06.10.2019 Sonntag
Abreise aus Levico Terme, das wir als günstigen Standort in der Nebensaison in Erinnerung behielten. Ich hatte mich mit Venedig und Umgebung als neues Ziel durchgesetzt. Jola wünschte den Zwischenstopp in der Grappametropole Bassano. Gut 80 Km waren bis dahin zurückzulegen. Die Fahrt verlief etwas in Analogie zu den Strecken auf französischen Landstraßen, alle Nase lang ein Kreisverkehr. In Bassano bis ins Zentrum vorgedrungen, was ein Fehler war, weil neben einem Kirmes auch ein großer Markt im gesamten Altstadtbereich stattfand, deshalb war für unser WoMo kein Parkplatz zu finden.
Wieder den Stadtkern verlassen, in der Nähe eines Fußballstadions in einer Sackgasse dann eine Möglichkeit, den Wagen ohne Bedenken abzustellen. Mit den Rädern die gut zwei Kilometer ins Zentrum gefahren. Der Bummel durch die Gassen ließ sich gut mit denen in Bozen oder Meran vergleichen, das Angebot reichte von Tüchern, Gürteln, Schuhen, Unterwäsche, Jacken, Haushaltsgeräten bis hin zu Gemüse, Würsten und Süßkram. Neu war hier, die meisten Verkäufer benutzten Lautsprecher und Mikrofon.
Ein ganzen Spanferkel lag bei einem Verkaufsstand auf dem Tresen, der – gegrillte – Kopf daneben, das Maul offen, als wenn das Schwein bis in den Tod gelächelt hätte.
Auf dem Weg zur Ponte Palladiano, der Sehenswürdigkeit der Stadt (erstmals erwähnt 1209), stolperten wir ungewollt ins Grappa-Museum Poli. Gerätschaften, Lektüre und Schriften waren zu sehen (in italienischen und englischen Erläuterungen). Kauften dann eine Flasche und ein Viererpack im Shop.
Unten an der Brücke eins der historischen Lokale, wo eine Traube Menschen mit Gläsern in den Händen herumstand und schwatzte oder Tapas aß. Frustriert war ich, denn es schien auf unseren Reisen vorbestimmt, immer dann zu einem historischen Bauwerk zu kommen, wenn dieses gerade der Reparatur oder Sanierung anheim fiel. Der komplette Innenbereich der Brücke war eine einzige Baustelle, der Durchgang soweit mit Stützen zugestellt, dass nur ein schmaler Pfad für die Fußgänger zum Seitenwechsel blieb.
Hinter der Brücke einige historische Gebäude, eins davon restauriert und aktuell genutzt für eine Ausstellung eines Pilzvereins. Wunderbar waren auf Tischen frische Pilze ausgelegt, in lateinisch beschriftet und mit Gefährdungsgrad gekennzeichnet.
Auf dem Rückweg ein silbrig glänzendes Nashorn auf einer Anhöhe entdeckt. Das sollte aus der Nähe begutachtet werden. Das Nashorn eines taiwanesischen Künstlers auf dem Vorplatz der Galerie im Palazzo Sturm ausgestellt war sicher ein Eyecatcher.
Wieder im, jetzt schon nachlassenden, Getümmel bewegten wir uns Richtung Räder, als es zu regnen begann. Ein Kaffee in einer Bar als Pausenfüller, dann im Schutze von Arkaden vorgerückt. Im Nieselregen zum WoMo zurück geradelt und Richtung Padova und Treviso nach Venetien gefahren.
Enzo Stella Maris, ein 5-Sterneplatz in Cavallino – Treporti, erreichten wir kurz nach 17 Uhr.
07.10.2019 Montag
Der Regenmacher beendete seine Arbeit in der Nacht, in der er auf dem Campingplatzgelände vereinzelt letzte Tropfen verstreute. Morgens schien die Sonne, eine gute Voraussetzung für unser Tagesprogramm. Obwohl eingangs erst einmal nur eine Erkundungstour mit dem Rad zum Fährhafen in Punta Sabbione auf dem Plan stand. Sieben Kilometer, zuerst vorbei auf ruhiger Strecke, an der ein Campingplatz an den nächsten grenzte, fast alle schon geschlossen, dann an der Hauptstraße auf separatem Radweg, der manchmal recht löcherig daherkam. Links und rechts jeweils ein Caravan-Parkplatz zum Überwintern, wo die Wohnwagen dicht an dicht nebeneinander standen.
In der Touristen-Info hätte man gleich Tickets für die Überfahrt kaufen können, doch es herrschte bei uns noch Uneinigkeit zum Wann und Wohin.
Dafür standen wir wenig später in einer Schlange vor dem normalen Ticketschalter, für 15 € bekamen wir jeweils eine Fahrkarte für Hin- und Rückfahrt (einfach, d.h. keine Zwischenstationen auf Inseln). Der Ansturm war bereits hier phänomenal, die Fährlinie 15 voll mit Touristen. Gut 30 Minuten dauerte die Überfahrt auf welligem Lagunenwasser mit einem Zwischenstopp an der Station „Lido“. Uns und die meisten anderen Fahrgäste entließ man an der Station San Marco Schiavoni. Fielen quasi in den vollen Touristenstrom hinein, überquerten drei Brücken, standen dann vor dem Palazzo Ducale (Dogen-Palast), in dem eine Tizian-Ausstellung gezeigt wurde und Besucher geduldig in einer Schlange unter schattiger Arkade warteten.
Gleich um die Ecke der Piazza San Marco, Menschen wohin das Auge auch blickte, meist mit Fotoapparat, Handy oder Selfie-Stick in der Hand. Uns ging es natürlich genau so, obwohl ich mir eigentlich vorgenommen hatte, nicht gleich wild „um mich zu schießen“.
Welche überschwängliche Worte sollte ich nehmen oder suchen, um diesen Prunk, diese Kunst, diese Architektur zu beschreiben, was Menschen im 16. Jahrhundert vollbringen konnten und bis heute existiert.
Keinen Stress wollten wir uns auferlegen, uns einfach so durch die Stadt treiben lassen, das sehen und bewundern, was gerade ins Blickfeld geriet.
Den konkreten weiteren Weg zu beschreiben, lasse ich hier aus, folgten den gelben Hinweisschildern „Rialto“, manchmal durch überfüllte Gassen, durch Gruppen verstopft, dann wieder wandelte man fast alleine, überall Geschäfte, meistens „Nippes“, sprich Karnevalsmaske etc., oft beiderseits der Gasse Läden mit Vasen, Figuren oder sonstigen Skulpturen aus Muranoglas, eben in vielfältiger Form. Wie nicht anders zu erwarten, tummelten sich auf der Brücke ziemlich viele Menschen (ein Schild mit „beschränkende Anzahl“ habe ich allerdings nicht gesehen), Gedrängel an den Brüstungen für die beste Position.
Fast ein Alleinstellungsmerkmal hatte Jola hier auf der Treppe, mein Blick von unten neben der Kirche San Giacomo.
Nur ein paar Mal um die Ecke getrippelt und wir schienen wieder allein in Venedig zu sein, trafen erste Lokale der Sorte „Bàcaro“, dunkles Holz des Interieurs, rustikal, lange Schanktische, dann leere Stände eines Wochenmarktes am Campo Della Pescheria, eine Osteria „I Compari“, in der Oktopusse als Speise im Fokus standen. Ein Tisch war in dem sehr kleinen Raum gerade frei, für uns die Gelegenheit zur Rast und einem Imbiss. Zwei bärtige Männer organisiertes alles, mehrsprachig bediente einer die Gäste, der andere kochte die kleinen bläulichen Tintenfische in einem Topf, zerlegte sie portionsgerecht auf einen Teller, der mit Folie ausgelegt wurde. Die Teilchen schwammen in einer öligen Pestosoße. Dazu eine Tüte Brotscheiben. Jola verzichtete aufs Probieren, in Erinnerung an den auf der Israelreise unter Wasser gesehenen kleine Oktopus.
Da es für die Anlieferung oder den Abtransport von Waren keine Autos in Venedig gibt, werden Lastschiffe benutzt. Ob für Schmutzwäsche oder für die Reste vom Wochenmarkt.
Ich folgte mit Jola dem gelben Schild „Ferroviaria“. Dabei schritten wir über diverse Brücken (wenn es auch in Venedig nicht so viele wie in Hamburg geben soll), von denen aus ich die Enge in manchem Kanal erkennen konnte und das Stillleben darin.
Ein paar Plätze und Kirchen weiter breitete sich der Canale Grande vor uns aus, gegenüber der Bahnhof. Einziges bisher gesichtetes Bauwerk war die zum „Festland“ führende Brücke „Ponte della Costituzione“. Daneben die Touristen-Info, bei der ich uns einen in deutsch geschriebenen Stadtführer kaufte.
Kreuzfahrtschiffe sahen wir bis dato nicht, ebenso wenig rochen wir deren Dieselausdünstungen. Schon etwas Fußlahm begannen wir von hier an den Weg zurück zum Fähranleger zu beschreiten. Gerieten dabei in den Stadtteil Dorsoduro, an dessen Ende die Holzbrücke Ponte Accademia überschritten wurde. Des öfteren tauchten Plakate und Banderolen mit der Aufschrift „Biennale …“ auf, ein Zeichen für aktuelle Kunst. Auf dem Campus der Uni den Füßen eine Pause gegönnt, Mandelkuchen und Kaffee als Stärkung. Wieder im Stadtteil San Marco brauchten wir lediglich den gelben Hinweisschildern folgen, wunderten uns dann noch über die ausgewählten Luxusboutiquen (Prada, Gucci, Dolce & Gabbana), die uns auf „den letzten Metern“ mit ausgesprochen „günstigen“ Markenartikeln beglückten. 17.44 Uhr ging die Fähre, vollbesetzt mit mehr oder weniger müden Besuchern dieser pittoresken Inselwelt voller alter Schätze, alter Gebäude, bei denen man sich fragt, wie sie so lange gehalten haben.
08.10.2019 Dienstag
Jola wirkte am Frühstückstisch entsetzt, als sie anmerkte, wir müssten heute den Platz verlängern und ich erwiderte „warum denn das?“, woraus sie schloss, dass ich gar nicht länger bleiben wollte, ich aber meinte eher „das es gar nicht nötig sei, weil so viele freie Plätze vorhanden sind“. Es brauchte dann auch keiner Verlängerung, wir durften stehen bleiben, so lange wir wollten.
Heute sollte nicht gleich wieder Venedig angesteuert werden, die Beine durften sich von der gestrigen Stadttreterei erholen, nicht wirklich so richtig, denn wir planten die Radtour Nummer 4. Sie begann nach der Beschreibung eigentlich in Lido Jesolo, wohin wir vorab gut 10 Kilometer Anreise zurückzulegen hatten. Auf dem Weg dorthin entdeckte ich zufällig den Campingplatz „Union“. Morgens hatte ich noch in meinen „Jugenderinnerungen“ nachgelesen, wie der Platz bei unserer Reise 1976 und dem Aufenthalt vor Venedig hieß, er hieß eben „Union“. Der Betreiber muss seitdem mächtig investiert haben, 5 Sterne als erster in Italien, so warb ein großen Plakat an der Straße.
Bis Nummer 13 „Waikiki“ zogen alle Plätze an uns vorüber. Jesolo und der Lido entpuppten sich als Hochburg der touristischen Erschließung der Strände an der Adria. Neben imposant gestalteten Hoteltürmen fand man allerhand klassische Kastenbauweise zwischen 4 und 6 Stockwerke, mal mit runden, mal mit eckigen Balkons, andere in blau vergittert oder ganz betoniert, an Neubauten auch mit Milchglaseinfassung. Vor neuen Anlagen signalisierten des öfteren übergroße Schilder mit der Aufschrift „Vendita“ dem Vorbeziehenden attraktive Geldanlagen. Zwischendurch, allerdings eher selten, ursprünglich wirkende Häuser, ob privat oder nicht, war nicht auszumachen. Endlos reihten sich in den Läden der Erdgeschosse Restaurants, Boutiquen, Gewerbetreibende, wie sie überall zu finden sind, mit Gürteln, Spielzeug oder Badeartikeln sowie Getränke. „Chiuso“ stand nicht selten auf handgeschriebenen Pappen, die in den Eingangstüren der Lokale oder Supermärkte hingen. Ein Stück des Weges fuhren wir auf der Promenade, trotz des Verbotsschildes für Radfahrer. Die wenigen Spaziergänger störte das nicht.
Geöffnet lockten einige Boutiquen, darin zu stöbern konnte Jola nicht widerstehen. Ein Stopp tat ohnehin ganz gut, so konnte ich mir die Beine vertreten. Maues Angebot, so kommentierte Jola die Situation nach dem dritten Besuch.
Noch etliche Kilometer radelten wir gegen die Einbahnstraße auf separiertem Radweg unter einem fast geschlossenen Nadeldach über der Straße.
12.40 Uhr war es, als wir an der Pizzeria Rica Roca in Jesolo anhielten; wieder einmal entschied über den Stopp das im Restaurant ausgemachte Publikum (Arbeiter etc.). Die als Vorspeise gedachten Bruscetta hätten wir gut weglassen können, die Spaghetti fanden wir hingegen beide in Ordnung. Unser Tisch neben dem Eingang zur Toilette wies eine Besonderheit auf. Ein Art Vitrine bot einen Überblick über alle möglichen Hässlichkeiten, die Mitbringsel oder Geschenke von Gästen so an sich haben können. Viele der Souvenirs kamen aus Albanien, Rumänien, Slowenien.
Probleme bekamen wir, als an einer Brücke ein großes Radhinweisschild unten entlang zeigte, sich der Weg zweideutig teilte und wir deshalb den sicheren Weg über die vierspurige Fahrbahn nahmen. Entschieden dann, in der Nähe des Meeres bis nach Cortellazzo und weiter nach EracleaMare bzw. dort zum Strand von Laguna del Mort zu fahren.
Cortellazzo bestand aus einer Schleuse, hinter der ein paar echte Fischerboote im Wasser der Piave dümpelten, Männer Fischernetze säuberten oder flickten, was ich nicht genau ausmachen konnte, einigen Häusern an einer Durchgangsstraße, das war es wohl auch schon auf den schnellen Blick.
Auf dem Weg zur Lagune bzw. zum Ort EracleaMare pendelten etlichen LKW, ein Baukran zeugte von Bauaktivitäten, deren Ergebnis uns anfangs verborgen blieb. Dafür streiften wir ein eingezäuntes Gelände mit diversen total verfallenen Rundhütten, aus einigen wuchsen bereits Bäume durchs zerstörte Dach. Auf Splitt fuhren ein Stück zum Strand, wo Bauarbeiter mit einem kleinen Schaufelbagger Gehwegplatten vom Strand aufnahmen (und wahrscheinlich ins Winterlager brachten).
Einen Seezugang weiter lagen alle Platten noch schön in Reih und Glied und wir nutzten diese, um bis zum Strand zu fahren.
Die Sonne hatte mittlerweile ihre gewohnte Wärme erreicht, was mich dazu animierte, die Sachen abzulegen und ins Wasser zu wagen. Etwas unruhiger Wellengang und graues Wasser durch aufgewühlten Boden. Kalt war es nicht, aber so richtig „baden gehen“ wollte ich dann doch nicht.
Für ein Selfie stellte Jola sich zu mir ins Wasser. Ganz in der Ferne die Bettenburgen des nächsten Ortes namens Caorle, zu dem wir uns die 18 Km nicht mehr zumuten wollten.
So gegen 14.45 Uhr kehrten wir quasi um, sahen dann die Neubauten hinter dem umzäunten Waldgebiet.
Neuerlich überquerten wir die Piave über eine Privatbrücke (Traghetto sul Piave), für die Fußgänger und Radfahrer von einem Entgelt ausgenommen waren.
In Cortellazzo folgten wir dann dem ausgeschilderten Radweg I3 am Kanal Cavetta. Schnurgerade führte die schmale Straße an dem Kanal entlang, auf dem beiderseits kleine Boote auf eine Ausfahrt warteten. In der Ferne die Kirche von Jesolo, davor auf der anderen Kanalseite ein Wasserturm. Hübsch anzusehen die hohen Pinien in Alleeform. Links in der Ebene abgeerntete Ackerfelder.
Jesolo wollte Jola gerne „erfahren“. Das alte Zentrum war schnell gefunden. Ich zeigte kein Interesse, mehr Pedalumdrehungen als nötig zu machen und schaute mir in Fenstern eines zu vermieteten Ladenlokals historische Fotos von der Stadt an.
Das Bild vom Strand am Lido aus dem Jahre 1958 hatte es mir angetan. In knapp 60 Jahren entwickelte sich das Naturcampinggelände zu einer Hochburg des Tourismus. Wahrscheinlich „hausten“ damals die ersten Deutschen mit ihren Zelten hier (VW Käfer deuten zumindest auf Deutsche hin).
Jola suchte uns eine Pausenstation, bestellte Cappuccino und Kuchen.
Der Rückweg bescherte uns einen kleinen falschen Abzweiger, den Jola für ein Foto des Leuchtturms nutzte.
Ansonsten fuhren wir der tief stehenden Sonne entgegen, Jola in der Hoffnung, mit 4 Km Akku-Reichweite den Stellplatz zu erreichen. Der Hintern schmerzte leicht, als ich Punkt 18 Uhr nach exakt 69 Kilometern vor dem WoMo stand, ich mich eigentlich aufs Schwimmbad freute, aber enttäuscht zur Kenntnis nahm, um 18 Uhr schlösse das Bad.
09.10.2019 Mittwoch
Heute ausgeschlafen und keine anstrengenden Unternehmungen geplant. Die Schweizer Nachbarn waren abgefahren. Herr „Saubermann mit dem Besen“ hatte alles gekehrt, dann war die Familie ein letztes Mal schwimmen in der Adria. Ich nutzte die Möglichkeit, im Schwimmbad meine 40 Bahnen im Außenbecken zu schwimmen. 16° Lufttemperatur wurde angezeigt, das Wasser sicher wärmer. Bewölkt fing der Tag an, mittlerweile (12.30 Uhr) schien die Sonne. Jola war auf Einkaufstour zu einem Wochenmarkt.
Hatte mich schon wieder eine Zecke an der Wade erwischt? Ließ sich nicht mehr genau feststellen.
Jola brachte gute Laune von ihrer Tour zurück, eine Idee, wo wir zu Mittag essen könnten, müssten gegen 13.45 Uhr aber losfahren. Gesagt getan, meine Ruhezeit war vorüber. Jola führte mich „aufs Land“, erzählte von drei riesigen Ratten oder Bibern, eins der Tiere entdeckte ich in einem mit grünen Entwässerungsgräben, wie es gerade genüsslich an einem Stück Holz knabberte, sich ansonsten von meiner Anwesenheit nicht sonderlich beunruhigt zeigte.
Das Lokal lag direkt an einem Kanal, der Chef wies darauf hin, Mittagessen gäbe es nur bis 14 Uhr, ein Gericht dürften wir aber noch bestellen. Pizza stand auf mehreren Seiten in der Karte, bestellen ging lediglich abends. Frittierte Tintenfischringe für Jola, Nudeln mit Sardellen für mich.
10.10.2019 Donnerstag
Ein Frühstücksei erweiterte heute das Tableau auf dem Tisch. Entschieden war schon im Vorwege, den Radweg „Inseln von Venedig“ zu fahren, d.h. mehrfach mit einem Wasserbus / einer Fähre überzusetzen. Die Anreise zur Fähre in Punta Sabbione machten wir über den Weg entlang des Kanals Peloni. Streiften durch Querstraße, wo neben oder vor landwirtschaftlichen Nutzflächen ansehnliche Häuser standen, verfallene mit Schildern „zum Verkauf“ an Hauswänden fehlten dazwischen nicht. Jola besorgte in den Information die nötigen Fahrkarten, wobei ich mich über die Dauer wunderten. Mit 14 Tickets kam sie aus dem Häuschen, davon 12 für die Fahrräder. Wir hatten Glück, brauchten nicht auf eine Fähre warten, denn eine befand sich gerade im Anmarsch. Um 10.30 Uhr 20 Minuten zum zweiten Mal auf der Wasseroute zum Lido. Und ich wusste immer noch nicht, wie die Fahrstrecke verlief. Irgendwann tauchte die Skyline vom Markusplatz und Dogenpalast auf, auf dem Wasser herrschte ordentlich Verkehr, Taxi, Linienschiffe, Fischerboote, Motorboote kreuzten. Am Lido ausgestiegen, kurz orientiert und los ging es. Gerieten in eine Gegend mit ansehnlichen klassischen Villen, dann auf dem Strandweg, wo alles schon für das Ende der Saison vorbereitet oder abgeschlossen war. Das Filmfestareal mit dem modern in weiß gehaltenem Bau sowie nur ca. hundert Meter weiter das Hotel Exelsior, ein Gebäude, das gut in einem Streifen für einen Bollywood-Film passen würde.
Bis nach Malamocco fuhren wir durch eine Gegend ohne nennenswerte Erinnerungsaspekte. Einfache Häuser, Gewerbeflächen, Brachland. Malamocco besaß einen „Altstadtkern“, geprägt von einem zugeschütteten Gewässerarm (Rio Terra) und den darum herumstehenden Häusern. Leider lenkte uns eins der Radschilder auf einen Küstenweg entlang der Schutzmauer gegen ungestümes Meer. Hier gab es keinen Sandstrand, dafür Felsen als Wellenbrecher, schiefe Ebenen aus Steinquadern als Wellenbremser. Alles, was das Meer hier anspült, wird scheinbar von Kreativen verarbeitet.
Wir sahen in kurzen Abständen aus Treibholz gefertigte hüttenähnliche Gebilde auf den Felsen. Pausenstationen, Birdwatching stations oder Überbleibsel von Robinson’s Schiffsbruchepisode? Wir trafen Spaziergänger, alles schien normal, doch der Weg endete im Sand am Strand. Mussten umkehren, was ein wenig ärgerlich war.
Aus den ca. vier Kilometern bis zum nächsten Fähranleger wurden somit ein paar mehr. Neuer Radwegbelag, neu geteerte Straße auf der Via Alberoni. Am Ende verbreiterte sich dieser ca. 12 Km langer schmaler Landstreifen, auf dem sich dann ein Golfplatz befand. Standen zunächst an der falschen Fähre nach Fusina. Nächste Abfahrt wäre hier am Nachmittag um 14.15 Uhr gewesen. Die Uhr zeigte gerade 12 .20 Uhr an. An einer Bar saßen einige Männer bei einem Schwätzchen zusammen. Den Irrtum erkannt, weiter bis zum richtigen Anleger gefahren. 12.50 Uhr fuhr die nächste Fähre. 20 Minuten Pause und sich umzusehen. Es kam dann eine Autofähre, auf der sogar Linienbusse transportiert wurden. Scheinbar alles gut aufeinander abgestimmt. Die Fähre war bis auf den letzten Stellplatz gefüllt. Zehn Minuten dauerte die Überfahrt. Trotzdem stiegen aus dem Bus Fahrgäste aus, um sich aufs Deck zu begeben. Pellestrina, dörfliche Idylle mit charakteristischem Fischerflair. An vielen der Häusern hing Wäsche, mal nur ganz weiß, mal bunt, mal über die Straße hinweg, mal unter dem Fenster. Hinter der Hafenmauer werkelten Fischer an Netzen oder ihren Booten. Auf der Kaimauer oder gegenüber saßen alten Frauen in Gruppen bei einem Schwätzchen, Männer fachsimpelten über irgendetwas, auch ein Liebespaar sah ich später in der Sonne schmusen. Mal führte der Radweg am Wasser der Lagune entlang, mal durchs Dorf. Geräusche aus einem Restaurant lockten uns an, vor der Tür Fahrräder gleichen Couleur eines Verleihers, innen geräuschvolles Getuschel. Wir gingen hinein, in der Hoffnung, in ein urtypisches italienisches Dorfrestaurant gelangt zu sein. Ein lustiger – schwuler – Kellner bemühte sich in englischer Sprache uns alles Recht zu machen. Am Nebentisch ein Paar verschiedener Nationalität, sie telefonierte in russisch, er sprach fließend italienisch mit dem Kellner. Sie verschwand vom Tisch, telefonierte draußen weiter, kam nicht zurück. Er ging hinaus, kam allein zurück. Unser Essen kam, Jolas Gnocchi sahen aus wie dicke weiße Bohnen, von den Scampi wenig zu sehen. Meine frittierten Meeresfrüchte, kleine Calamares, Tintenfischringe und Garnelen lagen allein auf einem weißen Teller, die Pommes wurden quasi als Vorspeise gebracht. Uns drängte der Kellner, die auf dem Tisch stehende Tüte mit Brotkringeln zu probieren, „home made“, war sein Kommentar. Trockenes Knäckebrot, so würde ich die Dinge beschreiben. Mit ein bisschen Olivenöl beträufelt, brachte ich einen davon bei mir unter.
Alles zusammen (Besteck jeweils 2 € extra) zahlte ich 40 €, was augenscheinlich zu viel für die gebotene Speise war. Der Streit zwischen dem Nachbarpaar eskalierte dann, als sie zurückkam und er ihr in englisch vorhielt, sie solle erst essen und dann später telefonieren. Darauf schnappte sie ihren Rucksack und wollte abhauen. Wir hörten dann von draußen ihre weinende Stimme und Fetzen von der andauernden Auseinandersetzung.
Authentisch wirkte die Grillerin bei ihrer Arbeit vor den Fischerbooten. Sie brutzelte vier oder fünf Fische auf dem Grill für Handwerker, die nebenan in ihrem Haus werkelten. Befeuert wurde der Grill mit Holz von Obstkisten.
Chioggia war dann mehr ein kurzer Abstecher als ein wirklicher Besuch. Vom Fähranleger durch eine nicht ganz verkehrsberuhigte Straße, dann einen Weg am Wasser entlang abseits von Autoverkehr. Als wir das Gewässer sahen, fiel uns sofort die Hamburger Binnenalster als Vergleich ein. Zeitlich schien eine Umrundung möglich und so strampelten wir einfach darauf los. Eine beliebte Strecke, nicht nur für radelndes Publikum, auch Jugendliche nutzten die Sitzbänke für ihre Treffen, Frauen schoben ihre Kinderwagen und schwatzten dabei. Dann gegen 16.30 Uhr wieder am Anleger auf die Fähre gewartet und zurück auf die Insel …. Irgendwie blieb keine Zeit mehr für Exkursionen oder Abstecher, denn es galt, die Fähre zum Lido zu bekommen, diesen Abschnitt von rund 12 Kilometern zu bewältigen. Dumm gelaufen, ich fiel auf die Radschilder und die Bodenbeschriftung „Ferry“ herein und wir landeten an der Autofähre. Somit durften wir eine Extrarunde von gut 2 oder 3 Kilometer bis zur Personenfähre drehen. Völlige Dunkelheit herrschte noch nicht, nur ungemütlich frisch war es auf den letzten sieben Kilometern bis zum Campingplatz.
11.10.2019 Freitag
Jola fiel gegen 07.15 Uhr aus den Federn, war am Strand und machte Aufnahmen vom Sonnenaufgang. Sonne sollte nach der Vorhersage heute auch einmal länger und intensiver scheinen.
Für uns stand ein weiterer Tag in der Lagunenstadt auf dem Plan. Pfennigfuchser wie wir sind, nutzten wir das Tagesticket von gestern aus, denn es galt bis ca. 10.15 Uhr heute. Insofern bestand die Notwendigkeit, Frühstück, Körperpflege und sonstige Aktivitäten daraufhin abzustimmen, dass wir rechtzeitig vom Stellplatz aus wegkamen. Das klappte ohne Hindernisse. Im Tour-Modus erreichten wir schnell Punta Sabbione und checkten ein.
Mittlerweile durfte ich mich als routinierter Kenner der Fährverbindungen bezeichnen und konnte einem Schweizer Paar aus der Not helfen. Sie wussten nicht, durch welchen Check-Inn sie gehen müssen.
Deutlich bessere Sicht herrschte heute, Jola zeigte auf die Silhouette der Bergwelt, die wohl meist weniger im Fokus stand, ob wegen schlechter Sicht oder weil einen die Skyline von Venedig ablenkt. Auf dem Schiff stimmten wir uns ab, was zuerst gemacht werden sollte.
In Venedig angekommen, bot sich uns das gleiche Bild wie beim ersten Besuch. Obwohl es schien, als wenn noch mehr Menschen über die drei Brücken zum Markusplatz strömten, beunruhigte mich dies heute weniger. Unser Ziel war der Ticketschalter für Fahrkarten der Linie 1. Die Fahrt bis zum Piazzale Roma kostete genau das Gleiche, wie die Überfahrt nach Punta Sabbione, nämlich 7,50 €. Egal, wir wollten die Paläste von der Wasserseite aus sehen. Das Schiff legte sofort ab, vollgestopft mit Fahrgästen, hangelte ich mich in den Sitzplatzbereich und fand einen der letzten freien an einem Fenster. Jola blieb für mich unsichtbar im vorderen Bereich.
Unmöglich war es, die Route aus dem Venedig-Führer mit dem Stadtplan und der Fahrtstrecke in Einklang zu halten. Das Schiff erzeugte bei jeder An- und Abfahrt einer Anlegestelle äußerst lauten Geräusche, schaukelte, rangierte, vom Fenster aus war es schwierig, verwertbare Fotos zu machen. Keine 50 Meter legte das Schiff von San Marco zurück, da dockte es schon wieder an. Nicht in ganz so kurzen Abständen, aber doch zwischen den ca. 16 Stationen bestand meist kein so großer Weg. Mal links angelegt, mal rechts, dazwischen tourten die Wassertaxis, die Lastboote, die Ausflugsschiffe oder anderer Linienverkehr, nebst der umfangreichen Zahl von schwarzen Gondeln. Zuerst saß neben mir eine schwarzhaarige junge Frau, offensichtlich eine Einheimische, weil des Umfeldes keines Blickes gewürdigt, allein ihre Whatsapp-Nachrichten schienen von Bedeutung. Irgendwann räumte sie den Platz und ein älteres deutsches Ehepaar ließ sich neben mir nieder. Die Schiffe anderer Linien quollen manchmal beinahe über, so voll mit handybestückten Menschen, alle auf der Jagd nach Motiven.
Trotz des langsamen Dahingleitens drehte sich mir bald das Hirn, suchend nach links, suchend nach rechts schauend, nicht das gesehen, was im Tourenplan stand. Ich resignierte, bat die beiden Sitznachbarn mich durchzulassen und begab mich ans Heck ins Freie.
Mehr Weitblick brachte allerdings nicht mehr Durchblick. Zumindest gestattete mir die Position, zu beiden Seiten nach Motiven Ausschau zu halten. Eingefangen habe ich meiner Meinung nach nichts Besonderes.
Vom Wasser aus erlebte ich das Treiben der arbeitenden Bevölkerung intensiver, Lastkähne wurden be- und entladen, ob die Lieferungen über Amazon bestellt wurden, lasse ich einmal offen.
An der vorletzten Station Ferroviaria leerte sich das Schiff erstmals nennenswert. Jola zeigte nach dem Aussteigen am Piazzale Roma ihre gewohnt bekannte Begeisterung, wenn ihr etwas außergewöhnlich gut gefallen hat (ach war das schön…). Von hier aus wollten wir den Rundgang zum jüdischen Viertel (Ghetto) machen, danach die Strada Nuovo mit der Shopping-Meile finden.
Zum Bahnhof überschritten wir die gläserne Brücke Ponte delle Costituzione. Am Bahnhof selbst das bekannte ameisenhafte Treiben, hinein, hinaus, hierhin und dorthin wuselten die Ankommenden und Abreisenden. Jola stellte wohl zu recht fest, aus einem Zug zu steigen, den Bahnhof zu verlassen und dann dann diesen Ausblick als erstes von einer Stadt zu erhaschen.
Gegen 12.30 Uhr einen Cappuccino „to go“ (Nachhaltigkeit nicht beachtet) gekauft, auf die Marmorstufen des Bahnhofs in die Sonne gesetzt und von unseren bei COOP gekauften Casanova-Keksen geknabbert und die beruflich / privat aktiven Kofferträger bei ihre Beschäftigung beobachtet.
Fanden auf der Fondamenta di Cannaregio ein Hinweisschild „Synagoge“, das ich falsch „gelesen“ hatte und wir deshalb am Canale Cannaregio in voller Sonne ins Ungewisse spazierten. Das Ghetto der Juden im Bezirk Cannaregio entdeckten wir auf dem Rückweg dennoch. Nur ein schmaler Durchgang führte uns auf die Ghetto Vecchio, wo wir uns sogleich ab vom Mainstream befanden, kühle Luft strömte durch die Gasse, nur wenige Besucher, hebräische Schriftzeichen, auch auf Speisekarten, ein Mann in orthodoxer Kleidung hantiert in einer Galerie an irgendwelchen Objekten herum. Studierte eine Speisekarte und fand „Hühnersuppe mit Mezze“ als Mittagssnack appetitanregend, doch Jola war bereits vorangeschritten und zeigte kein Interesse. Die meisten Häuser auf diesem Teil unseres Rundgangs vertrügen meiner Auffassung nach eine Renovierung/Sanierung. Vor einem Gebäude eine Rotunde in der drei Polizisten saßen, vermutlich nicht aufgrund der aktuellen Geschehnisse in Halle in Deutschland, aber auch in Italien muss offensichtlich jüdisches Gut besonders geschützt werden. Die ausgeschilderte Synagoge fanden wir nicht. Über eine Brücke gelangten wir in die Gasse Ghetto Nuovissimo.
Essen gegen 13.15 Uhr in der Osteria Mariner Di Gherardi in der Fondamenta Degli Ormesini. Im Hintergrund des Lokals tauchten nach und nach auf einem Bildschirm alte schwarz-weiß Aufnahmen auf, wahrscheinlich aus dem Umfeld dieser Osteria, womöglich waren auch Aufnahmen aus dem jüdischen Ghetto dabei. Gegen 14.40 Uhr marschierten wir nach dieser nur mittelmäßigen Stärkung weiter auf dem Fondamenta della Misericordia, bogen in die Calle Larga ab, um die alternative Szene in diesem Stadtteil zu entdecken, ohne Erfolg. Der Campo Madonna Dell‘Orto erhielt seinen Namen von der gleichnamigen Kirche, vor deren Eingang das Pflaster im Fischgrätenmuster verlegt worden war. Tintoretto arbeitete in dieser Kirche über dreißig Jahre.
Neben der Kirche eine Art Atrium, außen herum Arkaden, unter denen aktuell großformatige Bilder ausgestellt wurden. Ein Ort der inneren Einkehr. Oben in der Mitte aus Arkadensicht eine „devote“ Aufnahme der Kirche aus Büßerperspektive. Über eine Brücke (ohne Erinnerung an deren Namen) und die Fondamenta Dell’Abazia ging es auf den Campo Della Misericordia. Ob hier oder ein Stück weiter im Palazzo Lezze oder beinahe nebenan in der Scuola Vecchia d. Misericordia begaben wir uns in ein kirchenähnliches Gebäude in dem eine Ausstellung „1919 … 2019 Ligabue” stattfand.
Ich bleibe hier einmal bei der Bezeichnung „Kirche“ für diese Ausstellungshalle. Von der Reederei entwickelte sich dieses Unternehmen zu einem diversifizierten Konzern mit weitgefächertem Portefeuille bis hin zum Catering oder Exploration in Afrika. Davon zeugte ein Skelett eines Sauriers.
Eine Stunde später spielte sich auf einem freien Platz eine skurrile Szene ab, Filmaufnahmen wurden permanent von Passanten gestört, weil zwei Crewmitglieder es nicht schafften, die Leute hinter einer imaginären Absperrung zu halten. Die Verpflegung stand auf Klappstühlen, Schnittchen, die wohl schon länger auf Abnehmer warteten. Es zuckelten ein paar recht freakig gekleidete weibliche Komparsen zur Probe über den Platz.
Beide mit müden Beinen strebten wir ab hier den Weg zur Fähre zurück an. Jola kaufte eine venezianische Fahne, einen Magneten und einen Schlüsselanhänger, drei Paar Handschuhe und eine Handtasche.
Die Fähre brauste gerade davon als wir unsere Tickets lösten. Eine halbe Stunde Wartezeit bis 18.10 Uhr. In den Sonnenuntergang hinein erlebte ich das erste Auslaufen einen Kreuzfahrschiffes.
Jola freute sich darauf, Brot zu rösten und Bruscetta mit Tomaten und Zwiebeln für unser Abendbrot zuzubereiten.
12.10.2019 Samstag
Ein Ruhetag, abgesehen von meinen vierzig gezogenen Bahnen im Schwimmbecken. Mittags im Restaurant gegen 14 Uhr gegessen. Waren neben einem italienischen Paar die einzigen und bald auch letzten Gäste, um 15 Uhr schloss das Lokal. Am WoMo einen Espresso gemacht.
Es wurde dann doch noch ein Ausflug per Rad nach Treporti gemacht, die Fährstation nach Murano angesehen, zurück zur Kreuzung und von dort vier Kilometer weiter durch die Lagunenlandschaft auf einer Art sehr schmalen Damm (schnell tauchte bei mir die Erinnerung an Radtouren nach Ochsenwerder auf), nach Lio Piccolo. Ein Ort, eher ein Flecken, zwischen den mit Gräsern bewachsenen Erdhaufen im Lagunenwasser, mit einem Kirchturm, einem Herrenhaus und ein paar Gebäuden drum herum.
Ziemlich lange her, als ein reicher Mann den gesamten Ort kaufte und hier ein Domizil errichtete. Ein kleines Museum bezeugte Funde von Scherben etc. Für mich merkwürdig war, dass doch etliche Menschen diesen Ort aufsuchten, ob mit Motorrad, Auto oder per Fahrrad.
Im über die Straße hinaus liegenden Gewässer durfte man einige installierte „Kunstwerke“ bewundern. Auf der Rückfahrt fuhren wir einer blaugrau schimmernden Himmelsdecke über der Adria entgegen, hingegen schien über der Lagune noch die Sonne, seltsame Atmosphäre.
Wir kauften bei Eurospin ein.
Jola sammelte spät nachmittags Muscheln am Strand.
Ich versuchte abends für diesen Reisebericht den gestrigen Venedigbesuch nachzuvollziehen.
Jola klagte über ein dickes Knie.
13.10.2019 Sonntag
Ein Spaziergang in diesiger Atmosphäre am Strand in Richtung „Union“. Pferdespuren im Sand, ein morgendlicher Ausritt (?). Die Nebenplätze hatten ebenfalls noch geöffnet, insofern war die Zahl der Strandbesucher nicht so ungewöhnlich. Auf den Felsen im Meer saßen vereinzelt afrikanisch aussehende Menschen mit Drachen oder Strandtücher, die sie gerne den Touristen verkaufen würden. Wir suchten den Sand nach Muscheln ab, Jola zeigten zweimal erschrocken auf Quallen im Meer, die merkwürdigerweise kopfüber im Wasser durch die Wellen hin und her geschaukelt wurden. Eine besaß einen lila Rand, wie eine Bordüre umrundete dieser Farbkreis die wabbelige Hülle.
Ich sammelte ein paar besonders interessante Austernschalen, Jola die klassische Variante.
Mittags wärmte Jola eine Packung Risotto mit Steinpilzen auf, danach wurde bayrisch zünftig Weißwurst verspeist.
Ausflug am Nachmittag zum Leuchtturm durch Wohngebiet mit landwirtschaftliche Nutzfläche. Ab und an staunte ich über gelungene Bauweise neuerer Häuser, die großflächigen Grundstücke. Kamen an ein Museum, das wie eine Festung aussah und Relikte und Dokumente zum „Großen Krieg“ (der 1. Weltkrieg) zeigte. Uns war jedoch nicht nach Museumsbesuch und Kriegserinnerungen. Die sehr lange Via Adige war unsere Leitlinie, um zum größten Campergelände auf dieser Halbinsel zu kommen. Der Platz hatte noch geöffnet, wir wagten eine Rundfahrt auf dem Areal. Neben der riesigen Spaßbadanlage sahen wir eine Bank, eine Apotheke und Platznummern im 6000er Bereich. Rund 2580 Plätze sollten hier Campergästen angeboten werden. Uns war dieses Dorf „zu groß“, zu unpersönlich. Vor dem Leuchtturm ein Naturschutzgelände ohne Campingplatz. Viele Spaziergänger wanderten auf einem Damm zu dem gedrungen wirkenden Turm.
Ich säuberte nach meiner Rückkehr die Fassung für die Markise, Jola tätigte derweil in einem Supermarkt noch Einkäufe. Gegen 17.15 Uhr huschte ich schnell ins Schwimmbad, schwamm meine vierzig Bahnen. Zwei Tage hintereinander 1.000m, das spürte ich in den Muskeln.
Wir scannten die Wetterlage für die nächsten Tage, wollten ggf. danach nächste Ziele aussuchen. Meine Vorschläge waren Triest oder Vicenza und Umgebung. Entschieden uns für Vicenza, weil die Stadt als „Weltkulturerbe“ ausgezeichnet ist und das Umfeld zur Radroute gehörte.