2019 Vicenza

14.10.2019 Montag

Jola ging um 10 Uhr ins Schwimmbad. Ich erledigte die Aufräumarbeiten, alles gepackt, nichts vergessen, nichts kaputt gegangen. Grauwasser in einer eng zu befahrenen Ablassstelle entsorgt. Bei gleicher Wetterlage, diesig, warm, die Sonne hielt sich irgendwo im Hintergrund vornehm zurück, starteten wir frohgemut unsere Anreise nach Vicenza. Im Prinzip die gleiche Strecke, nach Treviso, dann nahe bei Cittadella, wo es rechts nach Bassano abging, wir weiter die SS53 fuhren. Reichlich Gewerbe- und Industriegebiete auf der Strecke, die offenbar eine vorzugsweise von LKW benutzte war.

In Vicenza dann die Enttäuschung, der Campingplatz hatte geschlossen. Was nun? Jola fragte im Hotel nach, bekam einen Stadtplan und den Hinweis, es gäbe einen Parkplatz mit Stellplatz. Ich gab ins Navi die Adresse des im Stellplatzführer genannten Stellplatzes ein. 10 Minuten später standen wir auf einem Parkplatz, separiert am Ende Stellplätze für größere Fahrzeuge. Elendig sah es hier aus. Jola traf ein deutsches Ehepaar, das gerade abfahren wollte, die ihr den Weg in die Stadt beschrieben.

Mit dem Rad waren es tatsächlich kaum mehr als 2 Kilometer. Die Straßen in miserablem Zustand, das nicht nur hier, sondern schon auf der gesamten Strecke. Radwege waren selten, dafür der Verkehr um so intensiver. Kurz an einem Wasserlauf entlang (Bacchiglione?), dann erreichten wir die „geschützte“ Altstadt zu einer Zeit, als Mittagspause im Ort herrschte. Dadurch wirkte die Stadt ausgestorben und verlassen wie eine tote Westernstadt, trotz der eindrucksvollen Bauten von Palladio.

Die Tourist-Information befand sich unmittelbar neben dem Teatro Olimpico, die äußere Fassade bearbeiteten gerade zwei weibliche Restauratoren (oder waren es nur einfache Maurerinnen?). Sie kratzten oder spülten mit Wasser Fugen zwischen den backsteinfarbenen Ziegeln aus.

Der Eingang nebenan zum Garten des Theaters war mit Gaze verhüllt, Restaurierungsarbeiten.

Gegenüber das Museum „Civil“ im Palazzo Chiericati (Palladio, 1550), davor eine Skulptur von Dali, dem eine Ausstellung in der Stadt gewidmet wurde und man von ihm mehrere Werke vorfand. Wir schoben zunächst unsere Räder mit uns durch die Alt-Stadt, wo ein Säulen-Palazzo dem anderen folgten, Foto oder kein Foto war dabei die Frage. Jola wollte hierhin, ich dahin, so zuckelten wir durch die Gassen, Produkte aller Art gähnten uns durch Schaufenster aus geschlossenen Geschäften an, vor den Bars saßen ein paar Menschen, ob Einheimische oder Touristen, war nicht immer auszumachen.

Jola quälte Hunger und Durst und drängte auf einen Imbiss, da konnten auch imposante Bauwerke von Palladio oder die Skulpturen von Dali keine Ablenkung mehr schaffen. Selbst das Monument Kathedrale am Piazza Duomo fand keine ausreichende Beachtung mehr.

Nach der schwierigen Suchen einer Lokalität für einen späten Imbiss kehrten wir in ein kleines Café mit Namen „Gran Caffè Sas“ am Corso Palladio ein, bestellten Panini und Kaffee, nahmen in eine Ecke direkt am Fenster neben der Tür Platz. Blickte ich links oder rechts neben Jola, so schaute ich in Spiegel und sah so ständig doppelt Personen von einer Seite zur anderen gehen, mein Gehirn war irritiert.

In einer Nebengasse saß eine Frau auf einem Hocker und spielte auf ihrer Geige für Passanten Klassisches. Hinter ihr eine weitere Skulptur von Dali.

Mittlerweile schienen die Menschen dieser Stadt zum Leben erwacht zu sein, es füllten sich die Straßen, die Läden öffneten und eine angenehmere Atmosphäre entstand so bei unserer Fortsetzung der Stadterkundung. Auffällig viele Unternehmen waren hier ansässig, bspw. dm, Tiger, Eurospar, Douglas, die wir auch aus Deutschland kannten.

Wanderten zum Campo Marzo, in dem Jogger definierte Laufstrecken oder andere Sportbegeisterte einen Trimm-Dich-Pfad nutzen konnten. Zu Jolas Leidwesen tummelten sich aber auch Drogensüchtige im Park herum, lagen unter Bäumen oder setzten sich einen Schuss. Unabhängig von solchem Ungemach boten alleeartige Promenaden und Ausblicke auf Kirchen oder andere sichtbare Objekte auf Hügelkämmen abwechslungsreiche Ansichten. Wir wollten noch den zweiten mit Stellplätzen ausgewiesenen Parkplatz besichtigen, der lag am anderen Ende der Altstadt oberhalb des Parks Querini.

Auf dem Weg zurück zu den Rädern lichtete ich in der Nähe der Basilika ein letztes Palladio-Gebäude ab, die Loggia del Capitaniato (1550).

Die Fahrt dorthin gestaltete sich schwierig, trotz Stadtplan. Ein hilfsbereiter Einheimischer versuchte durch Zeigen und mit italienischen Vokabel wie „dove …“ uns zu erklären, wie wir fahren sollten. Ob es Feierabendverkehr oder nur normaler war, er nervte total, da keine Radwege auf der Strecke existierten. Der Parkplatz stellte für uns keine Alternative dar, wir kehrten um, in Gedanken fragte ich mich, was nun?

Noch ein weiteres Werk von Dali, dessen Name mir entfalle war.

Das Wetter kippte, zwar noch warme Luft, aber keine Sonne mehr. Wann kommt der Regen?

Wieder am WoMo, kam sofort Jolas „Entscheidung „wir fahren heute nicht mehr weiter!“, wohingegen mir vorschwebte, erst einmal weg von diesem für Radfahrerfreunde unerfreulichen Umfeld zu kommen. Ein paar andere Wohnmobile parkten gerade ein, also nicht ganz allein mit möglichen „Zigeunern“, wie uns anfangs von dem abreisenden Paar „zugeflüstert“ worden war. Wird einem so eine Info „gesteckt“, wird man entgegen aller Neutralitätsversuchen von seinen Vorurteilen eingeholt.

Wir blieben! Checkten die Wetterlage, wohin könnte es gehen, wollte man das (beste) Wetter die Zielrichtung vorgeben lassen. Überall ward Regen angekündigt. „Kaltern“?, „Bozen“?, „Meran“?, „Ehrwald“?, „Murnau“? Oder das „Vinschgau“?

Jola fand Informationen, dass es in Murnau am günstigsten aussähe.

Mit Meran fanden wir für morgen einen Kompromiss.