kaffeerösterei“ rief.

Freundlicher Tipp einer Mitarbeiterin, der mich über den Markt zum Lendelhaus führte, in dem ein Verkaufsraum der Kaffeerösterei ansässig war. Um 1820 war das Gelände eine Brauerei, dann eine Saftfabrik. Russen nutzten es 1945, dann zu DDR-Zeiten ein VEB. Nach der Wende Verfall, bis 2008 eine Investmentgesellschaft das denkmalgeschützte Ensemble sanieren ließ. Kaffee Marke „Blütenstadt“ für 7€ gekauft. Zurück zum Fähranleger, wo Jola auf mich wartete. Folgten dem Schild „Inselrundgang“ bis zum Fischrestaurant Arielle. Öffnung erst ab 11.30 Uhr. Zurück und dem grünen Schild „Inselrundgang“ gefolgt. Unangenehmes Gehoppel über Kopfsteinpflaster bis wir am Kirchweg vor der Heilig-Geist-Kirche standen. Davor eine Gesellschaft, die scheinbar auf Gäste und / oder den Bräutigam / die Braut warteten.

Weithin sichtbar die Bockwindmühle, gleich neben dem Kirchengelände. Freitags leider wegen technischer Arbeiten geschlossen. Von der Infotafel war zu erfahren, dass diese Mühle gar nicht von hier stammte, quasi importiert wurde aus einem 110 Km entfernten Ort namens Klossa. Kreisten weiter durch die kopfsteinpflasterbewährten Gassen, fanden das Restaurant St. Yves’s, ohne Angabe von Öffnungszeiten, dafür mit interessanter Menükarte. Rief die Mobilnummer an, erfuhr vom Catering, weshalb man heute erst gegen 16 Uhr kochen würde. Über die Fischerstraße erreichten wir gegen 11.30 Uhr unser Ziel für ein Mittagessen, das Fischrestaurant Arielle.

Günstige Zeit scheinbar, gleich zur Öffnungszeit, freie Platzwahl und kein Anstehen bei der Bestellung. Jola orderte Essbares, ich die Getränke. Jola gefiel ihr Backfisch in krosser Kruste, auch der säuerliche Kartoffelsalat fand ihr Wohlwollen. Mein gebackener Zander war zunächst ziemlich heiß, schmeckte mit Kartoffeln und Gemüse. Jolas gewählter Platz gewährte uns ständige Aussicht auf die Havel und den Schiffsverkehr mit seinen unterschiedlichen Bootsarten, ob Hausboot, Motorboot, Segelschiff oder Frachtkahn.

Fuhren anschließend die „Nordtour“ durch die Schrebergärten, wo Jola meinte, Christine hätte bei einem Spaziergang hierdurch ihre Freude. Am Restaurant Alago vorbei, zu dem Jola anmerkte, dort gäbe es in der 1. Etage ein „Kunstgeschoss“. Beim Bäcker vier Brötchen gekauft, sah die verschiedenen Arten und fragte nach, was den „alte Art“ sei. Irgendwie nach DDR-Art, also wie früher im Osten gebacken.

Nun den Rest der Insel erkundet, der Tienenplatz, an dem ein Mann vor seinem ansehnlichen Grundstück und darauf befindlichem Haus neben seinem Tesla Pappkartons zerkleinerte. „Tienen“ waren kleine Holzfässer, die man zum Transport der Äpfel benutzte, wobei jeder Lieferant eigene Brandzeichen im Holz zur Unterscheidung anbrachte. Die Äpfel wurden dann per Schiff nach Berlin zum Markt gebracht.

Jola stoppte am Stellplatz hinter der Brücke, schaute nach dem Obstweg. Nur der Weg endete schnell am Wasserrastplatz und führte uns zurück Unter den Linden. Verhaspelten uns bei der Suche nach den Hofläden, kreisten am Glindower See, mal in der Nähe unseres Stellplatzes, mal am Jahnufer. Vieles kam mir bekannt vor, und doch fehlte manchmal die konkrete Orientierung. Hofläden sahen wir zu dieser Zeit keine. Erreichten über die Brandenburger Straße, wo Jola an einem Selbstbedienungsstand Tomaten kaufte, wieder die Insel-Altstadt, pausierten im Hinterhof der Kaffeerösterei bei Pflaumenstreuselkuchen und Kaffee.

Den Stadtpark angesteuert, ihn aber nicht gefunden. Auf dem Weg dorthin das Gelände der Wasserwerke (irgendwo bei Nr. 4) gestreift und dieses lustige Gebäude gesehen.

Badestelle, mal mit Eintritt (Strandbad), mal versteckte Einstiegsmöglichkeiten ohne Einzäunung und „Lösegeldforderung“. Immer wieder Abwechslung zwischen dem klassischen DDR-Look, mit oder ohne neuem Farbanstrich, dazwischen villenartige Neubauten.

Folgten dem Ufer des Großen Plessower Sees, der uns ins Waldgebiet auf den Europäischen Wanderweg E10 führte. Später überquerten wir die A10, gelangten nach Kemnitz, wo der See sein Ende fand.

Wir bekamen langsam lahme Beine, es half aber nichts, die andere Seite des Sees war noch abzufahren. Nur leider nicht in unmittelbarer Ufernähe. Ganz ausweichen mussten wir auf den Derwitzer Winkel nach Derwitz.

Immerhin keine vielbefahrene Straße, in Derwitz dann eine interessante Kirche, deren Ursprung dem 15. Jahrhundert zugeschrieben wurde, wobei der Kirchturm nachträglich im 19. Jahrhundert seine Errichtung fand. Davor ein Gedenkstein an Otto Lilienthal.

Wir befanden uns wieder auf dem Panoramaweg Werderobst, der auf einem Schild „14 Km Petzow“ auswies.

Radeln gegen die dunkle Wand aus Regenwolken und gegen einen sich zunehmend entladenden Akku bei Jola. Auf Anhöhen, dann wieder zurück auf die laute und vielbefahrene B1. Wieder am Campingplatz vorbei, diesmal aber den Weg in die Sackgasse nach Anweisung des Routenplaners genommen und die „Alpenstraße“ gefahren, direkt am Gelände vom KIEZ angekommen, Jola mit letzten Reserven und den ersten fallenden Regentropfen.

07.08.2021 Samstag

Der Morgen begann mit Lesen in „Hannibal“, um 07.30 Uhr wachte Jola auf. Ich kredenzte ihr meine Idee vom Ablauf des Vormittags, Sachen packen, zum Werder-Center den Einkauf erledigen, danach Frühstück (im WoMo oder auf der Altstadt-Insel). Ich schrieb eine Notiz für die Rezeption, dass wir später zurückkämen und bezahlen würden.

Bei wenig Verkehr gelangten wir rasch auf das riesige Gelände Am Strengfeld, auf dem es neben den klassischen Filialbetrieben (Aldi, Rossmann, Hagebaumarkt, Kaufland etc.) auch einige lokale Anbieter und den Wochenmarkt anzutreffen waren. Kaufland erinnerte mich vom Angebot und Größe an den CITTI-Markt in Lübeck. Nach dem Einkauf luden wir die Räder aus, eine zeitliche Parkbeschränkung fanden wir hier nicht, radelten, ich erst in die falsche Richtung, die gut 3,5 Km auf der Potsdamer Straße zur Altstadt-Insel. Bei Café Hagemeister durften wir in der oberen Etage uns einen Platz aussuchen, mussten dann einige Zeit auf unsere gewählte Frühstücksvariante warten. Ohne Aufpreis durfte ich statt Rührei Spiegelei ordern.
Für den Preis von 12,90 € ein ordentliches Angebot (Kaffee / Tee satt, ein Glas Saft dazu).

Kaufte dann bei Kirstein 10 „Brötchen alter Art“. Zurück am WoMo, standen dort jetzt einige weitere Wohnmobile auf Einkaufstour, der Parkplatz insgesamt gut gefüllt. Auf der Straße zäh fließender Verkehr. Erst die Rechnung beim Inselcamp beglichen, dann auf Umwegen zum Campingplatz am Glindower See, den wir gegen 12.20 Uhr erreichten. Platz 6 direkt am Durchgangsweg, genug Platz, Sonne, Sat-Empfang, die Badestelle fast vor der Tür, alles bestens. Jola erklärte die Chip-Karte für den Zugang zum Gelände und den Sanitäreinrichtungen.
Ich ging zum Wasser, das angenehm abkühlte, schwamm einige Runden im leicht welligen Wasser des Sees, umgeben von allerlei Wasserfahrzeugen, meist ausreichend Abstand zwischen ihnen und mir, bis ein Boot aus dem angrenzenden Yachthafen vorbeituckerte.

Duschen konnte man nicht ohne Münze, so kamen die Haare unter dem Wasserhahn zu ihrem Shampoo.
Jola wollte keinen Ausflug nach Potsdam machen, ruhte im Liegestuhl aus.
Der Campingplatz besiedelt überwiegend von Dauercampern. Blieben augenblicklich noch ohne Kontakt zu den sehr, sehr typischen Camperfiguren.

Einen Kurztrip, das gefiel Jola, und ihr Vorschlag war Ferch, das sei nicht so weit (rund 9 Km) und mit der Maler-Kolonie vielleicht ein interessantes Ziel.


Ausnahmsweise einmal gute befahrbare Radwege, nahm am Ziegelei-Museum den um 1890 gebauten Turm erstmals wahr und lichtete ihn ab.


Mit Ferch entdeckten wir ein wirklich sehenswertes Örtchen, hier musste „das Geld“ wohnen oder lediglich investiert worden sein. Den japanischen Bonsaigarten schauten wir nicht an, weil wir den Uferweg wählten.

Dafür standen wir vor dem reetdachgedeckten Gebäude des Museums der Havelländischen Malerkolonie, geschlossen!

Um die Ecke quasi der Weg hinauf zum Wietkiekenberg, einen Ausflug wert. Weit kamen wir mit den Rädern im sandigen Waldboden nicht, ließen sie an einem der Nadelbäume stehen. Aus den am Wegesrand befindlichen Wochenendhäusern geselliges Gemurmel, manchmal dazwischen eingestreut kindliche Hochtöne, mehrfach sahen wir geschmückte Gärten, Hauseingänge oder einfach irgendwo hübsch gekleidete Kinder, die ihre Einschulung fröhlich mit ihren Eltern und Angehörigen feierten.

Der Marsch zum Aussichtspunkt war durch stetiges Bergauf gekennzeichnet, für meine lädierten Gelenke eine kleine Herausforderung, die gut 1.000m. Der Aussichtsturm entpuppte sich als Sendemast, an dem metallene Stufen zu einer Plattform öffentlich zugänglich hinaufführten und von dort einen schönen Rundblick übers Havelland bis nach Berlin bot.

08.08.2021 Sonntag

Frühes Zubettgehen führte zu frühem Aufstehen, verbunden mit einer morgendlichen Schwimmrunde im See, wo ich nicht der erste war. Ein (noch) älterer Mann stand an einer der beiden Bänke, in einer Hand sein Handtuch, in der anderen Zahnbürste und Tube. Freundliche Grüße und gegenseitiges „Viel Spaß“. Schwamm im ruhigen Gewässer bis auf Höhe des zweiten Hauses, auf dessen Seeterrasse eine Person in der Sonne saß und las.

Heute endlich sollte es nach Potsdam gehen. Zwischenzeitlich fanden wir uns auf den Wegen schon fast wie zu Hause zurecht, zumindest bis nach Petzow. Diesmal dann rechts um den Kreisverkehr der Berliner Chaussee auf die Baumgartenbrücke, die über die Havel führte. Die verließen wir sogleich wieder rechts herum hinab zur Havel, wo der Radweg auf den nach Caputh traf. Das Gasthaus Baumgartenbrück öffnete erst ab 12 Uhr, wir waren ohnehin noch vom Frühstück gesättigt.

Zwei Skulpturen (Fischotter) – 1994 wieder an historischer Stelle aufgestellt – zierten das Ufer, daneben ein Gedenkstein mit Sinnspruch („Was dauernd hier fesselt…, das sind doch die Gaben der Natur, das ist … die seltene Schönheit dieses Platzes. Es ist eine Brühlsche Terrasse am Schwielowsee.“) von Fontane, zu dem hier im Havelland öfters Informationstafeln standen oder hingen. Nur versperrte ein über die Jahre reichlich gewachsener Baum aktuell die Sicht (die Fontane wahrscheinlich meinte).

Nach Caputh waren es auf gut zu fahrendem Radweg 2 Kilometer, dann standen wir an einer Fähre, vom Schloss bis dato keine Spur. Nichts übersehen, denn das Schloss lag auf der anderen Seite und bis dorthin waren es noch gut 1,5 Km. Mächtiger Andrang an der Seilfähre „Tussy II“, die ihren Dienst seit 1998 verrichtete, auf die neben maximal 4 PKW etliche Räder nebst Fahrern und Fußgänger passten. 2 € durften wir für die kurze Überfahrt über eine schmale Verengung der Havel, die hier Caputher Gemünde hieß, an dieser Stelle löhnen.

Das Schloss Caputh, eher unspektakulär, zumal auch noch dessen Ansicht durch eine Baustelle es optisch nicht schöner gestaltete, enttäuschte. Nun, einmal vor Ort, zahlten wir die ermäßigten 5 € pro Person Eintritt.

Nachstehender Text von der offiziellen Seite der Preußischen Stiftung…: Schloss Caputh ist das älteste, erhalten gebliebene Lustschloss aus der Zeit des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg in der Potsdamer Kulturlandschaft. Es blickt auf eine über 350-jährige Geschichte zurück. In dem kleinen, kostbar ausgestatteten Landhaus an der Havel sind im Festsaal und in den fürstlichen Gemächern Stuckaturen und Deckengemälde aus dem späten 17. Jahrhundert zu entdecken. Das Schloss ist ein kunsthistorisches Juwel, das wie wenige andere Schlösser die wechselvollen Zeiten fast unverändert überstand. Die museale Einrichtung zeugt von der hohen Qualität fürstlicher Wohnkultur um 1700.

Ab 1671 ließ die Kurfürstin Dorothea, die zweite Gemahlin der Großen Kurfürsten, das Schloss verschönern (Dorothea stammte aus dem Hause Holstein Glücksburg).

Viele „alte Schinken“ hingen an den Wänden der Räumlichkeiten, oft natürlich der Kurfürst mit seiner imposanten Nase in verschiedenen Posen. Im Untergeschoss ein Raum ausschließlich mit blauen Kacheln, Motive meist Segelschiffe und spielende Kinder.

Jola wollte nach diesem Rundgang noch gerne das Einsteinhaus besuchen. Dahin fuhren wir den blauen Schildern folgend fast durch den ganzen Ort. Das Holzhaus lag etwas abseits oberhalb am Waldrand. In den Jahren 1930 bis 1932 wohnte Einstein hier in seinem Sommerhaus, eigentlich als temporäres konzipiert, die ganze Zeit.

Ohne umkehren zu müssen, konnten wir die Tour nach Potsdam über den ausgeschilderten Wanderweg fortsetzen. Durch Wald abschüssig auf durch Regenfälle mit losem Sand bespülten Weg gelangten wir nach Templin, gegen 12 Uhr rechtsseitig die Braumanufaktur Forsthaus mit Außengastronomie. Alle Plätze besetzt, warteten am Eingang auf eine Tischzuweisung durch eine Servicekraft. Alles ging schnell vonstatten, Karte kam, Bestellung schnell entgegengenommen, das Bier stand kaum zwei Minuten später auf dem Tisch, das Essen (Rehbratwurst und Haxe) folgten nur wenige Zeit danach. Jola begeisterte das Sauerkraut und die Rehbratwurst, meine Haxe schmackhaft, das dunkle Lager-Bier sehr süffig. Gegen 13 Uhr weiter ins Zentrum nach Potsdam. Neben einigen fertigen Neubauwohngebieten, ungefähr hinter dem Wasserwerk beginnend (Speicherstadt) an der Leipziger Straße (die beschildert selbst für Radfahrer gesperrt war), empfing uns Potsdam mit riesigen Baustellen und unzähligen rotweißen Barken, die uns ersatzweise lenkten. Das mitgenommene Geld war nach dem Essen knapp geworden, deshalb suchte ich die Sparda-Filiale in der Friedrich-Engels-Straße. Dumm gelaufen, fast bis nach Babelsberg lotste mich das Navi, sahen dabei einen Flohmarkt, merkte an den Hausnummern, hier stimmte etwas nicht. Kehrten um, stoppten am Flohmarktgelände, stöberten nicht, weil es Jola zu voll erschien. Die Suche nach der Filiale geriet zu einer Irrfahrt, die am Hauptbahnhof endete, wo ich zu Fuß in die Passage ging und mich umsah. Erst am Schalter der S-Bahn-Auskunft half man mir weiter. 500 € hob ich am Automaten ab, Kontoauszüge konnte ich nicht ziehen. Was jetzt in dieser noch so unbekannten, vermeintlich bekannten, Stadt der vielen Sehenswürdigkeiten machen? Vom Bahnhof aus den Haveluferweg genommen, die Lange Brücke überquert, und schon befanden wir uns im preußischen Zentrum der schinkelschen Baukunst am Alten Markt.

Imposant die Nikolaikirche. Hier auch die Touristeninformation.

Die Kirche hätte ich als solche nicht identifiziert. Daneben Museen, der Brandenburgische Landtag und die riesige Baustelle am Alten Markt. Derzeit sind dort in Block3 13 neue Gebäude geplant, wobei sich der Baufortschritt durch die Pandemie verzögerte. Die Kirche gehörte zu den „offenen“, ein schneller Rundgang durchs Innere wurde etwas abgebremst durch Aufsteller, auf denen jüdische Menschen aus der Ukraine abgebildet waren, die jetzt in Potsdam lebten und die ihre Lebensgeschichte darboten.

Auf dem weiteren Weg warfen wir einen Blick in den Innenhof des Landtages, um danach am Marstall, in dem das Filmmuseum untergebracht war, vorbei, auf ein Schild mit der Aufschrift „Lustgarten“ zu treffen.

Der Lustgarten, auf dem Weg zum Park von Sanssouci, ich hätte ihn als solchen nicht erkannt, grüner Rasen, darauf einige bunte Sitzbänke in Übergröße, ein paar Beete mit blühenden Blumen, wir ließen ihn fast unbeachtet, um zum Park zu kommen.

Den erreichten wir am Eingang Römisches Bad, freuten uns, dass wir radfahrend den sehr weitläufigen Park durchfahren durften.

Charlottenburger Schloss, Kolonade, Neues Palais, dort spielten zwei Musiker neben dem Heckentheater auf Akkordeon und Klarinette vor einigen Menschen auf Holzbänken sitzend. Ich stellte mich am mobilen Kaffeeautomaten an. Jola beunruhigten die dunklen Wolken, schlug eine Heimfahrt vor.

Renovierung schien bei einigen Figuren und Gebäudeteilen anzustehen, andere wirkten wie gerade frisch gefertigt.

Ich ging abends noch zum Schwimmen. Den Regen erhielten wir zur günstigen Fernsehzeit.

09.08.2021 Montag

Wieder Frühschwimmen, allerdings erst gegen 8 Uhr. Machte etwas mehr als 300 Züge. Eine Frau erschien mit gelber Schwimmnudel, wünschte „Guten Morgen“ und begab sich ins Nass.

Uns schwebten zwei mögliche Ziele vor, entweder den Panoramaweg neuerlich in Gänze abfahren oder die Kolonie Zern am Großen Zernsee aufzusuchen. Wieder fuhren wir den Weg an der Fischräucherei vorbei, die warb um Kundschaft (Jola meinte, sie könnte ja später …), dann tauchten die Wasserwerken auf (das „Holstentor“ würdigte ich nicht mehr einer solchen Aufmerksamkeit wie bei der ersten Vorbeifahrt, wobei Jola noch nachfragte, ob ich das Bild Hubert schon geschickt hätte (hatte ich nicht)). Am Plessower See, so hieß die Straße hier, stießen wir auf das kleine Zeichen des E10 (Europäische Fernwanderweg) an Laternenpfählen. Wir änderten unsere Route und folgten den Zeichen durch die Gertrudenstraßen, wieder interessante Häuser erblickend, dann kurz links rechts und es ging am Gymnasium und den Sportstätten die Hagenstraße hinauf, die in den Hohen Weg überging. Links ein gewaltiges Gebäude im Bau oder gerade fertiggestellt, Jola wollte es genau wissen und näherte sich dem Bauschild an. Das Wasserwerk (Hochbehälter für Trinkwasser) wurde erneuert.

Oben am Ende der Straße marschierten drei Personen auf einer Treppe neben einem abbruchreif aussehenden Gebäude Stufen hinauf. Die E10-Zeichen deuteten in die gleiche Richtung, allerdings gab es keine Auffahrhilfen für Räder. Mussten schiebend die Anhöhe erklimmen.

Oben auf dem Kesselberg, die Friedrichshöhe, angekommen, erschreckte zunächst der Anblick dieser Ruine.
Entlohnt wurden wir mit phänomenalen Ausblicken ins Umland und auf Werder. Diese Ruine, an der einzig einige Wappeninsignien wie frisch geputzt glänzten, so erfuhren wir von einem Mann, war früher ein beliebtes Ausflugslokal mit Sälen und Konzerthalle. Seine Mutter hätte dort lange Zeit die Leitung gehabt. Erfuhren von Investoren, die nichts mit dem denkmalgeschützten Gebäude anzufangen wussten (oder auf ein glückliches Unglück – bspw. Brand – warteten). Ein Hotelbau sei angedacht….

…. 136 Stufen führten hinter dem Plateau zum Hafen hinunter, wobei der Weg genau so marode wirkte wie alles auf diesem Gelände, eine Schande! „Die tote Mutter“, meinte der Mann, „lebte sie noch, sie würde bei dem Anblick augenblicklich sterben“.

Text aus den Potsdamer Neuesten Nachrichten: Das Ausflugslokal auf dem Kesselberg war Ende des 19. Jahrhunderts eröffnet worden, als eines von fünf Höhenrestaurants in Werder. Seinen Namen verdankt es dem damaligen Betreiber Friedrich Schmahlfeldt. Die Gaststätte war beliebt, Touristen und Einheimische ließen es sich auf dem Aussichtspunkt gut gehen. 1913 wurde ein großer Tanzsaal mit Bühne gebaut, und 1937 kam noch ein verglaster Anbau mit einem kleineren Saal hinzu. Auch zu DDR-Zeiten wurde weiter getrunken und getanzt über den Dächern der Blütenstadt. Wer nach dem Zechen keine Lust hatte, den Berg hinunterzulaufen, konnte auf einer Rutsche aus 71 Metern Höhe hinunterrutschen.

Wir wählten dann nicht die Trägervariante, wollten die E-Bikes nicht 136 Stufen hinunterschleppen, ließen uns den Berg hinuntertrudeln, gelangten so zum Bahnhof, der Radweg brachte uns zur Eisenbahnbrücke. Großflächig kündete ein Schild vom Bauvorhaben der Erneuerung dieser Brücke und Verbesserung der Fahrradwege darüber an.

Uns half das aktuell wenig, die Schiebeflächen waren steil, das Verkehrsaufkommen gerade mächtig, der Gang über den Großen Zernsee eng und des öfteren hörte man „Bauch einziehen“. Ängstliche Menschen hätten sicher Sorge wegen der losen Gehplatten gehabt.

Glücklich die Querung geschafft, beobachtete ich den Transport von schwerem Arbeitsgerät auf dem Wasser.

Auf dieser Seite ging es für uns nicht weiter, wollten nicht zum Wildpark, sondern am Mühlendamm über eine Fußgängerbrücke nach ….?

Gefühlt fanden wir, sei es hier wie im Hamburger Umland (Ochsenwerder / Moorwerder), Deiche, Heuballen, Wiesen, Pferde. Ein Fohlen wälzte sich zwischen zwei erwachsenen Pferden im Gras, wollte lästige Fliegen vertreiben. Auf halber Strecke ein Schloss namens Golm. Der Zutritt zum Parkgelände erlaubt, Jola kam alsbald zurück, „verwildert“, ihre Umschreibung.

Über dem Eingang zwei Greifvögel, die Laternenträger darstellten.

Das Radeln gefiel uns so gut, wir bemerkten nicht, dass wir an der Brücke bereits vorbeigefahren und jetzt in Natterwerder gelandet waren. Eine kleine Kirche am Rande, außerdem ein Rastplatz, so wie Jola es gerne hätte: Ein dicker Baumstumpf, versehen mit einer Platte, darum zwei schicke Holzbänke, diebstahlgesichert.

Wir beratschlagten, was nun weiter, zurück oder nach vorne. Bis Grube waren es 1,4 Km. Das erschien uns machbar, wenn auch die Fortsetzung von dort ungewiss war. Ein Mann trug Kochgeschirr über die Straße, befragt nach Streckenvarianten, erfuhr ich, auf der Autobahn gab es keinen Radweg über die Havel. So blieb nur, den Weg von Grube zurück nach Golm zu nehmen, quasi den gleichen Weg zurückzufahren. Was uns nicht wirklich störte, nur wir mussten wieder über die Eisenbahnbrücke!

Eigentlich war auf dem Speiseplan eine Pizza, doch an der Touristeninformation am Plantagenplatz lockte „Der Scharfrichter“, bei näherer Betrachtung ein Vietnamese namens „Herr Dang“. Das Haus ist das älteste auf dem Festland in Werder, wurde vor ca. 400 Jahren gebaut und beherbergte die Henkerei.

Asiatisch gestärkt, suchten wir den Wachtelberg, wo es einen Aussichtsturm geben sollte. Weit konnte es nicht sein. Am Wachtelberg und Am Weinberg, hier musste es irgendwo sein. Den Wachtelwinkel erklommen, standen wir vor der Einfahrt zur Wachtelburg.
Text von der offiziellen Webseite: Die Wachtelburg ist die älteste der drei großen Höhengaststätten Werders, deren Entstehung mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Werders nach Einführung des Blütenfestes im Jahre 1879 verbunden ist. Die traumhafte Lage vor den Toren Potsdams, eingebettet in der einzigartigen Seenlandschaft Brandenburgs und in unmittelbarer Nähe zur Bundeshauptstadt Berlin, zeichnet die imposante Burg auf dem Wachtelberg in Werder aus. Seit 1946 wird die Wachtelburg als adventistisches Jugend- und Freizeitzentrum genutzt. Viele Jugendtreffen, Freizeiten und Gemeindeausflüge fanden statt.

Lag ziemlich verlassen da, im Hintergrund angedeutet die Weinberge. Kurvten den letzten Rest des Anstiegs empor, kamen uns ein bisschen wie in Südtirol vor. Mitten zwischen den Reihen der Weinstöcke der Aussichtsturm, nicht so imposant wie am Wietkiekenberg, trotzdem bot sich ein hübscher Rundblick über die Weinberge aufs Umland. Voll hingen die Reben mit weißen und blauen Trauben, da könnte sich unser Weinstock mal eine Scheibe abschneiden! Unterhalb der Aussichtsplattform eine Art Buschenschänke. Ausschank der erzeugten Weine vom Weingut Dr. Lindicke.

Text von der offiziellen Webseite: Der Weinbau wurde 1985 auf Initiative der damaligen Gärtnerischen Produktionsgenossenschaft “GPG Obstproduktion Werder” auf einer traditionsreichen Weinbergsfläche, dem Werderaner Wachtelberg, in einer Größe von 4,8 ha wieder aufgenommen, obwohl hier seit über 100 Jahren kein erwerbsmäßiger Weinbau mehr betrieben wurde. Dennoch wurden bei der Neuanlage dieses Weinbergs vereinzelt alte verwilderte Weinstöcke gefunden.

Diese Aufrebung soll daran erinnern, dass in vielen Städten und Dörfern der Mark der Weinbau eine große Bedeutung hatte und die Stadt Werder (Havel) sich im Verlaufe mehrerer Jahrhunderte zum Zentrum des märkischen Weinbaus entwickelte. Der Weinbau zählt in Werder (Havel) neben der Fischerei zu den ältesten Gewerben.

Die angebotenen Brotzeiten konnten uns nicht reizen, aber eine Weinprobe gönnten wir uns. Bayrische Stimmen an Nebentischen vermittelten gleich weiter südlich gelegenes Flair.

So ein Glas Roter / Weißer am frühen Nachmittag tat gleich seine Wirkung. Schmeckten uns so gut, gleich ein paar teure Flaschen mitgenommen. Das Weingebiet gehört offiziell zur Region Saale/Unstrut, die nördlichste Weinlage mit dem Qualitätssiegel „QbA“.

Leicht angeschickert rollerten wir den Berg hinunter, wollten auf der Altstadt-Insel beim Bäcker Brötchen kaufen, doch montags war geschlossen. Jola besorgte sich ein Stück Kuchen, ich später bei Edeka Brötchen. Heimfahrt auf bekanntem Wege.

10.08.2021 Dienstag

Ohne viel Aufhebens und ohne morgendliches Frühschwimmen beendete ich den Aufenthalt an diesem netten Ort. Gegen 09.20 Uhr verließen wir den Campingplatz, nach dem Navi sollten wir bereits vor 10 Uhr am Ziel Ketzin ankommen. Einige Streckenabschnitte in Werder jetzt aus der Cockpitperspektive gesehen. Am Ortsausgang vor einen Einkaufszentrum gehalten, Jola brauchte irgendein Hobelteil für Hornhaut aus einem Drogeriemarkt. Ich kaufte derweil Kuchen, entgegnete der Verkäuferin „Ochsenaugen“, was zu gleichnamigen Gesichtsausdruck führte und Unverständnis signalisierte. „Na, die mit dem roten Punkt in der Mitte“, präzisierte ich. „Ach, die Pfauenaugen“, klärte man mich über die hier heimische Bezeichnung auf. Kurzes Stück über die Autobahn bis Potsdam Nord. Straßenschäden kündeten danach einen wellenartigen Bodenbelag an und das WoMo hopste und schaukelte, was Jola wieder auf den Plan rief mit der Bemerkung „fahr langsamer“.

Auf dem Campingplatz angekommen, dirigierte man uns auf eine Rasenflächen zum Warten. Zum Glück nicht bis um 12 Uhr. Der freundliche Platzwart erschien mit der Bemerkung einer Entschuldigung „man müsse erst die schmutzigen Mülltonnen säubern, das hätte Vorrang“.

Er nahm uns zu einer Platzbegehung mit, wüsste selbst nicht so genau, was nun frei würde.

Zwei Plätze von derzeit im Aufbruch befindlichen Wohnmobilisten standen zur Disposition, aber es ging noch weiter in die Tiefe des Platzes. Der nächste angebotene Stellplatz war uns zu weit von den Sanitäreinrichtungen entfernt. Ich musste nur wenige Minuten auf die Abfahrt eines der WoMos warten, dann okkupierte ich den ebenen und geräumigen Platz.

Nach einem kleinen zweiten Frühstück meinerseits, marschierten wir fußläufig zur Fähre. Sie verbindet das Havelland mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark.

Jola gierte nach Brombeeren, hatte Sorge, in heimatlichen Gefilden keiner eigenen Ernte mehr beiwohnen zu dürfen. Auf dem Weg zur Fähre ein paar Grundstücke, einige offensichtlich zu Feriendomizilen um- bzw. ausgebaut. Die Fähre, wieder mit Seilbetrieb, die einzige Verbindung zum anderen Havelufer, wollte man nicht 50 Km Umweg in Kauf nehmen. Ein Restaurant bot Speisen an, aus meiner Sicht, gehobene Preisklasse.

Mehr als ein Auto passte nicht auf die kleine Fähre, die grade ablegte. „Pass doch auf, Du Arschloch“ erscholl wasserseitig. Der Fährmann schollt einem Motorbootfahrer, der zu schnell und zu dicht hinter der Fähre den Weg kreuzte. Vermutlich hatte der Motorbootfahrer Glück, dass er nicht mit seiner Schraube mit dem Seil der Fähre in Kontakt geraten war, wahrscheinlich wäre das für sein Boot böse ausgegangen.

Ansonsten ließen wir den Tag ruhig angehen, Jola strebte alleine zu einer Stadterkundung. Brachte später von Edeka Würstchen, Kartoffelsalat, Spreegurken, Werder-Ketchup und Buletten mit.

Es folgte am späten Nachmittag eine Stadtrundfahrt bzw. wurde daraus ein Rundgang zu den wenigen „Sehenswürdigkeiten“, ausgewiesen auf informativ gemachten Schauständern.

11.08.2021 Mittwoch

Sehr ruhiger Platz, abgesehen von den zum Sportplatz oder der Badeanstalt vorbeiziehenden Kindern aus dem nahegelegenen Camp. Sanitäranlagen klein, aber es ist alles da und sauber. Die vorbestellten Brötchen waren in Ordnung. Von der Hitzewelle morgendlich noch nichts zu spüren, wohl auch deshalb, weil Hochnebel keinen Sonnenstrahl zur Erde durchließ. Unsere gestern besprochenen Ziele hatten Bestand. Zuerst sollte es nach Götz bzw. Götzer Berge und dort hoch zum Aussichtsturm gehen. Schnell waren wir an der Fähre Charlotte, just legte sie ab, ohne uns. Zunächst warteten wir allein, dann kamen weitere Radler und ein PKW.

Jola löhnte die 3 €. Ich fragte den Fährmann, auf das gestrige Ereignis (Motorboot fuhr zu früh quer und hätte das Seil der Fähre beschädigen können) angesprochen, welcher Schaden hätte entstehen können. Nun ja, dieses Seil dieser Fähre sei relativ dick und gegen Durchtrennung mehr oder weniger sicher, je nach Größe der Schiffsschraube, die sich daran zu schaffen machen würde. „Schimpfen“ täte man eher aus Solidarität zu den Potsdamer Fährleuten. Dort sei wegen der kürzeren Distanz das Seil dünner, mehr Verkehr und die Gefahr eines Risses deshalb eher gegeben.

Er zeigte noch auf ein vorbeiziehendes Hausboot, merkte dazu an, die Fahrer der Mietboote hätten meist keine Ahnung.

Gleich, nach wenigen Metern, am anderen Ufer schickte uns der Radwegweiser auf den Havelradweg, der zunächst einige Kilometer auf einem gut asphaltierten Damm entlangführte. Links meist landwirtschaftlich genutzte Flächen, rechts oft pure Natur, Schilf etc. Die Liebesinsel (Werder) war zu erahnen, nicht wirklich zu erkennen, bergig wurde es, rechts wohl leicht bewaldet der Trebelberg (68m), schon mit Fernsicht zu erkennen, die Anhöhe der Bauschutt-Deponie. Gigantisch, geeignet in einigen Jahrzehnten als Skigebiet. Wir mussten das Gelände – immer am Zaun entlang – umfahren, ebenso wie den Ort Schmergow.

Deetz tangierten wir peripher, zum Hafen wollte ich nicht, so folgten wir dem Hinweisschild „Erdelöcher“. Keine selbstgeschaffene Natur, die Löcher entstanden während der letzten 100 Jahre durch den Abbau von Ton, der in den umliegenden Ziegeleien gebrannt wurde. Dunkel war es auf dem Weg zwischen den „Löchern“, ein bisschen wie im Spreewald. Raus aus den Löchern, erschien sichtbar der Aussichtsturm auf dem 108,6m hohen Götzer Berg. Im Ort verpassten wir auf der Bergstraße das große grüne Hinweisschild „Zum Aussichtsturm“. Vielleicht lag es an dem weißen Haus mit der Aufschrift „Haus Birnbaum“ oder dem restaurierten Ensemble am Ortseingang.

Umgekehrt, in den Wald hinein, sandige Wege, gut 1 Km waren zurückzulegen. Eine Weggabelung trennte uns, Jola nahm den längeren Weg, ich bog rechts ab. 600m, der Weg sah passabel aus, endete aber nach 300m für normalsterbliche Radfahrer. Ich stellte die Schiebehilfe ein, was bei dem Anstieg und wurzelüberwuchertem schmalen Steig auch notwendig war. Viel totes Holz stand oder lag herum, leicht verschwitzt erreichte ich das Plateau, auf dem ich die letzten Meter fahrend zurücklegte. Jola musste gerade angekommen sein, wollte mich just anrufen.

Der Aussichtsturm hat eine Höhe von knapp über 42m, die Plattform befindet sich auf 27m Höhe.

Neuerliches Treppensteigen, diesmal ein paar Stufen mehr. Oben zusammen mit anderen Touristen, die fachsimpelten, bzw. ein Mann rechthaberisch behauptete, den Berliner Funkturm zu sehen und dies von seiner Frau angezweifelt wurde. Die Türme der Futtermittelwerke, aus der Ferne das Wahrzeichen von Ketzin erkennbar.

Unten wieder angekommen, bekamen wir von den drei Empfehlungen zum Kauf von Obstwein. Abfahrt, die nicht ganz ohne war, weil sandig und steil. Trafen an einsamen Straßen auf Obstbaumalleen, Mirabellen, Pflaumen. Es fehlten ein paar Tage Sonnenschein zur letzten Reife. In Götz suchten wir vergebens nach einer Lokalität. Kloster Lehnin wollten wir besuchen, dahin waren 14 Km zurückzulegen. Am Campingplatz Trechwitz sollte es ein Restaurant geben, der Weg dorthin zog sich, Jola zweifelte bereits. Am Eingang enttäuschte uns ein Mann mit dem Hinweis, mit den Pächtern hätten sie kein Glück, der derzeitige würde das Restaurant erst um 15 Uhr öffnen. Freundlich erklärte er uns, wo man gut zu Mittag essen könne und wie man am besten dorthin komme. So gesehen, war der Weg kein Umweg.

In Nahmitz hatten die Bürger wohl eine gute Idee mit ihrer Büchertauscheinrichtung (ohne Foto), mir gefiel als Motiv das Spritzenhaus der Freiwilligen Feuerwehr besser. Stück weiter unter der Autobahn durch, bald sahen wir in Kloster Lehnin die Tankstelle, dort befand sich die empfohlene „Zille-Gaststube“. Ausgerechnet am Mittwoch erst ab 15 Uhr geöffnet. Hunger trieb uns voran, das Hotel Markgraf, schon ausgeschildert, befand sich neben einer Schule und einer zentralen Busstation, bemerkbar an vielen Kindern und Jugendlichen. Fanden ein schattiges Plätzchen, erhielten von einer korpulenten Servicekraft bald Speisekarten. Jola blieb dem Fisch treu, ich nahm ein Fischsüppchen und einen Steierischen Käferbohnensalat.

Jola spendierte nach dem Mittagessen ein Eis, das zuvor nach Erreichen der 8.000 Km mit ihrem Rad versprochen ward. Heidelbeeren und Vanilleeis.

Am Informationsstand wollte ich wissen, wo man das angepriesene Kugelbrot kaufen könne. Alternativ empfahl der Mitarbeiter fast euphorisch ein Bauernbrot aus der um die Ecke befindlichen Kloster-Bäckerei. Nur mit Butter und Salz essen, echt lecker. Jola besorgte eins und ein paar Brötchen.

Die Klosteranlage offen, in einigen Gebäuden waren Institutionen oder Teile der Verwaltung untergebracht. Links das Museum, rechts das Cecilienhaus. Hier befand sich die Klausur, der Lebensraum der Mönche. Kapitelsaal, Refektorium, Schlafsaal, Bibliothek etc.

Die Rückfahrt verlief zügig, weil wir keine Umwege mehr machten, die Radwege – meist – gut waren, sodass wir schnell vorankamen. Knapp 60 Km legten wir zurück.

Nicht alle Menschen waren auf Rädern unterwegs, auch so wie hier auf dem Bild, ließ es sich scheinbar gut an der Havel aushalten.

Verdient hatten wir uns den Tee und die beiden letzten Pfauenaugen.

Gegen 18.30 Uhr besuchte ich die Badeanstalt, wo die Kasse bereits geschlossen hatte und ich so ans Wasser gelangte. Kleine Badestelle, eine Menge Gestrüpp unter der Wasseroberfläche hinderte an ungebremstem Schwimmvergnügen. Drei Jungs störte es nicht, dass das Betreten der Steganlage verboten war, tummelten sich dort, sprangen gemeinsam ins Wasser.

In der Wassermitte schipperten Motorboote vorbei und schufen ein paar Wellen.

12.08.2021 Donnerstag

Wie versprochen, fast keine Wolke am Himmel, die Sonne glänzte noch in einem leichten Rotton. Ideales Wetter für die am Vorabend abgesprochene Kanutour. Alle Formalitäten waren mit dem Platzverwalter schnell geklärt, die Kanus hatten wir am platzeigenen Gästehafen entdeckt, davon durften wir uns eins mit einem „V“ (Vermietung) aussuchen. Paddel und Westen sowie eine Wasserkarte reichte er uns, mit den drei Stunden (10 €) wäre es nicht so genau zu nehmen. Ich salbte mich mit Sonnenschutz ein, verstaute mein Handy wasserdicht, versteckte den Autoschlüssel unter der Fußmatte, dann ging es mit Paddel unter dem Arm auf dem Rad – wie Lancelot der Ritter beim Turnier – zum Wasser. Jola wählte das rote Kanu aus. Schoben es zwischen Schilf in die Einsetzstelle, Jola verschwand zuerst in der Luke, ich drückte das Kanu ganz ins Wasser und watete hinterher. Einstieg geschafft, als erstes stürmte eine Entenfamilie auf uns zu, nach Futter heischend. Der Bug vertrieb sie schnell und los ging es mit unkoordinierten Schlägen, Jolas Anweisungen folgend, möglichst nahe am Ufer zu bleiben. Das gelang meist weniger, woran es auch lag, ein Linksdrall begleitete unsere Tour mehr oder weniger. Vorbei an der Badestelle, am Wasserwanderrastplatz, gegenüber die „Liebesinsel“, viel Grünzeug im (Algen, Seegras?) und auf (meist Seerosen) dem Wasser. Die Sonne knallte ordentlich, Fahrtwind gab es kaum. Am Ferienhof Havelblick standen etliche Wohnmobile in Ufernähe. Hausboote schipperte ab und zu umher, kleine Motorboote machten Wellen, brachten das Kanu bei Längsseite zu den Wellen flott zum Schaukeln. Ein weiterer Wasserwanderrastplatz, dann die Havelpromenade mit dem Anleger der Reederei. Ein größerer Frachtkahn tauchte in einem Stichkanal vor einem verfallen aussehenden Industriegebäude auf, wurde über ein Rohrleitungssystem befüllt (Futtermittel). Die Schiffsschraube drehte sich und erzeugte Strudel und Strömung, denen wollten wir nach Möglichkeit weiträumig ausweichen. Gelang nicht ganz, drückte uns etwas ab. Die Türme der Futtermittelwerke tauchten auf, die Havel wurde breiter und unübersichtlicher, ein Blick auf die Karte zeigte, links halten.

Nach einer Stunde Paddelei begannen die Arme zu zeigen, diese Bewegung kennen wir nicht auf so lange Dauer. Außerdem stellte ich fest, dass wir bereits an der Schumacher-Siedlung fast vorbeigefahren waren. Ein Selfie musste natürlich sein. Dort sollte man in Kanäle mit schattigen Abschnitten ruhig dahingleiten können.

Mussten wenden, der erste Kanal war dann eine Sackgasse, was aber nichts machte, vielseitig die Ansichten der Datschen bzw. Häuser (ob ausgebaut oder neu). Vielfältig auch die Gartengestaltung, obskure Objekte standen neben modernen Kunststoffgartenmöbeln, die auf selbst gebaut aussehenden Terrassenplattformen arrangiert zu bewundern waren. Winzige Spitzdachhäuschen ähnelten Kirchen in Miniformat, Kinder paddelten auf einem SUP umher. An einer Stelle lag ein umgestürzter Baum quer im Kanal, der bot damit nur wenig Platz um voranzukommen. Bei der Einfahrt in einen der Kanäle stand ein Schild „Kanal gehört zum Grundstück. Langsam fahren!“. Schnell ging es mit uns ohnehin nicht voran, also schenkte wir der Aufforderung keine Beachtung. Bilder ließen sich wenige machen, das Paddel musste stets arbeiten, wenn es ruhte drohte Linksdrall. Nach einer weiteren halben Stunde befanden wir uns in einem Seerosengeflecht, ein bisschen Atmosphäre wie im Amazonas.

Drehten dann um, begaben uns auf den Rückweg. Zwischen meinen Fingern entwickelten sich langsam wunde Reibungspunkte. Ein-, zwei Mal störten wir Angler auf See bei ihrer Freizeitbeschäftigung, egal, die Fische würden schon wiederkommen. Unbeschadet endete unsere Kanutour an unserem „Heimathafen“. Der Ausstieg verzögerten sich kurzfristig, die alten Knochen hatten zu lange in der gleichen Position ausgeharrt und musste für das Verlassen des Bootes reanimiert werden.

Gut 2 ½ Stunden reichten uns völlig aus.

Jola besorgte bei Edeka fürs Mittagsessen, ich ging Schwimmen, sah am bescheiden daherkommenden Strand ein drahtige Frau im Bikini skurrile Übungen machen. Deckte nach der Schwimmstunde den Tisch, und wartete auf Jolas Rückkehr. Die Hitzewelle konnte sich nicht mit denen in Italien (fast 49°) oder anderen südlichen Ländern messen, trotzdem war ich froh, im Schatten sitzen zu dürfen. Gegen 15.30 Uhr Ausflug nach Paretz, wollten das Schloss sehen.

Wieder ein überstrapazierter Begriff für ein Gebäude, das andernorts als unauffälliges Ensembles eines Gutshofes durchgegangenen wäre.

Lassen wir die Kirche im Dorf.

Nach dem Rundgang, man durfte das Gelände betreten, Eintritt wurde nur für die Besichtigung der Zimmer verlangt, stromerten wir über Kopfsteinpflaster durch den Rest der historischen Umgegend. Gelangten auf der Havelwanderweg, der uns zur Fähre brachte und Jola mich dort herausfordernd fragte, ob ich sie zu Kaffee und Kuchen ins Restaurant An der Fähre einladen wollte. Schönes Aussicht, netter junger Mann im Service, Jola zufrieden mit Eis und Heidelbeeren, ich mit Kirsch-Marmor-Kuchen.

13.08.2021 Freitag

Jola hatte für den heutigen Tag einen Wunschzettel mit anzufahrenden Zielen ausgestellt, ich war informiert. Bezahlt, Wasser getankt, Grauwasser abgelassen. Erster Halt nach gut einem Kilometer an der Fähre, niemand da, der Fährmann auf der anderen Seite.

5,50 € für die Überfahrt. Nun doch einmal WoMo auf „Hausboot“ für ein paar Minuten spielen. Blick aus dem Cockpit. Danach gleich einmal dem „dummen“ Navi gefolgt und Richtung Autobahn abgebogen, was Jola auf den Plan rief mit der Bemerkung „Richtung Kloster Lehnin ginge es doch wie gestern über Groß Kreutz“. Eine Einfahrt zum Acker zum Wenden genutzt.

Einsames Fahren über holperige Straßen. Schmergow, Groß Kreutz, dann wieder die Anweisung auf die A10 aufzufahren. Jola gnädig, ja, doch, man hätte auch so fahren können. Beim Kreuz Werder auf die A2 gewechselt, runter von der Autobahn bei Netzen, dort sollte ein Massivhauspark der Firma Bauunion 1905 existieren. Nicht Netzen war es, zwar schilderte im Ort ein weißes Schild „Massivhauspark“ aus, doch erst im Nachbarort Grebs zeigte uns ein Wegweiser in ein Gewerbegebiet (zu vermieten) den Weg, ein leerer Parkplatzbereich, eingezäunter Bereich, große Schilder, Bauherrenkino. Das Tor geschlossen, wegen Corona Besichtigung nur bei schriftlicher Terminvereinbarung. Das war der erste Wunsch, so schnell abgearbeitet.

Nun zum Skulpturenpark in Kloster Lehnin. Eigentlich immer nur geradeaus. Im Ort, direkt bei der Klosterbäckerei ließ ich Jola aussteigen. Parkte in der Zufahrt zum Klostergelände, rangierte, derweil Jola Brot besorgte, das Wohnmobil zur Weiterfahrt um.

Skulpturenpark, das Gelände, auf dem sich aktuell Seminarräume und Ateliers befinden, gehörte ehemals zu einem Sägewerk. Gegenwartskunst und Objekte aus den 80er Jahren waren zu sehen. Mich beeindruckten die ausgestellten Werke überhaupt nicht. Die Lage am Klostersee hingegen bot meiner Meinung nach Potenzial für Besseres, was man auch immer darunter verstehen mag.

Eher enttäuschend dieser zweite Punkt auf Jolas Wunschliste. Nun sollte es nach Ferch gehen, der Bonsaigarten wollte besucht sein. Wieder auf die Autobahn, dem Navi gefolgt, Abfahrt Werder genommen, frustriert die Erkenntnis, die Straße L90 neu, aber gesperrt. Umleitung! „Vielleicht kommt man trotzdem weiter“, Jolas hoffnungsvoller Einwand. Gewendet, nein, man kam nicht weiter, wieder gewendet. Die Umleitung genommen, ich weiß nicht wieso, aber am Ende fuhr ich wieder auf der Autobahn und über die Abfahrt Ferch gelangten wir tatsächlich in den Ort. Die Gemüter im Cockpit brodelten unter dem locker aufliegenden Deckel, ich wähnte mich um die Sonnenstunden gebracht, die ich bis jetzt im Auto verbracht hatte, Jola sehnte sich nach Bonsai. Ferch ist ein langgezogener Ort, schmale Gassen, Ärger um die Parkplatzsuche, ich wollte nahe des Gartens parken. Wieder Wendemanöver, auf einem Grünstreifen gehalten, Räder ausgeladen und 2 Km den Uferweg zum Gartengeländen geradelt. Menschenmengen standen vor dem Eingang. Zum Glück warteten die auf ihren Reisebus, nicht auf Einlass. 6 € Eintritt verlangte der Besitzer Tilo Gragert, dafür durften wir uns in engen Kurven bis zu 50 Jahre alte Gewächse in Tonschalen ansehen, Mädchenkiefer, Blauregen, Azaleen, Bambus u.a. Einige Miniausführungen kosteten mehr als 500€.

Ein Teich mit einigen Kois, ein Teehaus, in dem Verkauf und Ausschank stattfand, ein geharkter Sandgarten, viel natürlich gewachsenes Gehölz, ein asiatisch aussehender Mann beschnitt gerade eine Kiefer. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen.

Letzter Wunschpunkt auf Jolas Liste war, am See zu Mittag zu essen. Zumindest das war schnell in Einklang zu bringen. Der Biergarten im Hotel am See fand beiderlei Zustimmung. Jola, wie zuletzt üblich dem Hering zugeneigt, wandte ich mich vegetarischer Kost zu und bestellte Spinatknödel. Die freundliche Servicekraft merkte beim Abräumen, als ich einen Essensrest durch die Spalten des Tischen rutschen ließ, an, das mache nichts, das holt sich unsere Hausmaus. Leicht befriedet kehrten wir zum WoMo zurück. Nun hatte ich „freie Fahrt“ zum nächsten Standort, der in Gatow lag. Mussten durch Potsdam durch, das zur Hauptverkehrszeit, kein gutes Unterfangen. Schleppendes Vorankommen, was wohl auch an den Ampelschaltungen und den 30er Zonen lag. Als das Ortsschild „Berlin“ auftauchte, verdüsterte sich Jolas Gesichtsausdruck. Sie wollte doch gar nicht nach Berlin oder ähnliches Lamento musste ich mir anhören usw. Die Bundesstraße 2 führte uns quasi um diverse Seen (Jungfernsee, Krampnitzsee und Groß Glienicker See) herum, bis wir durch den Ortsteil Kladow über den Ritterfelddamm auf den Kladower Damm gerieten. Viel befahrene lange Straße, bei der wir die Zufahrt zum Campingplatz übersahen und es wieder ein Wendemanöver erforderte. Ich weiß nicht wie viel länger wir brauchten, aber jedenfalls mehr als eine ¾ Stunde. Dann das Hickhack um den Platz, Nummer 5 hatte keinen Sat-Empfang, Jola vergaß zu fragen. Also dackelte ich zum Platzwart, der mir eine Alternative anbot. Umgeparkt, nun stand ich neben einem riesigen umgebauten ehemaligen Feuerwehrauto aus dem Jahre 1983.

Später eine Erkundungstour gemacht. Zum Havelradweg war es nicht weit, gleich hinter dem Campingplatzgelände führte eine Straße durch waldiges Gelände hinunter zum Wasser. Bis zum Anleger Wannsee in Kladow waren es rund 3 Km. Geteerter breiter Weg, am Hang, ich kam aus dem Staunen kaum heraus, mehrere Villen, ein Augenschmaus. Am Fähranleger diverse Biergärten und Restaurants. Meinen Frust löste ich mit einem Weizenbier auf, Jola vernaschte eine Portion Pommes zu ihrem Bier.

Die Nachbarn grüßten freundlich, er mit Glatze und einer enormen Kugel unter dem T-Shirt und Bauch, die er stolz wirkend wie eine Krone vor sich hertrug. Später tippelte seine blonde dralle Frau / Lebenspartnerin vorbei und winkte mit einem piepsigen „Hallo“ kontaktheischend herüber, im Arm ein Tier, genannt Hund. „Ich bin die Klaudia“ (mit „K“, wie man an der Beifahrertür lesen konnte). Ich murmelte etwas, das nach Antwort klang, aber mich nicht Zwang, mich mit Vornamen vorstellen zu müssen.

Auch ohne schwarze Katze über den Weg gelaufen, ein eher unrühmlicher Freitag. Frühes Zubettgehen erleichterte mir den Abschied von diesem Tag.

14.08.2021 Samstag

Nachts einmal das Sanitärgebäude aufgesucht. Verwundert stellte ich fest, dass diverse Menschen zu so später Zeit gerade ihre Abendtoilette (Duschen, Zähne putzen etc.) erledigten.

Der Morgen war geprägt durch Jolas ununterbrochenem Husten. Mich trieb es gegen 08.40 Uhr überraschend spät aus den Federn. Der Zeitplan geriet leicht aus den Fugen. Um 11 Uhr würde die Fähre am Schloss Sacrow ablegen. Jola schlief noch oder tat zumindest so. Frühstück vorbereitet, gefrühstückt, Jola lag immer noch im Bett, es war 9 Uhr vorbei. Zum Abwasch, wo beide Becken besetzt waren, zwei Frauen schienen schmutziges Geschirr für den halben Platz zu reinigen, das andere Pärchen übte sich in traniger Langsamkeit, ohne auf die wartenden Mitmenschen zu achten, wischten und scheuerten mit Akribie ihren Kaffeezubereiter oder die Tassen. Ich beeilte mich, was eine wartenden Frau mit gehobenem Daumen quittierte. Jola sputete sich dann, sodass wir gegen 09.40 Uhr losradeln konnten. Die Strecke auf dem Immchenweg bis Kladow Fähranleger war bekannt. Auf den restlichen gut 5 Km wieder ein Staunen über die Hanggrundstücke und die Häuser, die darauf standen. In Ufernähe der Landhausgarten Dr. Max Fraenkel. Dort bogen wir auf den Sakrower Kirchweg ein. Wieder begegneten uns Objekte, die leichten Neid bei mir hervorriefen. Sakrower Landstraße führte durch Wald. Ansteigendes Gelände (Hügel zwischen 65m und 78m hoch). Ab und an Stelen am Wegesrand (Berliner Mauerweg) mit Geschichten zu Opfern oder Geflüchteten.

Gut 25 Min. vor Abfahrt des Wassertaxis Ankunft. Blick vom Steg auf die Heilandskirche.

Das Wassertaxi kam vor der Abfahrtzeit, nahm nur Passagiere mit, die zum gegenüberliegenden Anleger wollten. Um 11 Uhr waren wir mit der Frau mit Hut die einzigen Fahrgäste zum Cecilienhof. Bezahlt wurde an Bord, jeweils 4 € für eine Person und 3 € für ein Rad.

In der Ferne glänzte die aus diversen Agenten- oder Spionagefilmen bekannte Glienicker Brücke. Ca. 10 Minuten betrug die Fahrzeit zur Anlegestelle Alte Meierei.

Gleich neben der Alten Meierei führte durch ein Tor der Weg ins Parkgelände „Neuer Garten“, wo sich der Cecilienhof befand. Das Befahren des Parkgeländes mit Fahrrädern war streng reguliert, allerdings waren die Schilder so klein, dass sie meist übersehen wurden (ob absichtlich oder versehentlich). Auch wir wurden bestimmt aufgefordert, die Räder an den gekennzeichneten Stellen abzustellen.

Die Ausstellung zur Potsdamer Konferenz 1945 (Tagungsort der Alliierten Siegermächte vom 17.07. bis 02.08.45) war mein heutiges Wunschziel. Erschrocken über die 14 € (10 € ermäßigt) Eintritt drehte ich erst einmal eine Runde ums imposante Gebäude. Auffällig die verschieden gestalteten Schornsteine und deren Vielzahl. Hier ein Blick in den Garten, wo einst das legendäre Foto mit den drei Regierungschefs (Truman, Churchill und Stalin) in den Korbsesseln entstand.

Am Einlass zur Kasse hektisches Gebaren um die Anmeldung zur Erfassung von Daten wegen Corona. Wir blieben bei unserem Statement, keinen Scanner auf dem Handy zu nutzen, sodass eine Frau mit Tablet uns beiseite nahm und die Daten erfasste. Dann durften wir an der Kasse Tickets kaufen, Wartezeit gut eine halbe Stunde bis zum Einlass.

Spazierten zu einer schattigen Sitzgelegenheit, beschaffen aus gefällten Bäumen, mit Blick auf die Borkenküche. Borken, weil die Verschalung aus Eichenborkenstücken bestand. 1796 entstand sie, um von hier aus die festlichen Gäste in der nahen Muschelgrotte zu versorgen. Nach nur einem Jahr wurde sie bereits nicht mehr genutzt und verfiel. Seit 2010 restauriert bzw. neu nachgebaut.

Man erhielt nach dem Einlass einen Audioguide (Handy). Für jeden Raum einen eigenen Podcast. Neben dem Gebäude selbst boten die Räumlichkeiten interessante Einblicke in die damalige Atmosphäre. Die meisten gezeigten Gegenstände waren Originale.

Man konnte die persönlichen Arbeitszimmer der drei Regierungschefs besichtigen, ebenso den Konferenzraum, sah die 19-jährige Sekretärin von Churchill. Man hörte ihre Originalstimme, wie sie ihre Eindrücke schilderte und durfte Einblick in ihr Tagebuch werfen, das sie während der Konferenz führte.

Sie muss dieses Heft in einem der für die Konferenz okkupierten Häuser gefunden haben, das wohl einem deutschen Soldaten (Eisernes Kreuz auf dem Umschlag) gehörte.

Im Innengarten ein sowjetischer Stern, der im Sommer mit roten Geranien bepflanzt ist.

In einem Raum erlebte man den Beginn des Weltkrieges auf einem Zeitstrahl mit allen seinen wichtigen Ereignissen.

Danach Essen in der Alten Meierei. Der Bedienungsbereich war ausgebucht, Selbstbedienung möglich. Bratwurst, Pommes mit Ketchup und ein Bier / Potsdamer (eine Art Radler). Banales Essen mit schönem Ausblick. Den Heiliger See über die Seestraße umfahren, in dem eigentlich Baden verboten sein soll, sich scheinbar aber die Menschen darum wenig kümmerten, geschwommen wurde an vielen Stellen. Die angrenzenden Grünbereiche, nicht immer salonfähig gepflegt und dennoch als Liegewiesen genutzt. Irgendwie lotste Jola mich ins so gepriesene Holländische Viertel um die Hebbelstraße / Charlottenstraße. Wie so oft, auch hier viel Kopfsteinpflaster, wenig geeignet, um bummelnd mit den Rädern sich die Läden anzuschauen.

An der Ecke Mittelstraße / Benkertstraße die Räder angedockt und fußläufig durch die Straßen geschlendert. Außengastronomie gut besucht, Boutiquen mit Sommerkleidern auf Ständern vor der Tür. Postkarten und Servietten kaufte Jola, dabei vergaß sie ihren Bordcomputer im Geschäft. Kurze Aufregung, nachdem der Rucksack erfolglos durchsucht ward. Wie immer, Jola bekam das Verlorene zurück. Die Fußgängerzone Brandenburger Straße durchschritten, suchten einen Flecken für eine Pause. Beim Stadtpalais, jetzt Karstadt, zog ich Jola in die Dortusstraße, von der Fußgängerzone tönte Blues eines älteren Straßenmusikers bis hierher. Beim Restaurant Weißer Schwan lockte ein freies schattiges Plätzchen. Beschaulich sah es aus, die mit reichlich Humor ausgestattete Wirtin beruhigte uns mit „Komm gleich“, was scheinbar eine dehnbare Interpretation dieses Begriffes sein musste, denn es dauerte. Noch ein „Komm gleich“ mit einem schmalen Lächeln. Fassbrause und ein Eiskaffee. „Buchcafé“ stand an der Hauswand, im Laden Regale voller Bücher. Späteres Gespräch mit der schlagfertigen Wirtin ergab, sie führe das Restaurant nebenbei als modernes Antiquariat.

Noch einmal zurück in die Mittelstraße, warum weiß ich gar nicht mehr. Fand dort eine Infotafel an Haus Nummer 3. Dort kaufte der arbeitslose Schuster Voigt („Hauptmann von Köpenick“) sich beim Altwarengeschäft Remlinger am 08.10.1906 eine Uniform, verwandelte sich in den Hauptmann und besetzte mit 10 Soldaten das Rathaus.

Fand die Maserung der Ziegel an den Häusern interessant, ebenso die beiden Schaufensterpuppen.

Langsam war an einen Rückzug zu denken. Die Hebbelstraße war auf der Straße für uns nicht befahrbar, also auf dem Fußweg entlang. So gönnten wir uns ab und an einen Blick auf die gewaltigen Häuser aus der Gründerzeit oder welcher auch immer. Wer hat in solchen Häusern nur zu DDR-Zeit gewohnt? Bogen in die Bertha-von-Suttner-Straße ab, um wieder in die Anlage „Neuer Garten“ zu kommen. So viele „Nackte“ auf engem Raum hatte ich lange nicht gesehen. FKK, wohl noch aus der DDR-Zeit hier en vogue. Und immer wieder Wasser im Blick. Umfuhren die Orangerie, wo man laut Aufsteller Müsli-Frühstück zu sich nehmen konnte.

Am Marmorpalais badeten Jugendliche im Wasser des Heilger Sees, im Parkgelände gingen, humpelten oder liefen nach wie vor die Teilnehmer/innen des 100 Meilen-Laufes (das wären 4 Marathonläufe hintereinander). Sprach mit einigen der Teilnehmer, es gab auch Teamläufe, bei denen jeder 22 Km laufen musste. Mittlerweile war die Zeit fortgeschritten, 17.30 Uhr, noch gut eine Stunde bis zur Abfahrt des Wassertaxis.

Lasen die Gedenktafeln an der Alten Meierei (Taucher geflohen, Volkspolizist). Die Hutfrau von der Herfahrt wiedergetroffen, saß am Straßenrand, Schultern leicht von der Sonne verbrannt, war auch in Potsdam, aber nicht so weit gekommen wie wir mit den Rädern.

Noch ein bisschen Zeit, also den Mauerweg längs geradelt. Villen von Mendelssohn Bartholdy und Struck gesehen.

Abends schmiss der Nachbar sei umgebautes Feuerwehrauto an, der Motor röhrte im Leerlauf wie bei einem Panzer. Alles Zubehör wurde gelöst und er rangierte das Fahrzeug vom Stellplatz. Ich fragte dabei vor dem leeren Stellplatz sitzende Freunde, was denn passiert wäre. Defekt an der Batterie und Ersatz eingebaut, nun wolle er Grauwasser ablassen. Bald darauf kam er zurück und wurde von Klaudia auf den Stellplatz eingewiesen.

15.08.2021 Sonntag

Dritter Anlauf, Potsdam zu erkunden / entdecken. Vorab versuchte ich meine Glückwünsche an Miriam loszuwerden. Doch das klappte erst nach dem zweiten Versuch, sie hatte es auf „stumm“ geschaltet gehabt. Erster Tag in Königstein, gleich eine abendliche Wanderung gemacht. Heute sollte eine zweite, Geburtstagswanderung, folgen.

Ein Bild von Nachbars Weltenbummlerauto.

Wir eilten nicht so zügig zur Fähre, fuhren erst kurz nach 10 Uhr ab. Diesmal hielt ich kurz vor dem Masolleweg mit Blick auf drei imposante Villen am Hang. Trotz der späteren Abfahrt waren wir früh dran, sahen uns im Schlosspark das Schloss Sacrow an, wo allseits Plakate auf eine Ausstellung hinwiesen. Ein kurzer Abstecher auf der Durchgangsstraße verhalf zu einem Einblick in die örtliche Umgebung. Proteste äußerten sich daneben auf Plakaten gegen den Bau von Sendemasten in Sacrow.

Am Anleger konnte ich zwei Frauen glücklich machen, indem ich darauf hinwies, dass die Fähre um 10.50 Uhr nicht abgefahren, sondern nur zum gegenüberliegenden Anleger übergesetzt sei und zu um 11 Uhr zurückkehre, sie also mit der Fähre nach Potsdam kämen.

Andere Fahrradhalter auf diesem Wassertaxi ließen Jolas Rad während der Fahrt umkippen, die Breitreifen passten nicht ganz fest zwischen die Metallstangen. Auf dem Wasser bereits reger Schiffsverkehr. Durchquerten den Neuen Garten ohne längere Stopps, auf der „FKK-Wiese“ kaum jemand zu sehen, unseren Plan änderten wir, bogen zur Glienicker Brücke auf die Schwanenallee ab, das Holländische Viertel musste warten. Hier der Aufbau bzw. eine Sanierung / Restaurierung eines mit norwegischem Holz und von norwegischen Zimmerleuten errichtetes Häuserensemble, ehemals die Matrosenstation (Anleger für Wasserfahrzeuge) am Jungfernsee, hier die Ventehalle.

Etwas weiter vor der Villa Schöningen stand ein beschmiertes Element als Rest der Berliner Mauer, wohl als Mahnmal oder einfach als „Kunstwerk“.

Die Brücke, eine Eisen-Stahlkonstruktion schon in Sicht, begann mit den Kolonnaden, die mit Unterstützung von rund 110.000 € Spendengeldern bis Ende 2017 restauriert wurden. Auf der Brücke nach beiden Seiten Weitsicht zum Babelsberger Parkgelände und dem Schloss. Leicht vergessen würde man dabei die zwiespältige Historie dieses Platzes, an dem Agenten zwischen Ost und West während des Kalten Krieges ausgetauscht wurden. Auf der „Westseite“ lasen wir diese Information über die Brücke.

Nun einmal hier, setzten wir die Fahrt zum 1,3 Km entfernten Schloss Babelsberg fort.

Schnell bog man von der Hauptstraße auf den Weg am Jagdschloss und dessen Park nach Klein Glienicke ab. Von einem der Wohnhäuser vor dem Schlossgelände muss während der DDR-Zeit Menschen die Flucht durch einen gegrabenen Tunnel gelungen sein. Die Sicherheitsbehörden unterschätzten seinerzeit die Absenkung des Grundwasserspiegels im Sommer, sodass der Tunnelbau auf ca. 8 Metern möglich wurde.

Ein Biergarten böte eine Raststation, die wir nicht nutzten.

Wir begaben uns in das Parkgelände, dessen Charme sowohl in der Weitläufigkeit, den Badestellen, Pausenmöglichkeiten, den Aussichten auf Potsdam, als auch der Hügellandschaft und den teils oberhalb versteckt liegenden Gebäuden lag. Radfahren war erlaubt, allerdings nur auf den äußeren Rundwegen. Hier in Ufernähe das Kleine Schloss Babelsberg, das scheinbar einer Restaurierung harrte, die im Jahr 2022 beginnen soll. Einst Wohnsitz des kaiserlichen Prinzen und Hofdamen wurde 1958 daraus die Parkgaststätte Strandterrassen.

Zumindest am Ufer des Tiefen Sees hatten wir den Park erkundet, wollten ursprünglich zurück, gelangten auf schmalere Pfade, die uns zum Flatow-Turm hinaufführten, Verbotsschilder sahen wir auf dieser Strecke keine, andere Radfahrende ermutigten uns, hier in die Sättel steigen zu dürfen.

Änderten unsere Meinung bzw. Jola wünschte, auf dem Weg ins Zentrum nach einem Lokal zu suchen. So wählten wir den Weg im schattigen Grün entlang des Wassers namens „Neue Fahrt“, bis wir wieder am Hauptbahnhof über die Lange Brücke den Alten Markt erreichten. Ein Blick von der Friedrich-Ebert-Straße in eine Seitengasse ließ mich Jola dorthin führen, es war ein rötlich schimmerndes Gebäude am Neuer Markt. Nach Beschreibungen der Stiftung Preußische …. einer der schönsten Plätze Deutschlands.

Hier befand sich auch das Haus der Brandenburgischen Geschichte, untergebracht im ehemaligen Kutschpferdestall. In der Platzmitte die ehemalige Malz- und Kornwaage (1735), in dem sich nun ein hochpreisiges Restaurant namens „Waage“ angesiedelt hatte. Diese Gebäude in jetziger Form entstand 1875.

Wir ließen uns dort zu einem „Geburtstagsessen“ nieder. Der salbungsvoll redende Servicemitarbeiter kam etwas lauthals daher und auf Jola wirkte er etwas tückisch. Er empfahl uns einen Aperitif, u.a. einen Portwein, zu dem wir ja sagten. Den bestellten Schwertfisch durfte ich nicht probieren, der war leider „aus“, so der Mann, bot mir dafür Zander als Ersatz an. Publikum schien teils Stammkundschaft zu sein, verortete man das nach den Begrüßungszeremonien von neu ankommenden Gästen. Einen Espresso als Entschädigung für entgangenen Genuss bot man mir/uns nicht an, so gab es für die 82 € auch kein Trinkgeld.

Noch einmal ins Holländische Viertel, aber nur kurz. Der Brotladen, die Espressobar und andere Geschäfte hatten nicht geöffnet oder schon geschlossen, beim Bio-Bäcker gab es keine Brötchen mehr. Nun also endlich zum Schloss Sanssouci. Vom Nauener Tor immer gerade aus, dann tauchte schon der Obelisk auf, eingerüstet und gar nicht fotogen. Wir folgten dem Verbotsschild und ließen unsere Räder außerhalb des Parkgeländes angeschlossen stehen. Mittlerweile schaffte es die Sonne, uns ins Schwitzen zu bringen. Auf möglichst schattigem Pfade näherten wir uns dem Springbrunnen. Das Erste Rondell, bis vor Kurzem noch „Mohrenrondell“ genannt, kannten wir aus dem Schloss Caputh. Vom Springbrunnen „Große Fontäne“ aus die üblichen Fotomotive aufgenommen.

Auf der Pausenbank verewigten wir uns gemeinsam.
Trotz brütender Hitze schaffte ich es, Jola zu einem Marsch aufs Schloss zu animieren, allerdings nicht über die Stufen, sondern über die seitlichen Rampen. Perspektivisch hübsch anzusehen, die terrassenförmigen Abstufungen. Sprachgewirr überall, oft Spanisch oder Russisch.

Jola stratzte als erste wieder hinunter, strebte aus der Sonne zum schattigen Weg zu den Rädern. Eigentlich schon leicht geschafft, machten wir uns zur Russischen Siedlung auf, Jola glaubte, dort ein nettes Café mit leckerem Kuchen zu entdecken. Gut ausgeschildert waren die nicht ganz 2 Km schnell zurückgelegt. Die wenigen Holzhäuser mit Gartenbereich bedeuteten optisch keine wirkliche Bereicherung. Das Café war geöffnet, doch wir ließen es unbeachtet. Statt dessen schlug ich als letztes heutiges Ziel in Potsdam vor, die 800 Meter hinauf auf den Pfingstberg zu wagen. Dabei sahen wir im Vorbeifahren die im typisch russischen Stil gebaute Alexander-Newski-Kapelle. Den gepflasterten Weg hinauf zum 76m hohen Pfingstberg schoben wir die Räder.

Belvedere nannte sich das Gebäudearrangement, das Friedrich Wilhelm IV. um die Mitte des 19. Jahrhunderts durch drei Architekten errichten ließ. Die Parkanlage gestaltete Linnés. Der erst 19-jährige Karl Friedrich Schinkel schaffte hier 1801 mit dem Pomonatempel sein erstes größeres Bauwerk.

Gerade war hier neben einem Laubengang ein Open Air Konzert eines Gitarrenduos geendet, Stühle wurden weggetragen. Ein Verkaufsstand bot Erfrischungsgetränke an, ich kaufte eine Fassbrause. Es war ca. 16.15 Uhr, unternehmen wollten wir nichts mehr, aber es war zu früh, um zum Anleger zur Alten Meierei zu fahren. Ich suchte nach dem Weg um die Seen, Jungfernsee, Krampitzsee, der länger wäre, dafür keine Wartezeit mit sich brachte. Die Route sah interessant aus, keine längeren Strecken an der B2. Bis Cecilienhof ohnehin bekannt, lagen gut 10 Km unbekanntes Terrain vor uns. Jola schien eher geneigt, 14 € für die Fahrt mit dem Wassertaxi auszugeben, falls wir wieder einmal hier herkommen.
Kaffee und Kuchen waren schon fast vergessen, da entdeckte ich in Sacrow am Kirchweg die Werbetafel Sommercafé Landhausgarten 200m. Jola war wieder zu schnell und vorbeigehuscht. Klingeln, warten, umkehren. Selbstbedienung am Kuchentresen, der noch ausreichend Auswahl bot.

Die Alte Garage (hier jeweils im Bild) war zum Café umgestaltet worden. Links aus der Perspektive des alten Geflügelhauses. Man saß inmitten der Gartenanlage. Die durchschritten wir im Anschluss an den Kuchengenuss. Obstwiese, Rosengarten, Alpinum, Gemüsegarten, Torhaus, Geflügelhaus und Gartenhaus, wo sich ein kleiner Teich befand. Die Anlage wurde Ostern 2016 wiedereröffnet und ist denkmalgeschützt. Gestaltet wurde die Anlage in den 1920er Jahre vom Gartenarchitekten Barth. Bemerkte meinen fehlenden Schlüssel für das Fahrradschloss, den Weg rückwärts beschritten, weder am Tisch noch an Haltepunkten lag er. Ganz zum Schluss fand ich ihn auf einem Sandweg.

Mittlerweile empfanden wir die Temperaturen als angenehm, so stoppten wir am Fähranleger in Kladow, setzten uns auf eine freie Bank, sahen Eltern mit Kindern Enten füttern, hörten Covid-Gegner ihre Parolen hinausposaunen und deren Informationen an einer Leine hängen. Ich besorgte uns aus dem Biergarten Getränke, wir wechselten die Bank, näher zum Anleger, aßen eine Portion Pommes, schauten den Menschen beim Ein- und Aussteigen auf die Fähre zu.

16.08.2021 Montag

Eigentlich wollte ich heute keinen Lenker in die Hand nehmen. Nach einem Frühstücksei schürte Jola die Entdeckungslust, sie sei fertig, bereit zum Tourenbeginn. Ein kleiner Ausflug auf dem Havelradweg bis nach Alt-Gatow vielleicht.

Doch wir verlängerten Stück um Stück das Streckenziel, sahen das Schild „Spandau 7 Km“, das Wetter war lauschig warm, der Radweg prima, also fuhren wir weiter. Trafen in Ufernähe auf Höhe „Scharfe Lake“ auf diverse Clubs (Rudern, Motorboote) und die Kleingartenkolonien. Durch Wilhelmstadt, dann am Havelkanal in den Stadtteil Spandau, jetzt war die Zitadelle ausgeschildert.

Zu der wollte ich Jola noch lotsen, weil sie sich nicht mehr an das Bauwerk erinnern konnte. Dort stoppte ein Mitarbeiter uns am Torbogen, verlangte Eintritt . Da wir die Anlage schon einmal erkundet hatten, verzichteten wir.

In der Altstadt die Räder geschoben, vor dem ältesten Haus (Das Gotische Haus) Spandaus gehalten, darin die Touristen-Info sich befand und Jola schnell ein paar Prospekte einsammelte. Erst im Mai wiedereröffnet.
Text der Webseite: Das Gotische Haus ist nicht nur ein Juwel der Altstadt Spandau, sondern es ist auch das älteste erhaltene Bürgerhaus im gesamten Berliner Raum. Der Kernbau wurde bereits im 15. Jahrhundert vermutlich von einem Kaufmann errichtet. Es war zu dieser Zeit eines von nur wenigen Steinhäusern in der Region. Dank einer bauhistorischen Untersuchung und darauf folgenden umfangreichen Restaurierungsarbeiten Ende der 1980er Jahre zeigt sich der Ort nun in seiner Ursprünglichkeit. Der spätgotische Bau mit seinem traumhaften Netzrippengewölbe lässt Sie zusammen mit den architektonischen Veränderungen der folgenden Jahrhunderte, wie beispielsweise dem klassizistischen Umbau um 1800, in die Geschichte eintauchen.

Am Markt ein paar Stände, ich entdeckte die Konditorei Feister, aus der es nach leckerem Kuchen duftete. Etwas weiter ein Vietnamesisches Lokal mit Mittagstisch. Platzierten uns auf harten hölzernen Büßerbänken, aßen Röllchen und Wan-Tan-Suppe, Ente mit Reis und und Hähnchen mit Nudeln. Beim Warten beobachtete ich die bewaffneten und mit Schutzwesten gekleideten Berliner Polizisten beim Einkauf ihres Mittagessens, verschiedene Limonade aus dem Supermarkt besorgte der eine, der andere kam aus dem Döner-Laden mit einer Tüte. Ich vergaß natürlich nicht die Konditorei und kaufte vier Stück Kuchen.
Danach auf gleichem Wege die Rückfahrt angetreten. Kühler war es geworden, das verhinderte ein letztes Bad in der Havel.

Als wir von unserem Ausflug aus Spandau zurückkehrten, kam Jola mit „unseren Nachbarn“ aus dem Weltenbummlerauto ins Gespräch. Er redete mit Berliner Dialekt im Schnellverfahren, konnte kaum folgen. Klaudia aus Österreich hingegen nuschelte ein bisschen, der steierische Klang ging zunächst etwas unter. Ich zog mich zurück, kochte Tee, eigentlich wollten wir unseren Kuchen essen, doch Jola kam nicht, der Tee war fast alle, der Rest kalt. Jola durfte bei den Nachbarn eine Hausbesichtigung machen. Kam dann irgendwann mit dem neuesten Klatsch aus der Nachbarschaft heim. Zwei Klappleitern seien abzugeben, im Inneren sähe es so aus, wie es derzeit draußen aussah (chaotisch). Ich schrieb meinen rückständigen Reisebericht, dauerte und dauerte. Ich sollte es mir überlegen mit den Leitern. Ein anderer Neugieriger geriet in die Fänge von Torsten (den Namen erfuhr ich erst später), der für den pferdeschwanztragenden Mann die Motorhaube öffnete und ausführlich die Technik erklärte. Zwischenzeitlich war ich soweit, dass ich zumindest einmal nach den Leitern fragen wollte. Gesellte mich also dazu. Demonstration, ausziehbar bis auf 3,50m, erst einmal benutzt, wurde für eine Bekannte veräußert, 20 € statt über 100 € sollten dafür gelöhnt werden. Ich probierte die Leiter in meine Garage zu stellen, passte perfekt. Jola dackelte mit 20 €, einem selbstgemachten Schlüsselanhänger und einer gehäkelten Mütze um die Leiter auszulösen. Klaudia war begeistert, gab an, Mützen-Fan zu sein und freute sich total, umarmte Jola herzlich, um ihr positive Energie zu spenden.

Ich durfte dann ebenfalls ins Allerheiligste. Ausführlich wurden alle Details in dem überaus unaufgeräumten Innenleben geschildert, wo die Waschmaschine steht, die schmutzige Wäsche gehortet wird, das wichtige Badezimmer gezeigt usw.

Klaudia entpuppte sich als ambitionierte Karikaturenzeichnerin und malte Jola als Dankeschön einen Glückselefanten, versehen mit einem echten Kussmundabdruck und einer Widmung, das Ganze noch frisch laminiert.

Die Freundschaft vertiefte sich noch, als Klaudia Jola in ihr Reisetagebuch einen weiteren Elefanten live malte und ich sie dazu animierte die Zeichnung mit einem Kuss zu krönen. Nur wenige Augenblicke später tauchte Torsten auf, reichte eine Flasche für Klaudia herein, zu der sie erzählte, es sei ein Limocello aus Griechenland, das Original. Giftiges Gelb, die Flüssigkeit sah aus wie aus einem lecken Atomreaktor entronnen. Natürlich wollte sie uns dieses Getränk geschmacklich vermitteln, Jola durfte die Flasche öffnen und wir stießen auf die neugewonnene Bekanntschaft an. Bei dem einen Gläschen blieb es nicht, eine zweite Runde, der Austausch wurde gesprächiger und die Stimmung ward lustiger. Die Flasche war zu einem Drittel geleert, dann verabschiedete sich Klaudia, wir würden uns ja morgen früh noch einmal sehen.

17.08.2021 Dienstag

Der Wettergott hatte es bis gestern gut mit uns gemeint und für heute den Tag mit Regen ausgestattet. Günstigere Gelegenheit, ohne Trauer Richtung Lübeck abzufahren. Die frisch gekleideten Nachbarn waren mit einem Onkel morgens verschwunden, vermutlich ein gemeinsames Frühstück oder ein Ausflug mit dem Boot, wir haben es nicht mehr erfahren. Reisten Punkt 10 Uhr ab. Jola hinterließ eine Nachricht, vor allem wohl deshalb, weil sie ihren weißen Lieblingsschreiber nun nicht wiederbekam.

Über die Fahrt gibt es nicht viel zu berichten, 3 ½ Stunden dauerte es mit einer kleinen Pause auf einem Rasthof. Keine Staus, zwei Baustellen, die die leichte Verzögerung mit sich brachten. So machen WoMo-Urlaubsfahrten Spaß.

Frankfurt / Kassel /Göttingen / Wolfenbüttel

19.10.2019 Samstag

Emotionsloser Abschied von diesem Campingplatz, der schon mal bessere Zeiten erlebt haben musste. Crailsheim, Bad Mergentheim, auf die Autobahn Richtung Würzburg, dann auf die A3 nach Frankfurt.

Entgegen der Anweisungen des Navi blieben wir bis zur Abfahrt „Walldorf“ auf der Autobahn. Fanden den Parkplatz für Busse bei der Messe, auf einer mit gespaltenem Betonsteinen auf einer Rasenfläche standen bereits WoMos von „Bücherfreunden“. 10 € kostete das Tagesticket, mit dem man über Nacht stehen bleiben durfte. Es gab einen kostenlosen Shuttle-Bus, trotzdem nahmen wir die Räder, ein bisschen Bewegung nach vier Stunden Fahrt tat uns gut. Nirgends ein Hinweisschild, wo es zur Buchmesse ging. Natürlich standen wir am falschen Ende, umkreisten eine Baustelle, strampelten zwischen Hochhäusern, hohen Wohnblocks und Geschäftsgebäuden vorbei auf die Skyline Plaza zu. An der Kasse kaum angestanden, schenkte mir eine Frau einen Coupon aus der BILD für vergünstigten Eintritt, gerade zur rechten Zeit. Statt 22 € (Normaleintritt, was für für völlig überhöht fanden), bzw. 15 € für Pensionäre brauchte ich jetzt nur insgesamt 15 € Eintritt für zwei Karten bezahlen (vielen Dank an die unbekannte Spenderin). Das Gelände erschien uns größer in Hamburg. Hier tummelten sich die Lesebegeisterten oder Medieninteressierten oder vielleicht auch nur Schaulustige. Neben diesen Gruppen fielen besonders die verkleideten Jugendliche auf, die sich wohl jeweils an einem speziellen Motto, einer Fantasie-Serie, Mangas oder Film (Der kleine Hobbit etc.) orientierte.

Auf einer Open-Air-Bühne trat um 15 Uhr Nele Neuhaus auf, stellte ihre Black Stories zusammen mit einer Moderatorin vor. Sie bot dem begeisterten Publikum ein paar der Kärtchen zum Mitmachen an, worauf die vielen Fans enthusiastisch reagierten. Der erste Fall wurde relativ schnell gelöst, der jungen Mann sich über den Gewinn (ein komplettes Spiel).

In der ersten besuchten Halle trafen wir sogleich auf die geballte Macht des Lesepublikums, dicht gedrängelt schoben sich Menschen aus aller Herren Länder durch die Reihen der Verlagsstände. Jan Weiler und Ulrich Wickert saßen schwatzend an Stand, an dem Andrea Sawatzki ihren Fans geduldig lächelnd Autogramme gab. Insgesamt ein überwältigendes Angebot, nur ich schaffte es nicht, auch nur eine Zeile in einem der ausgestellten Bücher zu lesen. Neben bekannten Gesichtern saßen für mich unbekannte Autoren ebenfalls vor ihren aktuellen Büchern, signierten diese artig für die in der Schlange stehenden Fans, ließen sich mit diesen zusammen für ein Selfie ablichten.

Wieder auf dem Campus, hier ein Blick von einer der Terrassen, stellten sich die verkleideten in Pose, für andere, für ihre Freunde oder für Berufsfotografen. Vom Yogi-Tee gab es eine Lesehalle, alle 30 Minuten las ein Autor aus seinen Werken, in dieses Zelt gelangten wir wegen Überfüllung nicht.

Der Pavillon des Gastlandes Norwegen enttäuschte ein bisschen, wieder auf dem Freigelände kauften wir uns Pommes, ich dazu Fisch.

In Grüppchen saßen die Elfen, Monster, Drachen und Hobbits herum, liefen oder posierten.

Diese junge Frau links im Bild wurde von einem Fotografen gebeten, sich extra für eine Aufnahme hinter die Glasscheibe zu stellen.

In einem extra Container saßen die Buchpreisträger dieses Jahres, aus verschiedenen Richtungen standen in langen Schlangen geduldige Autogrammjäger an.

Gegen 18 Uhr erlahmte unser Interesse genau so wie unsere Füße. Um 18.30 Uhr wäre ohnehin Schluss gewesen.

Wir nächtigten auf dem Parkplatz zusammen mit rund zwanzig anderen Wohnmobilen. Für ein Areal, umgeben von Einfallstraßen, blieb der Geräuschpegel moderat und die Nacht verlief relativ ruhig.

20.10.2019 Sonntag

Morgens wanderte ich zum Ibis Hotel gegenüber, erfragte den Preis für ein Frühstück. 12 € für Externe. Reges Treiben in der Lobby von Abreisenden, meist weiblicher Natur. Warum nur?

Woanders hin? Aber wohin für ein Frühstück, ohne ganz Frankfurt durchfahren zu müssen? Wir beließen es bei der „Nahversorgung“, gingen gegen 9 Uhr hinüber, ich zahlte an der Rezeption die 24 €, womit wir „freien Eintritt“ hatten. Fanden einen freien Zweiertisch und begannen damit, uns unseren Frühstücksteller zusammenzustellen. Wie zuvor in der Lobby schwirrten zunächst am Buffet ebenfalls überwiegend weibliche Gäste herum. Rührei war gerade „aus“, Birchermüsli lecker, Schwarztee fand ich in keiner der Teedosen, Grüner tat es auch. Brötchen schmeckten knackig, Wurst und Käse in geringer Sorte, dafür gut essbar. Alles in allem durfte man zufrieden sein.

Regen war dann unser ständiger Begleiter, vom Weg zum WoMo sowie auf der Autobahn unterwegs nach Kassel.

Der Sonntagvormittag erwies sich als guter Fahrzeitpunkt, kaum zwei Hände voll LKW, an Baustellen keine Staus und ansonsten gutes Vorankommen. Da Miriam bis abends im Kino arbeitete, auch in Kassel kein Wetter für Outdoor-Aktivitäten herrschte, beschlossen wir einen Saunabesuch im Auebad. 12,20 € pro Person für 3 Stunden. Punkt 13 Uhr stand ich nackt unter der Dusche und bald danach saß ich in der 90° Sauna. Nach einer Stunde rutschte ich gerade noch rechtzeitig zum 2. Saunagang in die Blocksauna, wo nackte Leiber wie in einer Legebatterie in den Reihen dicht gedrängt nebeneinander saßen. Mein Platz ward mir auf der niedrigsten Stufe, der Büßerbank zugewiesen. Gut war‘s, von den verteilten Hitzewellen blieb ich weitestgehend verschont. 10 Bahnen zog ich im 50-Meterbecken. Ein dritter Durchgang bei 90° für 15 Minuten, das reichte dann auch.

Im Anschluss stillten wir unseren Appetit im in unmittelbarer Nähe gelegenen Molos, einem griechischen Restaurant.

Es war dann so um 17 Uhr, als ich vorschlug, den Film „Parasite“ im Bali um 17.30 Uhr zu gucken. Telefonierte mit Miriam, die freie Plätze signalisierte und sich auf unser Kommen freute. Leider steuerte ich wieder einmal das „Gloria“ an, dadurch verzögerte sich unsere Ankunft.

Der Film lief bereits fünf Minuten, Miriam ließ uns „so“ ins Kino, wir sollten uns Plätze aussuchen. Der Film verlief dann nach lustigem Anfang mit satirisch ironisch wirkendem Einschlag blutig und mit überraschenden Wendungen.

21.10.2019 Montag

Gefrühstückt, dann Weiterfahrt um 15 Uhr nach Göttingen. Stellplatz direkt an dem Erlebnisbad Eiswiese. Göttinger Innenstadt wirkte auf mich nicht wie eine junge Studentenstadt, Straßen und Läden ähnelten eher der üblichen Tristesse deutsche Einkaufsstraßen mit Billigläden und Dönerbuden, wobei dazwischen das eine oder andere sehenswerte Fachwerkhaus zu entdecken war. Jola überzeugte mich dann im Geschäft von Brax, eine etwas zu große Hose zu kaufen, die mir von ihr noch zugeschnitten werden sollte.

22.10.2019 Dienstag

Erste Abreisen hörte ich noch zu Schlafenszeit. Frühschwimmen fiel aus, es war bereits nach 08.30 Uhr. Mit Jolas Rad schnell zum Holzofenbäcker gestratzt. Das Wetter entwickelte sich positiv. Wir sagten Göttingen ade, es folgte eine rund 100 Km lange Fahrt, davon etliche Kilometer Baustelle, jedoch ohne schleppenden Verkehr. Wolfenbüttel erreichten wir ohne größere Behinderungen gegen 11.30 Uhr. Das Stadtbad Okeraue stellte sich als modernes Schwimmareal heraus, an dessen Seite sich der Stellplatz befand. Fast nagelneue Sanitäranlagen, die Plätze am Rande der Außenanlage des Bades. Strom war inklusive. 14,50 € löhnte Jola an der Kasse im Schwimmbad. Ein Schlüssel für die Sanitäranlagen gab es dazu.

Wolfenbüttel überraschte mit einer wirklich historischen Altstadt, ca. 600 gut erhaltene oder wiederhergestellte Fachwerkhäuser bildeten den Kern der Altstadt. An einigen Häusern fanden sich Figuren, Sprüche oder Wappen.

Dazu die Kirchen, das Schloss, das Lessing-Haus oder das Lessing-Theater.

Bis ungefähr 14.15 Uhr stromerten wir durch die Gassen, warfen einen Blick ins Lessing-Haus, in die Bibliothek und das Schloss, das gleichzeitig ein Museum und ein Gymnasium beherbergte. Den Museumsbesuch verschoben wir, das leibliche Wohl stand gegen 13.30 Uhr im Vordergrund, die Suche nach dem geeigneten Essplatz war vorrangig.

Der Schlossplatz erfuhr vor ein paar Monaten eine Modernisierung, die Neueinweihung war erst vor Kurzem gewesen, einige Restarbeiten standen aus. Schön verlegte Pflastersteine auf dem Schlossplatz und dessen Umfeld zeugten von geschmackvoller Anpassung.

Zentrale Plätze waren der Stadt- und der Kornmarkt. Am Stadtmarkt war das Rathaus beheimatet.

Kauften zwischendurch Socken und Bananenchips.

Wir aßen dann im Bayerischen Hof in der Reichsstraße. Ein 1952 eröffnetes Gasthaus, das sehr altbacken daherkam, der „Chef“ gönnte uns noch ein Mittagsmahl, denn um 15 Uhr wurde geschlossen. Mein bestelltes Gericht (Roulade, Rotkohl und Knödel) bedurfte einer Änderung, Rotkohl war „aus“. Ich nahm dafür Sauerkraut, eine gute Wahl.

Nachmittags verzichteten wir auf den Museumsbesuch, in den Genuss einer Führung bei den Werken von Jägermeister kamen wir nicht, alles ausgebucht.

Mit dem Rad erkundeten wir dann den Bereich außerhalb der Altstadt, wo es zunächst „einfacher“ zuging. Mietshäuser, die auch schon bessere Jahre gesehen hatten wechselten sich später mit klassischen Stadthäusern reicher Kaufleute des vorletzten Jahrhunderts ab, Siedlungen mit Einfamilienhäusern aus der Zeit des Wirtschaftswunders oder kurz danach, so schien es mir, aber auch einige neuere architektonischen Tupfer durchzogen solche Regionen. Jola schwächelte, ihr Knie muckerte, deshalb kehrte wir auf einem Waldweg Richtung Braunschweig um und fuhren zum WoMo zurück. Die Oker mäanderte ab und an neben dem Radweg entlang, ein Fluss hier, der von Breite dem der Trave ähnelte.

Um 18.45 Uhr besuchten wir das Schwimmbad für 75 Minuten.

23.10.2019 Mittwoch

Besorgte Brötchen, die Lange Straße am Lessing-Theater vorbei und schon war ich bei Richters Altstadtbäckerei. Da wir erst um 16 Uhr den Stellplatz räumen mussten, blieb uns ausreichend Zeit für die Besichtigung der Herzog August Bibliothek und des Lessing-Hauses.

Den Rentner-Bonus forderte Jola ein, statt 5 € nur 2 € Eintritt für beide Besichtigungen. Die Bibliothek erwies sich als wirklich beeindruckende Sammlung. Der gute August war ein fleißiger Sammler und widmete sich wohl viele Stunden der Katalogisierung, bis er dann Lessing als Hofbibliothekar einstellte.

Innenansicht der Bibliothek

Uns gedieh zufällig eine individuelle Führung anheim, eine versierte Mitarbeiterin stand uns zur Seite und erläuterte detailliert, was gesammelt wurde (vorrangig Theologica, daher die umfangreichsten Bestände), nach welchen Kriterien August die Bücher aufstellte (große nach unten, kleine nach oben), was die Zahlen zu bedeuten hatten und warum einige Einbände in rot gehalten wurden. Fast alle Bücher wurden in Eigenregie gebunden. Erstaunt war ich, als ich erfuhr, dass man für Forschungszwecke Werke ausleihen durfte. Bücher dieser Art werden nicht mehr mit „Samthandschuhen“ angefasst, das sein dem Erhalt abträglicher, als wenn man sie korrekt mit den Händen anfasste.

Im Lessing-Haus gab es nicht so viel zu entdecken. Außer den Hinweisen, dass Lessing chronisch unter Geldnot litt, mehrfach seine Sammlungen veräußern musste, bis er dann für 600 Taler Jahressalär die Anstellung beim Herzog bekam.

Wir aßen beim Türken das Mittagsgericht, gefüllte Aubergine.

Immerhin wurde ich auf meine alten Tage wieder einmal ein bisschen schlauer: Wolfenbüttel ist die Lessing-Stadt, Dürer war nicht nur Maler sondern entwickelte die Proportionenlehre, Herr Zapf erfand bzw. entwickelte sehr viele Schrifttypen. Hier ein Beispiel mit Sinnsprüchen als Muster.

Dann sagten wir Wolfenbüttel bald ade und es ging über Braunschweig, Uelzen und Lüneburg nach Hause.

Dinkelsbühl

18.10.2019 Freitag

Jola verhandelte mit dem, erst etwas knurrig wirkenden, Rezeptionisten, dass wir länger als sonst üblich auf dem Platz stehen bleiben durften. Der Tag begann sonnig, nutzten deshalb den schönen Herbsttag, um in Murnau Geld auszugeben. Jola war da klar in Führung. Ich koppelte mich von dem Prozess ab, ließ sie ihren Vorsprung ausleben und erkundete auf dem Rad ein bisschen das Umland. Das Schlossmuseum bot eine Ausstellung, der Eintritt war mir zu teuer, suchte danach den Seidl-Park. Kurvte durch Wohngebiet, alles bayrisch sauber und ordentlich gepflegt. Das Hotel Ludwig war wohl zuletzt auf Dauer erfolglos gewesen, ein Bauzaun, keine Speisekarte, optisch einem düsteren Verlies gleichend, geschlossen.

Der Park, wie in der Erinnerung noch gegenwärtig, sympathisch verwahrlost wirkend, doch die Grünflächen waren frisch gemäht, Grashaufen lagen zum Abtransport herum.

Beethoven fehlte (immer noch?) die Nase, eine der vier Statuen in der Herrenrotunde.

Um 11.45 Uhr wollten wir uns bei Jolas Rad wiedertreffen. Jola war nicht da. Ich kaufte eine Schokolade für Miriam (Löwenbild). Jola tauchte mit Kartons bepackt auf. Aßen bei einem Metzger Kürbissuppe / Leberkäse.

Um 13.30 Uhr reisten wir vom Campingplatz ab. Neues Ziel Dinkelsbühl.

17.45 Uhr Ankunft. Abends der schönsten Altstadt Deutschlands mit unangenehmen Autoverkehr auf runden Kopfsteinpflaster einen Besuch abgestattet. Die Innenstadt mehr oder weniger ausgestorben wirkend, Kneipen und Restaurants gut frequentiert. Wir fanden in einer Seitenstraßen zufällig Weib‘s Brauhaus, durften an einem reservierten Tisch Platz nehmen, bis 20 Uhr hatten wir unser Bier getrunken und gegessen. Auf dem Weg aus der Stadt bogen wir einmal, jeder auf den anderen verlassend, es sei richtig, eine Straße zu früh ab und gerieten auf eine Ausfallstraße ohne Radweg nach Dürrwangen. Nach gut drei Kilometern war klar, hier kommen wir nicht zum Campingplatz. Umgedreht, in die Nacht gefahren, die sehr schnell fahrenden Autos nervten im Dunkeln.

Nachts regnete es ununterbrochen bis in den Morgen hinein.

2019 Murnau

17.10.2019 Donnerstag

Nachrichten und Berichte über die Frankfurter Buchmesse im Fernsehen animierten mich, dorthin einen Abstecher zu machen. In einem Rutsch bis Frankfurt durchzufahren erschien nicht opportun, 499 Km würden vermutlich mehr als 10 Stunden Fahrzeit bedeuten. So einigten wir uns auf „Murnau“, eine weitere Station der Erinnerungen vorvergangener Reisen. Jola befragte die Wetter-Fee, ausgerechnet in Murnau sollte die Sonne scheinen. Nutzten die Brenner-Autobahn, diesmal waren wir mit 6,60 € plus 9,50 € dabei. Zum Glück waren, gefühlt, weniger LKW unterwegs, keine gravierenden Behinderungen durch Baustellen, also entspanntes Fahren. In Innsbruck lenkte mich das Navi auf die A12, also die Autobahn, obwohl ich eingestellt hatte „Vignette – Österreich – vermeiden“. Wartete unterschwellig darauf, ein österreichisches Polizeiauto am Straßenrand zu sehen, vor dem ein Polizist mit seiner Kelle winkend mich „heraus bittet“. Nichts passiert!, und doch beschlich mich das ungute Gefühl, durch technische Überwachung beobachtet und „entdeckt“ worden zu sein. Jola jammerte, als es an der Abfahrt nach Deutschland vorbei ging. Ich folgte der Anweisung des Navis „Telfs – Ost“, wo es gleich bis zu 15% ins Karwendel Gebirge hinauf ging. Wenig Verkehr ließ mich in aller Ruhe, wenn nicht Jolas verärgerte Schwingungen im Font hingen würden, die Strecke bis Seefeld zurücklegen. Garmisch blieb dieses Jahr ohne Stopp, Essen gehen, Jolas Vorschlag für eine Unterbrechung, wischte ich vom Tisch, ich wollte ans Ziel „Camping auf der Halbinsel“ in Seehausen am Staffelsee bei Murnau. Und dort fanden wir, trotz Mittagspause des Rezeptionisten, Einlass, einen angenehmen Stellplatz, im Burgstüberl eine umfangreiche Speisekarte mit leckeren Gerichten. Zügiger Service der fleißigen und aufmerksamen Mitarbeiterin komplettierte das gute Gefühl, am richtigen – und sonnigen – Platz angekommen zu sein. Tatsächlich handelte es sich um eine Halbinsel, es gab deshalb mehr Stellplätze mit Uferkontakt, die durften wir nicht belegen.

Nach Murnau, Jolas Bestreben, wollte ich nicht, mir schwebte Bewegung auf dem Rad vor. Der Staffelsee mit seinem 20 Kilometer langen Rundkurs schien gut geeignet als Ausgleichssport. Hatten wir die Tour schon einmal gemacht?, keine Erinnerung stieg in mir auf. Nutzten teilweise den Wanderweg, viele Fußgänger waren nicht unterwegs. Natur pur!

Moor, Wiesen, der See, die hügelige Landschaft, alles, wie es Frau Münter vielleicht gesehen und gemalt hat.

Uffing, ein Ort dessen Name mir irgendwie bekannt vorkam, auch in diesem 3000 Seelen Ort wohnten offensichtlich ausgesprochen wohlhabende Bürger, nahm man die Häuser als Maßstab.

Jola kam dann für eine kurze Zeit in den Genuss des Shoppings, wenn auch nur für kurze Zeit, denn die meisten Geschäfte schlossen um 18 Uhr. Suchten beim Bummel durch die Fußgängerzone nach Erinnerungen, die beim Anblick dieses oder jenes Objektes, Gebäudes oder Straße aufflammten.

Der Drache, das Wahrzeichen Murnaus, der wurde schon einmal vor sieben Jahren abgelichtet. Damals wünschte sich Jola einen Drachen als Souvenir, den es dann in der Ausführung nicht gab.

Einen Kontoauszugsdrucker der Sparda-Bank quälten wir, er musste alle unsere Ausgaben aus dem Urlaub auf Papier bringen, das dauerte.

Suchten das Brauhaus, das wir am Obermarkt fanden und dort ein Bier tranken.

Brauerei Gries in Murnau

2019 Meran

15.10.2019 Dienstag

Vielleicht taten wir Vicenza mit der frühen Abreise Unrecht, Weltkulturerbe hin oder her, der Stellplatz fiel bei unserer Wertung völlig durch, „0,5 Punkte“, den halben bekam er von mir, weil die Nacht nur 8,40 € kostete. Dafür standen wir an der Schranke, die sich mit dem Ticket nicht öffnen ließ. Selbst eine junge Italienerin scheiterte, zeigte uns immerhin den Telefonknopf für Notfälle. In englisch erklärte ich was Sache sei, Abhilfe gab es durch den Hinweis, näher an die Schranke heranzufahren; danach war alles klar.

Die Nacht verbrachte ich ohne Störungen, Jola jedoch erschrak bei jeder Zugvorbeifahrt, so sie am Morgen berichtete.

Unsere Reisezeit gegen 07.45 Uhr fiel offensichtlich in die Rushhour. Schleppend ging es meist voran. Bis Schio zog es sich, eigentlich wollten wir unterwegs gemütlich das Frühstück nachholen. Hier fanden wir Aldi, Lidl, eine Käserei, einen Naturkostladen und weitere Geschäfte auf einem großen Areal und einen Parkplatz fürs WoMo dazu. Im Naturkostladen gab es leider keine belegten Brötchen, nur Muffins und anderen Süßkram. Zwei schmackhaft aussehende Brötchen nahmen wir mit. Im nächsten Bistro dann doch Süßteile, Brioche und ein Mandelcroissant, da war es ca. 08.45 Uhr.

Jola enterte danach Lidl, ich schlenderte durch die Gänge und fand alles nur schäbig. Las mir auf dem Etikett die Herkunft eines Honigs durch (nach dem Bericht gestern in WISO sensibilisiert), der kam aus der Ukraine und Ungarn, vermutlich also „gestreckter“ Honig.

Über die Route wunderte sich Jola, ich später auch, obwohl ich sie selbst gewählt hatte (kürzeste Strecke). Ins Val del Pasubio, San Antonio, Passo Fugazze auf 1.167m, Vallarsa bis nach Rovereto. Von hier auf ebener Strecke nach Trient und ich dachte, ich hätte die Serpentinen mit den Steigungen und Gefällen von 12% bis 15% endlich hinter mir gelassen. Doch weit gefehlt, in Mezzolombardo ließ ich mich vom Navi nach Cles leiten. Das war der Weg zu den Pässen Gampen und Mendel. Und wirklich schraubte ich mich wieder auf 1.518m hinauf. Mein Glück auf dieser Fahrt war, kaum Verkehr, kein Regen oder Schnee. Am Gampenpass erinnerte ich mich sofort an unsere Wanderung mit Miriam in den 90er Jahren, als wir sommerlich bekleidet in leichtes Schneetreiben gerieten und mit Glück eine bewirtschaftete Hütte fanden.

Kurz vor Gfrill wähnte ich mich im Hungermodus, als hätte ich eine Ahnung gehabt, nach der nächsten kehre ein Gasthof vor dem etliche Fahrzeuge parkten. „Volles Haus“, ward schnell konstatiert. Zwiebelrostbraten und Lammpfanderl standen nach gut 15 Minuten auf unserem Tisch, reichlich Nahrung zum satt werden. Es begann zu regnen, nicht besonders stark, so dass ich heil das letzte Stück Hang nach Lana hinab gelangte. Jola vergaß nicht, mich mehrmals daran zu erinnern, in die Industriezone zur Meraner Mühle abzubiegen. Nach weniger als 10 Minuten klopfte sie an die Tür des WoMo, eine große Papiertüte mit Backmischungen der Sorte Vinschgauer hereinreichend. Ein Programmpunkt war damit abgehakt.

Die Sorge, einen besetzten Campingplatz in Meran vorzufinden, war unbegründet. Nach Anmeldung durften wir uns gegen 14.50 Uhr einen freien Platz aussuchen. Musste einmal ein Stück rangieren, dann war auch der Empfang geregelt. Schaute ich aus dem Fenster, blickte ich auf die Wohnblocks der Häuser an der Via Piave. Die umliegenden Berge zeigten sich zurückhaltend, verhüllt! Nur ein Lichtstrahl erhellte für eine kurze Zeit am fernen Mutkopf ein paar Gebäude.

Nach der langen Sitzphase war ein kleiner Spaziergang eine willkommene Abwechslung. Die Via Matteotti, gegenüber der Einfahrt zum Campingplatz, uns bestens bekannt aus alten Zeiten, als hier noch ein Kino deutschsprachige Filme zeigte. Das Kino schloss bereits vor einigen Jahren, der Eingang war mit einer Kette verriegelt, im Fenster hing ein Raumplan für Kauf- oder Mietinteressenten. Jola meinte dazu „wenn Miriam keine Wohnung will, dann kaufen wir ihr eben ein Kino“. Umliegend zwei Bäcker (u.a. Ultner), auch ein „Kofler“ und der Meraner Weinladen.

Nicht zu viel laufen, unsere Knie sollten ein bisschen Schonung genießen.

Da es nur drei Duschen bei den Herren gab, stellte ich mich lieber jetzt unter eine davon.

Ab ca. 17.30 Uhr hatte es sich eingeregnet. Der abendliche Besuch in Meran fiel also aus. Der Regen entwickelte eine derart starke Sichtbehinderung, dass wir den Abend über keinen Fernsehempfang bekamen.

Jola saß auf meinem Bett und schrieb an Gott und die Welt Nachrichten.

Ich spielte gegen meinen alten Freund „Mephisto“, der Schachcomputer, eine Partie auf Stufe 3. Büßte anfangs drei Bauern gegen einen Läufer ein. Schaffte es gegen Mitternacht nach ca. 70 Zügen tatsächlich auf die Siegerstraße zu gelangen.

16.10.2019 Mittwoch

Weggeblasen des Nachts hatte Sturm Wolken und schlechtes Wetter, strahlender Himmel, so gestochen scharf waren die Bergen am Morgen zu sehen. Ein paar Pfützen zeugten von der gestrigen „Sturmflut“.

Der „Brötchendienst“ funktionierte auch hier in Meran.

Uns schwebte eine Retrospektive vor, das Passeiertal mit dem Rad bis nach St. Martin zu bewältigen, dort dem Quellenhof einen Besuch abstatten und schauen, was sich in der Zeit verändert hat. Der Radweg begann am Sissiweg, schlängelte sich ständig an der Passeier entlang. Die Passeier führte mehr Wasser als sonst, rauschte lauter und das Wasser sah graubraun auf. Der Radweg war aus festgepresstem hellen Schotter, schön breit angelegt, so dass sich Wanderer, Radfahrer oder Kinderwagenschieber nicht in die Quere gerieten. Einziges Manko war, Jolas Akku war nicht voll geladen und es ging beständig seicht bergauf. Trost blieb, weil die Rückfahrt ja ohne Antrieb funktionieren würde.

Von der Brücke aus hatte man einen schönen Blick auf Schenna, das wir ja erst vor ein paar Wochen besucht und dort eine Wanderung gemacht hatten. Mal links, mal rechts der Passeier radelten wir, sahen an der Hirzer Seilbahn einen hübsch gelegenen Stellplatz. Nach gut 10 Kilometern tauchte der Quellenhof auf, größer und moderner, mit einem 4-Loch Golfplatz inkl. Driving-range.

Der Vorplatz und der Eingangsbereich spiegelten die Bestrebungen des Sohnes wieder, der schon früher aus dem Betrieb etwas „Großes“ machen wollte.

Buntes Treiben auf den Tennis- und Reitplätzen. Erkannten das Hotel zunächst nicht wieder.

Ich begab mich ins Innere, staunte über die vielen Neuerungen, fragte an der Rezeption nach, wann wir zuletzt dort Urlaub gemacht hatten. Die Daten waren verfügbar, es war das Jahr 1992. Mutter Dorfer war im Juni im Alter von 89 Jahren verstorben. Ein Kondolenzbuch lag in einer Ecke aus, Bilder und Zeitungsartikel zeugten von Trauer und Respekt gegenüber dieser bemerkenswerte südtiroler Frau.

Wir aßen auf der Terrasse, Jola in Erinnerung an die alte Zeit einen Kaiserschmarrn, ich Risotto.

Die Rückfahrt gestaltete sich wie ein Kinderspiel, fast keine Pedalumdrehung war nötig bis nach Meran. Nicht in die Stadt, erst auf den Campingplatz. Pausentee und Akku laden war angesagt. Der Stadtbummel brachte ein paar Neuigkeiten mit sich, vielleicht auch nur vermeintliche. Shoppen interessierte mich nicht so sehr, keine Konsumbedürfnisse quälten mich. Am Ende saßen wir bei unserer Bar an der Wandelhalle. Im Schatten kühl, auch von der Passeier her wehte kühle feuchte Luft herüber.

Bei Spar in den Lauben Wein und andere Sachen eingekauft. Ein Supermarkt mit Rolltreppen über drei Etagen, das hatte ich noch nicht gesehen/erlebt.

2019 Venedig (Cavallino-Treporti)

06.10.2019 Sonntag

Abreise aus Levico Terme, das wir als günstigen Standort in der Nebensaison in Erinnerung behielten. Ich hatte mich mit Venedig und Umgebung als neues Ziel durchgesetzt. Jola wünschte den Zwischenstopp in der Grappametropole Bassano. Gut 80 Km waren bis dahin zurückzulegen. Die Fahrt verlief etwas in Analogie zu den Strecken auf französischen Landstraßen, alle Nase lang ein Kreisverkehr. In Bassano bis ins Zentrum vorgedrungen, was ein Fehler war, weil neben einem Kirmes auch ein großer Markt im gesamten Altstadtbereich stattfand, deshalb war für unser WoMo kein Parkplatz zu finden.

Wieder den Stadtkern verlassen, in der Nähe eines Fußballstadions in einer Sackgasse dann eine Möglichkeit, den Wagen ohne Bedenken abzustellen. Mit den Rädern die gut zwei Kilometer ins Zentrum gefahren. Der Bummel durch die Gassen ließ sich gut mit denen in Bozen oder Meran vergleichen, das Angebot reichte von Tüchern, Gürteln, Schuhen, Unterwäsche, Jacken, Haushaltsgeräten bis hin zu Gemüse, Würsten und Süßkram. Neu war hier, die meisten Verkäufer benutzten Lautsprecher und Mikrofon.

Ein ganzen Spanferkel lag bei einem Verkaufsstand auf dem Tresen, der – gegrillte – Kopf daneben, das Maul offen, als wenn das Schwein bis in den Tod gelächelt hätte.

Auf dem Weg zur Ponte Palladiano, der Sehenswürdigkeit der Stadt (erstmals erwähnt 1209), stolperten wir ungewollt ins Grappa-Museum Poli. Gerätschaften, Lektüre und Schriften waren zu sehen (in italienischen und englischen Erläuterungen). Kauften dann eine Flasche und ein Viererpack im Shop.

Unten an der Brücke eins der historischen Lokale, wo eine Traube Menschen mit Gläsern in den Händen herumstand und schwatzte oder Tapas aß. Frustriert war ich, denn es schien auf unseren Reisen vorbestimmt, immer dann zu einem historischen Bauwerk zu kommen, wenn dieses gerade der Reparatur oder Sanierung anheim fiel. Der komplette Innenbereich der Brücke war eine einzige Baustelle, der Durchgang soweit mit Stützen zugestellt, dass nur ein schmaler Pfad für die Fußgänger zum Seitenwechsel blieb.

Hinter der Brücke einige historische Gebäude, eins davon restauriert und aktuell genutzt für eine Ausstellung eines Pilzvereins. Wunderbar waren auf Tischen frische Pilze ausgelegt, in lateinisch beschriftet und mit Gefährdungsgrad gekennzeichnet.

Auf dem Rückweg ein silbrig glänzendes Nashorn auf einer Anhöhe entdeckt. Das sollte aus der Nähe begutachtet werden. Das Nashorn eines taiwanesischen Künstlers auf dem Vorplatz der Galerie im Palazzo Sturm ausgestellt war sicher ein Eyecatcher.

Wieder im, jetzt schon nachlassenden, Getümmel bewegten wir uns Richtung Räder, als es zu regnen begann. Ein Kaffee in einer Bar als Pausenfüller, dann im Schutze von Arkaden vorgerückt. Im Nieselregen zum WoMo zurück geradelt und Richtung Padova und Treviso nach Venetien gefahren.

Enzo Stella Maris, ein 5-Sterneplatz in Cavallino – Treporti, erreichten wir kurz nach 17 Uhr.

07.10.2019 Montag

Der Regenmacher beendete seine Arbeit in der Nacht, in der er auf dem Campingplatzgelände vereinzelt letzte Tropfen verstreute. Morgens schien die Sonne, eine gute Voraussetzung für unser Tagesprogramm. Obwohl eingangs erst einmal nur eine Erkundungstour mit dem Rad zum Fährhafen in Punta Sabbione auf dem Plan stand. Sieben Kilometer, zuerst vorbei auf ruhiger Strecke, an der ein Campingplatz an den nächsten grenzte, fast alle schon geschlossen, dann an der Hauptstraße auf separatem Radweg, der manchmal recht löcherig daherkam. Links und rechts jeweils ein Caravan-Parkplatz zum Überwintern, wo die Wohnwagen dicht an dicht nebeneinander standen.

In der Touristen-Info hätte man gleich Tickets für die Überfahrt kaufen können, doch es herrschte bei uns noch Uneinigkeit zum Wann und Wohin.

Dafür standen wir wenig später in einer Schlange vor dem normalen Ticketschalter, für 15 € bekamen wir jeweils eine Fahrkarte für Hin- und Rückfahrt (einfach, d.h. keine Zwischenstationen auf Inseln). Der Ansturm war bereits hier phänomenal, die Fährlinie 15 voll mit Touristen. Gut 30 Minuten dauerte die Überfahrt auf welligem Lagunenwasser mit einem Zwischenstopp an der Station „Lido“. Uns und die meisten anderen Fahrgäste entließ man an der Station San Marco Schiavoni. Fielen quasi in den vollen Touristenstrom hinein, überquerten drei Brücken, standen dann vor dem Palazzo Ducale (Dogen-Palast), in dem eine Tizian-Ausstellung gezeigt wurde und Besucher geduldig in einer Schlange unter schattiger Arkade warteten.

Gleich um die Ecke der Piazza San Marco, Menschen wohin das Auge auch blickte, meist mit Fotoapparat, Handy oder Selfie-Stick in der Hand. Uns ging es natürlich genau so, obwohl ich mir eigentlich vorgenommen hatte, nicht gleich wild „um mich zu schießen“.

Welche überschwängliche Worte sollte ich nehmen oder suchen, um diesen Prunk, diese Kunst, diese Architektur zu beschreiben, was Menschen im 16. Jahrhundert vollbringen konnten und bis heute existiert.

Keinen Stress wollten wir uns auferlegen, uns einfach so durch die Stadt treiben lassen, das sehen und bewundern, was gerade ins Blickfeld geriet.

Den konkreten weiteren Weg zu beschreiben, lasse ich hier aus, folgten den gelben Hinweisschildern „Rialto“, manchmal durch überfüllte Gassen, durch Gruppen verstopft, dann wieder wandelte man fast alleine, überall Geschäfte, meistens „Nippes“, sprich Karnevalsmaske etc., oft beiderseits der Gasse Läden mit Vasen, Figuren oder sonstigen Skulpturen aus Muranoglas, eben in vielfältiger Form. Wie nicht anders zu erwarten, tummelten sich auf der Brücke ziemlich viele Menschen (ein Schild mit „beschränkende Anzahl“ habe ich allerdings nicht gesehen), Gedrängel an den Brüstungen für die beste Position.

Fast ein Alleinstellungsmerkmal hatte Jola hier auf der Treppe, mein Blick von unten neben der Kirche San Giacomo.

Nur ein paar Mal um die Ecke getrippelt und wir schienen wieder allein in Venedig zu sein, trafen erste Lokale der Sorte „Bàcaro“, dunkles Holz des Interieurs, rustikal, lange Schanktische, dann leere Stände eines Wochenmarktes am Campo Della Pescheria, eine Osteria „I Compari“, in der Oktopusse als Speise im Fokus standen. Ein Tisch war in dem sehr kleinen Raum gerade frei, für uns die Gelegenheit zur Rast und einem Imbiss. Zwei bärtige Männer organisiertes alles, mehrsprachig bediente einer die Gäste, der andere kochte die kleinen bläulichen Tintenfische in einem Topf, zerlegte sie portionsgerecht auf einen Teller, der mit Folie ausgelegt wurde. Die Teilchen schwammen in einer öligen Pestosoße. Dazu eine Tüte Brotscheiben. Jola verzichtete aufs Probieren, in Erinnerung an den auf der Israelreise unter Wasser gesehenen kleine Oktopus.

Da es für die Anlieferung oder den Abtransport von Waren keine Autos in Venedig gibt, werden Lastschiffe benutzt. Ob für Schmutzwäsche oder für die Reste vom Wochenmarkt.

Ich folgte mit Jola dem gelben Schild „Ferroviaria“. Dabei schritten wir über diverse Brücken (wenn es auch in Venedig nicht so viele wie in Hamburg geben soll), von denen aus ich die Enge in manchem Kanal erkennen konnte und das Stillleben darin.

Ein paar Plätze und Kirchen weiter breitete sich der Canale Grande vor uns aus, gegenüber der Bahnhof. Einziges bisher gesichtetes Bauwerk war die zum „Festland“ führende Brücke „Ponte della Costituzione“. Daneben die Touristen-Info, bei der ich uns einen in deutsch geschriebenen Stadtführer kaufte.

Kreuzfahrtschiffe sahen wir bis dato nicht, ebenso wenig rochen wir deren Dieselausdünstungen. Schon etwas Fußlahm begannen wir von hier an den Weg zurück zum Fähranleger zu beschreiten. Gerieten dabei in den Stadtteil Dorsoduro, an dessen Ende die Holzbrücke Ponte Accademia überschritten wurde. Des öfteren tauchten Plakate und Banderolen mit der Aufschrift „Biennale …“ auf, ein Zeichen für aktuelle Kunst. Auf dem Campus der Uni den Füßen eine Pause gegönnt, Mandelkuchen und Kaffee als Stärkung. Wieder im Stadtteil San Marco brauchten wir lediglich den gelben Hinweisschildern folgen, wunderten uns dann noch über die ausgewählten Luxusboutiquen (Prada, Gucci, Dolce & Gabbana), die uns auf „den letzten Metern“ mit ausgesprochen „günstigen“ Markenartikeln beglückten. 17.44 Uhr ging die Fähre, vollbesetzt mit mehr oder weniger müden Besuchern dieser pittoresken Inselwelt voller alter Schätze, alter Gebäude, bei denen man sich fragt, wie sie so lange gehalten haben.

08.10.2019 Dienstag

Jola wirkte am Frühstückstisch entsetzt, als sie anmerkte, wir müssten heute den Platz verlängern und ich erwiderte „warum denn das?“, woraus sie schloss, dass ich gar nicht länger bleiben wollte, ich aber meinte eher „das es gar nicht nötig sei, weil so viele freie Plätze vorhanden sind“. Es brauchte dann auch keiner Verlängerung, wir durften stehen bleiben, so lange wir wollten.

Heute sollte nicht gleich wieder Venedig angesteuert werden, die Beine durften sich von der gestrigen Stadttreterei erholen, nicht wirklich so richtig, denn wir planten die Radtour Nummer 4. Sie begann nach der Beschreibung eigentlich in Lido Jesolo, wohin wir vorab gut 10 Kilometer Anreise zurückzulegen hatten. Auf dem Weg dorthin entdeckte ich zufällig den Campingplatz „Union“. Morgens hatte ich noch in meinen „Jugenderinnerungen“ nachgelesen, wie der Platz bei unserer Reise 1976 und dem Aufenthalt vor Venedig hieß, er hieß eben „Union“. Der Betreiber muss seitdem mächtig investiert haben, 5 Sterne als erster in Italien, so warb ein großen Plakat an der Straße.

Bis Nummer 13 „Waikiki“ zogen alle Plätze an uns vorüber. Jesolo und der Lido entpuppten sich als Hochburg der touristischen Erschließung der Strände an der Adria. Neben imposant gestalteten Hoteltürmen fand man allerhand klassische Kastenbauweise zwischen 4 und 6 Stockwerke, mal mit runden, mal mit eckigen Balkons, andere in blau vergittert oder ganz betoniert, an Neubauten auch mit Milchglaseinfassung. Vor neuen Anlagen signalisierten des öfteren übergroße Schilder mit der Aufschrift „Vendita“ dem Vorbeziehenden attraktive Geldanlagen. Zwischendurch, allerdings eher selten, ursprünglich wirkende Häuser, ob privat oder nicht, war nicht auszumachen. Endlos reihten sich in den Läden der Erdgeschosse Restaurants, Boutiquen, Gewerbetreibende, wie sie überall zu finden sind, mit Gürteln, Spielzeug oder Badeartikeln sowie Getränke. „Chiuso“ stand nicht selten auf handgeschriebenen Pappen, die in den Eingangstüren der Lokale oder Supermärkte hingen. Ein Stück des Weges fuhren wir auf der Promenade, trotz des Verbotsschildes für Radfahrer. Die wenigen Spaziergänger störte das nicht.

Geöffnet lockten einige Boutiquen, darin zu stöbern konnte Jola nicht widerstehen. Ein Stopp tat ohnehin ganz gut, so konnte ich mir die Beine vertreten. Maues Angebot, so kommentierte Jola die Situation nach dem dritten Besuch.

Noch etliche Kilometer radelten wir gegen die Einbahnstraße auf separiertem Radweg unter einem fast geschlossenen Nadeldach über der Straße.

12.40 Uhr war es, als wir an der Pizzeria Rica Roca in Jesolo anhielten; wieder einmal entschied über den Stopp das im Restaurant ausgemachte Publikum (Arbeiter etc.). Die als Vorspeise gedachten Bruscetta hätten wir gut weglassen können, die Spaghetti fanden wir hingegen beide in Ordnung. Unser Tisch neben dem Eingang zur Toilette wies eine Besonderheit auf. Ein Art Vitrine bot einen Überblick über alle möglichen Hässlichkeiten, die Mitbringsel oder Geschenke von Gästen so an sich haben können. Viele der Souvenirs kamen aus Albanien, Rumänien, Slowenien.

Probleme bekamen wir, als an einer Brücke ein großes Radhinweisschild unten entlang zeigte, sich der Weg zweideutig teilte und wir deshalb den sicheren Weg über die vierspurige Fahrbahn nahmen. Entschieden dann, in der Nähe des Meeres bis nach Cortellazzo und weiter nach EracleaMare bzw. dort zum Strand von Laguna del Mort zu fahren.

Cortellazzo bestand aus einer Schleuse, hinter der ein paar echte Fischerboote im Wasser der Piave dümpelten, Männer Fischernetze säuberten oder flickten, was ich nicht genau ausmachen konnte, einigen Häusern an einer Durchgangsstraße, das war es wohl auch schon auf den schnellen Blick.

Auf dem Weg zur Lagune bzw. zum Ort EracleaMare pendelten etlichen LKW, ein Baukran zeugte von Bauaktivitäten, deren Ergebnis uns anfangs verborgen blieb. Dafür streiften wir ein eingezäuntes Gelände mit diversen total verfallenen Rundhütten, aus einigen wuchsen bereits Bäume durchs zerstörte Dach. Auf Splitt fuhren ein Stück zum Strand, wo Bauarbeiter mit einem kleinen Schaufelbagger Gehwegplatten vom Strand aufnahmen (und wahrscheinlich ins Winterlager brachten).

Einen Seezugang weiter lagen alle Platten noch schön in Reih und Glied und wir nutzten diese, um bis zum Strand zu fahren.

Die Sonne hatte mittlerweile ihre gewohnte Wärme erreicht, was mich dazu animierte, die Sachen abzulegen und ins Wasser zu wagen. Etwas unruhiger Wellengang und graues Wasser durch aufgewühlten Boden. Kalt war es nicht, aber so richtig „baden gehen“ wollte ich dann doch nicht.

Für ein Selfie stellte Jola sich zu mir ins Wasser. Ganz in der Ferne die Bettenburgen des nächsten Ortes namens Caorle, zu dem wir uns die 18 Km nicht mehr zumuten wollten.

So gegen 14.45 Uhr kehrten wir quasi um, sahen dann die Neubauten hinter dem umzäunten Waldgebiet.

Neuerlich überquerten wir die Piave über eine Privatbrücke (Traghetto sul Piave), für die Fußgänger und Radfahrer von einem Entgelt ausgenommen waren.

In Cortellazzo folgten wir dann dem ausgeschilderten Radweg I3 am Kanal Cavetta. Schnurgerade führte die schmale Straße an dem Kanal entlang, auf dem beiderseits kleine Boote auf eine Ausfahrt warteten. In der Ferne die Kirche von Jesolo, davor auf der anderen Kanalseite ein Wasserturm. Hübsch anzusehen die hohen Pinien in Alleeform. Links in der Ebene abgeerntete Ackerfelder.

Jesolo wollte Jola gerne „erfahren“. Das alte Zentrum war schnell gefunden. Ich zeigte kein Interesse, mehr Pedalumdrehungen als nötig zu machen und schaute mir in Fenstern eines zu vermieteten Ladenlokals historische Fotos von der Stadt an.

Das Bild vom Strand am Lido aus dem Jahre 1958 hatte es mir angetan. In knapp 60 Jahren entwickelte sich das Naturcampinggelände zu einer Hochburg des Tourismus. Wahrscheinlich „hausten“ damals die ersten Deutschen mit ihren Zelten hier (VW Käfer deuten zumindest auf Deutsche hin).

Jola suchte uns eine Pausenstation, bestellte Cappuccino und Kuchen.

Der Rückweg bescherte uns einen kleinen falschen Abzweiger, den Jola für ein Foto des Leuchtturms nutzte.

Ansonsten fuhren wir der tief stehenden Sonne entgegen, Jola in der Hoffnung, mit 4 Km Akku-Reichweite den Stellplatz zu erreichen. Der Hintern schmerzte leicht, als ich Punkt 18 Uhr nach exakt 69 Kilometern vor dem WoMo stand, ich mich eigentlich aufs Schwimmbad freute, aber enttäuscht zur Kenntnis nahm, um 18 Uhr schlösse das Bad.

09.10.2019 Mittwoch

Heute ausgeschlafen und keine anstrengenden Unternehmungen geplant. Die Schweizer Nachbarn waren abgefahren. Herr „Saubermann mit dem Besen“ hatte alles gekehrt, dann war die Familie ein letztes Mal schwimmen in der Adria. Ich nutzte die Möglichkeit, im Schwimmbad meine 40 Bahnen im Außenbecken zu schwimmen. 16° Lufttemperatur wurde angezeigt, das Wasser sicher wärmer. Bewölkt fing der Tag an, mittlerweile (12.30 Uhr) schien die Sonne. Jola war auf Einkaufstour zu einem Wochenmarkt.

Hatte mich schon wieder eine Zecke an der Wade erwischt? Ließ sich nicht mehr genau feststellen.

Jola brachte gute Laune von ihrer Tour zurück, eine Idee, wo wir zu Mittag essen könnten, müssten gegen 13.45 Uhr aber losfahren. Gesagt getan, meine Ruhezeit war vorüber. Jola führte mich „aufs Land“, erzählte von drei riesigen Ratten oder Bibern, eins der Tiere entdeckte ich in einem mit grünen Entwässerungsgräben, wie es gerade genüsslich an einem Stück Holz knabberte, sich ansonsten von meiner Anwesenheit nicht sonderlich beunruhigt zeigte.

Das Lokal lag direkt an einem Kanal, der Chef wies darauf hin, Mittagessen gäbe es nur bis 14 Uhr, ein Gericht dürften wir aber noch bestellen. Pizza stand auf mehreren Seiten in der Karte, bestellen ging lediglich abends. Frittierte Tintenfischringe für Jola, Nudeln mit Sardellen für mich.

10.10.2019 Donnerstag

Ein Frühstücksei erweiterte heute das Tableau auf dem Tisch. Entschieden war schon im Vorwege, den Radweg „Inseln von Venedig“ zu fahren, d.h. mehrfach mit einem Wasserbus / einer Fähre überzusetzen. Die Anreise zur Fähre in Punta Sabbione machten wir über den Weg entlang des Kanals Peloni. Streiften durch Querstraße, wo neben oder vor landwirtschaftlichen Nutzflächen ansehnliche Häuser standen, verfallene mit Schildern „zum Verkauf“ an Hauswänden fehlten dazwischen nicht. Jola besorgte in den Information die nötigen Fahrkarten, wobei ich mich über die Dauer wunderten. Mit 14 Tickets kam sie aus dem Häuschen, davon 12 für die Fahrräder. Wir hatten Glück, brauchten nicht auf eine Fähre warten, denn eine befand sich gerade im Anmarsch. Um 10.30 Uhr 20 Minuten zum zweiten Mal auf der Wasseroute zum Lido. Und ich wusste immer noch nicht, wie die Fahrstrecke verlief. Irgendwann tauchte die Skyline vom Markusplatz und Dogenpalast auf, auf dem Wasser herrschte ordentlich Verkehr, Taxi, Linienschiffe, Fischerboote, Motorboote kreuzten. Am Lido ausgestiegen, kurz orientiert und los ging es. Gerieten in eine Gegend mit ansehnlichen klassischen Villen, dann auf dem Strandweg, wo alles schon für das Ende der Saison vorbereitet oder abgeschlossen war. Das Filmfestareal mit dem modern in weiß gehaltenem Bau sowie nur ca. hundert Meter weiter das Hotel Exelsior, ein Gebäude, das gut in einem Streifen für einen Bollywood-Film passen würde.

Bis nach Malamocco fuhren wir durch eine Gegend ohne nennenswerte Erinnerungsaspekte. Einfache Häuser, Gewerbeflächen, Brachland. Malamocco besaß einen „Altstadtkern“, geprägt von einem zugeschütteten Gewässerarm (Rio Terra) und den darum herumstehenden Häusern. Leider lenkte uns eins der Radschilder auf einen Küstenweg entlang der Schutzmauer gegen ungestümes Meer. Hier gab es keinen Sandstrand, dafür Felsen als Wellenbrecher, schiefe Ebenen aus Steinquadern als Wellenbremser. Alles, was das Meer hier anspült, wird scheinbar von Kreativen verarbeitet.

Wir sahen in kurzen Abständen aus Treibholz gefertigte hüttenähnliche Gebilde auf den Felsen. Pausenstationen, Birdwatching stations oder Überbleibsel von Robinson’s Schiffsbruchepisode? Wir trafen Spaziergänger, alles schien normal, doch der Weg endete im Sand am Strand. Mussten umkehren, was ein wenig ärgerlich war.

Aus den ca. vier Kilometern bis zum nächsten Fähranleger wurden somit ein paar mehr. Neuer Radwegbelag, neu geteerte Straße auf der Via Alberoni. Am Ende verbreiterte sich dieser ca. 12 Km langer schmaler Landstreifen, auf dem sich dann ein Golfplatz befand. Standen zunächst an der falschen Fähre nach Fusina. Nächste Abfahrt wäre hier am Nachmittag um 14.15 Uhr gewesen. Die Uhr zeigte gerade 12 .20 Uhr an. An einer Bar saßen einige Männer bei einem Schwätzchen zusammen. Den Irrtum erkannt, weiter bis zum richtigen Anleger gefahren. 12.50 Uhr fuhr die nächste Fähre. 20 Minuten Pause und sich umzusehen. Es kam dann eine Autofähre, auf der sogar Linienbusse transportiert wurden. Scheinbar alles gut aufeinander abgestimmt. Die Fähre war bis auf den letzten Stellplatz gefüllt. Zehn Minuten dauerte die Überfahrt. Trotzdem stiegen aus dem Bus Fahrgäste aus, um sich aufs Deck zu begeben. Pellestrina, dörfliche Idylle mit charakteristischem Fischerflair. An vielen der Häusern hing Wäsche, mal nur ganz weiß, mal bunt, mal über die Straße hinweg, mal unter dem Fenster. Hinter der Hafenmauer werkelten Fischer an Netzen oder ihren Booten. Auf der Kaimauer oder gegenüber saßen alten Frauen in Gruppen bei einem Schwätzchen, Männer fachsimpelten über irgendetwas, auch ein Liebespaar sah ich später in der Sonne schmusen. Mal führte der Radweg am Wasser der Lagune entlang, mal durchs Dorf. Geräusche aus einem Restaurant lockten uns an, vor der Tür Fahrräder gleichen Couleur eines Verleihers, innen geräuschvolles Getuschel. Wir gingen hinein, in der Hoffnung, in ein urtypisches italienisches Dorfrestaurant gelangt zu sein. Ein lustiger – schwuler – Kellner bemühte sich in englischer Sprache uns alles Recht zu machen. Am Nebentisch ein Paar verschiedener Nationalität, sie telefonierte in russisch, er sprach fließend italienisch mit dem Kellner. Sie verschwand vom Tisch, telefonierte draußen weiter, kam nicht zurück. Er ging hinaus, kam allein zurück. Unser Essen kam, Jolas Gnocchi sahen aus wie dicke weiße Bohnen, von den Scampi wenig zu sehen. Meine frittierten Meeresfrüchte, kleine Calamares, Tintenfischringe und Garnelen lagen allein auf einem weißen Teller, die Pommes wurden quasi als Vorspeise gebracht. Uns drängte der Kellner, die auf dem Tisch stehende Tüte mit Brotkringeln zu probieren, „home made“, war sein Kommentar. Trockenes Knäckebrot, so würde ich die Dinge beschreiben. Mit ein bisschen Olivenöl beträufelt, brachte ich einen davon bei mir unter.

Alles zusammen (Besteck jeweils 2 € extra) zahlte ich 40 €, was augenscheinlich zu viel für die gebotene Speise war. Der Streit zwischen dem Nachbarpaar eskalierte dann, als sie zurückkam und er ihr in englisch vorhielt, sie solle erst essen und dann später telefonieren. Darauf schnappte sie ihren Rucksack und wollte abhauen. Wir hörten dann von draußen ihre weinende Stimme und Fetzen von der andauernden Auseinandersetzung.

Authentisch wirkte die Grillerin bei ihrer Arbeit vor den Fischerbooten. Sie brutzelte vier oder fünf Fische auf dem Grill für Handwerker, die nebenan in ihrem Haus werkelten. Befeuert wurde der Grill mit Holz von Obstkisten.

Chioggia war dann mehr ein kurzer Abstecher als ein wirklicher Besuch. Vom Fähranleger durch eine nicht ganz verkehrsberuhigte Straße, dann einen Weg am Wasser entlang abseits von Autoverkehr. Als wir das Gewässer sahen, fiel uns sofort die Hamburger Binnenalster als Vergleich ein. Zeitlich schien eine Umrundung möglich und so strampelten wir einfach darauf los. Eine beliebte Strecke, nicht nur für radelndes Publikum, auch Jugendliche nutzten die Sitzbänke für ihre Treffen, Frauen schoben ihre Kinderwagen und schwatzten dabei. Dann gegen 16.30 Uhr wieder am Anleger auf die Fähre gewartet und zurück auf die Insel …. Irgendwie blieb keine Zeit mehr für Exkursionen oder Abstecher, denn es galt, die Fähre zum Lido zu bekommen, diesen Abschnitt von rund 12 Kilometern zu bewältigen. Dumm gelaufen, ich fiel auf die Radschilder und die Bodenbeschriftung „Ferry“ herein und wir landeten an der Autofähre. Somit durften wir eine Extrarunde von gut 2 oder 3 Kilometer bis zur Personenfähre drehen. Völlige Dunkelheit herrschte noch nicht, nur ungemütlich frisch war es auf den letzten sieben Kilometern bis zum Campingplatz.

11.10.2019 Freitag

Jola fiel gegen 07.15 Uhr aus den Federn, war am Strand und machte Aufnahmen vom Sonnenaufgang. Sonne sollte nach der Vorhersage heute auch einmal länger und intensiver scheinen.

Für uns stand ein weiterer Tag in der Lagunenstadt auf dem Plan. Pfennigfuchser wie wir sind, nutzten wir das Tagesticket von gestern aus, denn es galt bis ca. 10.15 Uhr heute. Insofern bestand die Notwendigkeit, Frühstück, Körperpflege und sonstige Aktivitäten daraufhin abzustimmen, dass wir rechtzeitig vom Stellplatz aus wegkamen. Das klappte ohne Hindernisse. Im Tour-Modus erreichten wir schnell Punta Sabbione und checkten ein.

Mittlerweile durfte ich mich als routinierter Kenner der Fährverbindungen bezeichnen und konnte einem Schweizer Paar aus der Not helfen. Sie wussten nicht, durch welchen Check-Inn sie gehen müssen.

Deutlich bessere Sicht herrschte heute, Jola zeigte auf die Silhouette der Bergwelt, die wohl meist weniger im Fokus stand, ob wegen schlechter Sicht oder weil einen die Skyline von Venedig ablenkt. Auf dem Schiff stimmten wir uns ab, was zuerst gemacht werden sollte.

In Venedig angekommen, bot sich uns das gleiche Bild wie beim ersten Besuch. Obwohl es schien, als wenn noch mehr Menschen über die drei Brücken zum Markusplatz strömten, beunruhigte mich dies heute weniger. Unser Ziel war der Ticketschalter für Fahrkarten der Linie 1. Die Fahrt bis zum Piazzale Roma kostete genau das Gleiche, wie die Überfahrt nach Punta Sabbione, nämlich 7,50 €. Egal, wir wollten die Paläste von der Wasserseite aus sehen. Das Schiff legte sofort ab, vollgestopft mit Fahrgästen, hangelte ich mich in den Sitzplatzbereich und fand einen der letzten freien an einem Fenster. Jola blieb für mich unsichtbar im vorderen Bereich.

Unmöglich war es, die Route aus dem Venedig-Führer mit dem Stadtplan und der Fahrtstrecke in Einklang zu halten. Das Schiff erzeugte bei jeder An- und Abfahrt einer Anlegestelle äußerst lauten Geräusche, schaukelte, rangierte, vom Fenster aus war es schwierig, verwertbare Fotos zu machen. Keine 50 Meter legte das Schiff von San Marco zurück, da dockte es schon wieder an. Nicht in ganz so kurzen Abständen, aber doch zwischen den ca. 16 Stationen bestand meist kein so großer Weg. Mal links angelegt, mal rechts, dazwischen tourten die Wassertaxis, die Lastboote, die Ausflugsschiffe oder anderer Linienverkehr, nebst der umfangreichen Zahl von schwarzen Gondeln. Zuerst saß neben mir eine schwarzhaarige junge Frau, offensichtlich eine Einheimische, weil des Umfeldes keines Blickes gewürdigt, allein ihre Whatsapp-Nachrichten schienen von Bedeutung. Irgendwann räumte sie den Platz und ein älteres deutsches Ehepaar ließ sich neben mir nieder. Die Schiffe anderer Linien quollen manchmal beinahe über, so voll mit handybestückten Menschen, alle auf der Jagd nach Motiven.

Trotz des langsamen Dahingleitens drehte sich mir bald das Hirn, suchend nach links, suchend nach rechts schauend, nicht das gesehen, was im Tourenplan stand. Ich resignierte, bat die beiden Sitznachbarn mich durchzulassen und begab mich ans Heck ins Freie.

Mehr Weitblick brachte allerdings nicht mehr Durchblick. Zumindest gestattete mir die Position, zu beiden Seiten nach Motiven Ausschau zu halten. Eingefangen habe ich meiner Meinung nach nichts Besonderes.

Vom Wasser aus erlebte ich das Treiben der arbeitenden Bevölkerung intensiver, Lastkähne wurden be- und entladen, ob die Lieferungen über Amazon bestellt wurden, lasse ich einmal offen.

An der vorletzten Station Ferroviaria leerte sich das Schiff erstmals nennenswert. Jola zeigte nach dem Aussteigen am Piazzale Roma ihre gewohnt bekannte Begeisterung, wenn ihr etwas außergewöhnlich gut gefallen hat (ach war das schön…). Von hier aus wollten wir den Rundgang zum jüdischen Viertel (Ghetto) machen, danach die Strada Nuovo mit der Shopping-Meile finden.

Zum Bahnhof überschritten wir die gläserne Brücke Ponte delle Costituzione. Am Bahnhof selbst das bekannte ameisenhafte Treiben, hinein, hinaus, hierhin und dorthin wuselten die Ankommenden und Abreisenden. Jola stellte wohl zu recht fest, aus einem Zug zu steigen, den Bahnhof zu verlassen und dann dann diesen Ausblick als erstes von einer Stadt zu erhaschen.

Gegen 12.30 Uhr einen Cappuccino „to go“ (Nachhaltigkeit nicht beachtet) gekauft, auf die Marmorstufen des Bahnhofs in die Sonne gesetzt und von unseren bei COOP gekauften Casanova-Keksen geknabbert und die beruflich / privat aktiven Kofferträger bei ihre Beschäftigung beobachtet.

Fanden auf der Fondamenta di Cannaregio ein Hinweisschild „Synagoge“, das ich falsch „gelesen“ hatte und wir deshalb am Canale Cannaregio in voller Sonne ins Ungewisse spazierten. Das Ghetto der Juden im Bezirk Cannaregio entdeckten wir auf dem Rückweg dennoch. Nur ein schmaler Durchgang führte uns auf die Ghetto Vecchio, wo wir uns sogleich ab vom Mainstream befanden, kühle Luft strömte durch die Gasse, nur wenige Besucher, hebräische Schriftzeichen, auch auf Speisekarten, ein Mann in orthodoxer Kleidung hantiert in einer Galerie an irgendwelchen Objekten herum. Studierte eine Speisekarte und fand „Hühnersuppe mit Mezze“ als Mittagssnack appetitanregend, doch Jola war bereits vorangeschritten und zeigte kein Interesse. Die meisten Häuser auf diesem Teil unseres Rundgangs vertrügen meiner Auffassung nach eine Renovierung/Sanierung. Vor einem Gebäude eine Rotunde in der drei Polizisten saßen, vermutlich nicht aufgrund der aktuellen Geschehnisse in Halle in Deutschland, aber auch in Italien muss offensichtlich jüdisches Gut besonders geschützt werden. Die ausgeschilderte Synagoge fanden wir nicht. Über eine Brücke gelangten wir in die Gasse Ghetto Nuovissimo.

Essen gegen 13.15 Uhr in der Osteria Mariner Di Gherardi in der Fondamenta Degli Ormesini. Im Hintergrund des Lokals tauchten nach und nach auf einem Bildschirm alte schwarz-weiß Aufnahmen auf, wahrscheinlich aus dem Umfeld dieser Osteria, womöglich waren auch Aufnahmen aus dem jüdischen Ghetto dabei. Gegen 14.40 Uhr marschierten wir nach dieser nur mittelmäßigen Stärkung weiter auf dem Fondamenta della Misericordia, bogen in die Calle Larga ab, um die alternative Szene in diesem Stadtteil zu entdecken, ohne Erfolg. Der Campo Madonna Dell‘Orto erhielt seinen Namen von der gleichnamigen Kirche, vor deren Eingang das Pflaster im Fischgrätenmuster verlegt worden war. Tintoretto arbeitete in dieser Kirche über dreißig Jahre.

Neben der Kirche eine Art Atrium, außen herum Arkaden, unter denen aktuell großformatige Bilder ausgestellt wurden. Ein Ort der inneren Einkehr. Oben in der Mitte aus Arkadensicht eine „devote“ Aufnahme der Kirche aus Büßerperspektive. Über eine Brücke (ohne Erinnerung an deren Namen) und die Fondamenta Dell’Abazia ging es auf den Campo Della Misericordia. Ob hier oder ein Stück weiter im Palazzo Lezze oder beinahe nebenan in der Scuola Vecchia d. Misericordia begaben wir uns in ein kirchenähnliches Gebäude in dem eine Ausstellung „1919 … 2019 Ligabue” stattfand.

Ich bleibe hier einmal bei der Bezeichnung „Kirche“ für diese Ausstellungshalle. Von der Reederei entwickelte sich dieses Unternehmen zu einem diversifizierten Konzern mit weitgefächertem Portefeuille bis hin zum Catering oder Exploration in Afrika. Davon zeugte ein Skelett eines Sauriers.

Eine Stunde später spielte sich auf einem freien Platz eine skurrile Szene ab, Filmaufnahmen wurden permanent von Passanten gestört, weil zwei Crewmitglieder es nicht schafften, die Leute hinter einer imaginären Absperrung zu halten. Die Verpflegung stand auf Klappstühlen, Schnittchen, die wohl schon länger auf Abnehmer warteten. Es zuckelten ein paar recht freakig gekleidete weibliche Komparsen zur Probe über den Platz.

Beide mit müden Beinen strebten wir ab hier den Weg zur Fähre zurück an. Jola kaufte eine venezianische Fahne, einen Magneten und einen Schlüsselanhänger, drei Paar Handschuhe und eine Handtasche.

Die Fähre brauste gerade davon als wir unsere Tickets lösten. Eine halbe Stunde Wartezeit bis 18.10 Uhr. In den Sonnenuntergang hinein erlebte ich das erste Auslaufen einen Kreuzfahrschiffes.

Jola freute sich darauf, Brot zu rösten und Bruscetta mit Tomaten und Zwiebeln für unser Abendbrot zuzubereiten.

12.10.2019 Samstag

Ein Ruhetag, abgesehen von meinen vierzig gezogenen Bahnen im Schwimmbecken. Mittags im Restaurant gegen 14 Uhr gegessen. Waren neben einem italienischen Paar die einzigen und bald auch letzten Gäste, um 15 Uhr schloss das Lokal. Am WoMo einen Espresso gemacht.

Es wurde dann doch noch ein Ausflug per Rad nach Treporti gemacht, die Fährstation nach Murano angesehen, zurück zur Kreuzung und von dort vier Kilometer weiter durch die Lagunenlandschaft auf einer Art sehr schmalen Damm (schnell tauchte bei mir die Erinnerung an Radtouren nach Ochsenwerder auf), nach Lio Piccolo. Ein Ort, eher ein Flecken, zwischen den mit Gräsern bewachsenen Erdhaufen im Lagunenwasser, mit einem Kirchturm, einem Herrenhaus und ein paar Gebäuden drum herum.

Ziemlich lange her, als ein reicher Mann den gesamten Ort kaufte und hier ein Domizil errichtete. Ein kleines Museum bezeugte Funde von Scherben etc. Für mich merkwürdig war, dass doch etliche Menschen diesen Ort aufsuchten, ob mit Motorrad, Auto oder per Fahrrad.

Im über die Straße hinaus liegenden Gewässer durfte man einige installierte „Kunstwerke“ bewundern. Auf der Rückfahrt fuhren wir einer blaugrau schimmernden Himmelsdecke über der Adria entgegen, hingegen schien über der Lagune noch die Sonne, seltsame Atmosphäre.

Wir kauften bei Eurospin ein.

Jola sammelte spät nachmittags Muscheln am Strand.

Ich versuchte abends für diesen Reisebericht den gestrigen Venedigbesuch nachzuvollziehen.

Jola klagte über ein dickes Knie.

13.10.2019 Sonntag

Ein Spaziergang in diesiger Atmosphäre am Strand in Richtung „Union“. Pferdespuren im Sand, ein morgendlicher Ausritt (?). Die Nebenplätze hatten ebenfalls noch geöffnet, insofern war die Zahl der Strandbesucher nicht so ungewöhnlich. Auf den Felsen im Meer saßen vereinzelt afrikanisch aussehende Menschen mit Drachen oder Strandtücher, die sie gerne den Touristen verkaufen würden. Wir suchten den Sand nach Muscheln ab, Jola zeigten zweimal erschrocken auf Quallen im Meer, die merkwürdigerweise kopfüber im Wasser durch die Wellen hin und her geschaukelt wurden. Eine besaß einen lila Rand, wie eine Bordüre umrundete dieser Farbkreis die wabbelige Hülle.

Ich sammelte ein paar besonders interessante Austernschalen, Jola die klassische Variante.

Mittags wärmte Jola eine Packung Risotto mit Steinpilzen auf, danach wurde bayrisch zünftig Weißwurst verspeist.

Ausflug am Nachmittag zum Leuchtturm durch Wohngebiet mit landwirtschaftliche Nutzfläche. Ab und an staunte ich über gelungene Bauweise neuerer Häuser, die großflächigen Grundstücke. Kamen an ein Museum, das wie eine Festung aussah und Relikte und Dokumente zum „Großen Krieg“ (der 1. Weltkrieg) zeigte. Uns war jedoch nicht nach Museumsbesuch und Kriegserinnerungen. Die sehr lange Via Adige war unsere Leitlinie, um zum größten Campergelände auf dieser Halbinsel zu kommen. Der Platz hatte noch geöffnet, wir wagten eine Rundfahrt auf dem Areal. Neben der riesigen Spaßbadanlage sahen wir eine Bank, eine Apotheke und Platznummern im 6000er Bereich. Rund 2580 Plätze sollten hier Campergästen angeboten werden. Uns war dieses Dorf „zu groß“, zu unpersönlich. Vor dem Leuchtturm ein Naturschutzgelände ohne Campingplatz. Viele Spaziergänger wanderten auf einem Damm zu dem gedrungen wirkenden Turm.

Wir

Ich säuberte nach meiner Rückkehr die Fassung für die Markise, Jola tätigte derweil in einem Supermarkt noch Einkäufe. Gegen 17.15 Uhr huschte ich schnell ins Schwimmbad, schwamm meine vierzig Bahnen. Zwei Tage hintereinander 1.000m, das spürte ich in den Muskeln.

Wir scannten die Wetterlage für die nächsten Tage, wollten ggf. danach nächste Ziele aussuchen. Meine Vorschläge waren Triest oder Vicenza und Umgebung. Entschieden uns für Vicenza, weil die Stadt als „Weltkulturerbe“ ausgezeichnet ist und das Umfeld zur Radroute gehörte.

2019 Vicenza

14.10.2019 Montag

Jola ging um 10 Uhr ins Schwimmbad. Ich erledigte die Aufräumarbeiten, alles gepackt, nichts vergessen, nichts kaputt gegangen. Grauwasser in einer eng zu befahrenen Ablassstelle entsorgt. Bei gleicher Wetterlage, diesig, warm, die Sonne hielt sich irgendwo im Hintergrund vornehm zurück, starteten wir frohgemut unsere Anreise nach Vicenza. Im Prinzip die gleiche Strecke, nach Treviso, dann nahe bei Cittadella, wo es rechts nach Bassano abging, wir weiter die SS53 fuhren. Reichlich Gewerbe- und Industriegebiete auf der Strecke, die offenbar eine vorzugsweise von LKW benutzte war.

In Vicenza dann die Enttäuschung, der Campingplatz hatte geschlossen. Was nun? Jola fragte im Hotel nach, bekam einen Stadtplan und den Hinweis, es gäbe einen Parkplatz mit Stellplatz. Ich gab ins Navi die Adresse des im Stellplatzführer genannten Stellplatzes ein. 10 Minuten später standen wir auf einem Parkplatz, separiert am Ende Stellplätze für größere Fahrzeuge. Elendig sah es hier aus. Jola traf ein deutsches Ehepaar, das gerade abfahren wollte, die ihr den Weg in die Stadt beschrieben.

Mit dem Rad waren es tatsächlich kaum mehr als 2 Kilometer. Die Straßen in miserablem Zustand, das nicht nur hier, sondern schon auf der gesamten Strecke. Radwege waren selten, dafür der Verkehr um so intensiver. Kurz an einem Wasserlauf entlang (Bacchiglione?), dann erreichten wir die „geschützte“ Altstadt zu einer Zeit, als Mittagspause im Ort herrschte. Dadurch wirkte die Stadt ausgestorben und verlassen wie eine tote Westernstadt, trotz der eindrucksvollen Bauten von Palladio.

Die Tourist-Information befand sich unmittelbar neben dem Teatro Olimpico, die äußere Fassade bearbeiteten gerade zwei weibliche Restauratoren (oder waren es nur einfache Maurerinnen?). Sie kratzten oder spülten mit Wasser Fugen zwischen den backsteinfarbenen Ziegeln aus.

Der Eingang nebenan zum Garten des Theaters war mit Gaze verhüllt, Restaurierungsarbeiten.

Gegenüber das Museum „Civil“ im Palazzo Chiericati (Palladio, 1550), davor eine Skulptur von Dali, dem eine Ausstellung in der Stadt gewidmet wurde und man von ihm mehrere Werke vorfand. Wir schoben zunächst unsere Räder mit uns durch die Alt-Stadt, wo ein Säulen-Palazzo dem anderen folgten, Foto oder kein Foto war dabei die Frage. Jola wollte hierhin, ich dahin, so zuckelten wir durch die Gassen, Produkte aller Art gähnten uns durch Schaufenster aus geschlossenen Geschäften an, vor den Bars saßen ein paar Menschen, ob Einheimische oder Touristen, war nicht immer auszumachen.

Jola quälte Hunger und Durst und drängte auf einen Imbiss, da konnten auch imposante Bauwerke von Palladio oder die Skulpturen von Dali keine Ablenkung mehr schaffen. Selbst das Monument Kathedrale am Piazza Duomo fand keine ausreichende Beachtung mehr.

Nach der schwierigen Suchen einer Lokalität für einen späten Imbiss kehrten wir in ein kleines Café mit Namen „Gran Caffè Sas“ am Corso Palladio ein, bestellten Panini und Kaffee, nahmen in eine Ecke direkt am Fenster neben der Tür Platz. Blickte ich links oder rechts neben Jola, so schaute ich in Spiegel und sah so ständig doppelt Personen von einer Seite zur anderen gehen, mein Gehirn war irritiert.

In einer Nebengasse saß eine Frau auf einem Hocker und spielte auf ihrer Geige für Passanten Klassisches. Hinter ihr eine weitere Skulptur von Dali.

Mittlerweile schienen die Menschen dieser Stadt zum Leben erwacht zu sein, es füllten sich die Straßen, die Läden öffneten und eine angenehmere Atmosphäre entstand so bei unserer Fortsetzung der Stadterkundung. Auffällig viele Unternehmen waren hier ansässig, bspw. dm, Tiger, Eurospar, Douglas, die wir auch aus Deutschland kannten.

Wanderten zum Campo Marzo, in dem Jogger definierte Laufstrecken oder andere Sportbegeisterte einen Trimm-Dich-Pfad nutzen konnten. Zu Jolas Leidwesen tummelten sich aber auch Drogensüchtige im Park herum, lagen unter Bäumen oder setzten sich einen Schuss. Unabhängig von solchem Ungemach boten alleeartige Promenaden und Ausblicke auf Kirchen oder andere sichtbare Objekte auf Hügelkämmen abwechslungsreiche Ansichten. Wir wollten noch den zweiten mit Stellplätzen ausgewiesenen Parkplatz besichtigen, der lag am anderen Ende der Altstadt oberhalb des Parks Querini.

Auf dem Weg zurück zu den Rädern lichtete ich in der Nähe der Basilika ein letztes Palladio-Gebäude ab, die Loggia del Capitaniato (1550).

Die Fahrt dorthin gestaltete sich schwierig, trotz Stadtplan. Ein hilfsbereiter Einheimischer versuchte durch Zeigen und mit italienischen Vokabel wie „dove …“ uns zu erklären, wie wir fahren sollten. Ob es Feierabendverkehr oder nur normaler war, er nervte total, da keine Radwege auf der Strecke existierten. Der Parkplatz stellte für uns keine Alternative dar, wir kehrten um, in Gedanken fragte ich mich, was nun?

Noch ein weiteres Werk von Dali, dessen Name mir entfalle war.

Das Wetter kippte, zwar noch warme Luft, aber keine Sonne mehr. Wann kommt der Regen?

Wieder am WoMo, kam sofort Jolas „Entscheidung „wir fahren heute nicht mehr weiter!“, wohingegen mir vorschwebte, erst einmal weg von diesem für Radfahrerfreunde unerfreulichen Umfeld zu kommen. Ein paar andere Wohnmobile parkten gerade ein, also nicht ganz allein mit möglichen „Zigeunern“, wie uns anfangs von dem abreisenden Paar „zugeflüstert“ worden war. Wird einem so eine Info „gesteckt“, wird man entgegen aller Neutralitätsversuchen von seinen Vorurteilen eingeholt.

Wir blieben! Checkten die Wetterlage, wohin könnte es gehen, wollte man das (beste) Wetter die Zielrichtung vorgeben lassen. Überall ward Regen angekündigt. „Kaltern“?, „Bozen“?, „Meran“?, „Ehrwald“?, „Murnau“? Oder das „Vinschgau“?

Jola fand Informationen, dass es in Murnau am günstigsten aussähe.

Mit Meran fanden wir für morgen einen Kompromiss.

2019 Schweden 2.Teil

Wähle einen Tag: 16.06. 17.06. 18.06. 19.06. 20.06. 21.06. 22.06. 23.06. 24.06. 25.06. 26.06. 27.06. 28.06. 29.06.

15.06.2019 Samstag

Erneut morgendliche Sonne, so ein Beginn erleichterte den Start in den Tag. Geduscht in der Familienkabine, Frühstück wie üblich, Jola erledigte das Finanzielle, ich alles zügig gepackt, so dass wir schon kurz nach 9 Uhr abreisten. Gewähltes Ziel für mich war Ekerum, eigentlich ein Flecken, der lediglich aus der Anlage „First Camp“ und nebengelegenem Golf-Resort bestand. Schon unterwegs verlangte Jola eine Pause in Borgholm, Ort der Schlossruine und des Sommersitzes des schwedischen Königspaares, beides sollte ausgiebig begutachtet werden. Zuerst schien ich ganz allein auf der Straße zu fahren, dann kamen ab und an erste Urlaubsgäste, oder was weiß ich denn, entgegen.

Knapp 30 Minuten waren vorüber, dann stand ich auf dem Parkplatz vor der Ruine. Viel Platz und ich stellte unser WoMo genau neben einen blaumetallic glänzenden VW Atlantic mit Hochdach und Anhängerkupplung aus Hamburg. Inspizierte das Fahrzeug, immerhin bestand die Möglichkeit, dass das unser Campingbus aus der Zeit 1992-1996 gewesen sein könnte. Ich klemmte eine Nachricht hinter den Scheibenwischer.

Die Ruine wollten wir nicht von innen besichtigten. Suchten den Spazierweg zum Sommersitz „Solliden“, der mit 900m Entfernung ausgeschildert war. Ungünstig angebracht, irrten wir um das Schloss herum, der Weg endete im unübersichtlichen Gestrüpp. In der Ferne einen Fahnenmast gesichtet und vermutet, dort würde sich der Schlosspark befinden.

Also zurück zum WoMo. Der VW Bus stand immer noch da, ich ergänzte meine Info auf dem Notizblatt. Machte ein frontales „Erinnerungsfoto“ der Schlossruine.

Am Sommersitz wesentlich mehr parkenden Autos, auch WoMos dabei. Das Königshaus benötigte offensichtlich finanzielle Unterstützung, der Besuch des Schlossparks kostete Eintritt. Die Apanage aus Steuergeldern reichte anscheinend nicht aus.

Um es vorweg zu nehmen, bereuen brauchten wir den Besuch nicht. Königin Victoria als „Begründerin“ hat für die Nachwelt ein vorzeigbares Ergebnis hinterlassen. Die Anlage hatten wohl andere die Jahre über ergänzt, gepflegt und restauriert.

Ein Rundgang zeugte von wohlüberlegter Gestaltung, Kunstobjekte bereicherten die gepflegten Rasenflächen. Themenbezogene Bereiche, wie der holländische Rosengarten mit dem Klassiker „Ingrid Bergmann“ oder das Steinfeld (rote Jacke machte sich gut), die Wasserkaskaden und natürlich die Residenz (links).

Bei sommerlichen Temperaturen schlossen wir den Besuch im Café mit einer Kardamomschnecke und einer Tasse Kaffee im Außenbereich unter einem Sonnenschirm ab. Aus dem offenen Fenster schwappte mir plötzlich ein Schwall schwedischer Vokabeln ans Ohr, eine Reisegruppe nahm innen zu einem Schwätzchen Platz.

Ich ging voraus zum WoMo, wollte heiße Luft aus dem Inneren lassen, Jola stöberte in der Butik und kam nach.

Bis Ekerum waren es dann noch weitere 12 Kilometer; durften uns einen Platz auf der riesigen Anlage aussuchen. Ein günstiger schien uns in der Nähe der Sanitäranlagen zu sein. Eingeparkt, ausgerichtet, ausgepackt und der Wagen sollte ans Netz von Nummer 748. Eine schwedische „Nachbarin“ eilte herbei, gestikulierte, zeigte auf die Steckdose und schüttelte den Kopf, aus dessen Mund für uns Unverständliches sprudelte. Bis sie die Klappe des Stromanschlusses anhob und wir ein Nest mit fiependen Jungvögeln zu sehen bekamen. „Eine Woche noch“, so sie in Englisch radebrechte. Auch die zweite Dose sollte nicht benutzt werden, sie diente als „Einflugschneise“ für die Meise. Nahmen es gelassen und steckten bei 756 ein.

Ein Spaziergang ans Wasser brachte mir nasse Füße, wir wateten in dem warmen flachen Wasser aufs offene Meer hinaus, Jola landete auf „Robinsons Insel“. Danach eine halbe Stunde ein Päuschen, dann nahmen wir die Tour nach Färjestaden in Angriff, trotz aufziehende dunkler Wolkenfront und gut 20 Kilometer Länge. Außerdem führte die Strecke in Teilstücken an der 136/137 entlang, die sich als zu diesem Zeitpunkt viel befahren erwies.

An der Hauptstraße das Golf-Resort, in dem gerade eine nobel wirkende Feier mit hübsch aussehenden Menschen stattfand.

Greenfee, ich verstand bei meiner Nachfrage an der Rezeption 69 €. Mal sehen, morgen vielleicht.

Dann ging es ein gutes Stück auf die Straße, abseits des Verkehrs die Orte Storarör und Isgärde durchfahren. Bei letzterem hätten wir die Hauptstraße queren und einen längeren Weg in Kauf nehmen müssen. Wir entschieden uns für die kürzere Variante und wurden mit dem Anblick mehrerer „Mohnfelder” belohnt. Monet wäre sicherlich bei diesen Sujets die rote Farbe ausgegangen.

Ab Glömminge endlich weg vom Rückreiseverkehr der Hauptstraße auf einsame, aber neu geteerte, Nebenstraße am Campingplatz Saxängen nebst Golfplatz vorbei, später auf gut beschildertem Radweg bis in die „Hauptstadt“ an der Brücke. Am Hafen die Köpstad, das Centrum bis dato noch nicht gefunden. Fisch im Imbiss wollte ich nicht, da landeten wir im Restaurant Nica direkt am Wasser, wo die Fahrradfähre lag. Am Horizont die Brücke über den Sund. Eine mit englischer Engelszunge uns die Menükarte zitierende Frau überzeugte Jola zum Bleiben. Ein heimisches ökologisches Bier tranken wir zum Essen. Aus verschiedenen Schalen durften wir uns den Vorspeisenteller selbst zusammenstellen. Die Hauptmahlzeit wählten wir aus, Jola Spareribs, ich Hühnchen („chicken” bestätigte die Bedienung), bekam aber Schweinefleisch in Tomatensoße mit Jungfrauen – Pesto. Ich würde es ein Tapa genannt haben wollen, diesen Miniteller. Leicht enttäuscht äußerte ich mich nicht zum Essen. Jola erstaunte die hohe Rechnung, die von den beiden ökologischen Bieren herrührte.

Die Suche nach dem Zentrum verlief im Nirwana, für uns kein Erkennbares gefunden. Mit Beginn der ersten fallenden Regentropfen flüchteten wir ins Einkaufszentrum, in dem allerdings der Supermarkt als einziges Geschäft noch geöffnet hatte.

Den Einkauf regensicher verpackt, ging es auf den Heimweg. Tröpfelnd begleitete uns der Regen bei unserer Raserei, die diesmal nur knappe 50 Minuten dauerte, was eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 Km/h bedeutete. Wir „flogen“ quasi unterm Regen durch.

16.06.2019 Sonntag

Nach dem Frischmachen in der Familienkabine standen die beiden neuen Plastikgläser auf dem Tisch und warteten auf den Sekt. Der 37. Hochzeitstag sollte prickelnd begonnen werden. Die kleine Flasche Sekt, zwei Kardamomschnecken und ein gelbes Glas Kerzenlicht gesellten sich dazu. Ergänzend kochte ich für das Hochzeitstagfrühstück Kaffee und Eier. Angestoßen und mit Selbstauslöser ein Erinnerungsfoto des ersten Hochzeitstages unterwegs im WoMo angefertigt.

Jola hatte angekündigt, mich zu Kaffee und Kuchen ins königliche Schloss-Café einzuladen. Unsere Tour heute sollte lediglich moderate 12 Km bis nach Borgholm gehen. Dumm nur, dass der größte Teil der Strecke wieder an der 136 entlang führte. Bei sommerlichen Temperaturen schlugen wir ein flottes Tempo auf der Hauptstraße an, möglichst schnell dem Lärm entkommen! Am Sommersitz vorbei, dann endlich ein separater Radweg.

Den Weg zum Parkplatz des Schlosses belagerten wieder die Kühe, diesmal wanderten sie sogar seelenruhig vor fahrenden Autos über den Zufahrtsweg.

Gleich an der Einfahrt hinter dem Ortsschild der Garten von Victoria, die hier eine Art „Frauenhaus“ eingerichtet hatte. Den Garten gestaltete ein Engländer. Aktuell schien es ein „Hotell“ zu sein, so stand es an der Einfahrt. Alle gepflanzten Obstbäume in einem Areal, die Infotafel führte alle Namen in schwedisch und englisch auf. Nur wenige Meter weiter bogen wir auf eine abschüssige Straße ab, die Slotgatan. Wieder ein Viertel mit neu wirkenden Häusern. Auf der Straße wachten Ordnungskräfte mit Fähnchen in der Hand, wenig später erklärte sich das von selbst.

Wir bewegten uns auf einer Rennstrecke für Sommerlangläufer. Klackernd hauten sie ihre metallenen Stockspitzen in den warmen Asphalt.

Bald darauf durften wir die Villagatan kreuzen, wo einige imposante Herrschaftshäuser repräsentativ auf ihren Grundstücken standen.

Wir gelangten ans Meer, dort empfing uns die Seebadeanstalt auf Betonstelzen. Borgholm erwies sich als wesentlich attraktiver als die Fährstadt an der Öland-Brücke. Nettes Ambiente am kleinen Yachthafen mit diversen Restaurants, übersichtlicher Innenstadtbereich mit einer ansehnliche Kirche, ein großer Campingplatz mit Schwimmhalle. Ließ mir ein Hausprospekt mitgeben, eventuell für einen nächsten Zwischenstopp. Die Mittagszeit nahte, die Suche nach einem Essplatz begann. Jola hatte schon ein Auge auf das Mittagsmenü von Robinson Crusoe mit Blick auf den Yachthafen geworfen. Mich überzeugte es momentan noch nicht so. Wir dackelten die Fußgängerzone hindurch. Konditorei, Lokale, einige Geschäfte hatten auch am Sonntag geöffnet. In einer Seitenstraße ein Restaurant, wo draußen leckere Gerichte auf den Tellern von zwei Gästen unseren Appetit anregten.

Die Kirche darf man getrost als Prunkstück am Ort bezeichnen. Jola wünschte einen Drink zu nehmen, am Hafen bei Robinson. Also ließen wir uns dort nieder. Alkohol kam für mich vor dem Essen noch nicht infrage. 0,5 Liter San Pellegrino, Jola gönnte sich einen Campari. Ein asiatischer Bediensteter nahm die Bestellung auf, kam nach kurzer Abwesenheit zurück, um sich zu vergewissern, was bestellt worden war. Das konnte ja heiter werden!! Saßen, blickten aufs Wasser, sahen Menschen auf den Steg kommen, sitzen und wieder gehen. Ein roter amerikanischer Straßenkreuzer parkte ein, Mann und Frau traten zum Mittagsmenü ein. Jola nutzte den Toilettengang für einen Blick aufs Angebot und war angetan von der Auswahl. Innerlich gab ich schon nach und fand mich mit dem Dableiben ab. Wir ließen fast keines der zur Wahl stehenden Gerichte aus, die Teller füllten sich wieder und wieder.

Da auf dem Werbeplakat der Hinweis „Pensionäre 150 Skr“ stand, forderte Jola an der Kasse diesen Preis für uns ein, ließ sich von der chinesischen Geschäftigkeit nicht irritieren,(die schon die 170 Skr in die Kasse eingetippt hatten).

Jola bekam bei Öland – Glass ihr versprochenes Eis zum Hochzeitstag, musste allerdings selbst zahlen. Ich verzichtete, denn das viele Essen rumorte im Bauch und verlangte schleunigst entlassen zu werden. Wieder an den Rädern, klemmte ein handgeschriebener Zettel an meinem Rad, die Brötchen fehlten, Jolas Korb war leer. Ein „freundlicher Dieb“, so wir dachten und sahen eine Parallele zum gestern in einer Rate-Show gezeigten Beitrag (Laptop gestohlen, Dieb meldet sich, bot an, die Daten zuzusenden, den Laptop behielt er aber und entschuldigte sich).

Ein Stück der Insel sollte noch erkundet werden, Köpingsvik, ca. 2 Kilometer weiter nach Norden. Durch Wohngebiete getrudelt, wieder gewundert, wie viele neue hübsche Anwesen mit großen Grundstücken es in Schweden gab. Vom Ort sahen wir nichts, dafür war Strand, Wasser und ein Campingplatz in Sicht. Mich zwickte der Darm und war froh, dass man in Schweden so viele öffentliche, saubere und funktionierende Toiletten vorfand. Unter ein paar sehr alt wirkenden Bäumen pausierten wir auf einem frisch gemähten Rasenstück. Blick aufs Wasser, wo im Flachen Kinder spielten. Das Campingareal nannte sich „Klinta“. Klinta lag schon hinter Köpingsvik.

Schauten uns den auf dem Gepäckträger befestigten Zettel an, schnell merkte ich, dass es sich um keine Entschuldigung eines Diebes handelte, sondern um einen Hinweis der Kioskbetreiberin, „die Brötchentüte sei bei ihr“.

Folgten auf der Rückfahrt dem Radweg an der Hauptstraße. Zurück im Ort den Kiosk aufgesucht und nachgefragt. Jola erfuhr, dass der Großvater die Tüte vor neugierigen hungrigen Vögeln in Sicherheit gebracht und sie bei seiner Enkelin im Kiosk abgegeben hatte.

Die Rückfahrt erfolgte bis aus Borgholm heraus auf gleichem Wege, danach wählten wir eine etwas längere, aber ruhigerer Strecke und bogen bei Solliden zum Flugplatz ab. Kaum Autos auf den 4 Km bis nach Räpplinge. Hier am Briefkasten gabelte sich die Strecke. Über einen Zaun blickte ich auf eine offene Garage, vor der ein Mann oder eine Frau, aus der Entfernung nicht so recht zu erkennen, mit einem Schleifgerät an einem alten Auto zugange war.

Karge Landschaft begleitete uns bis zur Hauptstraße. Ein Teil muss Moor gewesen sein, ausgetrockneter brauner Boden, Torfabbau.

Am Museum an der Hauptstraße ein Stopp, das Museum hatte bereits geschlossen. Am Parkplatz eine „Stolperfalle“ für Radfahrer, in die Jola hineintappte und sich über den Hopser erschrocken aufregte.

Wieder die Abfahrt zum Campingplatz genossen, den letzten Kilometer rasend zurückgelegt.

Am WoMo stellte Jola fest, ihre rote Lederjacke fehlte. Unterwegs verloren gegangen! Sie fand sie nach Abfahrt der Strecke nicht wieder.

Ich checkte meine Emails, tatsächlich hatte sich der Besitzer des VW-Busses gemeldet, und der Bus war tatsächlich unser ehemaliges Auto.

17.06.2019 Montag

Sonne am Himmel, nachts geregnet, so wünschen sich Camper den Tag.

Jolas Jacke hatte niemand an der Rezeption abgegeben, so zerstob ein kleiner Funke Hoffnung am Morgen. Alles zusammengepackt, Toiletteninhalt entsorgt. Nach gut zwanzig Minuten hatten wir wieder Festland unter den Reifen, durchfuhren Kalmar und rauschten auf der etwas mehr befahrener Straße E22 gen Norden durch endlose Wälder und Felslandschaften. Västervik erreichten wir ca. 12.30 Uhr, das Resort war frühzeitig ausgeschildert. Eine eigene kleine Gemeinde, diese Anlage. Platzwahl war etwas unglücklich, erst im dritten Versuch standen wir auf Rasen mit TV-Empfang. Mittagstisch zauberte Jola aus einem Fertiggericht der Marke Miracoli und eigenen Zutaten.

Spaziergang übers Gelände mit Entdeckung der durch Holzbrücken verbundenen Felsinseln. Das entlockte Jola einige lobende und bewundernde Worte. Stadtfahrt mit Bierkonsum Marke „Eriksberg” (5,4%) am Hafen. Innenstadt wies keine besonderen Sehenswürdigkeit auf. Häuser aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. In Schweden wohl öfters anzutreffen, da keine Kriegsschäden eingetreten waren.

Gegen 21.30 Uhr Abendspaziergang, neuerlich die Inselwelt des Resorts bewandert, um die Abendstimmung aufzunehmen.

18.06.2019 Dienstag

Um 06.30 Uhr lebte die Idee in mir auf, früh eine Golfrunde zu absolvieren. Draußen tirilierten die Vogel bereits seit mindestens 3 Uhr. Die Sonne stieg über die Baumwipfel, es würde sicher ziemlich heiß werden. Also nicht zu spät auf die Piste. Jola wollte partout nicht ungeduscht aufs Parkett. Also ließ ich meinen sportlichen Bewegungsdrang drosseln und wartete auf die herausgeputzte Frau. Den Köcher umgeschnallt und los ging es mit den Rädern zum Golfplatz. Jola hatte sich geirrt, hatte Kronen eingesteckt, die nicht für das Greenfee reichten. Ich füllte trotzdem die Zettel aus und ergänzte „Sorry, we pay after playing“ und warf den leeren Umschlag durch den Schlitz. Beim Putten bemerkte ich, dass die Grüns aus Kunststoff bestanden und der Ball ziemlich schnell rollte. Die Beschilderung ließ zu Wünschen übrig, Abschlag 1 musste mühsam geortet werden. Den jeweiligen nächsten Abschlag zu finden, war dann, nach ein bisschen Platzkenntnis, weniger ein Pfadfinderspiel. Wenig anspruchsvolle Bahnen, dafür forderten die Grüns uns mit ihrem Kunststoffrasen.

Jola schlug manchmal ab wie ein Profi. Ansonsten war die Runde ein gelungener Frühsport und wir freuten uns auf das anschließende späte Frühstück.

Der restliche Vormittag wurde mit Lesen, Postkarten schreiben etc. verdrömelt, Jola gab sich dem Shopping-Fieber im Kaufladen des Resorts hin.

Gegen 13.30 Uhr schwangen wir uns bei Mittagshitze auf die Räder, ein Besuch von Schloss Gränö stand auf der Ausflugsagenda. Slottsholmvägen, der schmale Grat mit Klappbrücke über Stora Strömmen. Das hübsch und neu hergerichtete Umfeld um die Schlossruine nahmen wir zur Kenntnis, wollten später genauer ein Auge darauf werfen. Erst sollte Gränö entdeckt werden. Kulbacken schien ebenfalls einen Abstecher wert zu sein, ohne zu wissen, was uns dort erwartet hätte. Die am Wasser gelegenen Neubaukästen umfahren, dann am Golfplatz Ekhagen vorbei, schon waren wir wieder im „Grünen“.

Gränö wartete dann gleich mit seinem Kanal auf, der Gränö quasi zu einem Inselort samt Naturreservat machte. An der Anlegestelle dockte gerade ein kleines Personenfährschiff an.

Die gesamte Dorfgemeinschaft wird bei der Postzustellung an der Straße bedient, in Reih und Glied standen die Briefkästen an der Hauptstraße. Im weiteren Verlauf lagen links recht flotte Holzhäuser, meist sehr neu aussehend, rechts der Blick auf Västervik. Das Schloss in bescheidener Größe diente als Restaurant und Café, drum herum ein Spa-Bereich mit Ferienhäusern, Park, Badestelle und Anlegesteg für die Fähre.

Unsere Fahrt durch das Naturreservat kam einer Reise durch eine moosbewachsene Fels- und Waldlandschaft gleich. An einer Badestelle eine Mutter mit ihrem Kind, dahinter eine kleine Insel mit zwei oder drei Häusern. Immer tiefer auf die Insel bis es nicht mehr weiterging, jedenfalls nicht mit Rad auf geteerter Straße. Jola suchte die Herausforderung, erkundete einen Seitenweg auf eigene Faust während ich langsam Richtung Schloss zurück strampelte. Sie holte mich wieder ein, war schnell unterwegs gewesen und hatte ihre Expedition abgebrochen. Im eigentlichen Schlossgebäude, klein, aber fein und als Restaurant mit antiquiertem Mobiliar ausgestattet, durften wir Kaffee trinken und dazu soviel kleine süße Häppchen für einen „Festpreis“ von 80 Kronen essen, wie hineinpasste. Und das in Räumlichkeiten, die aus der Barock- oder Renaissancezeit stammten. Kurz angedacht war, die Fähre nach Västervik zu nehmen, wenn sie denn kommen und Fahrräder mitnehmen würde. Aber es kam keine.

Die Reise unterbrachen wir, um Kulbacken auf einem Hügel aufzusuchen. Ein Museum, ein Aussichtsturm, ein paar alte schwedenrote Holzhäuser und ein Blick mit „Übersicht“ auf die Stadt und das Wasser.

An der Ruine sang ein Trio für ein Publikum, das sich bei Zimtschnecken und einem sprudelnden Getränk gütlich tat, kostenlos selbstverständlich.

Zurück zum WoMo, abends die Süßkartoffelsuppe mit Würstchen auf der Terrasse am Sanitärblock gegessen. Küche, Waschmaschine und Trockner genutzt.

19.06.2019 Mittwoch

Västervik Resort ade. Der gewaltige Platz mit seinem naturbelassenen Ambiente, abwechslungsreichen Stellplatzlagen, Felsinseln und Bademöglichkeiten, sowie den Annehmlichkeiten eines Campingareals mit fünf Sternen nebst 9-Loch Golfanlage, wir würden ihn vielleicht bald vermissen. Frühstück noch einmal draußen bei Sonnenschein, die Sonne noch nicht so stichig. Eier und Brötchen erfuhren eine externe Bearbeitung in der Küche des Sanitärsgebäudes. In der Zwischenzeit Fahrräder verstaut und die Ausgleichsstützen von den Rädern befreit. Ein Mann stand plötzlich neben mir: „Ich habe mir gerade Sorgen um Ihre Stützen gemacht!“. Mist, dachte ich und bedankte mich für den Hinweis. Abfahrt und gut 1 ½ Stunden wieder auf der E22 unterwegs, kaum Änderung am Landschaftsbild, mal etwas hügeliger, mal mehr Wald. Geregnet haben musste es, denn die Straßen waren später durchgängig nass. In Söderköping herrschte etwas mehr Verkehr, ungewohnt nach so viel einsamer Fahrt. Den ersten Campingplatz angesteuert, der ausgeschildert war, aber nicht der war, den ich notiert hatte. An einer Kreuzung an der Ampel auf der gegenüberliegenden Seite ein WoMo ebenfalls aus Lübeck. Freundliches Winken, sie bogen rechts, wir nach links ab. Der Campingplatz lag dann direkt am Göta-Kanal. Platz ausgesucht, Fahrzeug aufgestellt, Nummer 44. Schwüle Hitze!

Splitt auf Treidelweg am Kanal, der Weg führte uns zum Hafen, wo sich offensichtlich das touristische Leben abspielte. Ein Schild mit einem Hasen empfing uns nebst einer ein Stück weiter aufgestellten Skulptur.

Gut besuchte Restaurants und Eiscafés, hübsches Panorama, Kanal vor bewachsener Felswand, umgebauter Silo zu einem Wohnhaus thronte am Hafen vor den Gastbooten, Stadtsilhouette mit alten Holzhäusern. Ein Stadtführer „Historische Häuser“ wies ca. 50 Gebäude aus, beschrieb deren Erbauungsjahr, Zweck, teils auch deren Besitzer oder Gäste des jeweiligen Hauses.

Geld wechseln in einer Bank scheiterte erneut, würde nicht gemacht! In der Konditorei am Rathaus erwarb Jola Schnecken.

Am Kanal spaziert und einen alten Dampfer namens „Lindön” dümpelnd am Kanalufer gesehen. Ob der noch Passagiere befördert?

Erster Eindruck zu Söderköping war positiv. Gerade schon auf dem Sprung zurück zum Campingplatz, fiel uns ein Aufsteller mit dem Schriftzug „Lunch Buffet 89 Kronen“ vor einem Restaurant auf. Jola spionierte neugierig an der Theke und befand, das sei in Ordnung. Also wieder auswärts essen. Meckern konnte ich am Ende nicht, Salatauswahl, Fisch, Kartoffel und Hühnchen schmeckten lecker, Kaffee und eine Leichtbier, billiger ging ein Buffet kaum noch.

Eine Verdauungsfahrt schloss sich an, in das 5 Kilometer entfernte Mem, wo der Göta-Kanal beginnt. Gesamte Strecke auf dem Radweg mit Splittbelag, eben und manchmal mit dem Gefühl, gleich schwappe das Kanalwasser übers nahegelegene Ufer. In Mem die erste Schleuse des Kanals, an der mir gleich eine junge Dame mit Schwimmweste, Kartenzahlgerät und Walkie-Talkie entgegenkam. Ich erklärte sie im Geiste zur „Schleusen-Wache“. Auf Englisch erfuhr ich, es kämen heute keine Boote mehr, oder vielleicht doch…? Schien es sich um eine Verwechslung zu handeln? Hielt sie mich für einen Bootsführer? Beruhigte sie mit einem Fingerzeig auf mein Rad.

Unterhaltung mit einem Deutschen aus der Gegend von Stade. Vier Stellplätze standen hier direkt an der Schleuse zur Verfügung (185 Kronen).

Ein motorbetriebenes Segelboot legte mit geschäftigem Treiben der Besatzung und Unterstützung der Schleusenwächter an. Mem bestand aus geschätzten zehn Häusern, dem Wandererheim, einem Restaurant und einem bestimmten Zweck nicht näher zuzuordnenden Gebäuden.

Dunkle Wolken am Himmel, die sich zu einer schwarzen Front ausdehnten. Zieht vorbei, mehr Wunsch als Hoffnung, die wenige Sekunden später zerstob. Erst normaler Regen, der uns unter eine Plane auf der Holzterrasse des Restaurant trieb und wir uns dort in Sicherheit wähnten. Das ging kurzfristig gut, wenn auch das Nass zunahm und das Möbelrücken unter der Plane begann. Den Regen begleitete unangenehmer Sturm, außerdem Donner und Gewitter. Letzteres zwang uns zur Flucht ins Restaurant. Gut gewählte Schutzhütte, denn wenig später ertönte orkanartiges Tosen, die stürmische Gewalt brach mit einer Leichtigkeit Äste aus den am Kanal stehenden Bäumen und schleuderte sie ins Kanalwasser. Zum Glück beruhigte sich das Wetter alsbald. Bei der Rückfahrt auffällig, keine Pfützen auf dem Weg, nicht einmal nass sah der Radweg aus, nur ein paar abgefallene Äste mussten umfahren werden. Wir inspizierten Söderköping neuerlich, diesmal mit dem Rad. Folgten einem Stück dem Gesundheitspfad, nachdem wir im Park die Vorbereitungen für den Stadtlauf beobachteten. Jola fand in einer Hängematte ein gemütliches, temporäres Rastplätzchen. Ich bestaunte das ehemalige Kurhotel „Söderköpingsbrunn“ mit seinem mondänen Innenleben. Die Bedeutung „Lusthus“ mag selbsterklärend gewesen sein, gefunden hatte ich nicht, was hier „Lust“ sein sollte.

Trafen am Gewässerlauf des Storånauf dem Gesundheitspfad auf die Kirche St. Laurentii mit ihrem nebenstehenden Glockenholzturm, sahen in Gassen blühende Gärten.

Genug erkundet, zurück zum WoMo, nächste schwarze Front war im Anmarsch, ließ etwas auf sich warten, brachten dann aber die erhoffte Abkühlung.

Ach ja, vergrätzte Nachbarn schienen auf unsere Ankunft gewartet zu haben, ein Mann eilte zur Rezeption, von wo aus eine junge Mitarbeiterin kam und mir erklärte, ich stünde auf einem vorgebuchten Platz, der irrtümlich freigegeben worden war. Ich müsste umparken, durfte gleich den Nebenplatz nutzen. Also fünf Meter weiter gezogen, richtig herum aufgestellt, mit der Front zum Fahrweg.

20.06.2019 Donnerstag

Am Vorabend verlängerte ich den Aufenthalt um einen Tag, ab Freitag sei der Platz leider anderweitig vergeben, so die Auskunft.

Das Wetter schien es gut mit uns zu meinen, allerdings stach die Sonne. Zwei angeschlagene Eier wanderten zum Frühstück in die Pfanne. Nach der Stärkung mit den Rädern bis zur Schleuse im Ort, es sollte das Naturreservat „Ramunderberget“ begangen werden. Dazu überquerten wir den Steg auf der Schleuse, orientierten uns an der Wanderkarte, die mehrere Routen unterschiedlicher Länge anbot. Bis wir den 90 m hohen Pfad erreichten, mussten – es stand irgendwo – 318 Stufen bestiegen werden. Zwischendurch lichtete sich der Baumbestand und wir schauten aus einem anderen Blickwinkel auf die Stadt.

Oben angekommen, 400 m bis zum Pavillon. Noch weitschweifenderer Blick möglich. Gingen den Weg des „gelben Punktes“, fünf Kilometer würde die Runde betragen. Er führte bergab in seichten Schwingungen, belehrte uns dabei mit Schautafeln über Flora und Fauna (u.a. Specht, Elch und Schlange). Pfadstab 3 Km und 3,5 Km zeigten uns, wo wir uns auf dieser Strecke befanden. Die Realität sah alsbald so aus, dass wir an der Brücke herauskamen, bei der es zum Campingplatz abging. Die Autoschlange von Norrköping kommend, scheinbar ein Dauerzustand.

Wir kehrten um, marschierten am Kanal zurück bis zur Schleuse. Wieder der Warnhinweis auf kreuzende Hasen und die dazugehörige Skulptur des ins Wasser stürzenden Hasen.

Jola erkannte mit geschultem Blick, der Eisladen hätte geöffnet, mithin war damit das nächste Ziel definiert. Trotz des Hinweises am Eingang „sie werden platziert“, durften wir uns selbst einen Tisch aussuchen. Freundliche Servicekräfte, in reichlicher Anzahl um die Gäste bemüht, trugen riesige Behältnisse mit Eis, Sahne und Verzierung zu den Tischen. Mein Glas erreichte eine Höhe, dass selbst ich als großer Mensch Mühe hatte, den gefüllten Löffel mit Eis und Sahne zum Mund zu führen. Jola schwärmte beim Essen andauernd „lecker, lecker,..“

Auf dem Gang zur Toilette historische Fotos von bekannten schwedischen Persönlichkeiten beim Besuch des Eis-Cafés, von denen ich nur das Königspaar erkannte. 226 Schwedenkronen (ca. 21 €), noch nie so viel für zwei Eisbecher berappt.

Der Versuch, die Touristeninformation aufzusuchen, schlug fehl, die Ausschilderung empfand ich als suboptimal. Dafür trafen wir wieder auf die Filmcrew, drei LKW mit Ausstattung standen an der Kirche, heute eine andere Straße abgesperrt für die Dreharbeiten. Jola knipste, ich forschte nach dem Büro und fand es, bekam aber keine vernünftige Radkarte, trotz aller Bemühungen des Personals. Jola hatte sich ins Zentrum begeben, shoppte im Supermarkt, was sie mir telefonisch mitteilte. Lebensmittel zum WoMo gebracht, zwei Radtouren standen zu Auswahl, jeweils rund 20 Km von Söderköping aus. An der E22 immer noch eine endlose Blechlawine in Richtung Süden. Auf Nebenstrecke ins Ungewisse stratzten, schwarz grau war der Himmel und begann fürchterlich nah zu grummeln. Zur Badestelle bzw. Gaststätte sollten es zwei Kilometer sein. Zu riskant, erschien mir die Weiterfahrt. Vom Blitz in Schweden einen Tag vor Mittsommer erschlagen zu werden, fand ich nicht besonders attraktiv. Kehrt und mit Speed zurück. Gute und richtige Entscheidung, denn das Unwetter tobte länger und intensiver über dem Campingplatz und setzte die Wege unter Wasser. Jola legte eine Pause auf meinem Bett ein.

Die Stellplätze füllten sich stetig, meist waren es Schweden mit ihren Wohnmobilen.

Abkühlung nach dem Unwetter weckte neue Lebensgeister, Jola wünschte die abgebrochene Tour zu wiederholen. Ohne die Radkarte, sie war eigentlich auch nicht erforderlich, dachten wir zumindest, die gleiche Strecke gefahren, zwei Kilometer dehnten sich, keine Gaststätte in Sicht. Zogen das Ding durch, weiter bis zur Badestelle am Klasjön. Hügelig führte die schmale Straße zwischen moosbewachsenen Felswänden hindurch, an mit Kornblumen übersäten Feldern vorbei, bis sie an einem Waldstück vor einem Parkplatz endete. Schon aus der Ferne sah man Menschen auf Pontons herumtollen und vergnügt in den See springen. Jola zog sich nach einer Sitzpause um und versenkte sich kurz im Wasser. Ich wartete, ließ bis auf die Unterhose die Hüllen fallen, kletterte ins Wasser, das eine überraschend angenehme Temperatur aufwies.

Das Moos auf den Felsen musste abgelichtet werden. Außerdem fanden wir die Gaststätte, abseits neben einer Minigolf-Anlage. Ein Mann erklärte „today closed“. Ob morgen hier ein großes Buffet zum Mittsommerfest stattfindet, ich konnte mir das gar nicht vorstellen.

Hungrig wurde ich ganz langsam. Jola packte alle Zutaten und Gerätschaften zusammen, mit denen wir zur Küchen zuckelten und dort unser Essen zubereiteten. Klappte alles vorzüglich, störend waren nur die Menschen, die zwischendurch ihren Abwasch erledigten.

Nostalgie strömte aus einer Zimmerecke, wo eine alte jukebox, ein altes Röhrenradio standen, ein Plakat von einem Fußballspiel aus dem Jahre 1956 mit dem Aufdruck „Zuschauerrekord“ an der Wand hing.

In einer Vitrine gehäkelte Kuchenstücke, Kekse und Torten. Ich schaltete das Radio ein, es spielte sogar noch.

21.06.2019 Freitag

Die Bemühung um eine Aufenthaltsverlängerung trug Früchte. Als ich um 8 Uhr vier Brötchen kaufte, vertröstete mich die hübsche Schwarzhaarige mit der „Handtasche von Kors“ hoffnungsvoll: in einer Stunde hätte sie alles geklärt.

Jola schlief den Schlaf der Gerechten bis 08.30 Uhr. Nach dem Frühstück den Wagen auf Platz 91 umgeparkt, eigentlich keine Verschlechterung. Größeres Platzangebot und WLAN funktioniert ebenfalls besser.

So konnte ich die Route nach Norrköping besser am PC planen, stellte erfreut fest, mehr Radwege als angenommen. Tatsächlich war es kaum mehr als ein Kilometer, den wir an der E22 am Rande der Fahrbahn in die Pedale treten mussten. Bis nach Norrköping flogen wir auf einem breiten, asphaltierten Radweg dahin, frohlockend, bald die wimmelnde und bunte Stadt (so der Text im Reiseführer) entdecken zu können. Geschwindigkeit erzeugte Fahrtwind, der um diese Uhrzeit gemeinsam mit dem normal herrschenden Wind als kalte Empfindung meine Brust traf, die ich mangels fehlender Weste mit der Tourenkarte zu schützten versuchte. Norrköping empfing uns wenig erbaulich, erinnerte an Stadtteile wie Buntekuh oder Steilshoop. Die Innenstadt schwieg sich aus, fast alle Geschäfte hatten wegen Midsommar geschlossen. Menschen, tauchten nur als seltene Exemplare hie und da auf. Architektur erschreckte zunächst, der Motola Strom floss durch die Stadt. Entlang fanden wir einige hübsche Plätze mit Aussicht auf ein paar Bauten aus der Glanzzeit der Stadt. In einem kleinen Parkgelände als Hingucker bunte Gartenstühle in unterschiedlicher Größe. Jola krabbelte auf einen und wirkte darauf wie eine Spielfigur aus der Puppenstube.

Das Industrieviertel befand sich im Umbruch, ähnlich wie die Speicherstadt in Hamburg oder Hafengebiete in anderen Städten wechselte das prägende Äußere, schicke Wohnhäuser, Schulen oder Dienstleistungsunternehmen sowie Kunst und Kultur entwickelten sich.

Geöffnete Restaurants, daran war kein Gedanke zu verschwenden. Ein Abstecher ins Hafengelände führte uns durch eine baumbestandene Allee, links und rechts Gewerbebetriebe. Die Straße endete im Nichts. Zurück, die Sichtachse zeigte, dass diese Allee bis ins Zentrum auf eine Anhöhe hinauf führt.

Irgendwie war die Luft raus, nichts zu Essen, keine Option auf Attraktionen, keine sehenswerte Architektur, leicht enttäuscht wählten wir den Rückzug.

Im Vorort ein glasverkleideter Komplex eines EKZ. Vielleicht eine Option auf ein Mittagessen oder Kauf von Leckereien. Bis 14 Uhr wäre Shopping möglich an Midsommar.

Aus dem richtigen Blickwinkel kann man aus der trostlosesten Umgebung einen Eyecatcher machen, oder nicht? Gestärkt die Rückfahrt fortgesetzt und vor dem Hintergrund des Wissens um einen komfortablen Radweg zügig in die Pedalen getreten.

Baguette und Wurst-Käsesortiment besorgt, damit auf eine Gartenbank auf einem Spielplatzgelände mit Tisch in muslimisch geprägter Wohnsiedlungsumgebung gesetzt und Vesper betrieben.

Pausentee, Nacharbeit, was wir eventuell in Norrköping verpasst haben könnten.

An der Rezeption Erkundigung eingeholt, ob im Ort ein Feier zum Mittsommer veranstaltet würde. So gegen 17.30 Uhr begaben wir uns in den Park, wo wir lediglich noch feststellen konnte, dass alles schon vorüber war. Die Lotteriebude verscherbelte die letzten Lose, Trachtenfrauen trugen Sträuße aus dem Gebäude, im Kurgarten saßen einige Gäste bei Wein, …., auf dem Rasen zwei Grüppchen im Halbkreis auf Decken, drei Menschen spielten Badminton, davon eine topgeformte Frau im Wechsel mit den Männern. Unterwegs sonst Pärchen gemeinsam in der Sonne mit Picknickkorb sitzend beobachtet. Am Göta-Kanal spielte man Boule und grillte, winkte fröhlich uns Vorbeifahrenden zu.

Das alte Viertel noch einmal inspiziert, diesmal ungestört von Filmaufnahmen. Die Verbindungsgassen kaum breiter als ein Mensch von Schulter zu Schulter misst. Hinterhofatmosphäre, in naher Ferne Geplätscher eines kleinen Wasserfalles.

Zufällig den öffentlich zugänglichen Kräutergarten entdeckt. Auf kleinster Fläche eine Unmenge an Grünzeug, Pflanzenvielfalt, nicht nur Kräuter. Am Eingang ein Schild, gerne dürfe man seinen Picknickkorb mitbringen und im Garten verweilen.

Jola sprach von einer Kugel Eis, ich sehnte mich nach einem warmen Gericht und setzte mich schon mal zum Campingplatz ab. Auf dem Platz erstaunlich ruhiges Szenario, keine Gelage, keine Musik, dafür qualmten diverse Grills.

22.06.2019 Samstag

Mittsommer enttäuschte irgendwie, nirgends wirklich festliche Aktivitäten vorgefunden, abgesehen von der verpasste Veranstaltung im Kurgarten am Freitag. Die Maibäume wiesen manchmal eine bescheidene Größe auf.

Jola glaubte immer noch an den „Weihnachtsmann“, will gesagt sein, auch heute fänden Feierlichkeiten statt und zwar die richtigen. Leider ein Irrtum.

Für mich war klar, wohin die Reise heute weitergehen sollte, nach Stockholm.

Ca. 165 Km im Fond geschwiegen, die Natur zog bei durchschnittlich 95 Km/h im flow vorbei, Hügel, Wiesen, Felder, manchmal Gewerbegebiete, die Straße immer frei und gut zu befahren. Wie wird es mir nur in Deutschland mit den Rasern und den vielen Baustellen ergehen?

Gegen 11.50 Uhr Ankunft auf dem Campingplatz Bredäng. Der lag gegenüber einem Konglomerat aus mehreren Wohnhochhäusern, etwas geschützt durch Baumbestand, nahe am Mälarsee. Bis ins Zentrum von Stockholm sollten es rund 10 Km sein. Glück gehabt, einen gerade frei gewordenen Platz ergattert, es sollte der letzte nicht reservierte sein. Passte alles, Strom, Wasser und TV-Empfang sowie Beschaffenheit und Größe optimal. Viele Deutsche, ich hätte auf „die Mehrheit“ getippt, dominierten den Platz als Gäste.

Teepause, dann begann die Anreise auf das Zentrum von Stockholm. Zuerst die Sightseeingtour entlang der Hochhäuser, „two times left“, so die Frau an der Rezeption, dann der mitgegebenen Beschreibung folgen, am Ende über eine „bridge“. Zwei lange Straßen, Malahöjdsvägen und Hägerstensvägen führten zuerst durch dörfliches, vorstädtisches Milieu, meist im geschonten Rollmodus, da es überwiegend bergab ging. Als der Radwegweiser „Liljeholmen“ (Stadtteil) eine Abzweigung in 0,2 Km anzeigte, ging es auf gut zu befahrenen Wegen geradeaus zur Brücke übers Gewässer nach Södermalm. Kurz orientiert, dann auf die Straße „Söder Mälarstrand“ eingebogen, die am Wasser des Riddarfjärden dem Lauf in Richtung Innenstadt folgte. Den Stellplatz auf „Langenholmen“ entdeckt und angeschaut, fast wie ein Spiegelbild von dem in Hamburg. 350 Kronen für eine Nacht war nicht gerade günstig, dafür das Zentrum fußläufig schnell zu erreichen.

Danach Schiffe gesehen, am Ufer gelegen, auf dem Wasser kreuzend; die phantastische Silhouette der Gebäude, dominiert vom Rathaus mit seinem hoch aufragenden Turm.

Rechts der Straße fiel hier die Münchener Brauerei auf.

Die Großbaustelle „Slussen“ verstärkte die Probleme dieses Nadelöhrs hin zur Altstadt. Ich kam aus dem Staunen über so viele gewaltige Bauwerke und imposant am Wasser dastehende Gebäude kaum heraus. Ließen die Räder gut angeschlossen stehen und begaben uns ins touristische Getümmel der Altstadtgassen. Gut besuchte Restaurants, vielleicht auch weil viele Geschäfte geschlossen hatten und damit das Shoppen ausfiel. Etwas erhöht der königliche Palast, Teile davon durften ohne Eintrittskarte besichtigt werden. Die als sehr beliebt beschriebene Einkaufsstraße Drottninggatan entpuppte sich als geschützter Bereich (durch Poller oder freundlich lächelnde Betonlöwen). Offensichtlich ähnelte sich das Angebot nur unwesentlich gegenüber dem aus anderen bekannten Städten. Die Seitenstraßen rechts und links hinterließen oft einen eher öden Eindruck. Dann der grau weiß gehaltene, abgesenkte Platz vor dem Kulturhaus mit dem Staatstheater, die dort befindliche Tourist-Info schloss direkt vor unserer Nase ihre Pforte.

Ein Mittagessen beim Italiener „Da Peppe Gamla Stan” (Storkyrkobrinken), sehr altmodisch wirkend, naive Bilder heimischer italienischer Panoramen (Gardasee, Rom etc.) und großformatige Blumengemälde. Pizza wählten wir beide, schön dünn und ordentlich belegt waren sie.

Wir saßen am „Laufweg“ zur Toilette, es schien jedermann, ob Gast oder Passant, diese seine Notdurft hier entrichten zu müssen. Erwanderten in der Folge, meist entlang am Ufer der Gewässer, weitere Sehenswürdigkeiten, wie das Parlament, …..

das in blau gehaltene Konzerthaus ……

……. die Königliche Bibliothek, gelegen im Humlegärden. Hier stand ein Denkmal des Forschers Linné.

Langsam fußlahm geworden, strebten wir den Rückweg zu den Rädern an, gebremst durch Jolas Wunsch einen Kaffee in einem „angesagten“ China-Restaurant zu trinken, das an einer kleinen Grünanlage, in dessen Mitte dem Chemiker Berzelius ein Denkmal gesetzt wurde, lag. Den Kaffee durfte Jola uns selbst im Innern besorgen und an den Tisch bringen, er war teuer, lauwarm und schmeckte echt unangenehm.

Immerhin gelang es mir diesem Aufenthalt etwas Gutes abzugewinnen, hier ein Blick in Richtung Berzelius vor dem Hintergrund des Königlichen Dramatischen Theaters.

Nybroviken auf dem Nybrokajen begleitet, das Nationalmuseum umrundet, die Schiffe am Museumskai konnten nicht mehr begeistern, erschöpft durch den langen Marsch über die Brücke zurück auf die Insel der Altstadt. Außen umkreisten wir die Insel bis wir vor unseren Rädern standen und uns wieder in die Sättel schwingen konnten.

Jetzt lenkte ich uns auf dem gleichen Weg zurück, ursprünglich als Ziel „Djurgården“, doch zu früh abgebogen und auf dem Eiland Skeppsholmen gelandet.

Hier bildete Kunst das Kernangebot, Museum für Moderne, Architektur- und Ostasiatisches Museum sowie die Kunsthochschule hatten hier ihren Standort. Ergänzt wurde eine der Ausstellungen durch Skulpturen im öffentlichen Raum. Die Insel wieder verlassen, die von vielen Vergnügungssuchenden bevölkerte Promenade vor dem Ensemble aus Grand Hotel mit Nebengebäude „Bolinderska huset“ entlang gefahren, um auf die Insel Djurgården zu kommen. Am Ufer im Bereich der Brücke „Djurgårdsbron” diverse sehr gut besuchte Lokalitäten, auf der Insel u.a. das Nordische, Vasa-, Abba-Museum oder das älteste Freiluftmuseum „Skansen“ und natürlich der Freizeitpark mit seinen riesigen Karussellen. Viel Grün, Schloss Rosendal. Nicht alles gesehen, besuchen konnten wir eins der Museen nicht, weil schon geschlossen.

Rückfahrt, die an der Brücke eine Unterbrechung erfuhr, zu verlockend war der Platz am Wasser in der Sonne. Zwei dunkle Biere (für viel Geld) schmeckten ausgesprochen lecker. Deutsch war in Stockholm öfters zu hören, hier unangenehm hallte es vom Nebentisch herüber, ein dickbäuchiger Mann faselte großspurig Sprechblasen, warf mit Eiswürfeln und zog sich dann auch noch sein Hose aus. Wir flüchten, fuhren ohne Unterbrechung nach Hause.

23.06.2019 Sonntag

Nach einem gelungenen Frühstücksei, das wir im Schatten unseres WoMo bei Sonnenschein draußen verspeisten, Jola von einem weiteren Tag Stockholm überzeugt wurde, war ein Besuch des Rathauses mit deutscher Führung um 14 Uhr geplant. Auf dem Weg dorthin schauten wir uns nach ca. 1,5 Km die Badestelle Mälarhojd an, zu der es vom Parkplatz recht abschüssig hinunter ging. Ein fester breiter Wanderweg führte am See Mälaren entlang, die im Prospekt erwähnte Fähre nach Drottnigholm fanden wir nicht. Entschieden uns den Weg am See weiterzufahren. Spannend blieb es, denn wir wussten nicht, ob der Weg hinter der nächsten Biegung enden oder wieder auf die Hauptstraße führen würde. Durch den Wald am Hang die Konditorei Lyra in der im Schweizer Stil gebauten Villa aus dem Jahre 1867 des Ehepaares Limnell gesehen.

In den Räumen schien die Zeit stehen geblieben zu sein, als wenn die vom Ehepaar eingeladenen Künstler (u.a. hatten hier H. Ibsen und L. Dahlgren geweilt) hier gerade ihre Treffen und Lesungen abgehalten hätten. Die knarzigen Holzstufen auf die Aussichtsplattform des Turmes hoch waren schmal. Oben musste ich den Kopf einziehen, die Decke zu niedrig für 190 cm.

Den steilen Schotterweg wieder hinunter ins Naturschutzgebiet, das wir bald darauf verließen und der Weg in die Straße Pettersbergvägen mündete. Manch extremer Hügel musste erklommen oder eben denselben geschwind hinunter gesaust werden, dabei durften wir hier an den Hängen Wohn- und Sommerhäuser der Einheimischen bewundern. Källbacken schien wieder näher zum Uferweg zu führen, an einem kuhlenartigen Rasengelände hinab, wo wir an einem Yachthafen auf das Gelände Klubbensborg gerieten, zu dem auch ein kleinerer Stellplatz gehörte (über 300 Kronen mit Strom). Die Villa stand etwas verlassen auf einer Anhöhe.

Das Café Uddvillan abseits durch einen Holzpfeil gekennzeichnet.

Obwohl eigentlich schon geschlossen, schlüpfte ich durch die offene Tür hinein und schoss schnell ein Foto im Innenbereich.

Nächste Überraschung begegnete uns am Ornsberg-Badeclub nachdem wir von den Rädern abgestiegen waren und einen Holzsteg direkt am Wasser beschritten. Der Anblick dieses von der Sonne beschienenen „Affenfelsen“ mit den vielen menschlichen, wenig bekleideten Leibern in Mußestellung auf den warmen Felsen faszinierte.

Vom Seeuferweg Mälaren abgewendet tauchte keinen Kilometer weiter ein großes längliches Backsteingebäude auf, scheinbar eine beliebte Pausenstation für Radler, Spaziergänger oder sportlich Aktive.

Wie sich herausstellte gehörte sowohl das Gebäude als auch das umliegende Gelände (Vinterviken) früher A. Nobel, der es 1865 kaufte, um seine Sprengstoffversuche weiter durchführen zu können, denn in Stockholm war es ihm verboten worden. Heute nennt sich ein Teil dieses Areals „Vintervikens Trädgård“ und wird von einem Förderverein betrieben, der ein Café, ein Gewächshaus und Anlagen für Selbstversorger bereitstellt. Eine Freilichtbühne dient Veranstaltungen und Aufführungen.

Bald tauchte eine hohe Autobrücke auf, unter der der Weg weiter Richtung Stadt führte. Sportanlagen, Halle, Tennisplatz etc. fanden hier ihr zu Hause. Das Gewässer Trekaten danach am Ufer umfahren bis wir an der Brücke über Mälaren kamen, diese auf der anderen Straßenseite später überquerten. Zuerst kurvten wir zwischen Schluchten von Neubauten an das Ufer, fanden aber nicht dorthin, wo wir eigentlich hin wollten.

Hornstulls Strand mit der Badeanstalt war von der Brücke aus deutlich mit seinen Badegästen zu erkennen. Dorthin trullerten wir mit den Rädern durch Grünanlagen hinunter.

So gegen 13.30 Uhr durfte der Magen sich schon mal melden, also begann ich mehr auf Lokalitäten als auf Geografie oder Architektur zu achten. Nach ca. 2,5 Km bot eine vor dem Lokal aufgestellte Speisekarte interessante Sachen an, aus deren schwedischer Bezeichnungen wir uns unseren eigenen Reim machten. Ein Platz für zwei Personen an einem winzigen runden Tisch neben dem Tresen für die Ausgabe der Speisen genügte uns völlig für den Pausensnack. Vegetarisches und ein Bier für mich, Jola ein Wrap und eine Zero Cola. Skrovet hieß das Ambiente in der Hammarby Slussväg.

An der Schleuse herrschte Hochbetrieb, der Schleusenwärter hatte am Wochenende besonders arg zu schuften. Wir umkreisten quasi den Stadtteil Södermalm am Wasser entlang. An der Felswand ein Schild „Restaurant Fäfangan“, das oben auf diesem Berg seinen Platz gefunden hatte. Den Weg dorthin fanden wir (leider) nicht. Ein Blick warfen wir auf das Kreuzfahrtterminal, wendeten uns mit den Rädern dem langen Aufstieg auf der Folkungagatan in die „Oberstadt“ zu.

Von einer dieser bogen wir auf den Hügel ab, wo sich eine kleine Grünanlage und die Kirche Sofia sowie ein ursprüngliches Häuserensemble (nicht die auf dem Bild!) befanden.

Wir wechselten mit Schwung die Seite, mussten die Räder im „Tale“ lassen und zu Fuß auf der Stigbergsgatan in der stechenden Sonne hinauf stiefeln. Als erstes tauchte eine Statue der Kronprinzessin Martha von Norwegen vor der Norwegischen Kirche auf. Linksseitig wieder alter Holzhäuser aus der Zeit der Armut.

Die Skånegatan erwies sich als verkehrsberuhigte Restaurantmeile, Die meisten sonstigen Geschäfte hatten wegen Mittsommer geschlossen, jedoch nicht alle. Deli Urban, ein Öko-Markt aus dem Jola „gesunde“ Brötchen mitbrachte, während ich draußen das bunte Treiben beobachtete. Die Schönheiten besonders lange.

Mit Nahrung im Gepäck machten wir uns auf den Rückweg, blieben dem Wasser nach wie vor zugewandt. Ungebremst war der Strom körperlich aktiver Menschen bzw. ruhten Körper wohlig in der Sonne. Was kann es attraktiveres geben, als einen Badestrand mitten in der Großstadt?

Abseits der belebten Stränden fand sich der eine oder andere alternative Hort, wo man relaxt auf alten Holzbänken oder wackeligen Stühlen seine Fika (Kaffeepause) machen konnte. Im Gartengelände von Vinterviken die bunt blühenden Eilande der Gartenkolonie bewundert und dabei gedacht, was wohl in so ein winziges Gartenhäuschen passt?

Bald danach waren wir am Campingplatz, genug Erlebtes für heute.

24.06.2019 Montag

Jola wirkte beim Frühstück nicht besonders überzeugt von meinem Vorschlag, eine Schiffstour zu den Stockholmer Schären zu machen. Meine Suche und erste Option hatte Vaxholm ergeben, aus einer Informationsbroschüre über Stockholm als die Hauptstadt der Schären tituliert. Die Tourlänge war mit 50 Minuten benannt. Eigentlich ist Vaxön gar keine Insel, da durch zwei Straßen mit dem Festland verbunden. Nachdem ich endlich die Abfahrtzeiten herausgefunden hatte, konnten wir uns zumindest auf die Hinfahrt zu den Kais einigen. Diesmal verzichteten wir auf die attraktivere Strecke am Wasser, eilten auf der Straßenvariante in die Stadt. 09.50 Uhr losgefahren, 10.30 Uhr am Schalter die Fahrscheine für 610 Kronen gekauft, mit der Option, die Räder mitnehmen zu können, wenn es der Kapitän gestattet.

Abfahrt allerdings anders, als im Internet recherchiert, erst um 12 Uhr. Was machen mit der Zeit? Als nächstgelegenes Ziel ortete ich den Karlsplatz im Stadtteil Östermalm. Alleebewachsene Straßen, erst die Narvavägen, nach dem Platz die Karlavägen. Ein bisschen erinnerte mich das Straßenbild an Palma auf Mallorca, hohe Gebäude, Geschäfte kaum an den Fronten zu erkennen. Karla-Café bot einen willkommenen Haltepunkt. Gediegenes Interieur, Stuck, Glaslüster, Stühle im Rokokostil (nachgemacht?), eine Rundsäule mit echten alten Bücherrücken beklebt. Die „Mandelbulette“ stellte sich als leckeres mächtiges Süßteil heraus, aß davon nur ¼, der Rest wanderte in die Vorratskammer (eine Papierserviette).

11.30 Uhr, es musste an die Rückkehr zum Kai gedacht werden. Ein paar Querstraßen benutzt, dann hörte ich Musik hinter einer Mauer, die aus dem Hof des Armee-Museums herüberschallte. Dort auf dem Exerzierhof fand ein öffentliches Platzkonzert statt. Daneben eine Garde Uniformierter, vielleicht baldiger Wachwechsel?

Nebenbei entdeckte ich eine der Markthallen, aber momentan keine Zeit mehr für einen Besuch, der musste bis nach der Schiffstour warten. Wieder auf dem Strandvägen und an Kai 16 angelangt, stand am Steg bereits eine kleine Schlange Wartender. Stellten uns einfach mit den Rädern an und gelangten ohne Probleme damit an Bord, durften sie allerdings nicht anschließen.

Jola ärgerte sich über ihr vergessenes Handy, der Fotoapparat fehlte ebenfalls im Rucksack.

Die Passagiere schienen Sorge zu haben, keinen oder keinen guten Platz an Bord zu bekommen, unangenehmes Gedrängel herrschte. Dabei war so viel Platz, auch die Räder störten niemanden (wie uns eingangs gesagt worden war).

Unser Guide an Bord, Matthias, begrüßte die Gäste auf Schwedisch und Englisch, später streute er auch deutsche Beiträge ein. Er war Sachse und vor langer Zeit nach Schweden ausgewandert, sprach einwandfrei beide Sprachen. Zwei Maatinnen oder wie werden weibliche Kräfte an Bord genannt?, werkelten mit den Tauen und hantierten mit dem Steg.

Interessanter Blick von der Seeseite auf die Gestaden und deren Bebauung. Der Moloch Stockholm frisst sich nach und nach in die Landschaft, nicht immer war das schön anzusehen. Auch hier die derzeit moderne kastenartige Bauweise, nur alles ein bisschen höher hinaus.

In der Folge die besiedelten Inseln (vielleicht waren es gar nicht alles Inseln) mit teils herrschaftlichen Villen an den Felshängen thronend. Manchmal direkt daneben Neubauten, die das Alleinstellungsmerkmal solcher imposanten Bauten aus der Zeit um 1900 aus meiner Sicht beeinträchtigten. Auf dem Wasser herrschte reger Flottenverkehr, zu welchen Inseln auch immer. Linienfähren und Kreuzfahrtschiffe waren ebenfalls unterwegs.

Nach rund 50 Minuten wunderte ich mich, dass der Zielhafen noch nicht ausgerufen und angesteuert wurde. Am Ende wurden aus den 50 Minuten runde 1 ½ Stunden. Machte ja nix, gab es halt mehr zu sehen.

Das Anlegemanöver nahm sich aus wie der Annäherungsversuch des Igels an seine Angebetete, ganz vorsichtig und langsam. Ich war einer der ersten der von Bord ging. Jola folgte in der Masse. Aufenthalt hatten wir gut 3 Stunden.

Ganz anders als erwartet, ein richtiges kleines Stadtzentrum, großen Hotels am Hafen, Straßenlabyrinth. Und das beste, gleich zu Beginn ein nettes Lokal in einer Nebenstraße entdeckt. LaMaison bot vegetarische Gerichte, selbstgebackenes Brot und Kuchen aus eigener Herstellung.

Unsere Rundreise verlief über weite Strecke enttäuschend, die Insel ähnelte eher einer Stadt als einem Schärenflecken. Normale Wohnblocks, ein leerstehendes Schulgebäude, gut, später wurde es etwas attraktiver, die typischen Sommerhäuser tauchten auf, ein hübsch gelegenes Café am Wasser, eine Badestelle, und für Jola ein Eisladen am Hafen. Im „La Maison“ kaufte ich sechs Baguette für 120 Kronen, sie sahen einfach zu appetitlich aus.

Am Kai gaben sich die Linienschiffe quasi die „Taue in die Hand“, im rasanten Tempo legten einige der Fährschiffe an und wieder ab, nur unser „Dampfer“ verspätete sich, tuckerte im Schneckentempo an den Anleger.

Die Rückfahrt verlief wie auf einem langen ruhige Fluss, nur wenn ein großes Linienschiff vorbeizog verursachten die Wellen leichten Seegang und etwas Wasser spritzte über den Bug.

Wieder an Land suchten wir die Markthalle, die wir erst nach Umrundung eines Straßenzuges fanden. Die provisorische Ersatzhalle bot hochpreisige Lebensmittel an, Jola kaufte u.a. zwei Elchfrikadellen.

Unserer Rückfahrt gab ich einen etwas anderen Verlauf: Am Bahnhof und am Rathaus vorbei, größere Einkaufzentren säumten die breiten Straßen. Auf der anderen Uferseite dann über die Västerbron, die über die Insel Langholmen führte, wo wir von oben den immer noch gut gefüllten Wohnmobil-Stellplatz sehen konnten.

In Vinterviken empfing uns aus dem Gartengelände von der Freilichtbühne Swingmusik (Swingkväll på dansbanan). Drei Mädels und vier Jungs auf der Bühne sorgten für ausgelassene Stimmung auf der Tanzfläche. The Bandwagon Swing Orchestra, fand ich nach intensiver Recherche im Internet heraus.

Dort tobten sich Paare aus, denen man langes Training oder großes Talent ansah und das Zusehen fast genau so viel Spaß machte, wie selbst dabei zu sein. Die Stimmen der beiden Sängerinnen und dem Sänger passten super zu der Musik. Als die Gruppe eine Pause einlegte zogen wir von dannen, es war ja noch ein Stück zu fahren. Am „Affenfelsen“ badete man, sonnte sich oder genoss ein Glas Wein bei sich neigender Sonne. Noch ein paar rasante Abfahrten hinunter und steile Straßen wieder hinauf, dann gegen 20.15 Uhr waren wir am WoMo.

25.06.2019 Dienstag

Ankunft 16 Uhr in Lidköping. Gefühlt eine ziemlich anstrengende Fahrt, 09.30 Uhr in Stockholm / Bredäng abgefahren. Bedeckter Himmel, später leichte Auflockerung, unterwegs klopften zwei oder drei Regentropfen an die Frontscheibe. Als Zwischenziel gab ich Mariefred ein. Dort stand das SchlossGripsholm, das ich auf meinem inneren Plan der anzusteuernden Sehenswürdigkeiten stehen hatte. Bei der Entfernung verschätzte ich mich völlig, glaubte bereits, ich hätte das Navi nicht richtig eingestellt. Weil ich in dem kleinen Ort die Abfahrt auf den Schlossparkplatz verpasste, kreiste ich anderweitig, um einen Parkplatz zu finden. Stellte mich dann bei COOP für zwei Stunden (Parkscheibe) vor die Tür. Fußweg zum Schloss keine 10 Minuten.

Ein Blick in die einsehbaren, finster wirkenden, Räumlichkeiten verleidete uns den Zutritt. Wandelten im Park mit Blick auf See, Ort und Gewächshaus. Auf einer Infotafel stand in Englisch etwas von einem „window“, das aufgemalt sein sollte. Wir entdeckten es nicht. Bummelten in den Ort, der adrett und optisch ein museales Ambiente mit seinen bunten Holzhäusern bot.

Mir fiel ein, gestern das letzte Bier im Kühlschrank entdeckt zu haben. Nachschub wäre deshalb angesagt. Ein Systembolaget erinnerte mich in einer der Gassen im Ort an das fehlenden „Quantum“. Erster Kontakt mit dieser speziellen Geschäftsart. Preise beim Wein lagen gar nicht so weit über den bei uns bekannten. Sammelten die Dosen mit dem heimischen Bier ein. Jola kaufte danach bei COOP Lebensmittel, während ich bei „Annas Hembageri” nach Brot und Kuchen Ausschau hielt. Im Brotregal sah ich leckere Laibe liegen. Eine Sorte hieß „Schweitzare“, was mich sogleich an die Schweiz erinnerte. Auf Nachfrage holte die Frau an der Theke den „Meister“. Tatsächlich hatte der Name des Brotes eigentlich nichts mit der Schweiz zu tun, oder doch, ein klein wenig. Denn der Vater des „Meisters“ kam aus der Schweiz. Weil man für dieses Landbrot bei der Kreation keinen Namen fand, wählte man eine Kombination aus dem Herkunftsland und ? (hab ich nicht verstanden).

Vorräte aufgefüllt, weiter ging es auf dem Weg Richtung Lidköping.

Gegen 13 Uhr auf einem Rastplatz eine Pause eingelegt, kleinen Imbiss gemacht. Gegen 15 Uhr näherten wir uns erstmals dem Vännersee, eine Stunde später standen wir auf dem Platz Kronocamping und kurz darauf war unser Home installiert.

Den See, der wie ein Meer auf mich wirkte, lag ergraut vor mir, als wir am kleinen Badestrand standen. Am Horizont ein „Berg“, wie der Kilimandscharo in Miniatur. War es der Tafelberg?

Spielten eine Runde (12 Loch) Abenteuergolf, sehr spaßige Angelegenheit. Die Stadt bot nette Ansichten, im Park trieben eine Menge Menschen, meist weiblicher Natur, bei lauter Musik gemeinsam Gymnastik.

26.06.2019 Mittwoch

Schlechtes Wetter gäbe es ja eigentlich nicht, nur die falsche Kleidung. Ab 10.15 Uhr regnete es in Strömen. Zeit für die Planung des Aufenthaltes in Göteborg.

Ich ärgerte mich über verpasste Gelegenheit beim Kauf des Fährtickets von Puttgarden nach Rödby, man hätte gleich ein Kombiticket für die Brücke oder die Fähre Helsingborg mitordern können, was sicher günstiger gekommen wäre.

In Göteborg befand sich ein relativ zentral gelegener Campingplatz, den man von Lidköping in zwei Stunden erreichen könnte.

Zauderten, was nun gemacht werden sollte. Stadtbesuch oder nicht, ans Wasser oder nicht?

Ein Platzregen nahm uns die Entscheidung ab, verbannte uns, im WoMo auszuharren. Das allzu feuchte Wetter befeuerte die Entscheidung, nun lieber Richtung Göteborg abzureisen. Während der Fahrt einmal einen Tankstopp eingelegt, bei einem Preis von ca. 1,50 € rappelte der Zähler recht flott voran, ohne dass der Tank richtig voll wurde.

Die Landschaft veränderte sich nur unwesentlich, mehr Hügel, mehr Felder mit Getreide. Der Himmel klarte zwischenzeitlich auf, irgendwie schaffte es die Sonne auch ohne zu scheinen, die Luft aufzuheizen. Im WoMo wurde es so warm, die Klimaanlage durfte ihren Dienst verrichten.

Gegen 13.50 Uhr erreichten wir den Campingplatz, die Lage schien günstig, nicht so weit von der Innenstadt entfernt. Platz C77, frei von Bäumen, eben, ausreichende Größe, sollte man auch erwarten dürfen bei 480 Kronen (ohne Abenteuergolf). Ich war gerade mit dem Aufbau fertig, da trudelte ein Auto mit Wohnwagen ein, Lübecker Kennzeichen. Familie mit Kind.

Aßen die eingekauften schwedischen Spezialitäten, zum Nachtisch Milchreis mit Mandarine.

Nach Göteborg ins Zentrum zu finden war gar nicht schwer. Meist auf gut ausgebauten Radwegen, manchmal holperig, weil gerade die Baustelle eingerichtet oder entfernt worden war. Ausschilderung übersichtlich und gut erkennbar. Mir sagte am meisten der Hinweis „Örgryte“ etwas, den Namen kannte ich noch von einem Fußballverein. Liseberg, Stadtteil und Vergnügungsareal boten Orientierung auf dem Weg ins Zentrum. Die Stadt wirkte quirliger, mehr Radfahrer waren unterwegs, lag es daran, dass das Mittsommerwochenende vorüber war? Göteborg glänzte mit imposanten Bauwerken, alte, gut erhaltene Bausubstanz, daneben aber die schon aus Stockholm bekannten Hochhäuser.

Das Wahrzeichen „Utkiken“ fanden wir nach einem Suchspiel, auf dem wir statt des Turmes zunächst andere Dinge sahen. Der rot weiße Turm stand am Hafen neben modernen Geschäftsgebäuden und war wohl selbst auch ein solches. Fast noch auffälliger hingegen war die Oper gegenüberliegend. Gegen 16.30 Uhr kamen wir – wieder einmal – zu spät, bereits ab 16 Uhr geschlossen. 40 Kronen kostete die Auffahrt auf die Plattform.

Morgen Kinder soll‘s was geben!

Die Räder dockten wir in der Nähe der Saluhall (Markthalle) an. Drehten in der Halle eine Runde, gekauft wurde jedoch nichts. Angebot von Lebensmitteln überwog, Mittagstisch gab es nur vereinzelt. Die Flaniermeile „Kungsportavenyen“ gingen wir zu Fuß, bis zu „Poseidon“, der auf dem Göta-Platz stand.

Fast ausschließlich Lokale und Restaurants, mit Außenbereich, die gut besucht waren. Göteborger wissen ihre Zeit scheinbar kulinarisch sinnvoll zu verbringen. Zum Shoppen taugte diese Meile weniger. Am Ende der Avenue der „Kunstblock“, bestehend aus Konzerthaus, Kunstmuseum, Stadtbibliothek und Stadttheater, alle in gelblichem Ziegelstein gehalten, bildeten ein stattliches Ensemble. Auf den Treppen vor dem Kunstmuseum saßen die Menschen bei einem Glas Wein etc. in der Sonne.

Wir stöberten ein wenig hinter der „Kunst“, dort befand sich die altehrwürdige Bibliothek der Universität. An einem neu gestalteten Spielplatz schillerte Wasser eines kleinen Teiches silbrig, auf dessen Oberfläche fast ausschließlich Seerosen wuchsen.
Straßen waren aufgerissen, neue Leitungen wurden verlegt. Die Straßenbahn in blau, die leisen Hybridbusse ebenfalls. Viele Schienen, Stolperfallen vor allem für Radfahrer. Landeten im Trädgårds-Föreningen, wo gleich am schmiedeeisernen Eingangstor ein Café uns einlud. Zwei Bier vom Fass, ein Musiker mit Gitarre auf einer Bühne und schon gehörten wir zum Amüsement des Göteborger Stadtlebens. Im Park selbst besuchten wir das uralte Gewächshaus mit seinen übergroßen Pflanzen. Ein Foto aus dem Dachgeschoss.

Räder abgeholt, ein bisschen gecruist, dann am Großen Hafenkanal bis nach Ullevi, wo die großen Stadien das Landschaftsbild dominierten. Kurz nach 20 Uhr war Schluss mit Stadtbesichtigung.

Jola verlängerte an der Rezeption den Aufenthalt für eine Nacht.

27.06.2019 Donnerstag

Morgens alles wie gehabt, nur der Backofen funktionierte auf diesem Campingplatz anders. Den ließ ich mit drei Brötchen für meine Zeit unter der Dusche allein, in der Angst, später zwar sauber und erfrischt zu sein, dafür aber möglicherweise Kohlestücke aus dem Ofen ziehen zu müssen. Die Sorge war unbebegründet, Brötchen waren schön durchgewärmt und leicht knackig.

Zweiter Tag, um Göteborg besser kennenzulernen. Nachgeholt wurde die Besteigung des „Utkiken”. Die Route bestens bekannt, huschten wir durch die Stadt, ein Stopp, um die Oper abzulichten, was ich am Vortag vergaß.

Standen dann gegen 09.40 Uhr vor dem Eingang, waren die einzigen Interessenten und hatten zudem das Glück, dass die angegebene Öffnungszeit von 11 Uhr keine Bedeutung zu haben schien. 80 Kronen per Karte bezahlt, dann persönliche Begleitung zu Fahrstuhl Nummer 5, als Serviceleistung betätigte die junge Frau auch noch den Knopf mit dem Aufdruck „22“, und alsbald schossen wir geräuschlos und geschwind in das oberste Stockwerk auf 86 m Höhe hinauf. Ganz alleine hatten wir die Aussichtsplattform für uns. Tische und Stühle standen herum, vor einigen Fenstern waren Bilder und Erläuterungen angebracht, was man in der Ferne sehen könne.

Kleine Lukenfenster besaßen einen Griff und ich konnte sie zum besseren Fotografieren öffnen.

Göteborg von oben ist natürlich ein interessanter Ausblick, leider trübten die vielen Baustellen in der Nähe um den Turm herum das Bild einer an sich imposanten Stadtsilhouette. Einige der gekennzeichneten Punkte auf den Infotafeln hatten wir bereits gestern live vor Ort gesehen, bspw. das Gewächshaus.

Hier ein Blick auf Hafen, Oper und den restaurierten Segler „Barken Viking“.

Wie von der Frau gezeigt, drückte Jola den Knopf mit dem grüne „E“, passierte allerdings auch nach dem zweiten Drücken nichts. Dann fiel der Groschen, nach rechts zeigte ein Pfeil, der grüne Knopf auf dem rechten Bedienpaneel sollte gedrückt werden. Unten angekommen ließ sich die Tür mit der Kennzeichnung Uitgang nicht öffnen. Durch die Katakomben geschlichen, landeten wir in der Kantine. Ansprechendes Ambiente, da essen die in diesem Gebäude Angestellten sicher gerne.

Jola offenbarte mir, sie möge heute nicht so viel erleben, würde lieber zurückfahren bzw. einen Besuch des größten EKZ machen (eventuell).

Mir war‘s recht, ich zuckelte danach auf dem Küstenweg „Kattegatt“ am Göta Älv entlang. Kreuzfahrtterminal, vom Ortsteil Klippan aus die riesige Brücke „Älvsbornbron“ näher rücken sehend. Sie dominierte eindeutig die Skyline. Kurz bevor ich darunter hindurchfuhr das stilvolle Hotel Waterfront im rötlichen Backsteingewand, gleich nach der Brücke das Kunstmuseum Roda Sten. Eine halbe Stunde später hatte ich mehrere Ortsteile durchfahren, befand mich im klassischen Mittelschichtwohlstandmilieu, nette Häuschen im Grünen, ruhige Lage und Yachthäfen ohne Ende. Ich steuerte in Hinsholmens, etwa auf Höhe von Fiskeback gelegen, einen davon an, mich deuchte, hier lagen mehr Boote als in Heiligenhafen oder Neustadt. Bis zum Ende des Hafengeländes, wo die Straße in einen Spazierweg an den Strand führte. Scheinbar begann hier das Göteborger Schärengebiet.

20 Km war ich nun vom WoMo aus unterwegs gewesen, Zeit umzudrehen. An der Brücke kitzelte mich kurz die Versuchung hinaufzufahren, der Blick wäre sicher dem vom Turm ebenbürtig oder sogar besser. Bog stattdessen in Richtung Slotsskogen, einem enorm großen Naherholungsgebiet ab. Ich quälte mich im Highspeedmodus steile Wege hinauf, ohne genau zu wissen, wo ich da lande. Dann stand ich vor einem Turm, die Tür mit einem Zettel behangen, ab 13 Uhr Besichtigung des alten Wasserturmes. Nun gut, es war gerade 12 Uhr, solange würde ich nicht warten wollen und dann auch noch 80 Kronen löhnen.

Nach der Abfahrt gelangte ich tatsächlich für wenige Augenblicke in den Paradisgarten, so der Straßenname. Von dort wuselte ich mich durch bis zum Lilleplatsen, um dann die nächste Anhöhe SkansenKronan zu erklimmen. Erneut unter höchster Anstrengung den gewundenen Parcours bis zum Plateau gemeistert. Diese Sehenswürdigkeit hatten sich mehr Besucher ausgesucht. Ein Dosensammler stromerte von Mülleimer zu Mülleimer, unbeeindruckt von den Menschen daneben auf den Bänken, wühlte er Inhalte der Behälter von unten nach oben.

Ich umrundete einmal das Gelände, mir schien die Aussicht fast günstiger als vom Turm.

Als Haupt thronte auf dem Dachgipfel eine goldene Krone.

Vasagatan, der Radweg unter den Alleebäumen.

In Örgryte fiel mein Blick zufällig zwischen die neuen Reihenhäuser, wodurch ich auf ein villenähnliches Haus aufmerksam wurde, abbremste und mir das Gebäude aus der Nähe ansah.

Es handelte sich um das StoraTorp (Übersetzung fehlt!).

Jola berichtete von ihrem Besuch des EKZ und der verwirrenden Größe, die dazu führte, dass sie einen unbekannten Ausgang nahm und nicht zu ihrem Rad zurückfand, 30 Minuten suchen musste.

Wir unternahmen dann einen Ausflug zum HarlandaTjärn, einem See in einem Erholungsgebiet, mit Sportanlagen, Joggingstrecken und natürlich Badegelegenheiten. Von einem Steg aus kletterte Jola als erste ins Wasser und drehte eine Runde, kam erfrischt, aber nass heraus. Kein Handtuch dabei, ärgerlich, aber nicht so schlimm, denn es war recht sonnig und noch warm. Ich folgte im Anschluss, kurz geschockt, aber mutig ins Nass und eine Runde gedreht.

Den See durch felsigen Wald umrundet und zum WoMo zurück gefahren.

Abendessen in Göteborg, Haga als Ziel gewählt, weil dafür die meisten Hinweise im Reiseführer verzeichnet waren. Trafen auch gleich auf die Straße „Haga Nygata“ und fanden Sjöbaren, wo man lecker Fischgerichte essen können sollte. Ein Tisch mit Hochsitzen war noch im Hofgarten frei.

Die Fischsuppe bekam von mir keinen Stern, Jolas „Gratin“ bestand aus sechs Rosetten leicht gebräuntem Kartoffelstampf. Vielleicht ein gedachter Übersetzungsfehler von uns, weil angenommen, das französische sei dem schwedischen gleichzusetzen.

Das Café mit den Riesenzimtkringeln befand sich gleichfalls in dieser Straße, wir sahen sie gestapelt im Schaufenster liegen.

Und noch ein letztes Mal die Vasagatan (die Radallee) auf voller Länge durchfahren.

28.06.2019 Freitag

Göteborg ade, für mich ein paar Tage zu früh. Die Heimat rief. Zwei Eier durften im kochenden Wasser auf Veränderung ihres Aggregatzustands warten. Aufgebackene Brötchen hatten schon wieder an Konsistenz verloren, schmeckten trotzdem noch zum Ei. Abfahrt vom Campingplatz war kurz nach 9 Uhr. Unentschlossen blieb ich während der Fahrt, bis wohin es an diesem Tage gehen sollte. Bis ganz nach Hause wäre eine Option, doch Jola wünschte einen Aufenthalt, irgendwo auf dem Weg zur Fähre, nur ja keine Großstadt mehr. Plötzlich kam Malmö als Destination wieder ins Spiel, man kenne den Platz, die Stadt. Ich wollte keinesfalls mehr über die Öresundbrücke, nach Halmstad einigten wir uns auf Båstad, das durch Tennis (Björn Borg gewann hier 1976 sein erstes großes Tennisturnier) und als Riviera am Kattegatt bekannt war. Die Sonne meinte es gut mit uns, zu gut während der Fahrt, die Klimaanlage musste ihren Dienst verrichten.

Am Campingplatz kurz die sich so oft wiederholende Auseinandersetzung um die Wahl des „richtigen“ Platzes. Vor der Einfahrt zu stehen, es war mir nicht recht, also umswitchen.

Um 12 Uhr war alles eingerichtet, aufgestellt und die Räder abfahrbereit. Einen Tee getrunken, einen Stadtplan besorgt, dann machten wir uns auf, den Ort zu erkunden. Bis ins Zentrum sollten es rund 3,5 Km sein, es wurden dann 6. „Bis in den Ort“ wird sicher öfters individuell formuliert. Tatsächlich erinnerte der Weg nahe des Meeres mit seinen Nadelbäumen stark an südländische Regionen. Båstad war just an diesem Tage (und einigen zuvor) Austragungsort einer Europameisterschaft im Padel-Tennis, außerdem fand ein Radrennen statt. Ein Teil des Ortes war daher abgesperrt. In die Arena gelangte man nur mit Eintrittskarte, die wir nicht erwerben wollten, wir wollten „bloß“ zu Mittag essen. Umkreisten das Sportgebiet weiträumig, einmal noch rechtzeitig von einer Ordnungskraft vor einem heranbrausenden Rennfahrer gewarnt. Im Victoria, gelegen nicht weit der Tourist-Info, landeten wir schließlich auf der Terrasse auf einem schattigen Zweierplatz. Warteten vergebens auf eine Servicekraft, es wäre auch keine gekommen. Hier musste man selbst im Lokal bestellen, bekam eine Tischnummer, Bier und Wasser brachte Jola gleich mit nach draußen. Beide aßen wir überbackenen Ziegenkäse, eine leichte Kost am Mittag.

Spazierten die Hauptstraße entlang, ein paar Modegeschäfte, Durchgangsverkehr. Kehrten zu unseren Rädern auf Schleichwegen zurück, entdeckten stille Gassen mit Blick aufs Meer und Umland, in denen artenreich bewachsene Häuserfronten standen. Das sichtbare Umland lag insgesamt höher.

Uns trieb es den Kattegatt-Radweg bis ins ca. 10 Km entfernte Kattvik, ein Nichts auf der Landkarte, wo lediglich ein Kiosk sein sollte. Der Wind hier wehte recht frisch, die Sonneneinstrahlung spürte ich, (trotz Faktor 30 der Sonnenschutzcreme) als ich am Kiosk vom Rad stieg. Der Ort zog sich etwas die Straße entlang, neuere Häuser überwiegend, dazwischen ein paar alte Katen „zum Verkauf“. Zum Ort gehörte ein „Oberdorf“, das besuchten wir nicht. Der Kiosk auf der Anhöhe an der Straßenkurve, eine Bretterbude, deren Spezialität scheinbar frische warme Waffeln mit Schlagsahne war. An mehreren in der Landschaft stehenden Tischen saßen unter Sonnenschirmen Menschen bei Kaffee (der freiwillig nachgeschenkt wurde) und der beworbenen Nascherei, den Kindern schmeckte es besonders gut.

In dem winzigen Hafenbecken weiter unter lagen Miniaturfischerboote, ob noch im Echteinsatz oder nur als Hobby, keine Nachforschung darüber betrieben. Baden hätte man hier gekonnt, ich verwarf den Gedanken jedoch. Nach Torekov wollten wir nicht mehr weiter fahren, heute mal nicht so viele Kilometer abreißen.

Bei der Fahrt zurück unterstütze uns der Wind. An einigen Abschnitten roch es stark nach vermoderten Algen oder Seegras, die Besitzer der am Hang befindlichen Häuser würden sicher „die Nase voll“ haben.

Wieder am Hafen, beobachtete ich gerne das Treiben, im Hintergrund tönten die Ansagen des Schiedsrichters vom Court herüber. Wir gingen hinter die Eisdiele auf die Terrasse, wo Stühle im Schatten frei zur Verfügung standen. Jola marschierte alsbald neben der Seebrücke ins flache Wasser, das ca. 20° haben sollte. Ich durfte mich derweil an den vielen hübschen Mädchen in ihren knappen Bikinis erfreuen.

Mein – vermutlich – gebrochener kleiner Zeh am rechten Fuß zeigte eine deutliche Schwellung, zudem war er blutunterlaufen. Das Wasser kühlte zwar, half vermutlich aber nicht wirklich gegen die Schwellung. Rückfahrt wieder mit Blick auf die vielfältige Art der Bebauung, die abwechslungsreiche Architektur und die friedlich daliegende Landschaft.

Jola schwärmte später von den so freundlichen Menschen (an der Rezeption, im Sanitärbereich….). Als wir zurück kamen, hatte sich der Platz merklich mit Neuankömmlingen gefüllt. Neben uns stand ein VW-Bus aus den Niederlanden mit einem jungen Pärchen. Fast wie fernsehen durfte ich an deren Vorbereitung ihrer Speisen teilhaben. Beide recht groß, werkelten sie zusammen in der Enge des Innenraumes. Das Hochdach nicht aufgeklappt. Für uns wäre das kleine Ding sicher nichts mehr, aber so für zwei, die gerne öfters kuscheln…

Als warme Mahlzeit verlängerte Jola das aufgetaute Gulasch mit Kartoffeln und einer Paprika „auswärts“, dazu ein warm gemachtes Baguettebrötchen. Perfekt!

29.06.2019 Samstag

Schon vor 7 Uhr aufgestanden und geduscht. Drei Brötchen im Backofen aufgewärmt. Als ich sie abholte, stand eine Frau mit Kochtopf in der Küche und bereitete ihr Frühstück zu, es war sicher eine Reisende mit Zelt.

Noch vor 9 Uhr verließen wir Båstad. Die Fahrt verlief ruhig, wenn auch etwas mehr Verkehr herrschte als sonst. Jola wiederholte mantraartig, wie schön es doch in Båstad gewesen sei, wie freundlich die Menschen waren, wie schön die Landschaft, eigentlich würde sie gar nicht nach Hause fahren wollen. Ups! dachte ich, das hörte sich vor noch nicht allzu langer Zeit ganz anders an.

Nachdem in Göteborg der Himmel etwas verhangen daherkam, klarte es sich unterwegs mehr und mehr auf. In Helsingborg bog ich einfach ab, eigentlich wie geplant, nur das Navi hatte wohl die Strecke über Malmö und die Öresundbrücke als die schnellere errechnet. Rund 110 € blechte ich für die einfache Überfahrt, die lediglich 20 Minuten dauerte. Kamen gleich mit dem ersten Schwung mit.

Bis nach Rödby wurden 148 Km angegeben. Meine Tanknadel neigte sich zusehend hin zum roten Bereich. In Schweden noch einmal tanken, darauf wollte ich eigentlich verzichten. Um Kopenhagen herum nahm das Verkehrsaufkommen merklich zu, ob in Dänemark ebenfalls die Ferien angefangen hatten? Oder war es nur Wochenendverkehr? Egal, im Strom mitgeschwommen, auf dieser langen ruhigen Route, keine Baustellen weit und breit, meist hielten sich die Autofahrer an die 120 km/h bzw. 110 Km/h. Kurz vor dem Fährhafen zeigte die Reichweite der Tankfüllung knapp über 50 Km an. Ich hoffte inständig, dass das System seine Rechenaufgaben gut erledigte. Immerhin schaffte ich es auf die Fähre, stand zwischen riesigen LKW. Meine Sorge war, ich bleibe genau da ohne Sprit liegen, wo es einen Engpass gibt und ich den gesamten Verkehr aufhalten würde. Auf dem Schiff die Beine vertreten und die Nase in die Sonne gehalten. Der Ansagemann berichtete stolz, das Fährschiff hätte eine Abgasreinigungsanlage und würde bis zu 90% der Abgase filtern und als ungefährlichen Wasserdampf durch den Schornstein entlassen.

Fuhr ich deshalb mit ruhigerem Gewissen über den Sund nach Puttgarden?

Jola neckte ich mit meiner Aufforderung, ihre Brille abzunehmen, damit Sonnenlicht an die bleichen Hautfalten unter den Augen gelangen könnte.

Ich suchte nach Tankstellen auf Fehmarn, die dichteste befand sich in Burg in 6,5 Km Entfernung von Puttgarden. Im Eco-Modus tuckerte ich diese Strecke ab und war froh an der Tankstelle den Zapfhahn in der Hand zu haben. Nur er ließ sich nicht aus der Arretierung ziehen: „gesperrt“. Rückwärts an die nächste Säule, dann endlich floss der schwarze Saft in den Tank. In Heiligenhafen entledigten wir uns bei Famila des Leerguts und bekamen fast 8 € Guthaben. Ein paar Kleinigkeiten in den Wagen, dann nach Lübeck. Kein Stau, dafür gab die Straße ruckelnd ihren unebenen Zustand ins Innere weiter. Ganz offensichtlich waren wir wieder in Deutschland.

In Deutschland herrschten derzeit ganz andere Temperaturen wie in Skandinavien. Hitzerekorde jagten sich die Bestmarken in schneller Reihenfolge ab.

Unser Haus stand noch, war noch alles da, der Garten in akzeptablem Zustand. Der Wein vorne am Haus war unter der Blätterlast abgerutscht. Die Glyzinie züngelte in beiden Richtungen. Im Garten hinten mehr Blühendes als Verwelktes, das Gras wie in der Pampa hoch. Nachdem alles ausgeladen war, kam die Schere zum Einsatz und schnell war die Biotonne voll. Regina und Peter hielten uns „kurz auf“. Dohmkes kamen vom Himbeerpflücken.

2019 Schweden 1.Teil

Wähle einen Tag: 07.06. 08.06. 09.06. 10.06. 11.06. 12.06. 13.06. 14.06.

06.06.2019 Donnerstag

Trotz nächtlichen Regens war es morgens kaum abgekühlt. Frühstück um 8 Uhr. Danach begann die Einlagerung der restlichen Reiseutensilien, vor allem der Lebensmittel. Noch nie war der Kühlschrank so voll wie auf dieser Tour. Die Fahrt im WoMo, meist mit eingeschalteter Klimaanlage, vollzog sich wie auf einem langsam dahinfließenden Strom. In Heiligenhafen bei Famila eine Palette Dosenbier gekauft nebst etlichen Lebensmitteln. Den Tank mit Diesel in der nahe gelegenen Tankstelle von Avia aufgefüllt. In Puttgarden erfuhr ich im Service-Center, dass man keine Camping-Key-Card kaufen konnte, die nach Informationen aus dem Reiseführer Vergünstigungen bei Fährtarifen und Campingplätzen mit sich bringen sollte. Das Ticket für die Überfahrt für Hin und Zurück betrug 242 €, mehr als ich vermutete. Bis Kopenhagen war meist 110 Km/h auf der Autobahn Richtgeschwindigkeit. Malmö war dann rechtzeitig ausgeschildert, die Maut angekündigt. Bezahlt wurde nach der Durchfahrt, kein Hinweis auf die zu zahlende Gebühr, nirgends. Nach ca. 6 Kilometern über die bemerkenswerte Brücke kam die Überraschung an der Mautkabine, 124 € für den Ausflug über den Öresund. Jola hat‘s gefallen, nur der Betrag war für den Gefallen reichlich üppig. Die Adresse des Stellplatzes führte dazu, dass wir gefühlt unendlich lange eine Straße nach oder durch Malmö fuhren und uns dies zu lang vorkam. Da zuvor der von mir ausfindig gemachte Campingplatz ausgeschildert war, wählte ich diesen als neues Ziel. „First Camp“ in Sibbarp bei Malmö entpuppte sich als außerordentlich umfangreiches Campingplatzgelände. Kurze Wartezeit an der Rezeption, dann den Platz 143 ergattert, ohne Reservierung. Zwei Übernachtungen (790 Kronen) gebucht. Die schwedische Krone lag bei ca. 10,60 für einen Euro. Den Platz 143 bei der ersten Anfahrt nicht gefunden. Dann lotste Jola mich in einen relativ kleinen Stellplatz zwischen einem mit Vogelkot vollgeschissenem Vorzelt und einem Wohnwagen mit danebenstehenden PKW. Unter Bäumen, keine Chance auf Fernsehempfang, egal. Der Mann vom Wohnwagen bot an, seinen Wagen wegzufahren, sein Platz sei so groß, genug Platz, den Wagen auf der anderen Seite abzustellen. Strom war angeschlossen, schwitzend dackelten wir dann zum Restaurant neben der Rezeption. Das öffnete erst um 17 Uhr, zu spät für einen warmen Snack. Wir erleichterten unseren Kühlschrank, aßen die geräucherte Flunder.

Sanitäranlagen ausgesprochen ordentlich, separate WC mit ovalem Waschbecken, Seifenspender, Papierhandtücher.

Erfuhr vom Nebenmann am Stellplatz den günstigsten Weg mit dem Rad ins Zentrum. Blick am Strand auf Öresundbrücke. Überraschend sah ich Menschen im Sund baden. Der Radweg, breit, glatt, geteert, führte uns entlang von Grünanlagen, Sportstätten, Strand und später ins Hafengelände, welches sich, wie schon so oft anderswo erlebt, im Wandel befand. Der Nationalfeiertag trug wahrscheinlich dazu bei, dass auch weniger schwedisch aussehende Menschen mit einem schwedischen Fähnchen herumwedelten.

Staunend wandten wir uns hin zu einem neu wirkenden Stadtteil mit interessanter Architektur, ruhigen Wohnbereichen, scheinbar autofrei, und dem neuen Wahrzeichen „Turning Torso“, ein in sich gedrehter 190m hoher Wohn-Turm. Im Rücken zog eine fast schwarze Wolkenfront auf. Die meist jungen Leute schien das wenig zu stören, leicht bekleidet lagen einige am Strand, der zwar nicht mit solchen wie auf Rügen oder bei uns in Travemünde konkurrieren konnte. Nach gut 11 Kilometern kehrten wir sicherheitshalber um. Im Yachthafen entdeckten wir den Wohnmobilstellplatz, angelegt auf dem Winterlager des Yachtclubs. 250 Schwedische Kronen pro Tag, natürlich günstiger als der Campingplatz. Sturm mit Sandwehen kam auf, niemand hastete davon, aber Aufbruchstimmung bemerkbar. Drei Mal sahen wir größere Gruppen von Menschen bei gymnastischen Aktivitäten unter Anleitung auf den Rasenflächen. Hier und da ein Regentropfen spornte uns zu einer höheren Drehzahl an. Die Öresundbrücke verschwand in der Ferne fast hinter einer schwarzen Regenwand. Eine Fähre durchquerte in der Mitte gerade die Brücke. Trocken erreichten wir den Stellplatz. An der Aufbautür klebte ein Zettel mit der Aufschrift „Wrong Parking“. Ärgerlich, wahrscheinlich hatte sich der „vollgekackte“ Nachbar beschwert. Anlass für mich, an der Rezeption nachzufragen und gleich um einen anderen Stellplatz zu bitten. Auf Platz Nummer 505 war dann auch TV-Empfang, dafür kein Rasen vor der Tür.

07.06.2019 Freitag

Nachts überwiegend trommelnde Regentropfen auf dem Dach. Natürlich hatte es sich morgens ordentlich abgekühlt, aber immerhin begann der Tag ohne nasse Bescherung von oben.

Den Stellplatz an der Rezeption umgebucht. Später wollte ich Brötchen kaufen, aber leider nahm man keine Euro an. EC-Karte hatte ich nicht dabei. Die Runde noch einmal absolviert, mit EC-Karte. Die Extrarunde brachte mich in den Genuss von frisch gebackenen warmen Brötchen. Komisch irgendwie, knapp 30 Kronen mit der Karte zu bezahlen.

Zwei „Gärtner“ pflegten den neben der Rezeption befindlichen hübsch angelegten Mini-Golf-Platz, der einige Malmöer Sehenswürdigkeiten an einzelnen Löchern en miniaturé nachgebildet aufwies.

In die Stadt fuhren wir diesmal eine etwas andere Strecke, als erstes Ziel anvisiert der Schlosspark und das Malmöhus. Das imposante Gebäude der Stadtbibliothek fiel uns an einem der Zugänge zum Schlosspark auf.

Etwas weiter entdeckten wir einen kleinen Botanischen Garten, in dem üppig allerhand Grünzeug wucherte. Inmitten der floralen Pracht ein – ehemaliges – Gewächshaus als Gästedomizil eines dazugehörenden Restaurants. In der Auslage leckere Küchlein und anderes. Aber uns schwebte ein Snack in den Markthallen vor, die als nächsten angesteuert werden sollten, deswegen verzichteten wir. Hinter dem Gewächshaus eine rote Ziegelfront, sie gehörte zum Malmöhus. Das Haus beherbergte ein Museum, im Innenhof ein Reliefdarstellung aus Bronze oder einem anderen Metall der Stadt Malmö. An einer der Gemäuerwände überdimensionierte Fotos von Bodybuildingfrauen.

Ansonsten wirkte die ehemalige Verteidigungsanlage wenig attraktiv. Nur ein paar Straßen weiter, zwischen den hohen Häusern von Malmö Live, fanden wir, etwas versteckt, die Markthallen. Um uns herum auf den Fußwegen lärmende Jugendliche, Mädchen alle in weiß, Jungen alle in Anzug mit Mützen a la Burschenschaft. Trillerpfeifen tönten und hallten von Häuserfronten. Ausgelassen zogen sie um Schulgebäude, fuhren auf LKW singend oder grölend durch Malmö, Fahnen aller möglichen Nationen schwenkend. Viele Farbige, Kopftuchtragende weibliche oder arabischstämmige Jungen unter den „Absolventen“. Woher die nicht gerade billigen Autos kamen, in denen Autokorso gefahren wurde, blieb ein Geheimnis.

In der Markthalle verschiedene Stände mit frisch zubereiteten Speisen, Käse-, Wurst- und Fleischstände ergänzten das Angebot. Fast zu jedem Stand gab es kleine reservierte Sitzplatzbereiche. Nach einer Inspizierung des internationalen Angebots bestellten wir asiatische Suppen, beide sehr lecker. Bezahlen ging nur bargeldlos, wie schon so oft erlebt.

Am Hafen stand ein kleiner Leuchtturm, zu dem wollte Jola gerne hin. Er befand sich am inneren Hafen, wirkte dort etwas verloren zwischen all den mächtigen Gebäuden. Auf dem Weg zur Fußgängerzone begegneten uns „metallene Musiker“, das Rathaus folgte kurz darauf. Vor dessen Gebäude auf dem Platz bauten zahlreiche Rowdys für den Activ Run allerhand Material zusammen. Im Stadtteil LillaTorg ließen wir die Räder für einen Spaziergang stehen.

Die Auslage eines Ökobäckers lockte zum Kauf eines Brotes, was erst später realisiert wurde. Endlich eine Bank entdeckt, dort wechselte man uns allerdings kein Geld. Dazu mussten wir in eine Wechselstube von Western Union, wo Jola 300 € umtauschte und wenig mehr als 3.000 Kronen erhielt.

Jola kaufte bei Flying Tigers ein Hängekörbchen für das WoMo. Unbedingt aufgesucht werden sollte noch das Café, welches Menschen mit Beeinträchtigungen betrieben. Es befand sich in der Nähe der Oper, nicht weit von Triangeln.

Die Lokalität wirkte mit seinem bunt zusammengewürfelten Interieur sonderbar, Jola meinte, ein Surfer hätte mit seinem behinderten Kind die Idee für diese Einrichtung gehabt. Der Bedienung fehlte in dem Gespräch mit mir ein Brocken Englisch, als sie mir erklären wollte, dass der Kaffee noch „durchlaufen“ musste. Ihr wurde von einer älteren Frau, Leiterin des Ladens vermutlich, auf die Sprünge geholfen. Der servierte Kuchen war schmackhaft.

Pildammsparken, eine weitere erholsame Grünanlage mit Teich, Pavillon und Turm. Triangeln, ein Zentrum für junge Leute vor einem Einkaufszentrum, und zentralem Busbahnhof im Untergrund. Nächstes Highlight war dann der Folkets Park, der auf dem Stadtplan eine Moschee als Zeichen aufwies.

Hier mehrten sich die pfeifenden Töne der Mädchen, röhrende Motoren und grölende Männer auf dem LKW. Der Park war dann eine riesige Spielwiese für Eltern mit Kindern. Die „Moschee“ eine Attrappe, davor eine Art Biergarten mit kleiner Bühne, auf der wohl bis vor Kurzem eine Band gespielt hatte.

Auf einer Grünfläche dann eine größere Bühne, davor Sitzbänke in Reihen, darauf vereinzelt Menschen, die auf etwas zu warten schienen. Sicher nicht auf die sich ständig wiederholende Werbung auf der Großbildleinwand. Nach und nach kamen immer mehr „Zuschauer“, setzten sich mit Decken auf den Rasen, tranken ein Gläschen Sekt, Bier oder anderes Unbekanntes. Gegen 18.45 Uhr eine Moderation eines Schweden und einer Schwedin (Muslimin mit Kopftuch), worum es ging, erschloss sich uns nicht. Dann eine Band, die laufend bekannte Hits ansang und deren Texte im Hintergrund auf der Leinwand zum Mitsingen zu lesen waren. Den Leuten hat‘s gefallen, die Stimmung schien gut.

08.06.2019 Samstag

Regen, er erwischte Jola nach dem morgendlichen Gang zu den Sanitäranlagen, so sie später berichtete. Es nieselte leicht vor sich her. Die Räder in der Garage verstaut, gefrühstückt, geduscht und dann gegen 10 Uhr verließen wir Malmö hin auf die E65 Richtung Ystad. Nasse Straßen verwirbelten reichlich Sprühregen, ansonsten klarte es am Himmel auf. Grüne Landschaften zogen leicht wellig vorbei. Die letzten Kilometer auf wechselnder dreispuriger Straße, deren sichere Abtrennung durch drei übereinander liegende Stahlseile gewährleistet war. Ystad begrüßte uns mit der Seesicht und dem Hafen, wo wir auch gleich, irriger Weise, hin zu einem Parkplatz abbogen (Platz für 70), wo einige Wohnmobile parkten. Es war allerdings nicht der Stellplatz an der Marina. Hier waren Parkplätze für Busse für vier Stunden ausgewiesen. Ich bog etwas weiter die Hauptstraße entlang zur Tourist-Information ab und stellte mich direkt auf einen freien Parkplatz vor das „Café Wallander“. Dieses Café war im Reiseführer genannt worden. Ich sammelte umfangreiches Material über die Stadt ein, erfuhr von der Mitarbeiterin, dass es einen Campingplatz gab, den sie mir empfahl, weil er exzellent sei. Bis zum Campingplatz zuckelten wir mit max. 40 Km/h durch den Ort und dann weiter auf der Straße Österlenden, bis wir nach gut 3 Kilometern den Campingplatz erreichten. Trotz der Bitte, einen baumfreien Platz zu bekommen, bugsierte uns der Verwalter auf seinem Rad zu einer Fläche zwischen Ferienhäusern und einem Wohnwagen. Zwar genug Platz inmitten hoch aufragender Nadelgehölze, aber leider kein Fernsehempfang. Da half auch kein umparken oder wenden. Die Sonne hatte mittlerweile die Oberhand am Wetterhorizont übernommen.

Jola schien geneigt, heute einige unserer Vorräte zu einem Mittagessen zu verarbeiten. Kartoffeln, Krabben und Eier wanderten in die Pfanne, dazu einen Salat und zum Nachtisch die Zimtschnecken, von denen sich eine als ein Stück ohne Zimt herausstellte, dafür gestoßenen Kardamom enthielt.

Danach fuhren wir mit dem Rad nach Ystad, auf dem Promenadenweg sahen wir zwischen Gestrüpp und Bäumen etliche Badehäuschen in unterschiedlichen Formen und diversen Farbtönen. Dazwischen vereinzelt herrschaftliche Villen.

Jola suchte dann den Stellplatz an der Marina, der alsbald gefunden wurde. Gut gelegen, voll ausgelastet, „closed“. Direkt vorbei führte die Eisenbahnlinie, auf der Milka-Züge leise hin und her huschten. Die lilafarbenen Züge und Waggons erinnerten mich sehr an Produkte der genannten Schokoladenmarke.

Danach eroberten wir das idyllische Innenleben der Altstadt mit seinen vielen Fachwerkhäusern, engen Gassen, dem Marktplatz an der Marienkirche, wo wir unsere Räder anketteten. Zuvor fiel uns Utas Glassmakeri auf, ein Eisladen, bei dem wir später uns verköstigten. Beim Kloster stöberten wir im Kräutergarten, folgten später einem Rundgang, der uns u.a. zu den Filmstudios führen sollte. Auf dem Weg dorthin entdeckten wir einen riesigen schwarzen Komplex, das Schwimmbad mit überdimensionierter Rutsche. Das Filmstudio war auf einem ehemaligen Kasernengeländekomplex untergebracht. Das gesamte Areal machte auf mich eher den Eindruck eines etwas zu groß geratenen Gutshofgeländes als auf eine ehemalige militärische Anlage. Das Studio hatte nicht geöffnet.

Den Rundweg gingen wir nicht bis zum Ende, kehrten hier auf den Weg zurück in die Altstadt. Hier und da hübsche Ensembles, manches erinnerte ein wenig an Straßenzüge in Eutin, wo vor den meisten Häusern Rosen wuchsen. Wieder mit unseren Rädern unterwegs, fanden wir den Eisladen, aus dem Jola uns zwei Becher schmackhaftes Eis mitbrachte. Durch die offene Tür hörte ich deutsche Gesprächsfetzen. Die Inhaberin war Deutsche, vor gut 30 Jahren aus Frankfurt hierher ausgewandert.

Auf dem Rückweg drehte ich ein kurzes Video von den Badehäuschen.

Auf dem Campingplatz schien es so, als fände eine Weltmeisterschaft der Griller statt, fast von jedem Platz stiegen Rauchsäulen auf und Düfte waberten übers Gelände.

09.06.2019 Sonntag

Sonne wie versprochen, den ganzen Tag über.

Wenn nur der stürmische Wind nicht so an uns gezerrt hätte! Die Brötchen aus diesem Shop erwiesen sich als durchaus essbar, standen denen in Lübeck eigentlich um nichts nach. Losgefahren sind wir gegen 10 Uhr, erst wieder über die Straße zur Seebrücke, von wo aus der „Südschwedenweg Nr. 3“ durch waldiges Gebiet führte. Rechts rauschte das Meer, links der stürmische Wind, dazwischen die vorbeizischenden Autos. Wo der Wald zum Meer hin lichter wurde, konnten wir gischtige Wellen mit kleinen weißen Kronen an den Strand rollen sehen. In Abständen ragten Wehrbunker aus dem 2. Weltkrieg als Relikte einer unschönen Zeit aus dem Sandboden. Aktuell scheinbar als Windschutz oder von Kindern als Kletterwand genutzt. In Nybrostrand bemerkten wir, dass wir gar nicht auf dem Campingplatz dieses Ortes standen, denn hier befand sich ein weiterer. So erklärte sich auch die Entfernungsangabe von 18 Kilometern im Reiseführer nach Kåseberga zu dem Monument „Alesstenar”. Einmal die Landstraße unterquert, schon war es vorbei mit dem weichen Waldboden, auf asphaltiertem Radweg. Immerhin ein separater Radweg, der allerdings nicht mehr lange Bestand haben sollte. Weiter ging es direkt an der befahrenen Straße entlang des rechter Hand gelegenen militärischen Sperrgebietes. Gleichzeitig muss das Areal als Naturreservat ausgewiesen worden sein, denn alle ca. 100m ein gelbes Schild mit rotem Rand und der Aufschrift ”Lebensgefahr”. Trotz dieser Warnhinweise führten Wanderwege durch das Gelände. Die Landschaft veränderte sich hin zu einer an Voralpenpanorama erinnerndes Gelände. Sanft schwangen sich Hügel zur Meerseite hinauf, an deren „Hänge” verschiedenste Kuharten grasten, dösten oder, wie einmal erlebt, plötzlich im Pulk in Trab gerieten und davon stoben. Mohnblumen waren an der Strecke keine Seltenheit, manchmal schien es, als wenn sie als Begrenzung eines Rains dienten, üppig und stets ein fürs Auge gemachter Hingucker. Schonen, oder „Skåne”, wie dieser Distrikt hier hieß, war einst die Kornkammer Dänemarks (bis ins 1.700 Jahrhundert). Die „Wölbungen“ rührten vermutlich aus kontinentalen Verschiebungen her. Gegen den Sturm ankämpfend, den steten Überholmanövern von Wohnmobilfahrern Beachtung schenkend, stratzten wir die meist schnurgerade Straße dem Ziel entgegen.

Vor Kåseberga einen steilen Hügel hinauf, dann zum Ort bzw. Stell- und Parkplatz hinab. 700 Meter mussten wir danach zu Fuß wandern, erst ein Stück eingezäunten Weg, an dem sich die Informationstafel befand, dann über eine mit niedrigem Bewuchs gesegnete Ebene, gegen orkanartige Winde ankämpfend. In der Ferne wuselten Menschen zwischen den merkwürdig angeordneten Steine herum, Fotos für Facebook, Whatsapp oder Instagram schießend. Alesstenar, wir waren angekommen bei diesem ca. 3.500 Jahre alten Monument. Nicht nur wir, auch eine kleine Anzahl Weidevieh bewegte sich in Richtung Hang zur Küste, vielleicht schmeckte das Gras hier an einem spirituellen Ort besonders gut. Der Sturm ließ eine ruhige Hand an der Kamera kaum zu, zerrte am Arm, als wolle er verhindern, dass Fotos in guter Qualität gemacht würden, das Geheimnis dieser Steinkolosse bewahrend.

Das abfallende Gelände zum Wasser hin war bewachsen, auffällig oft wieder Mohn dabei. Keine abbröckelnde Steilküste wie bei uns an der Ostsee. Im dunstigen Lichte der Ferne sah man schemenhaft Schiffe auf dem Wasser, vielleicht war eins davon der Katamaran auf dem Weg nach Bornholm. Die Sonne stand hoch, gemerkt hatte ich den Tag über kaum etwas von ihrer Strahlkraft, der Wind erledigte seine Arbeit perfekt, kühlte ohne Ende.

Hunger machte sich bemerkbar, zwar erst nur leicht, quasi verdeckt wirkend. Einkehrmöglichkeiten dachten wir, gäbe es in Löderups Strandbad, nur vier Kilometer entfernt. Dort sollte es etwas zum Hunger stillen geben.

Eine ziemlich lange Straße durch ein typisch bewachsenes Strandareal wies links und rechts Ferienhäuser like Skandinavien, aber auch kostspielig aussehende Bungalows auf. Nur Vernünftiges zu essen fanden wir nicht.

Kehrtwende, Mütze wieder festhalten, sonst versengte die Sonne das Haupt. In regelmäßigen Abständen standen am Wegesrand hübsch aufgereiht die Briefkästen für die in den Stichstraßen gelegenen Häuser bzw. deren Bewohner.

Keinesfalls noch w e i t e r fahren, den Rückweg antreten, ggf. bis nach Ystad und dort ein Lokal entern. Doch ein unscheinbar wirkendes Ensemble namens Backagården, am Straßenrand gelegen, lockte zu einem Stopp. Der Eingang vermittelte noch kein Caféflair, wirkte eher wie ein Ausstellungsraum für Kunstobjekte. Weitere Räume sogen mich quasi hinein in die Tiefe bis zum Tresen mit Speisen und Getränken. Hier fand man in der Auslage Kardamomschnecken, leckere Optik und sie schmeckten genau so gut wie sie aussahen (Jola liefert den Beweis). Einen Pott Kaffee für jeden dazu und der eigentlichen Hunger war in diesem umgestalteten Gewächshaus als apartes Pausenplätzchen inmitten von rankendem Wein und anderen es warm liebenden Pflanzen schnell vertrieben. Der verlegte Fußboden aus hellem Ziegelstein erinnerte mich sogleich an die Stelle im Roman „Altes Land“, wo der Freie Journalist Burkhard über die beiden Hofsteinpflasterer lästernd herzog und diese ihm seine Einfahrt verhunzten. Auf dem Bild wirkte dieser Fußboden ziemlich gelungen!

Nach der Erholungspause strampelten wir dann wieder ordentlich in die Pedale. Der Mohn mit seinem Farbenspiel begleitete mich permanent. Eine hübsche Kombination mit Kornblumen hatte ich auf einem Schnappschuss abgelichtet, zu sehen war dann von dem Farbspiel leider nichts, deshalb hier weggelassen. Wieder überholten uns auf dem Straßenabschnitt ohne Radweg Wohnmobile oder kamen uns regelmäßig entgegen. Der Wind ließ nicht locker, außer im Abschnitt durch das Waldgebiet hinter Nybrostrand.

Bei der Durchfahrt eine Lücke aufs Meer gesehen, hier hatte sich das Wasser wie in einer Lagune gesammelt. Gegen 15 Uhr waren wir wieder am WoMo, ich froh, dem stetig zerrenden Wind endlich entkommen zu sein.

Pause, bzw. den Wagen verschoben, was letztendlich nichts nutzte, die Schüssel drehte sich wieder minutenlang, und senkte sich unverrichteter Dinge in die Ausgangsposition. Kein Fernsehen am Abend, vielleicht auch gut so.

Nach der Ruhephase meldete sich der Magen wieder zu Wort, wollte Nachschub. Jola präferierte die Fischräucherei am Wohnmobilstellplatz am Hafen. Der hatte heute geschlossen, so blieb als Alternative das Hafenrestaurant, bei dem sich Jola besonders gerne an das Heringsgericht mit Stampfkartoffeln und Preiselbeeren erinnerte.

10.06.2019 Montag

Ein grauer Himmel, kühle Temperatur, beides erleichterte den Abgang von Ystad. Jolas Wunsch war, zunächst nach Simrishamn (=…hafen) zu fahren. Wir blieben auf der wenig frequentierten 9, entspannt erreichten wir den Ort, parkten kurz am Touristenbüro, wo Jola ein paar Prospekte einsammelte. Zunehmender Regen verhinderte einen Spaziergang durch die Gassen mit seinen „pittoresken“ Häusern (so der Ton im Reiseführer). Kein Kilometer gefahren, standen wir auf einem fast leeren Parkplatz. Mit Schirm und Wollmütze gewappnet begann die Besichtigung, wobei mir sogleich die an den Häusern befestigten Straßenschilder auffielen. In Schreibschrift standen darauf die Namen. Ein bisschen wirkten einige Gassen wie die in Lübeck. An der Kirche ein kleines Zentrum mit Marktplatz, auf dem Blumen und Erdbeeren verkauft wurden. Ein Geschäft nannte sich „Lübecker Stor“, verkaufte Schuhe unterschiedlicher Marken. Ein Denkmalschild erinnerte an Besitzer und Produktionsstätten, eine war davon eine Porter-Brauerei. Mit „Lübeck“ durfte es wohl nichts zu tun gehabt haben. An einer Straßenecke glitt ein elektrisch betriebenes Reinigungsgerät an der Hand eines farbigen Mannes vorbei. Fast geräuschlos verschwand Unrat durch den Rüssel am Gerät in den fahrbaren Mülleimer. Genug gesehen, auf dem Weg zum WoMo vor einem Käsegeschäft einen Blick in die Auslage geworfen, leckere Sachen entdeckt, u.a. das Angebot, ein Mittagsmenü für 100 Kronen. Das kam etwas zu früh, es war noch nicht 12 Uhr.

Nahe an der Küste führte die Straße durch kleine Orte wie bspw. Vik und am Nationalpark vorbei nach Kivik. Bevor wir ins Ortszentrum fuhren, besuchten wir die allseits beschriebene Mosterei, die etwas abgelegen lag. In dem zunächst unscheinbaren Gebäude befanden sich neben einem großen Verkaufsraum, ein Schauraum mit „Fermentiertem“ (Eingemachtem), eine museal nachgebaute Produktionsstätte aus früherer Zeit, ein Spielecke sowie ein Außenbereich mit Musterbepflanzung verschiedener Apfelsorten. Jola kaufte im Verkaufsraum diverse Produkte.

Auf dem Weg zum Hafen lotste Jola mich auf ein Hof-Café, das geschlossen war. Umgekehrt und den Weg zurück bis zur Abzweigung, wo wir kurz darauf die riesige steinerne Grabstätte fanden, die ca. 3.500 Jahre alt sein sollte. 30 Kronen pro Person Eintritt waren im Café zu entrichten, durch das wir das Gelände betreten durften. Der Steinhaufen sah aus der Nähe eher wie eine größere Kokshalde aus. Ursprünglich muss das Grab noch um einiges größer gewesen, denn die Historie besagte, dass vor der Entdeckung des Grabes Steine auf einer extra eingerichteten Bahnlinie abtransportiert worden waren. Das Grab selbst fanden Arbeiter, weil sie durch ein Loch ins Innere stürzten.

Wie ein Sammelbecken sah dieses Rund aus den meist kopfgroßen Steinen inmitten von wild wachsendem Grün aus. Der Eingang führte in das dunkle Innere, das Grab. Im Zentrum, abgetrennt durch Eisendraht, mehrere Steinplatten mit Zeichnungen oder Einritzungen.

Im Ort die Fischräucherei am Hafen aufgesucht, dort geparkt, und im Restaurant mit Blick auf das Meer gegessen.

Nach Sölvesborg hin nahm der Verkehr zu, der Regen ab. Hörvik fanden wir nicht sofort, brauchten die Hilfe des Navi. Einsam lag der Stellplatz in einem Gott verdammt verlassen wirkenden Ort am Hafen, wo zwei andere Wohnmobile standen. Nach kurzer Überlegung Abfahrt. Jola wollte den Stellplatz am Hafen des Nachbarortes eine Visite abstatten. Dort angekommen, erschien dieser Stellplatz uns noch weit erbärmlicher. Mich trieb es weiter zum Campingplatz nach Norje. Überrascht registrierten wir auf dem Weg zum Platz, dass gerade ein über Pfingsten stattgefundenes großes Rock-Festival (Schweden-Rock) zu Ende gegangen war. Abbau- und Aufräumarbeiten waren am Tage danach im Gange. Hier musste es ähnlich wie in Wacken zugegangen sein.

Auf dem Campingplatzgelände durften wir uns einen Platz aussuchen, fanden zwischen all den hübsch aussehenden Ferienhäusern keinen. Auf der Wiese, neben dem neu wirkenden Sanitärgebäude, ohne Bäume, das war dann genau der richtige für mich. Platz 219.

Ein heißer Tee, dann mit den Rädern durch das Rock-Areal in den Ort, der nicht allzu viel zu bieten hatte, meist hingen oder standen noch Angebote an die Festivalbesucher am Straßenrand (Frühstück etc.). In einem Hofladen kaufte Jola junge Kartoffel und Eier, ohne einen Karton dafür zu bekommen. Der Rest unserer „Stadtrundfahrt“ musste daher sehr vorsichtig absolviert werden.

An manchen Ecken trennten provisorische Zäune sogar Grundstücke vom Gehweg ab, wahrscheinlich auf Wunsch der Hausbesitzer, um vor marodierenden Besuchern geschützt zu sein.

Wir bekamen dann wenig später nach unserer Rückkehr auf den Campingplatz Nachbarn von einem Kieler Paar. Die Anmeldung an der Rezeption hatte geschlossen und ich wurde um „Stromanschluss“ gebeten.

Kurzer Austausch über Reiseerfahrungen, die beiden kamen gerade von der Insel Öland.

11.06.2019 Dienstag

Noch keine Sonne am Himmel zu sehen, im Gegenteil, aus der grauen Suppe tröpfelte es hie und da. Die Kieler nahmen dankend unsere Tallykey-Card an, für WC und Dusche. Weiche Brötchen und ein Croissant besorgte Jola vom Shop. Leider fehlte der laut Internetseite vorhergesagte sonnige Tagesbeginn total, stattdessen begann es bei Abfahrt zu regnen. Einmal winken und gegenseitig sich „gute Reise wünschen“, so ließen wir die Kieler zurück.

Ausgesucht und die Adresse ins Navi eingegeben hatte ich einen Zeltplatz in Listerby. Die Ausfahrt lag ca. 6 Km hinter Ronneby. Ein Hinweisschild zeigte 7 Km bis zum Campingplatz an. Es wurde immer einsamer auf der Strecke, ab und an ein typisches schwedisches Holzhaus zwischen den riesigen moosbewachsenen Felsbrocken und Bäumen. Ich parkte an der Rezeption, beide waren wir über den Standort wenig glücklich. An der Versorgungsstation stand ein VW-Bus aus Cuxhaven. Ich sprach die Leute an, die es hier für die eine Übernachtung ganz nett fanden. Sie empfahlen eine Wanderung auf der über eine Holzbrücke erreichbaren „Insel“. Nach Ronneby sei es ihnen zu weit gewesen.

Ohne weitere Nachfrage verließen wir den Campingplatz wieder, ich ortete im Navi einen Stellplatz direkt in Ronneby. Wieder einige Kilometer über enge Nebenstraßen. Der Stellplatz zwischen Hafen und Stadt gehörte zum Golfclub. Kein Fahrzeug stand hier. Wählte die Nummer 2, nachdem der Fernsehempfang ausprobiert wurde. An der Rezeption gebucht, 150 Kronen, Dusche, Strom und WC inklusive. Sogar nachts war der Zugang zum WC mit einem Code möglich. Zu unserer Freude erwärmte es sich, blieb trocken und bot daher die Gelegenheit, den Ort zu entdecken. Wir durchforsteten zuerst den „Brunnspark“, der zu einem Kulturreservat gehörte und an das ehemalige Kurgelände angrenzte. Bis zum Park fuhr man an dem schmalen Fluss Ronnebyån entlang, kleine Motorboote lagen vereinzelt am Ufer vor den typischen Häuserfronten. Vor dem Park das Spaßbad mit dem Spa-Bereich. Im Freibad schien gerade eine schulische Feier stattzufinden, Essen und Trinken, angezogen und ausgezogenen Menschen tummelten sich am Beckenrand und auf der Rasenfläche.

Mehrere Hinweisschilder an dem ersten Weg boten alternative Routen durch das Parkgelände. Wir wählten den „Aufstieg” in Richtung Japanischer Garten und Trollsee.

Ein mystisch anmutender Weg brachte uns nach der Auffahrt zuerst geologisches Wissen über Gesteinsarten näher, dann an den See, auf dem Seerosen wuchsen und über dem scheinbar ein alter Troll mit seinem Nachwuchs wachte.

Beeindruckt vom Ausmaß, wähnte ich mich in einer kleineren Version der Landschaft aus dem Film „Herr der Ringe“. Der japanische Garten überzeugte im vorgefunden Zustand nicht besonders, beinahe wäre ich auch noch auf den glitschigen Holzbohlen eines Steges ausgerutscht. Meist wuchsen um den Weg herum Farne, die sich im feuchten Unterholz wohlzufühlen schienen. Kreisten dann weiter im Park, verließen ihn und gelangten wieder an den Fluss, der uns in Richtung Zentrum brachte. Das Tourist-Büro aufgesucht, wo mir eine schnell englisch sprechende, hochaufgeschossene, brünette, langhaarige und, besonders bemerkenswert: mit verschiedenfarbig lackierten, extrem langen Fingernägeln, Prospekt- und Kartenmaterial aushändigte. Ich konnte mich gar nicht richtig konzentrieren, starrte ständig auf die glitzernden Fingernägel ihrer Hand, die erklärend über die ausgeklappte Umgebungskarte wanderten.

Nach einem Spaziergang durch die Fußgängerzone entdeckten wir das Kulturzentrum, in dem es günstigen Mittagstisch gab. Es schien ein attraktives Angebot zu sein und so blieben wir dort zum Essen. Für 95 Kronen durften man aus verschiedenen „Töpfen“ etwas auf sein Tellerchen legen, ein Getränk zapfen, einen Salatteller bis zum Rand aufhäufend füllen und anschließend einen Pott Kaffee zum „Nachspülen“ vom Tresen holen. Dazu, als Krönung, zwei Industriekekse als süßen Abschluss.

Die im Kulturzentrum integrierte Kunsthalle war leider wegen einer Kuratierung geschlossen. Ich hatte, ausschließlich für Jola, im Internet nach einem Lidl in Ronneby gesucht und eine Adresse gefunden. Jola wünschte vorher einen Besuch in Kallinge, wo es einen Fabrikverkauf von Eisenwaren, vor allem Pfannen und Töpfe, gab.

Immer auf einem breiten Radweg an der Zubringerstraße zur Autobahn entlang, hügelig ging es mal hinauf, mal hinab. Der Shop bot verschiedenste Pfannen, oft extra ausgewiesen als Steakpfanne, sogar Teekannen, alles, was man auf einem Herd unter Hitze nehmen kann. Wankelmütig hielt ich eine kleinere Pfanne in der Hand, damit schon beinahe auf dem Weg zur Kasse, siegte schnell die Vernunft und: nichts gekauft.

Lidl fanden wir dann, als wir ein Fabrikgelände umrundet hatten und von oben steil auf ein Gewerbegebiet zufuhren. Jola war sogleich in ihrem Element. Die Ware schaffte Jola in ihrem Fahrradkorb sicher nach Hause. Ein bisschen Buh Buh gemacht, Jola schrieb derweil Postkarten voll, die ich mit meinem Signet ergänzen durfte.

Auf schnurgerader Straße zurück nach Ronneby. Am Rande der Promenade eine herrschaftliche Villa,

oder die alte Trinkkurhalle aus dem Jahre 1897. Ziemlich viel Publikumsverkehr am Kiosk und auf den Spazierwegen, es muss eine Schulabschlussfeier gewesen sein, festliche Kleidung hing an Körpern, die manchmal diese Kleidung nicht verdient hätten.

Feierabend war für uns dann gegen 18.15 Uhr.

12.06.2019 Mittwoch

Nachts Gewitter und Regentropfen, die sich anhörten wie Hagelkörner. Immerhin war morgens das Schlimmste vorbei, sogar der Regen hatte aufgehört. Ausnahmsweise gab es keine Brötchen zum Frühstück, Knäckebrot und schwarzes Pumpernickel taten es auch.

Der Plan war, eine Rundreise zu machen:

Über den Hafen nach , bis dahin ca. 10 Km reine grüne Natur. Das Naturreservat umfasste einen Großteil der Halbinsel. Der Ort schien neben den älteren Häusern einige neue Grundstücke zu generieren. Neue Nachbarn!

Brutplätze für Vögel, vermutlich meist Graugänse. Wie die Gänse mit dem dunklen Hals hießen, war mir gerade nicht geläufig gewesen. Einmal sahen wir ein Reh inmitten tiefen Grases mit abgestellten Ohren aufmerksam die Gegend observieren. Elche sah ich leider keine. Pferde und Kühe dagegen auf Weiden, manchmal schien es, als wenn sie sich vor den Bauern versteckten. Fohlen dösten liegend in der Sonne auf einer scheinbar frisch gemähten Wiese, Muttertiere wachten ganz in der Nähe. An vielen Stellen das Zeichen „ӕ“ für eine Grabstelle oder ein anderes urzeitliches Monument. Die Naturkräfte meinten es nicht besonders gut mit uns, zumindest die, die Wind erzeugten. Selbst mit erhöhter elektrischer Unterstützung kam ich abschüssige Straßen nur mühsam voran. Jola hingegen ließ im Turbo-Modus ihren „Porsche“ von der Leine und eilte oft hunderte Meter voraus.

Bis Listerby mussten wir durchhalten, denn Verpflegung für ein Picknick unterwegs hatten wir nicht dabei. In Listerby sollte es ein Restaurant geben!

Wir begegneten Abzweigungen, die wir mit dem WoMo bereits von der Rückfahrt des Campingplatzes gefahren waren. Endlich im Ort angekommen, musste dieser bis zur Kreuzung der „27“ durchfahren werden. Strategisch günstige Lage, wie ein Trucker-Treff, nur hier gab es auch die bekannten Vergünstigungen für Pensionäre, die Jola an der Kasse einforderte und erhielt. LKW-Fahrer, alleinstehende ältere Damen in Gesellschaft dergleichen, junge Pferdetransporteurinnen (in einem schicken Outfit) sahen wir als Gäste. Das Essen darf ich ruhigen Gewissens als keine Bereicherung bezeichnen. Satt wurde ich trotzdem.

Nun begann die Fahrt ins Paradies, so Jolas Prophezeiung. Sie hatte etwas über den nächsten Ort Juhannishus gehört. Umso enttäuschender war die Durchfahrt. Weder hübsche Häuser, noch sonst etwas, was man als Sicht ins Paradies oder des Daseins in demselben bezeichnen könnte. Zum Schloss waren es ca. zwei weitere Kilometer. Hübsch gelegen, total einsam, kein Mensch zu sehen. Zwar durfte man auf Sandwegen zwischen Gebäuden herumfahren, es fehlte aber aufklärende Information über Herkunft, Besitz etc. Eine Abkürzung nach Ronneby über Edestad bescherte uns eine Rundreise durch nicht beschildertes Waldgebiet, Befürchtung: nur nicht verirren! Einmal links abgebogen und wir standen wieder vor der Schlossanlage mit seinen beginnend verblühenden Rhododendronbüschen.

Ronneby erreichte ich danach windgegerbt mit Jola von Osten, vorbei am Bahnhof suchten wir im Ort einen Bäcker bzw. Jola einen Ort für ein dringendes Bedürfnis. Dabei verloren wir uns, u.a. weil ich an einem Bancomat Geld abhob. Allein kam ich am WoMo an. Genug von grüner Einsamkeit und orkanartigen Sturmböen, die jeweils genau aus der Richtung kamen, in die ich fuhr.

Pause, gegen 19 Uhr radelten wir in den Park, letzte Umschau ohne viel Publikumsverkehr. Dann auf der anderen Flussseite zurück, was bedeutete, dass wir erst bis zum Hafen fahren mussten.

Einzig positiv, es hatte heute nicht geregnet.

13.06.2019 Donnerstag

Der letzten Satz des vorhergehenden Tages wurde durch nächtliches Unwetter Lügen gestraft. Es begann ganz „sanft“ mit einem unregelmäßigen Klopfen einzelner Regentropfen aufs Dach des WoMo. Es dürften ziemlich große gewesen sein, so wie sich das bei deren Aufprall anhörte. Aus der Unregelmäßigkeit entspann sich ein symphonisches Prasseln, verschiedenste Lautstärken, woraus sich innerhalb einer Minute ein Gleichklang entwickelte, den ergänzte Donnergrollen als eine Art Paukenschläge, Blitze sah ich nicht. So dicht unter dem WoMo-Dach zu liegen und nicht zu wissen, wie sich die Lage draußen entwickelt, war ein bisschen beängstigend. Zumal einen Tag zuvor aus Deutschland Bilder von Einschlägen golfballgroßer Hagelkörner gezeigt wurden, die Fenster- und Autoscheiben durchschlagen hatten. Morgens war alles vorbei, sogar die Sonne schien kurzfristig stichig heiß.

Abfahrt um 09.30 Uhr, Ziel war Öland. Nur am Rande soll noch einmal erwähnt bleiben, dass ich bis dato keiner Baustelle begegnet war, es keine Staus gab und somit das Fahren in Schweden fast das reine Vergnügen bedeutete. In Karlskrona machten wir keinen Halt, fuhren bis Kalmar durch. Eigentlich wollte ich auch hier nicht stoppen, zumindest nicht auf der Hinreise. Doch Jola insistierte und wünschte eine kurze Stippvisite. Ich parkte etwas außerhalb bei einem Schulkomplex, wo man drei Stunden kostenlos stehen durfte. Mit den Rädern die knapp zwei Kilometer bis zum Touristenbüro in der Nähe des Schlosses und des neuen Universitätsviertels. Kurz die Prospekte aus dem Büro geholt. Ein „Magazin“ am Hafen bot Mittagstisch an, nettes Ambiente, aber zu früh für ein Diner. Das Schloss thronte wahrlich am Rande der Stadt. Wir suchten die Einkaufsstraßen innerhalb der Stadtmauern, ein in den 30er Jahren erneutes Tor bot Durchlass. Ließen die Räder gleich gegenüber einer Chocolaterie stehen. Auf dem holperigen Kopfsteinpflaster hätte es sich ohnehin schlecht fahren lassen. Die Geschäfte ähnelten denen in Einkaufsstraßen anderer Städte , nichts was es auf einem Bild abzulichten gäbe. Das Zentrum war wie eine Kasernenstadt angelegt, quadratisch kreuzten sich die Wege. Alte Gebäude, auf die ein Blick zu werfen sich lohnte, wechselten mit eher schäbig aufwartenden Häuserfronten ab. Bei einem Vietnamesen ließen wir uns im Außenbereich nieder, aßen aus Schüsseln zwei verschiedene Suppengerichte, waren zufrieden damit. Auf der Stadtmauer ein Stück gewandert, dann wieder Schulabschluss, weiße Kleidung bei den Mädchen und Anzüge bei den Jungen. Blumen, Geschenke in den Händen von – nicht immer – schick angezogenen Eltern, Schilder der „Entlassenen“, mit Fotos wie sie als kleine Kinder aussahen. Dann die LKW, die mit Partymusik durch die Stadt kreisten.

Ich bestand auf eine Rundfahrt durch das alte Kalmar, das sich hinter dem Schloss befand. Hübsch und ruhig, sollten wir uns später noch einmal in Ruhe ansehen. Auf der Rückfahrt kurz den Faden zum WoMo verloren, machte aber nicht viel aus.

Die Fahrt über die Öland-Brücke, die weniger spektakulär aussah wie die Öresundbrücke, endete mitten auf der Brücke in einem schleppenden Tempo, die erste Baustelle bremste mich aus. Dann die Überraschung, es waren auf der Insel mehr Kilometer zurückzulegen als gedacht. Für die über 60 Kilometer benötigten wir eine Stunde, bis wir in Löttorp ankamen. Sonjas Zeltplatz hatten wir fast ganz für uns allein, Wahlrecht auf alle Plätze.

Eine kleine Erkundungsrunde gegen 19 Uhr, erst zum Strand, wo wir auf Holzbohlen fast bis zum Uferrand vorfahren konnten. Dann nach Löttrop, erste Meter auf dem die Insel umspannenden Radweg „Ölandleden” als Umgehung der Fahrstraße. Sportplatz, Bibliothek, Grundschule, alles konzentriert. Im Ort nichts von Bedeutung entdeckt. Auf dem Rückweg einmal falsch abgebogen.

Die viel zitierte Nachtigall hörte ich an diesem Tage nicht mehr.

14.06.2019 Freitag

Um 06.15 Uhr hinters WoMo ausgetreten, die Sonne schien zwischen den hohen Bäumen durch, zeigte bereits jetzt, wie viel Kraft sie heute den Tag über entwickeln könnte. Momentan bremste dunstiger Frühnebel die Hitze noch leicht ab. Gegen 07.15 Uhr ging ich duschen, alles ordentlich und sauber, keine Extravaganzen. Grün leuchtete die Kontaktstelle in der Dusche, wechselte auf rot, als ich die Karte davor hielt. Kaltes Wasser gab es lange Zeit reichlich, dann sprudelte warmes durch den Schlauch, für mich Warmduscher Erlösung. Nach der Morgentoilette stellte ich Stühle und Tisch etwas weiter weg vom WoMo auf den Rasen, die Sonnenstrahlen würden bald über die Bäume hinweg reichen. Deckte draußen den Tisch. Jolas gekochtes Ei schaffte heute nicht den Härtetest. Vom einzigen Nachbarn auf diesem Areal streunten zwei Katzen herum, störten unüberhörbar Amseln und Elstern bei der Nestpflege. Das Gezeter wollte gar kein Ende nehmen. Außerdem schaute der Retriever vom Nachbarn bei uns vorbei.

Um 09.30 Uhr begaben wir uns auf die geplante Rundreise mit dem Etappenziel „Langer Erik“, Leuchtturm am nördlichsten Teil der Insel. Auf dem Ölandleden auf eigens hergerichteten Radwegen oder auf kaum von PKW befahrenen Nebenstraßen. Die Landschaft ähnelte sich meistens, wechselte von Weideflächen zu Grasland und manchmal verschwanden wir im Wald. Hier dominierten Farne das Unterholz oder niedrige Beerengewächse (Blau- oder Preiselbeere). Zwischen all der Natur siedelte der Mensch in größeren Abständen mit seinen Domizilen. Mal das typische Holzhaus in „Schwedenrot“, mal moderne Architektur.

Die scheinbar unbegrenzte Zahl an Steinen jeglicher Größe nutzen die Bewohner u.a. intensiv für den Mauerbau.

Die aus meiner Sicht mäßige Beschilderung der Strecke, insbesondere an Verzweigungen, lenkte uns auf eine Art Schotterpiste, die bei Byrum wieder auf Asphalt führte und uns die erste ungewollte Verlängerung der Tour einbrachte. Zwischenzeitlich befuhren wir den grün gekennzeichneten Sverigeleden. Bei Böda stoppten wir an einer Kreuzung bei einem „Gemischtwarenladen“, der Bonbons, Geschenke und Zubehör für Camper anbot. Während ich mich draußen ausruhte, stöberte Jola durch die Regalreihen, kaufte Windspiele in Sonnenblumenform und Plastikweingläser.

Böda Strand musste unbedingt aufgesucht werden, ein kleiner Umweg, den Jola einforderte. Das Areal entpuppte sich als riesige Freizeitanlage mit Camping- und Golfplatz, Einkaufsmöglichkeiten, Vergnügungsbad etc.

Strand stand in Hülle und Fülle zur Verfügung, meist in sehr feiner weißer Form (siehe Bild auf der vorhergehenden Seite).

Weiterfahrt, die Stichstraße ein Stück zurück, begann der nervigste Abschnitt, mindestens fünf Kilometer durch Wald auf grobem Splitt hoppelten wir gen Norden. Die Piste machte vor allem Jola ein wenig Sorgen, denn ihr letzte „Platten“ war von einem spitzen Stein verursacht worden. Hier in Waldes Einsamkeit eine Panne wäre gar nicht gut angekommen, obwohl ich das Reparatur-Kit in der Jackentasche hatte. Aber die Luft blieb im Schlauch!

Grankulla und Nabbelund lagen am Grankullaviken, der fast einem Binnensee glich. Hier auf dem rechten Bild ein Blick in Richtung „Langer Erik“.

Den Leuchtturm erreichten wir auf einer abschüssig verlaufenden Straße, von der aus man das Küstengelände prächtig würdigen konnte. Zwischen Steinfeldern kämpften sich scheinbar Pflanzen ins Leben, gelb und blau Blühendes dominierte.

Ein beliebtes Ausflugsziel lag vor uns, Picknickplätze waren meistens besetzt. Zum Leuchtturm durfte man nur „zu Fuß“, ein Damm überbrückte das Wasser zur Insel. Um den Turm führte ein Rundweg auf steinigem Untergrund entlang. Ein Schild forderte Besucher auf, Steinmännchen zu bauen. In der Ferne bildeten sich durch Verdunstung gewandartige Schleier. Sie bewegten sich auf uns zu und vereinnahmten uns sanft. Am Damm graste eine Rotte schwarzer Kühe.

Wir gelangten nach Rückkehr auf die 136 an die Westküste und einen etwas komfortableren Radweg. Gegen 15 Uhr erreichten wir Byxelkrok, ein Ensemble schwedenroter Hütten direkt am Sund gelegen, einer Fischräucherei und einiger Imbissbuden. Pause und Essen fassen. Der Imbissbesitzer bemühte sich im nicht so perfekten Englisch uns die Vorzüge und den Verlauf des Küstenradweges zu erläutern.

Schöne Natur, im Dunst ragte die Insel „Blå Jungfru“ wie der Teide auf Teneriffa aus dem Meer. Irgendwann verhaspelten wir uns wieder, radelten kilometerlang eine Straße durch Wald und landeten wieder in Byrum. Keine Experimente mehr, bekannter Weg führte uns zurück. Abstecher zum Hornssjön, wo es nach einem Hinweisschild einen Restaurationsbetrieb geben sollte. Der Flecken entpuppte sich als Treffpunkt verschrobener Frauen, „Häkelbeutel-Club“, dachte ich, als ich die meist übergewichtigen Frauen dort mit ihren Stricknadeln hantieren sah.

Wieder auf der Hauptstraße spendete mein Elektromotor keine Energie mehr, ich musste mit Muskelkraft die letzten Kilometer zurücklegen, Hilfe von Jola wurde mir zuteil.

Nach 75 Km in der Sonne war es dann auch genug. Zu erschöpft für Live-Musik ließen wir die „Party“ sausen und begnügten uns mit dem Schreiben von Reisenotizen.

Weiter mit Teil 2

2019 Levico Terme

02.10.2019 Mittwoch

Gegen 02.30 Uhr torkelte ich trockenen Fußes auf die Toilette, wieder im WoMo klackerte es vereinzelt aufs Dach, es begann zu regnen. Erst in einem leisen Rhythmus, als wenn ein Ball geräuschvoll eine sandige schiefe Ebene hinabrollt. Wie der Ball, so nahm auch der Regen Geschwindigkeit auf bzw. erhob sich der Pegel lautstark zu einem Trommelfeuer.

Morgens zeigte sich das Umfeld weißlich wolkenverhangen. Die Sachen verstaut, alles richtig und ordentlich verpackt, ging es auf die Tour nach Levico Terme. Am Ausgang musste Jola bei dem Mann mit der Gehhilfe erst unseren Namen auf der vorgehaltenen Papierliste zeigen und die Abfahrtzeit war einzutragen. Dann marschierte er zu seinem Wärterhäuschen und bediente den Türöffner, wobei die beiden schweren Metalltüren sich wie in einem Film ganz langsam aufschwenkten und wir in die Freiheit hinausfahren durften.

Den gesperrten Weg ignoriert, die Alternative ignoriert und wir fuhren auf der Staatsstraße, ob es ein Umweg war, lasse ich an dieser Stelle offen. Nachdem ging es durch den ziemlich langen Tunnel und danach auf der SS47 ca. 25 Kilometer Richtung Padova, die Schlucht im Valsugana wirkte dunkel bedrohlich. Abfahrt Caldonazzo und dann waren Campingplätze bereits ausgeschildert. Der erste war – schon bekannt – geschlossen. So landeten wir auf dem 4 Sterne Campinggelände „Village Lago Levico“, der vor seiner Schranke ein umfangreiches Campergelände für WoMos anbot (20 €/Tag).

Jola wünschte eine Besichtigung des Campinggeländes, wir sahen uns deshalb Plätze für 19 €/ 22 €/ 25 € an. Letztgenannter mit eigener Toilette und Abwaschmöglichkeit. „Das gönnen wir uns für die nächsten drei Tage“ so ihr Kommentar. Platz 446 wurde ausgewählt.

Aufgestellt, alles prima.

Nur es begann zu regnen, die Aussicht für heute: bescheiden. Jola erkundete trotzdem mit dem Rad das Umfeld.

Eine Fahrt in den Ort, wir nutzten ein Stück den ausgeschilderten Wanderweg, der uns fast bis ans Seeufer führte, dann aber wegen „Privat“ nicht weitergefahren werden durfte. Levico Terme lag etwas oberhalb des Sees am Hang. Die Straßen im Ort befanden sich im typisch italienischen Zustand kleinerer Städte/Orte. 6.500 Einwohner sollen hier ihren Wohnsitz haben, deren Vorfahren vermutlich einmal bessere Zeiten erleben durften. Die Therme war kein Wellnesstempel, sondern bot u.a. Anwendungen mit eisen- und arsenhaltigem Wasser etc. an. Die Wege ins Zentrum waren meist steil, die Straße als Fußgängerzone querte den Ort am Hang eben. Hier fanden wir gegen 13.30 Uhr die Pizzeria „Al Conte“, bei der wir im Innenhof zu unserem verdienten Mittagsschmaus kamen. Mangelnde Sprachkenntnisse waren bei Einkäufen oder Bestellungen bisher kein Problem, mit Deutsch oder Englisch klappte das, wenn nicht sogleich, dann doch mindestens unter Zuhilfenahme von Gestik und Mimik.

Die Fußgängerzone wirkte verlassen, kein Wunder, es galt noch die Mittagspausenzeit.

Auf dem Weg zur Therme befand sich rechts die Kirche, am Straßenrand zwischen Fuß- und Fahrweg plätscherte ein Bächlein in einem mit hellem Stein gemauerten Bett in Richtung Rio Maggiore. Ab und an verschloss ein Holzsteg den Lauf oder eine Sitzbank war darüber installiert, von der aus man in heißen Tagen seine Füße dort hineinbaumeln lassen könnte. Am Ende des Bachlaufes sprudelten kleine Fontänen aus irgendwelchen Düsen, danach verschwand das Wasser unterirdisch.

Die Schaufensterauslagen zogen nicht unbedingt die Blicke von Passanten auf sich, jedenfalls nicht während der Mittagspause, wenn alles mehr oder weniger „verrammelt“ war. Trotzdem blieb ich vor einem Geschäft stehen, schaute in die Auslage einer Glasvitrine. Die ausgestellten Handtaschen fanden sofort meine Aufmerksamkeit. Originell fand ich dieses von mir fotografierten Exemplars mit Wählscheibe, älteren Menschen noch bekannt, jüngeren eher ein Zeugnis der Retro-Kultur.

Von der Therme aus wand sich eine Straße zum Ort Vetriolo auf über 1.300m hinauf. Eine Informationstafel erklärte, hier sei der erste Nichteuropäer beim Radrennen Giro D‘Italia als Etappensieger oben angekommen und wer es den Profis nachmachen wolle, für die stand eine Tafel mit Angaben zu den prozentualen Steigungen für jeden Kilometer bereit. Wir folgten dem Hinweis Therme-Park, auf dem Weg umkreisten wir die Therme zu Fuß, fanden den Park aber nicht. Die Kirche als Orientierungspunkt führte uns zurück zur Via Regia. Mit den Rädern unterm Hintern trudelten wir die Straße Via Marconi hinunter, an der links sich alsbald ein Eingang zum Park befand. Herrschaftlich thronte in der Ferne ein Gebäude, das sich später als Grand Hotel zu erkennen gab. Keine Beschränkungen hinsichtlich des Fahrens mit Rädern am Eingangstor gesehen, strampelten wir auf unseren E-Bikes im Park die Wege ab, meist seicht hinauf, erst zu einer Bar mit WC, dann zu dem Gebäude.

Am Ende machten wir einen Abstecher an den See, tatsächlich kam nach dem Lido bereits das Verbotsschild „keine Fahrräder“. Artig schoben wir unsere Drahtesel, wollten keinen Ärger mit Spaziergängern bekommen. Jola kaufte sich am Kiosk ein Eis und wir setzten uns für ein Viertelstündchen an eine Picknickbank in die Sonne.

Der Versuch, noch einen höher gelegenen Aussichtspunkt namens San Biagio über die Via Belvedere anzufahren, scheiterte an der Unterführung, wo Jola fröhlich weiter in die Pedale trat, mein Rufen ignorierte/nicht hörte, ich den Fußweg beschritt, die weitere Auffahrt aber scheute und umkehrte. Jola hatte wohl den gleichen Gedanken, war schon eher abwärts gefahren und hantierte am WoMo mit dem Wasserkocher.

03.10.2019 Donnerstag

Nachts öffnete der guten Mann im Himmel wieder seine Schleusen, Trommelfeuer auf dem Dach, dazu heftigste Sturmböen, die unsere Satellitenantenne in Schwingungen versetzten. Immerhin sorgte dann der Sturm für klare Verhältnisse am Morgen, keine Wolke mehr am Himmel. Die von Jola besorgten Brötchen glichen ein bisschen aufgepumpten Hefebällchen, ließen sich aber essen. Das morgendliche Reinigungszeremoniell in der Holzhütte vollzog sich spartanisch. Anmerkung: Im Winter möchte ich hier nicht meine Säuberungsrituale durchführen, der Raum hat nämlich keine Heizung; aber das ist ohnehin irrelevant, denn der Campingplatz schließt am 13.10.). Ärgernis war zudem, den Stopfen für den Abfluss im Waschbecken versenkte ich soweit, dass ich ihn zunächst nicht wieder herausfummeln konnte.

Unsere Tour heute führte uns nach Caldonazzo, Ort als Namensgeber für den gleichnamigen See. Der Radweg bis dorthin verlief ca. 1,5 Km im Zickzack durch Apfelplantagen. Im Ort übersichtliche Beschilderung, die uns in die Nähe des Seeufers lenkte. Kleine weißliche Schaumkronen, erzeugt von dem immer noch böigen Wind kräuselte die Wasseroberfläche. Der See mit seinem ihn umringenden Panorama erinnerte ein wenig an ähnliche Gewässer, wie bspw. den Lago Maggiore.

Bei meinem Blick auf den See entdeckte ich auf dem Wasser ein herrenlosen Surfbrett als Spielball der Strömung/ des Windes. Kein Besitzer in Sicht (hoffentlich kein Unfall!). Nach der Asphaltfahrt gerieten wir für ein kurzes Stück auf einen am Ufer befestigten Steg. Nach gut 4,5 Km blieb der See rechts zurück und wir näherten uns Canale, ein winziger Flecken, kurz bevor wir das eigentliche Ziel Pergine erreichten.

Ziemlich am Anfang der Einfahrt in den Ort sahen wir das Schild „Castel Pergine“, das uns auf eine schmale steile Straße gelenkt hätte. Die Ortsbesichtigung stand zunächst im Vordergrund. Am Piazza Fiere dockten wir die Räder in der Nähe zweier Ladestationen für E-Mobile an und begaben uns auf Erkundungstour. Aus dem Spaziergang durch die Fußgängerzone blieb mir ein lautes Durcheinanderreden mehrerer älterer italienischer Frauen an einem Restauranttisch in Erinnerung, zu dem ich kommentierte „hört sich an, wie wenn Waschweiber beim Aufhängen miteinander tratschen“. Suchten einen Bäcker, fanden einen, wo wir Brötchen, Brezel, Kuhbonbon und Kringel kauften. Damit im Schlepptau marschierten wir an unseren Rädern vorbei, gefunden werden wollte ein Kastanien-Park. Stattdessen pausierten wir ca. 100m weiter im Café Teatro. Die beiden Kaffee americano brachte uns der Mann an unseren Hochtisch, zwar in sonniger Lage gelegen, aber stürmisch war es nach wie vor. Jola probierte von ihren Küchlein und spendierte mir Kuhbonbon.

Großflächig blickte von einer bemalten Hauswand ein Mann mit am Ohr angelegter Hand herab, augenscheinlich wollte er mithören, was am oder über das Theater gesprochen wird.

Ein Stück weiter zwischen Baumreihen der Friedhof, etwas versteckt hinter weißen Mauern, gegenüber die Kirche zu Ehren Maria (Santa Maria).

Ich hatte bereits in der Ferne die Silhouette des Castel auf dem Berghügel gesehen. Da hinauf sollte es als nächstes hingehen.

Deutsch war hier an vielen Stellen allgegenwärtig, von „tedesco canopi” (= Knappen) war auf einer Infotafel die Rede, eine Büste eines Herrn Regensburger neben der Kirche und die Habsburger tauchten alle Nase lang bei Erläuterungen auf.

Kleinstädtische Tristesse, aufgemöbelt durch diverse Schautafeln über Vergangenes, ausgenommen die Kirchen, deren Vorplätze und der Friedhof. Wir wendeten, holten unsere Räder, fuhren ca. 2 Km bis zum Kreisverkehr, wo die etwas über tausend Meter steile Auffahrt begann. Hier musste ich schon den Modus „Sport“ und „Turbo“ bemühen, um diese Herausforderung zu meistern. Trotz Unterstützung pumpte das Herz reichlich Blut durch die Adern.

Die Mühe lohnte sich am Ende, denn die Räumlichkeiten waren absolut sehenswert, zudem boten Exponaten aus Holz allenthalben Abwechslung bei der Erkundung der alten Gemäuer nebst Außenanlagen. Im fein restaurierten Rittersaal, gleichzeitig Rezeption und Gastraum mit angrenzender Kapelle (Andreas) in Miniform, saßen wir am Burgfenster, das mit den Wappen alter Fürsten, Grafen oder sonstigen wichtigen Persönlichkeiten aus vergangener Zeit geschmückt waren.

Solche Räumlichkeiten gefallen Jola ja generell, so war ein etwas längerer Aufenthalt nichts Ungewöhnliches.

Blätterten bei Mineralwasser und Aperol Spritz in den Annalen des Kastells und lasen über die jetzigen Besitzer und deren Modernisierungsmaßnahmen. Die Abfahrt vom Kastell erfolgte notgedrungen mit angezogener Bremse. Ein Zwischenstopp nutzte ich für den nebenstehenden Schnappschuss.

Auf der Nebenstrecke an einigen Häusern des Ortes Masetti vorbeigefahren, einmal wohl falsch abgebogen, so gerieten wir kurz an die viel befahrene Straße direkt am See. Die konnten wir nach ca. 200m wieder verlassen, mussten allerdings bis Tenna gut vier Kilometer aufsteigen. Von dort aus bei 10% Neigung in rasanter Talfahrt hinunter nach Levico Terme, wo wir direkt am Campingplatz ausrollten.

Vom 30. Jahrestag des Mauerfalls bekam man hier wenig mit.

04.10.2019 Freitag

Frisch war es geworden, den morgendlichen Sonnenaufgang durch das Sonnendach im WoMo betrachtet.

Kleine Besonderheit, im Privatbad passte der Stecker vom Föhn nicht in die Steckdose.

Unser Plan, bzw. Jolas Vorschlag war, den Brenta-Radweg (nach dem gleichnamigen Fluss benannt) abzufahren. Als „familienfreundlich“ im Prospekt tituliert, sollte es auf ihm beständig bei leicht abschüssiger Neigung bis zum bekannten Grappa-Ort „Bassano“ gut zu fahren sein. Dem war dann auch so, lobenswert zudem die Beschilderung auf der gesamten Strecke. Zunächst plätscherte der schmaler Bach neben dem breiten und durchgängig asphaltierten Radweg daher, umgeben von krautigem Wildwuchs, durchsetzt von gelben Tupfern einer den Margeriten ähnlichen langstieligen Pflanze. Der Lauf erinnerte mich ein bisschen an die „Schwartau“ bei uns zu Hause. Apfelplantagen wurden teils durch Maisfelder abgelöst. An den Hängen zeugten Häuser und Kirchen von urbanem Leben in diesem breiten Tal. Unterwegs an vielen Plätzen Bänke und Tische zum Rast machen (auch Biker-Grill). Ein Stück des Radweges nutzten etliche Skater als Trainingsstrecke, wahrscheinlich übten sie für den winterlichen Langlauf. Novaledo, Marter, Roncegno hießen die Orte, die linker Hand nach und nach hinter uns verschwanden. An einer am Hang gelegenen kirchlichen Ruine baute man unterhalb Wein an. Diente die Ruine als Schutzwall gegen Murenabgang etc.?

Zwischenzeitlich breitete sich das Bächlein zu einem ansehnlichen Flusslauf aus, führte mehr Wasser bei höherer Geschwindigkeit mit sich. Enten saßen auf Felssteinen inmitten des Bettes, welche schwimmen mussten, paddelten mit ihren Füßen angestrengt gegen die Strömung an.

Radfahrer natürlich in beiden Richtungen anzutreffen, kaum jemand ohne Akku unterwegs, ausgenommen die Rennradler.

Es kam unser Zwischenziel „Borgo“ gegen 11.15 Uhr in Sicht. Ins Zentrum gelangten wir kaum 5 Minuten später. In der Nähe des gerade neu gestalteten Platzes vor dem Rathaus blieben die Räder zum Ausruhen stehen (Dante Piazza; Dante und Battisti sind im Trentino häufig Namensgeber für Plätze und Straßen). Endlich konnte sich mein Körper in der angenehm warmen Luft an der Sonne aufwärmen (die Temperaturen im Schatten und der Fahrtwind taten unterwegs ein Übriges zu fast erfrorenen Fingern und kalten Füßen).

Der Fluss suchte sich seinen Weg durch den Ort. Brücken gab es deshalb einige zu queren. Auf der vermutlich ältesten davon standen zwei Steinaltäre auf den seitlichen Steinmauern, in denen irgendwelche Heiligenbilder verewigt waren. Die Brücke vermittelte ein bisschen „Venedig feeling“.

Äußerlicher Zerfall fiel uns zuerst beim Schlendern durch die Gassen im Zentrum auf, zu Innenansichten reichte es nicht.

Doch bei genauerem Hinsehen fanden sich andere Beispiele. Viel Farbe ward auf Fassaden aufgetragen, Mauerwände verputzt und Zimmerer und Dachdecker taten ihre Arbeit: neu gedeckte Dächer und Dachstühle zeugten von Modernisierung.

Hübsch die Schule, gegenüber ein architektonischer Tupfer, ein altes Industriegelände wurde umfunktioniert, untergebracht darin u.a. die Stadtbibliothek und das Theater.

Beim Durchlauf durch die Innenstadt hatten wir bereits ein Lokal mit einer ansprechenden Speisekarte entdeckt. Dorthin kehrten wir zurück, nahmen draußen Platz. Scheinbar war dieses Lokal eine Domäne von einheimischen Werktätigen, soweit ich das an der Kleidung festmachen wollte. Es dauerte, bis eine Bedienung kam, erkannte in uns „ausländische Gäste“, schickte deshalb eine andere mit Deutschkenntnissen. Es wurde das Menü aufgezählt, zu schnell und mir nicht ganz verständlich, wünschte ich einen Blick in die Karte. Ein Fehler vielleicht, denn bis die gebracht wurde, waren wir fast verhungert. Jola nahm das Menü, was sich später als Menü Surprise entwickelte. In Erwartung eines leckeren Essens geduldeten wir uns. Währenddessen strömten gesättigte Gäste haufenweise das Lokal, wunderten uns, wo die alle herkamen. Gerade stellte ich Jola mit der Frage „gehen oder bleiben?“ vor eine Entscheidung, die natürlich zugunsten des „Wartens“ ausfiel. Just als sie aufstand, um nachzufragen, kam ein Mann mit drei Tellern. Die rötlichen Nudeln sollten eigentlich die Vorspeise des Menüs sein. Das gegrillte Gemüse war essbar, aber lieblos auf dem Teller drapiert. Das Rehragout mit Tagliatella mundete mir. Den Weißwein frizzante, der zu Jolas Menü gehörte, von dem ich probieren durfte, ließ ich als ungenießbar stehen.

Das Hauptgericht für Jola kam nicht, der Nachtisch sollte Tiramisu sein, das war jedoch aus, stattdessen musste Jola sich mit einem Stück Apfelkuchen zufrieden geben. Mein Kaffee corretta wurde mit Grappa „gestreckt“ und war für mich ein schmackhafter Abschluss.

Etwas fröstelig zogen wir von dannen der Sonne entgegen. Wir radelten weiter, Wolken zogen vermehrt auf, die Variante bis Bassano fiel durch, zu weit noch, mit dem Zug zurück wäre eine andere Option. Eine Abzweigung wies nach Castelnuevo, vorbei, dann einigten wir uns, bei der nächsten Ortsausfahrt abzubiegen, dort auf einen Kaffee einzukehren und den Weg zurück anzutreten.

Agnedo hieß der Ort, zu dem wir bei 8% Steigung uns hinauf hangelten, uns dann wunderten, das Ortsschild von Stringo vor uns zu sehen. An der Bar Centrale gehalten, Cappuccino (2,60 € für beide!) bestellt und den Puls auf Normalfrequenz kommen lassen.

Was wir an Anstrengung für das Hinauf aufwendeten, neutralisierte das genüssliche Hinabgleiten nach Scurelle und Castelnuevo, wo wir wieder auf den Brenta-Radweg gelangten. Wundersamerweise schien es auch auf dem Heimweg nicht wirklich Steigungen zu geben. Kurz vor Levico Terme schickte die Sonne eine Botschaft durch die Wolkendecke, was einer Szene „göttlichen Sendungsbewusstseins“ glich.

Ein angenehmes Gefühl, trocken, nicht (mehr) unterkühlt und ohne Pannen wieder am WoMo zu sein.

Die Planung des weiteren Reiseverlaufes warf seine Schatten voraus. Jola tendierte zu einem Aufenthalt auf der Seiser Alm, ihrem Wunschziel. Für mich derzeit kein Thema, wenn, dann nur auf der Rückreise. Ohnehin sei es nach dem Wetterbericht dort regnerisch und Schnee sollte fallen. Keine Option für mich. Entweder gen Adria um Venedig herum oder Bergamo und an die Seen (Iseo / Lago Maggiore).

Weil morgen die Sonne (ein letztes Mal) scheinen soll, werden wir wohl den nächsten Tag noch am jetzigen Standort bleiben.

05.10.2019 Samstag

Genau so kam es, beim Frühstück fiel die Entscheidung, hier zu bleiben. Kaum etwas beeinträchtigte die Sonne beim Scheinen. Eine Fahrt nach Roncegno Terme, Jolas Idee von gestern, verschoben wir auf den Nachmittag. Stattdessen zogen wir unsere Wanderschuhe an, marschierten zum See, den Weg Belvedere entlang, wie schon vor ein paar Tagen mit dem Rad. Das Ziel: das Kirchlein San Biagio in rund 550m Höhe mit Aussicht auf See und Stadt. Keine Wanderwegmarkierung oder Beschilderung. Da es aufwärts gehen musste, beschränkte sich die Suche auf der Via Emanuele Richtung Zentrum auf eine Abzweigung auf die nach oben führende Via Biagio. Über einen Parkplatz und eine Treppe konnten wir den Weg abkürzen. Gemächlich wanderten wir bergauf, leicht schwitzend legten wir die Strecke in ca. 30 Minuten zurück. Am Wegesrand Rastmöglichkeiten, von wo aus ein Blick auf die Stadt möglich war.

Eine Kehre noch, dann erschien das weiß getünchte Kirchlein, davor eine Wiese, auf der Krokusse (?) blühten.

Aus Holz gefertigte Sitzgelegenheiten (für die 12 Apostel?) vor einem überlangen Tisch, dessen Platte krümelsicher breite offene Rillen aufwies und eine Sitzbank, dessen hölzerne Lehne mit aus Holz geschnitzten Noten verziert war, sehr putzige Idee. Vermutlich sitzt hier – „nach dem Abendmahl“ – der Dirigent/Chorleiter. Vor der Bank dann wieder fünf oder sechs Holzklötze für den „Chor“.

Es blieb natürlich nicht aus, dass wir die Position des „Chorleiters“ auf der Bank einnahmen und für die kurzfristige Ewigkeit ablichteten. Die Kirche war geschlossen, Besichtigung nur montags oder nach Absprache mit Pensionären, die ehrenamtlich Führungen machen. An den Wänden huschten einige kleinen Eidechsen hin und her, nutzten die recht kräftigen Sonnenstrahlen zum Auftanken, genau wie ich. Eine verschwand plötzlich unter meinem Rücksack, der auf einem Mauersims stand.

Ein Mann saß hinter der Kirche auf einem Rastplatz, hatte wohl gerade gespeist und rubbelte auf seiner Jacke herum. Er nickte und kam kurz darauf zu uns herüber. Ein Bayer, gesprächig (wie er später selbst anmerkte nur dann, wenn ihm die Gesprächspartner sympathisch sind), verriet, er sei seit 14 im Ruhestand und hätte „nichts“ gemacht und nun hätte seine Frau ausgerechnet im Urlaub plötzlich über 40° Fieber, und es könnte doch alles ganz schnell vorbei sein, und dann ärgerte man sich, etwas nicht gemacht zu haben usw. Er wirkte noch nicht richtig orientiert, hier am Urlaubsort, wo sie in einem Spa-Hotel untergebracht seien, durch Zufall hier gelandet, weil sie eigentlich in die Wachau wollten, aber keine passenden Angebote … usw. Nachdem wir von unserem WoMo und den Reisen erzählten, schien er nachdenklich zu sein, bedankte sich für das anregende Gespräch mit dem Hinweis, wir hätten ihm vielleicht den entscheidenden Kick gegeben. Was auch immer daraus würde… Vielleicht kauft er sich ein Wohnmobil?

Eigentlich wollte ich mich ein bisschen Sonnen, Freikörperkultur in Teilen betreiben. Ein fast gänzlich in lila gekleideter Mann kroch den Berg hinauf, schaute sich um, saß später abseits auf einer Bank und sinnierte vor sich her (vielleicht betete er ein Mantra). Ich clusterte ihn als einen Krishna-Anhänger (dazu fiel mir die Anmerkung von Frau Karasek aus der Talkshow ein, man solle nicht jemanden vorschnell in eine „Schublade“ einsortieren, vielmehr mehr Offenheit demonstrieren … oder so ähnlich). Jola zog es hinab. Ein Bild von der Kirche, die uns so seltsame Erlebnisse gebracht hatte. Die Loc. Belvedere umfasste einen Sportpark, an dem wir uns vorbei dem Zentrum näherten. Ich animierte Jola, mich auf einer der Sitzbänke liegend über dem Bächlein abzulichten.

Um 13 Uhr saßen wir zum zweiten Mal im Al Conte, Pizza für Jola, ein Stück vom Ibericoschwein für mich, zwei Glas Sauvignon und Kaffee Corretta mit Grappa als Abschluss.

Der Verdauungsspaziergang erfolgte am Rio Maggiore hinab zum Sportplatz, das Wasser mäanderte in einem Rinnsal gen Tal. Unsere neuen Schweizer Nachbarn begrüßten uns mit „wieder da“, woraus nach einer halben Stunde ein „und schon wieder los“ wurde. Los fuhren wir mit den Rädern nach Roncegno Terme, dort sollte irgendwo ein Alpinsee sehenswert sein. Wagten die Strecke durch Levico Terme über Novaledo und Marter. Wesentlich stärker rollerten wir hier die Straße hinunter, kaum einmal war in die Pedalen zu treten. Den Blick auf die Tal- und Bergwelt rechtsseitig der Brenta fand ich beeindruckender als vom Radweg auf die linke Seite. Nach Roncegno Terme für nicht ganz zwei Kilometer dann auf Sport den Anstieg gemeistert. Hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein, drei sehr schöne alte Villen lagen verlassen und ruiniert beidseitig der Zufahrtsstraße, eine davon gehörte früher einmal dem Direktor der Therme. Im Ort kein Schild mit Wanderweg zum See. Den gab es hier auch nicht. Der Park war keinen ausführlichen Besuch wert. Verließen den Ort, wechselten nach Marter auf den Radweg und fuhren heim.