2021 – Havelland –

Wähle einen Tag:
06.08. 07.08. 08.08. 09.08. 10.08. 11.08. 12.08. 13.08. 14.08. 15.08. 16.08.

05.08.2021 Donnerstag

Allerlei musste am Vormittag noch erledigt werden, Jola hatte sich um 9 Uhr zum Telefonat mit Miriam verabredet, um 09.30 Uhr stand – wie vereinbart – ein Mitarbeiter der Glaserei Brede auf der Matte, um sich das Roto Dachfenster anzuschauen. Im Anschluss brachte Jola das Paket mit Geburtstagsgeschenken für Miriam zur Post, ich verstaute derweil die meisten Reisesachen.

So ließen wir die Wielandstraße gegen 11.25 Uhr hinter uns. Bei Talkau auf die A24 nach Berlin gefahren. Sonnenschein vermittelte das Gefühl einer beginnenden unbeschwerten Fahrt, die Autobahn recht befahren, aber eben keine Behinderungen, erst kurz vor der Autobahnabfahrt eine Fahrbahnverengung. Werder überraschte mit einem Wechsel aus Alt und Neu, gemeint waren damit Häuser und ähnliche Gebäude, weniger Straßen und Radwege. Das Ziel am Jahnufer, der Campingplatz am Glindower See, gleich geortet. Niemand an der Rezeption, das Gelände abgesperrt. Eine Gästin des angrenzenden Restaurants verhalf mir zur Telefonnummer des Platzwartes, von dem ich lachend die Auskunft erhielt, kein freier Platz stünde aktuell zur Verfügung. So navigierte ich uns in den Ortsteil Petzow zum Stellplatz KIEZ, der sich auch Inselparadies nannte und ein Kinder- und Jugendzentrum für Erholung, Bildung und Freizeit war. Ein Mann mit Klemmbrett stand bereit, gerade ein anderes WoMo abgefertigt, von mir meinen Wunsch entgegenzunehmen. Nachschauen müsste er, wenn ich nicht reserviert hätte. Und es war ein Platz frei, Nummer 4, am Waldrand, ohne Fernsehempfang. Strom gab es, Toiletten oder Duschen nicht. Er drückte mir ein Couponheft, einen Umgebungsplan und eine Übersicht über die Freizeitanlage in die Hand und wünschte guten Aufenthalt.

Die Anlage vollmundig angepriesen, verströmte den Charme von FDJ Freizeiten in der DDR, Stege an der Badestelle (Badestrand genannt) morsch und unbenutzbar, die Freilichtbühne ein steinzeitliches Kolosseum, Bolzplätze zugewachsen, alte Treckerreifen ins Erdreich vergraben als Wegbegrenzung oder sollte es ein Trimm-Dich-Pfad sein? Überall schwirrten kleine Mädchen herum oder man hörte ihre Stimmen aus einigen der grauen Häuser.

Schauten wir aus dem Fenster unseres WoMo, so blickten wir auf einen hinter dünnen Bäumen grünlich schimmernden Tümpel, befüllt mit diversen umgestürzten Bäumen, abgebrochenen Ästen.

Da Regen oder Gewitter für den späten Nachmittag angesagt waren, machten wir uns rasch zu einer Fahrt Richtung Werder auf. Neben der Freizeitanlage ein modernes Ressort mit Anbindung an Bootsanlegeplätze und Blick auf die Grellbucht.

Die Fercher Straße nur ein kurzes Stück Richtung Werder, einen Hügel hinauf, dort stand die auffällige Schinkel-Kirche.

Nur kurz den sandigen Weg zur Hauptstraße, diese überquert, sahen wir das Schloss von Petzow am Haussee in der Zelterstraße. Auch hier wirkte Schinkel bei der Gestaltung mit. Nach den vorliegenden Informationen befinden sich jetzt Eigentumswohnungen in der Anlage. Die Fontane-Klause lud uns zu einem Imbiss im Garten ein. Bei Ankunft waren wir die einzigen Gäste. Hering mit Bratkartoffeln standen auf der Schiefertafel als Tagesangebot, Jola gefiel das. Ich begnügte mich mit einem klassischen Schnitzel, garniert mit einem Spiegelei. Kaum verspeist, forderte Jola zum Aufbruch auf, was sonst eher ungewöhnlich daherkam, Grund war gewittrige Wetterlage.

Angeboten wurde mir per Mail überraschend ein Aufenthalt auf dem Platz Blütencamping. Meine Nachricht über die Annahme des Angebots kam dann leider zu spät, der Platz ward anderweitig vergeben. So blieb nichts anderes übrig, als die zweite Nacht auch hier zu verbringen.

Der Regen kam dann noch, aber letztendlich in mäßiger Ergiebigkeit.

06.08.2021 Freitag

Unruhige Nacht, Jola hustete stark gegen Morgen. Sonne brach durch das Geäst, freundlich wirkte gleich das ansonsten eher trist daliegende Gelände der Freizeitanlage. Getoastetes Roggenbrot zum Frühstück. Kurzen Kontakt zum Nachbarn aus Bayern aufgenommen, der gerade sein Kanu für eine Ausfahrt aufpumpte. Aufbruch nach Werder. Fercher Straße entlang, der Sanddorn-Produktionsstätte einen Besuch abgestattet, dann den Campingplatz Riegelspitze eines Blickes gewürdigt, um gleich weiter ins Zentrum von Werder zu fahren. Über Unter den Linden gelangten wir in den architektonisch ansehnlichen Teil der Altstadt. Eine Sicherheit, hier nicht verhungern zu müssen, stellte sich angesichts der Vielzahl der Restaurants schnell ein. Direkt neben der Brücke auf die Insel ein Wohnmobilstellplatz, gut besucht. Ein Blick auf die Infotafel schaffte Klarheit über die Gebühren (19 € pro Tag), Strom extra, keine Duschen oder Toiletten. Aber eine super Lage. Ab hier dann Kopfsteinpflaster auf den meisten Straße auf der Altstadtinsel.

Über die Torstraße zum Markt, sahen diverse Cafés, die Frühstück anboten, eine Option für den morgigen Tag? Den Markt dominierten zwei stattliche Bäume, verkehrsberuhigte Zone, dann durch Poller abgegrenzt. Einige modern wirkende Hotels folgten, dann die Baderstraße, die uns ans Wasser der Havel brachte. „Alte Überfahrt“ ein edles Restaurant und Café, noch geschlossen. Sah eine Werbeschrift der Kaffeerösterei. Mir fehlte ohnehin Kaffee und ich ließ Jola am Fähranleger zurück, suchte die Rösterei am Markt. Musste im „Haus Schönemann“ nachfragen, indem ich durch eins der offenen Fenster „wie komme ich zur „Kaffeerösterei“ rief.

Freundlicher Tipp einer Mitarbeiterin, der mich über den Markt zum Lendelhaus führte, in dem ein Verkaufsraum der Kaffeerösterei ansässig war. Um 1820 war das Gelände eine Brauerei, dann eine Saftfabrik. Russen nutzten es 1945, dann zu DDR-Zeiten ein VEB. Nach der Wende Verfall, bis 2008 eine Investmentgesellschaft das denkmalgeschützte Ensemble sanieren ließ. Kaffee Marke „Blütenstadt“ für 7€ gekauft. Zurück zum Fähranleger, wo Jola auf mich wartete. Folgten dem Schild „Inselrundgang“ bis zum Fischrestaurant Arielle. Öffnung erst ab 11.30 Uhr. Zurück und dem grünen Schild „Inselrundgang“ gefolgt. Unangenehmes Gehoppel über Kopfsteinpflaster bis wir am Kirchweg vor der Heilig-Geist-Kirche standen. Davor eine Gesellschaft, die scheinbar auf Gäste und / oder den Bräutigam / die Braut warteten.

Weithin sichtbar die Bockwindmühle, gleich neben dem Kirchengelände. Freitags leider wegen technischer Arbeiten geschlossen. Von der Infotafel war zu erfahren, dass diese Mühle gar nicht von hier stammte, quasi importiert wurde aus einem 110 Km entfernten Ort namens Klossa. Kreisten weiter durch die kopfsteinpflasterbewährten Gassen, fanden das Restaurant St. Yves’s, ohne Angabe von Öffnungszeiten, dafür mit interessanter Menükarte. Rief die Mobilnummer an, erfuhr vom Catering, weshalb man heute erst gegen 16 Uhr kochen würde. Über die Fischerstraße erreichten wir gegen 11.30 Uhr unser Ziel für ein Mittagessen, das Fischrestaurant Arielle.

Günstige Zeit scheinbar, gleich zur Öffnungszeit, freie Platzwahl und kein Anstehen bei der Bestellung. Jola orderte Essbares, ich die Getränke. Jola gefiel ihr Backfisch in krosser Kruste, auch der säuerliche Kartoffelsalat fand ihr Wohlwollen. Mein gebackener Zander war zunächst ziemlich heiß, schmeckte mit Kartoffeln und Gemüse. Jolas gewählter Platz gewährte uns ständige Aussicht auf die Havel und den Schiffsverkehr mit seinen unterschiedlichen Bootsarten, ob Hausboot, Motorboot, Segelschiff oder Frachtkahn.

Fuhren anschließend die „Nordtour“ durch die Schrebergärten, wo Jola meinte, Christine hätte bei einem Spaziergang hierdurch ihre Freude. Am Restaurant Alago vorbei, zu dem Jola anmerkte, dort gäbe es in der 1. Etage ein „Kunstgeschoss“. Beim Bäcker vier Brötchen gekauft, sah die verschiedenen Arten und fragte nach, was den „alte Art“ sei. Irgendwie nach DDR-Art, also wie früher im Osten gebacken.

Nun den Rest der Insel erkundet, der Tienenplatz, an dem ein Mann vor seinem ansehnlichen Grundstück und darauf befindlichem Haus neben seinem Tesla Pappkartons zerkleinerte. „Tienen“ waren kleine Holzfässer, die man zum Transport der Äpfel benutzte, wobei jeder Lieferant eigene Brandzeichen im Holz zur Unterscheidung anbrachte. Die Äpfel wurden dann per Schiff nach Berlin zum Markt gebracht.

Jola stoppte am Stellplatz hinter der Brücke, schaute nach dem Obstweg. Nur der Weg endete schnell am Wasserrastplatz und führte uns zurück Unter den Linden. Verhaspelten uns bei der Suche nach den Hofläden, kreisten am Glindower See, mal in der Nähe unseres Stellplatzes, mal am Jahnufer. Vieles kam mir bekannt vor, und doch fehlte manchmal die konkrete Orientierung. Hofläden sahen wir zu dieser Zeit keine. Erreichten über die Brandenburger Straße, wo Jola an einem Selbstbedienungsstand Tomaten kaufte, wieder die Insel-Altstadt, pausierten im Hinterhof der Kaffeerösterei bei Pflaumenstreuselkuchen und Kaffee.

Den Stadtpark angesteuert, ihn aber nicht gefunden. Auf dem Weg dorthin das Gelände der Wasserwerke (irgendwo bei Nr. 4) gestreift und dieses lustige Gebäude gesehen.

Badestelle, mal mit Eintritt (Strandbad), mal versteckte Einstiegsmöglichkeiten ohne Einzäunung und „Lösegeldforderung“. Immer wieder Abwechslung zwischen dem klassischen DDR-Look, mit oder ohne neuem Farbanstrich, dazwischen villenartige Neubauten.

Folgten dem Ufer des Großen Plessower Sees, der uns ins Waldgebiet auf den Europäischen Wanderweg E10 führte. Später überquerten wir die A10, gelangten nach Kemnitz, wo der See sein Ende fand.

Wir bekamen langsam lahme Beine, es half aber nichts, die andere Seite des Sees war noch abzufahren. Nur leider nicht in unmittelbarer Ufernähe. Ganz ausweichen mussten wir auf den Derwitzer Winkel nach Derwitz.

Immerhin keine vielbefahrene Straße, in Derwitz dann eine interessante Kirche, deren Ursprung dem 15. Jahrhundert zugeschrieben wurde, wobei der Kirchturm nachträglich im 19. Jahrhundert seine Errichtung fand. Davor ein Gedenkstein an Otto Lilienthal.

Wir befanden uns wieder auf dem Panoramaweg Werderobst, der auf einem Schild „14 Km Petzow“ auswies.

Radeln gegen die dunkle Wand aus Regenwolken und gegen einen sich zunehmend entladenden Akku bei Jola. Auf Anhöhen, dann wieder zurück auf die laute und vielbefahrene B1. Wieder am Campingplatz vorbei, diesmal aber den Weg in die Sackgasse nach Anweisung des Routenplaners genommen und die „Alpenstraße“ gefahren, direkt am Gelände vom KIEZ angekommen, Jola mit letzten Reserven und den ersten fallenden Regentropfen.

07.08.2021 Samstag

Der Morgen begann mit Lesen in „Hannibal“, um 07.30 Uhr wachte Jola auf. Ich kredenzte ihr meine Idee vom Ablauf des Vormittags, Sachen packen, zum Werder-Center den Einkauf erledigen, danach Frühstück (im WoMo oder auf der Altstadt-Insel). Ich schrieb eine Notiz für die Rezeption, dass wir später zurückkämen und bezahlen würden.

Bei wenig Verkehr gelangten wir rasch auf das riesige Gelände Am Strengfeld, auf dem es neben den klassischen Filialbetrieben (Aldi, Rossmann, Hagebaumarkt, Kaufland etc.) auch einige lokale Anbieter und den Wochenmarkt anzutreffen waren. Kaufland erinnerte mich vom Angebot und Größe an den CITTI-Markt in Lübeck. Nach dem Einkauf luden wir die Räder aus, eine zeitliche Parkbeschränkung fanden wir hier nicht, radelten, ich erst in die falsche Richtung, die gut 3,5 Km auf der Potsdamer Straße zur Altstadt-Insel. Bei Café Hagemeister durften wir in der oberen Etage uns einen Platz aussuchen, mussten dann einige Zeit auf unsere gewählte Frühstücksvariante warten. Ohne Aufpreis durfte ich statt Rührei Spiegelei ordern.
Für den Preis von 12,90 € ein ordentliches Angebot (Kaffee / Tee satt, ein Glas Saft dazu).

Kaufte dann bei Kirstein 10 „Brötchen alter Art“. Zurück am WoMo, standen dort jetzt einige weitere Wohnmobile auf Einkaufstour, der Parkplatz insgesamt gut gefüllt. Auf der Straße zäh fließender Verkehr. Erst die Rechnung beim Inselcamp beglichen, dann auf Umwegen zum Campingplatz am Glindower See, den wir gegen 12.20 Uhr erreichten. Platz 6 direkt am Durchgangsweg, genug Platz, Sonne, Sat-Empfang, die Badestelle fast vor der Tür, alles bestens. Jola erklärte die Chip-Karte für den Zugang zum Gelände und den Sanitäreinrichtungen.
Ich ging zum Wasser, das angenehm abkühlte, schwamm einige Runden im leicht welligen Wasser des Sees, umgeben von allerlei Wasserfahrzeugen, meist ausreichend Abstand zwischen ihnen und mir, bis ein Boot aus dem angrenzenden Yachthafen vorbeituckerte.

Duschen konnte man nicht ohne Münze, so kamen die Haare unter dem Wasserhahn zu ihrem Shampoo.
Jola wollte keinen Ausflug nach Potsdam machen, ruhte im Liegestuhl aus.
Der Campingplatz besiedelt überwiegend von Dauercampern. Blieben augenblicklich noch ohne Kontakt zu den sehr, sehr typischen Camperfiguren.

Einen Kurztrip, das gefiel Jola, und ihr Vorschlag war Ferch, das sei nicht so weit (rund 9 Km) und mit der Maler-Kolonie vielleicht ein interessantes Ziel.


Ausnahmsweise einmal gute befahrbare Radwege, nahm am Ziegelei-Museum den um 1890 gebauten Turm erstmals wahr und lichtete ihn ab.


Mit Ferch entdeckten wir ein wirklich sehenswertes Örtchen, hier musste „das Geld“ wohnen oder lediglich investiert worden sein. Den japanischen Bonsaigarten schauten wir nicht an, weil wir den Uferweg wählten.

Dafür standen wir vor dem reetdachgedeckten Gebäude des Museums der Havelländischen Malerkolonie, geschlossen!

Um die Ecke quasi der Weg hinauf zum Wietkiekenberg, einen Ausflug wert. Weit kamen wir mit den Rädern im sandigen Waldboden nicht, ließen sie an einem der Nadelbäume stehen. Aus den am Wegesrand befindlichen Wochenendhäusern geselliges Gemurmel, manchmal dazwischen eingestreut kindliche Hochtöne, mehrfach sahen wir geschmückte Gärten, Hauseingänge oder einfach irgendwo hübsch gekleidete Kinder, die ihre Einschulung fröhlich mit ihren Eltern und Angehörigen feierten.

Der Marsch zum Aussichtspunkt war durch stetiges Bergauf gekennzeichnet, für meine lädierten Gelenke eine kleine Herausforderung, die gut 1.000m. Der Aussichtsturm entpuppte sich als Sendemast, an dem metallene Stufen zu einer Plattform öffentlich zugänglich hinaufführten und von dort einen schönen Rundblick übers Havelland bis nach Berlin bot.

08.08.2021 Sonntag

Frühes Zubettgehen führte zu frühem Aufstehen, verbunden mit einer morgendlichen Schwimmrunde im See, wo ich nicht der erste war. Ein (noch) älterer Mann stand an einer der beiden Bänke, in einer Hand sein Handtuch, in der anderen Zahnbürste und Tube. Freundliche Grüße und gegenseitiges „Viel Spaß“. Schwamm im ruhigen Gewässer bis auf Höhe des zweiten Hauses, auf dessen Seeterrasse eine Person in der Sonne saß und las.

Heute endlich sollte es nach Potsdam gehen. Zwischenzeitlich fanden wir uns auf den Wegen schon fast wie zu Hause zurecht, zumindest bis nach Petzow. Diesmal dann rechts um den Kreisverkehr der Berliner Chaussee auf die Baumgartenbrücke, die über die Havel führte. Die verließen wir sogleich wieder rechts herum hinab zur Havel, wo der Radweg auf den nach Caputh traf. Das Gasthaus Baumgartenbrück öffnete erst ab 12 Uhr, wir waren ohnehin noch vom Frühstück gesättigt.

Zwei Skulpturen (Fischotter) – 1994 wieder an historischer Stelle aufgestellt – zierten das Ufer, daneben ein Gedenkstein mit Sinnspruch („Was dauernd hier fesselt…, das sind doch die Gaben der Natur, das ist … die seltene Schönheit dieses Platzes. Es ist eine Brühlsche Terrasse am Schwielowsee.“) von Fontane, zu dem hier im Havelland öfters Informationstafeln standen oder hingen. Nur versperrte ein über die Jahre reichlich gewachsener Baum aktuell die Sicht (die Fontane wahrscheinlich meinte).

Nach Caputh waren es auf gut zu fahrendem Radweg 2 Kilometer, dann standen wir an einer Fähre, vom Schloss bis dato keine Spur. Nichts übersehen, denn das Schloss lag auf der anderen Seite und bis dorthin waren es noch gut 1,5 Km. Mächtiger Andrang an der Seilfähre „Tussy II“, die ihren Dienst seit 1998 verrichtete, auf die neben maximal 4 PKW etliche Räder nebst Fahrern und Fußgänger passten. 2 € durften wir für die kurze Überfahrt über eine schmale Verengung der Havel, die hier Caputher Gemünde hieß, an dieser Stelle löhnen.

Das Schloss Caputh, eher unspektakulär, zumal auch noch dessen Ansicht durch eine Baustelle es optisch nicht schöner gestaltete, enttäuschte. Nun, einmal vor Ort, zahlten wir die ermäßigten 5 € pro Person Eintritt.

Nachstehender Text von der offiziellen Seite der Preußischen Stiftung…: Schloss Caputh ist das älteste, erhalten gebliebene Lustschloss aus der Zeit des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg in der Potsdamer Kulturlandschaft. Es blickt auf eine über 350-jährige Geschichte zurück. In dem kleinen, kostbar ausgestatteten Landhaus an der Havel sind im Festsaal und in den fürstlichen Gemächern Stuckaturen und Deckengemälde aus dem späten 17. Jahrhundert zu entdecken. Das Schloss ist ein kunsthistorisches Juwel, das wie wenige andere Schlösser die wechselvollen Zeiten fast unverändert überstand. Die museale Einrichtung zeugt von der hohen Qualität fürstlicher Wohnkultur um 1700.

Ab 1671 ließ die Kurfürstin Dorothea, die zweite Gemahlin der Großen Kurfürsten, das Schloss verschönern (Dorothea stammte aus dem Hause Holstein Glücksburg).

Viele „alte Schinken“ hingen an den Wänden der Räumlichkeiten, oft natürlich der Kurfürst mit seiner imposanten Nase in verschiedenen Posen. Im Untergeschoss ein Raum ausschließlich mit blauen Kacheln, Motive meist Segelschiffe und spielende Kinder.

Jola wollte nach diesem Rundgang noch gerne das Einsteinhaus besuchen. Dahin fuhren wir den blauen Schildern folgend fast durch den ganzen Ort. Das Holzhaus lag etwas abseits oberhalb am Waldrand. In den Jahren 1930 bis 1932 wohnte Einstein hier in seinem Sommerhaus, eigentlich als temporäres konzipiert, die ganze Zeit.

Ohne umkehren zu müssen, konnten wir die Tour nach Potsdam über den ausgeschilderten Wanderweg fortsetzen. Durch Wald abschüssig auf durch Regenfälle mit losem Sand bespülten Weg gelangten wir nach Templin, gegen 12 Uhr rechtsseitig die Braumanufaktur Forsthaus mit Außengastronomie. Alle Plätze besetzt, warteten am Eingang auf eine Tischzuweisung durch eine Servicekraft. Alles ging schnell vonstatten, Karte kam, Bestellung schnell entgegengenommen, das Bier stand kaum zwei Minuten später auf dem Tisch, das Essen (Rehbratwurst und Haxe) folgten nur wenige Zeit danach. Jola begeisterte das Sauerkraut und die Rehbratwurst, meine Haxe schmackhaft, das dunkle Lager-Bier sehr süffig. Gegen 13 Uhr weiter ins Zentrum nach Potsdam. Neben einigen fertigen Neubauwohngebieten, ungefähr hinter dem Wasserwerk beginnend (Speicherstadt) an der Leipziger Straße (die beschildert selbst für Radfahrer gesperrt war), empfing uns Potsdam mit riesigen Baustellen und unzähligen rotweißen Barken, die uns ersatzweise lenkten. Das mitgenommene Geld war nach dem Essen knapp geworden, deshalb suchte ich die Sparda-Filiale in der Friedrich-Engels-Straße. Dumm gelaufen, fast bis nach Babelsberg lotste mich das Navi, sahen dabei einen Flohmarkt, merkte an den Hausnummern, hier stimmte etwas nicht. Kehrten um, stoppten am Flohmarktgelände, stöberten nicht, weil es Jola zu voll erschien. Die Suche nach der Filiale geriet zu einer Irrfahrt, die am Hauptbahnhof endete, wo ich zu Fuß in die Passage ging und mich umsah. Erst am Schalter der S-Bahn-Auskunft half man mir weiter. 500 € hob ich am Automaten ab, Kontoauszüge konnte ich nicht ziehen. Was jetzt in dieser noch so unbekannten, vermeintlich bekannten, Stadt der vielen Sehenswürdigkeiten machen? Vom Bahnhof aus den Haveluferweg genommen, die Lange Brücke überquert, und schon befanden wir uns im preußischen Zentrum der schinkelschen Baukunst am Alten Markt.

Imposant die Nikolaikirche. Hier auch die Touristeninformation.

Die Kirche hätte ich als solche nicht identifiziert. Daneben Museen, der Brandenburgische Landtag und die riesige Baustelle am Alten Markt. Derzeit sind dort in Block3 13 neue Gebäude geplant, wobei sich der Baufortschritt durch die Pandemie verzögerte. Die Kirche gehörte zu den „offenen“, ein schneller Rundgang durchs Innere wurde etwas abgebremst durch Aufsteller, auf denen jüdische Menschen aus der Ukraine abgebildet waren, die jetzt in Potsdam lebten und die ihre Lebensgeschichte darboten.

Auf dem weiteren Weg warfen wir einen Blick in den Innenhof des Landtages, um danach am Marstall, in dem das Filmmuseum untergebracht war, vorbei, auf ein Schild mit der Aufschrift „Lustgarten“ zu treffen.

Der Lustgarten, auf dem Weg zum Park von Sanssouci, ich hätte ihn als solchen nicht erkannt, grüner Rasen, darauf einige bunte Sitzbänke in Übergröße, ein paar Beete mit blühenden Blumen, wir ließen ihn fast unbeachtet, um zum Park zu kommen.

Den erreichten wir am Eingang Römisches Bad, freuten uns, dass wir radfahrend den sehr weitläufigen Park durchfahren durften.

Charlottenburger Schloss, Kolonade, Neues Palais, dort spielten zwei Musiker neben dem Heckentheater auf Akkordeon und Klarinette vor einigen Menschen auf Holzbänken sitzend. Ich stellte mich am mobilen Kaffeeautomaten an. Jola beunruhigten die dunklen Wolken, schlug eine Heimfahrt vor.

Renovierung schien bei einigen Figuren und Gebäudeteilen anzustehen, andere wirkten wie gerade frisch gefertigt.

Ich ging abends noch zum Schwimmen. Den Regen erhielten wir zur günstigen Fernsehzeit.

09.08.2021 Montag

Wieder Frühschwimmen, allerdings erst gegen 8 Uhr. Machte etwas mehr als 300 Züge. Eine Frau erschien mit gelber Schwimmnudel, wünschte „Guten Morgen“ und begab sich ins Nass.

Uns schwebten zwei mögliche Ziele vor, entweder den Panoramaweg neuerlich in Gänze abfahren oder die Kolonie Zern am Großen Zernsee aufzusuchen. Wieder fuhren wir den Weg an der Fischräucherei vorbei, die warb um Kundschaft (Jola meinte, sie könnte ja später …), dann tauchten die Wasserwerken auf (das „Holstentor“ würdigte ich nicht mehr einer solchen Aufmerksamkeit wie bei der ersten Vorbeifahrt, wobei Jola noch nachfragte, ob ich das Bild Hubert schon geschickt hätte (hatte ich nicht)). Am Plessower See, so hieß die Straße hier, stießen wir auf das kleine Zeichen des E10 (Europäische Fernwanderweg) an Laternenpfählen. Wir änderten unsere Route und folgten den Zeichen durch die Gertrudenstraßen, wieder interessante Häuser erblickend, dann kurz links rechts und es ging am Gymnasium und den Sportstätten die Hagenstraße hinauf, die in den Hohen Weg überging. Links ein gewaltiges Gebäude im Bau oder gerade fertiggestellt, Jola wollte es genau wissen und näherte sich dem Bauschild an. Das Wasserwerk (Hochbehälter für Trinkwasser) wurde erneuert.

Oben am Ende der Straße marschierten drei Personen auf einer Treppe neben einem abbruchreif aussehenden Gebäude Stufen hinauf. Die E10-Zeichen deuteten in die gleiche Richtung, allerdings gab es keine Auffahrhilfen für Räder. Mussten schiebend die Anhöhe erklimmen.

Oben auf dem Kesselberg, die Friedrichshöhe, angekommen, erschreckte zunächst der Anblick dieser Ruine.
Entlohnt wurden wir mit phänomenalen Ausblicken ins Umland und auf Werder. Diese Ruine, an der einzig einige Wappeninsignien wie frisch geputzt glänzten, so erfuhren wir von einem Mann, war früher ein beliebtes Ausflugslokal mit Sälen und Konzerthalle. Seine Mutter hätte dort lange Zeit die Leitung gehabt. Erfuhren von Investoren, die nichts mit dem denkmalgeschützten Gebäude anzufangen wussten (oder auf ein glückliches Unglück – bspw. Brand – warteten). Ein Hotelbau sei angedacht….

…. 136 Stufen führten hinter dem Plateau zum Hafen hinunter, wobei der Weg genau so marode wirkte wie alles auf diesem Gelände, eine Schande! „Die tote Mutter“, meinte der Mann, „lebte sie noch, sie würde bei dem Anblick augenblicklich sterben“.

Text aus den Potsdamer Neuesten Nachrichten: Das Ausflugslokal auf dem Kesselberg war Ende des 19. Jahrhunderts eröffnet worden, als eines von fünf Höhenrestaurants in Werder. Seinen Namen verdankt es dem damaligen Betreiber Friedrich Schmahlfeldt. Die Gaststätte war beliebt, Touristen und Einheimische ließen es sich auf dem Aussichtspunkt gut gehen. 1913 wurde ein großer Tanzsaal mit Bühne gebaut, und 1937 kam noch ein verglaster Anbau mit einem kleineren Saal hinzu. Auch zu DDR-Zeiten wurde weiter getrunken und getanzt über den Dächern der Blütenstadt. Wer nach dem Zechen keine Lust hatte, den Berg hinunterzulaufen, konnte auf einer Rutsche aus 71 Metern Höhe hinunterrutschen.

Wir wählten dann nicht die Trägervariante, wollten die E-Bikes nicht 136 Stufen hinunterschleppen, ließen uns den Berg hinuntertrudeln, gelangten so zum Bahnhof, der Radweg brachte uns zur Eisenbahnbrücke. Großflächig kündete ein Schild vom Bauvorhaben der Erneuerung dieser Brücke und Verbesserung der Fahrradwege darüber an.

Uns half das aktuell wenig, die Schiebeflächen waren steil, das Verkehrsaufkommen gerade mächtig, der Gang über den Großen Zernsee eng und des öfteren hörte man „Bauch einziehen“. Ängstliche Menschen hätten sicher Sorge wegen der losen Gehplatten gehabt.

Glücklich die Querung geschafft, beobachtete ich den Transport von schwerem Arbeitsgerät auf dem Wasser.

Auf dieser Seite ging es für uns nicht weiter, wollten nicht zum Wildpark, sondern am Mühlendamm über eine Fußgängerbrücke nach ….?

Gefühlt fanden wir, sei es hier wie im Hamburger Umland (Ochsenwerder / Moorwerder), Deiche, Heuballen, Wiesen, Pferde. Ein Fohlen wälzte sich zwischen zwei erwachsenen Pferden im Gras, wollte lästige Fliegen vertreiben. Auf halber Strecke ein Schloss namens Golm. Der Zutritt zum Parkgelände erlaubt, Jola kam alsbald zurück, „verwildert“, ihre Umschreibung.

Über dem Eingang zwei Greifvögel, die Laternenträger darstellten.

Das Radeln gefiel uns so gut, wir bemerkten nicht, dass wir an der Brücke bereits vorbeigefahren und jetzt in Natterwerder gelandet waren. Eine kleine Kirche am Rande, außerdem ein Rastplatz, so wie Jola es gerne hätte: Ein dicker Baumstumpf, versehen mit einer Platte, darum zwei schicke Holzbänke, diebstahlgesichert.

Wir beratschlagten, was nun weiter, zurück oder nach vorne. Bis Grube waren es 1,4 Km. Das erschien uns machbar, wenn auch die Fortsetzung von dort ungewiss war. Ein Mann trug Kochgeschirr über die Straße, befragt nach Streckenvarianten, erfuhr ich, auf der Autobahn gab es keinen Radweg über die Havel. So blieb nur, den Weg von Grube zurück nach Golm zu nehmen, quasi den gleichen Weg zurückzufahren. Was uns nicht wirklich störte, nur wir mussten wieder über die Eisenbahnbrücke!

Eigentlich war auf dem Speiseplan eine Pizza, doch an der Touristeninformation am Plantagenplatz lockte „Der Scharfrichter“, bei näherer Betrachtung ein Vietnamese namens „Herr Dang“. Das Haus ist das älteste auf dem Festland in Werder, wurde vor ca. 400 Jahren gebaut und beherbergte die Henkerei.

Asiatisch gestärkt, suchten wir den Wachtelberg, wo es einen Aussichtsturm geben sollte. Weit konnte es nicht sein. Am Wachtelberg und Am Weinberg, hier musste es irgendwo sein. Den Wachtelwinkel erklommen, standen wir vor der Einfahrt zur Wachtelburg.
Text von der offiziellen Webseite: Die Wachtelburg ist die älteste der drei großen Höhengaststätten Werders, deren Entstehung mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Werders nach Einführung des Blütenfestes im Jahre 1879 verbunden ist. Die traumhafte Lage vor den Toren Potsdams, eingebettet in der einzigartigen Seenlandschaft Brandenburgs und in unmittelbarer Nähe zur Bundeshauptstadt Berlin, zeichnet die imposante Burg auf dem Wachtelberg in Werder aus. Seit 1946 wird die Wachtelburg als adventistisches Jugend- und Freizeitzentrum genutzt. Viele Jugendtreffen, Freizeiten und Gemeindeausflüge fanden statt.

Lag ziemlich verlassen da, im Hintergrund angedeutet die Weinberge. Kurvten den letzten Rest des Anstiegs empor, kamen uns ein bisschen wie in Südtirol vor. Mitten zwischen den Reihen der Weinstöcke der Aussichtsturm, nicht so imposant wie am Wietkiekenberg, trotzdem bot sich ein hübscher Rundblick über die Weinberge aufs Umland. Voll hingen die Reben mit weißen und blauen Trauben, da könnte sich unser Weinstock mal eine Scheibe abschneiden! Unterhalb der Aussichtsplattform eine Art Buschenschänke. Ausschank der erzeugten Weine vom Weingut Dr. Lindicke.

Text von der offiziellen Webseite: Der Weinbau wurde 1985 auf Initiative der damaligen Gärtnerischen Produktionsgenossenschaft “GPG Obstproduktion Werder” auf einer traditionsreichen Weinbergsfläche, dem Werderaner Wachtelberg, in einer Größe von 4,8 ha wieder aufgenommen, obwohl hier seit über 100 Jahren kein erwerbsmäßiger Weinbau mehr betrieben wurde. Dennoch wurden bei der Neuanlage dieses Weinbergs vereinzelt alte verwilderte Weinstöcke gefunden.

Diese Aufrebung soll daran erinnern, dass in vielen Städten und Dörfern der Mark der Weinbau eine große Bedeutung hatte und die Stadt Werder (Havel) sich im Verlaufe mehrerer Jahrhunderte zum Zentrum des märkischen Weinbaus entwickelte. Der Weinbau zählt in Werder (Havel) neben der Fischerei zu den ältesten Gewerben.

Die angebotenen Brotzeiten konnten uns nicht reizen, aber eine Weinprobe gönnten wir uns. Bayrische Stimmen an Nebentischen vermittelten gleich weiter südlich gelegenes Flair.

So ein Glas Roter / Weißer am frühen Nachmittag tat gleich seine Wirkung. Schmeckten uns so gut, gleich ein paar teure Flaschen mitgenommen. Das Weingebiet gehört offiziell zur Region Saale/Unstrut, die nördlichste Weinlage mit dem Qualitätssiegel „QbA“.

Leicht angeschickert rollerten wir den Berg hinunter, wollten auf der Altstadt-Insel beim Bäcker Brötchen kaufen, doch montags war geschlossen. Jola besorgte sich ein Stück Kuchen, ich später bei Edeka Brötchen. Heimfahrt auf bekanntem Wege.

10.08.2021 Dienstag

Ohne viel Aufhebens und ohne morgendliches Frühschwimmen beendete ich den Aufenthalt an diesem netten Ort. Gegen 09.20 Uhr verließen wir den Campingplatz, nach dem Navi sollten wir bereits vor 10 Uhr am Ziel Ketzin ankommen. Einige Streckenabschnitte in Werder jetzt aus der Cockpitperspektive gesehen. Am Ortsausgang vor einen Einkaufszentrum gehalten, Jola brauchte irgendein Hobelteil für Hornhaut aus einem Drogeriemarkt. Ich kaufte derweil Kuchen, entgegnete der Verkäuferin „Ochsenaugen“, was zu gleichnamigen Gesichtsausdruck führte und Unverständnis signalisierte. „Na, die mit dem roten Punkt in der Mitte“, präzisierte ich. „Ach, die Pfauenaugen“, klärte man mich über die hier heimische Bezeichnung auf. Kurzes Stück über die Autobahn bis Potsdam Nord. Straßenschäden kündeten danach einen wellenartigen Bodenbelag an und das WoMo hopste und schaukelte, was Jola wieder auf den Plan rief mit der Bemerkung „fahr langsamer“.

Auf dem Campingplatz angekommen, dirigierte man uns auf eine Rasenflächen zum Warten. Zum Glück nicht bis um 12 Uhr. Der freundliche Platzwart erschien mit der Bemerkung einer Entschuldigung „man müsse erst die schmutzigen Mülltonnen säubern, das hätte Vorrang“.

Er nahm uns zu einer Platzbegehung mit, wüsste selbst nicht so genau, was nun frei würde.

Zwei Plätze von derzeit im Aufbruch befindlichen Wohnmobilisten standen zur Disposition, aber es ging noch weiter in die Tiefe des Platzes. Der nächste angebotene Stellplatz war uns zu weit von den Sanitäreinrichtungen entfernt. Ich musste nur wenige Minuten auf die Abfahrt eines der WoMos warten, dann okkupierte ich den ebenen und geräumigen Platz.

Nach einem kleinen zweiten Frühstück meinerseits, marschierten wir fußläufig zur Fähre. Sie verbindet das Havelland mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark.

Jola gierte nach Brombeeren, hatte Sorge, in heimatlichen Gefilden keiner eigenen Ernte mehr beiwohnen zu dürfen. Auf dem Weg zur Fähre ein paar Grundstücke, einige offensichtlich zu Feriendomizilen um- bzw. ausgebaut. Die Fähre, wieder mit Seilbetrieb, die einzige Verbindung zum anderen Havelufer, wollte man nicht 50 Km Umweg in Kauf nehmen. Ein Restaurant bot Speisen an, aus meiner Sicht, gehobene Preisklasse.

Mehr als ein Auto passte nicht auf die kleine Fähre, die grade ablegte. „Pass doch auf, Du Arschloch“ erscholl wasserseitig. Der Fährmann schollt einem Motorbootfahrer, der zu schnell und zu dicht hinter der Fähre den Weg kreuzte. Vermutlich hatte der Motorbootfahrer Glück, dass er nicht mit seiner Schraube mit dem Seil der Fähre in Kontakt geraten war, wahrscheinlich wäre das für sein Boot böse ausgegangen.

Ansonsten ließen wir den Tag ruhig angehen, Jola strebte alleine zu einer Stadterkundung. Brachte später von Edeka Würstchen, Kartoffelsalat, Spreegurken, Werder-Ketchup und Buletten mit.

Es folgte am späten Nachmittag eine Stadtrundfahrt bzw. wurde daraus ein Rundgang zu den wenigen „Sehenswürdigkeiten“, ausgewiesen auf informativ gemachten Schauständern.

11.08.2021 Mittwoch

Sehr ruhiger Platz, abgesehen von den zum Sportplatz oder der Badeanstalt vorbeiziehenden Kindern aus dem nahegelegenen Camp. Sanitäranlagen klein, aber es ist alles da und sauber. Die vorbestellten Brötchen waren in Ordnung. Von der Hitzewelle morgendlich noch nichts zu spüren, wohl auch deshalb, weil Hochnebel keinen Sonnenstrahl zur Erde durchließ. Unsere gestern besprochenen Ziele hatten Bestand. Zuerst sollte es nach Götz bzw. Götzer Berge und dort hoch zum Aussichtsturm gehen. Schnell waren wir an der Fähre Charlotte, just legte sie ab, ohne uns. Zunächst warteten wir allein, dann kamen weitere Radler und ein PKW.

Jola löhnte die 3 €. Ich fragte den Fährmann, auf das gestrige Ereignis (Motorboot fuhr zu früh quer und hätte das Seil der Fähre beschädigen können) angesprochen, welcher Schaden hätte entstehen können. Nun ja, dieses Seil dieser Fähre sei relativ dick und gegen Durchtrennung mehr oder weniger sicher, je nach Größe der Schiffsschraube, die sich daran zu schaffen machen würde. „Schimpfen“ täte man eher aus Solidarität zu den Potsdamer Fährleuten. Dort sei wegen der kürzeren Distanz das Seil dünner, mehr Verkehr und die Gefahr eines Risses deshalb eher gegeben.

Er zeigte noch auf ein vorbeiziehendes Hausboot, merkte dazu an, die Fahrer der Mietboote hätten meist keine Ahnung.

Gleich, nach wenigen Metern, am anderen Ufer schickte uns der Radwegweiser auf den Havelradweg, der zunächst einige Kilometer auf einem gut asphaltierten Damm entlangführte. Links meist landwirtschaftlich genutzte Flächen, rechts oft pure Natur, Schilf etc. Die Liebesinsel (Werder) war zu erahnen, nicht wirklich zu erkennen, bergig wurde es, rechts wohl leicht bewaldet der Trebelberg (68m), schon mit Fernsicht zu erkennen, die Anhöhe der Bauschutt-Deponie. Gigantisch, geeignet in einigen Jahrzehnten als Skigebiet. Wir mussten das Gelände – immer am Zaun entlang – umfahren, ebenso wie den Ort Schmergow.

Deetz tangierten wir peripher, zum Hafen wollte ich nicht, so folgten wir dem Hinweisschild „Erdelöcher“. Keine selbstgeschaffene Natur, die Löcher entstanden während der letzten 100 Jahre durch den Abbau von Ton, der in den umliegenden Ziegeleien gebrannt wurde. Dunkel war es auf dem Weg zwischen den „Löchern“, ein bisschen wie im Spreewald. Raus aus den Löchern, erschien sichtbar der Aussichtsturm auf dem 108,6m hohen Götzer Berg. Im Ort verpassten wir auf der Bergstraße das große grüne Hinweisschild „Zum Aussichtsturm“. Vielleicht lag es an dem weißen Haus mit der Aufschrift „Haus Birnbaum“ oder dem restaurierten Ensemble am Ortseingang.

Umgekehrt, in den Wald hinein, sandige Wege, gut 1 Km waren zurückzulegen. Eine Weggabelung trennte uns, Jola nahm den längeren Weg, ich bog rechts ab. 600m, der Weg sah passabel aus, endete aber nach 300m für normalsterbliche Radfahrer. Ich stellte die Schiebehilfe ein, was bei dem Anstieg und wurzelüberwuchertem schmalen Steig auch notwendig war. Viel totes Holz stand oder lag herum, leicht verschwitzt erreichte ich das Plateau, auf dem ich die letzten Meter fahrend zurücklegte. Jola musste gerade angekommen sein, wollte mich just anrufen.

Der Aussichtsturm hat eine Höhe von knapp über 42m, die Plattform befindet sich auf 27m Höhe.

Neuerliches Treppensteigen, diesmal ein paar Stufen mehr. Oben zusammen mit anderen Touristen, die fachsimpelten, bzw. ein Mann rechthaberisch behauptete, den Berliner Funkturm zu sehen und dies von seiner Frau angezweifelt wurde. Die Türme der Futtermittelwerke, aus der Ferne das Wahrzeichen von Ketzin erkennbar.

Unten wieder angekommen, bekamen wir von den drei Empfehlungen zum Kauf von Obstwein. Abfahrt, die nicht ganz ohne war, weil sandig und steil. Trafen an einsamen Straßen auf Obstbaumalleen, Mirabellen, Pflaumen. Es fehlten ein paar Tage Sonnenschein zur letzten Reife. In Götz suchten wir vergebens nach einer Lokalität. Kloster Lehnin wollten wir besuchen, dahin waren 14 Km zurückzulegen. Am Campingplatz Trechwitz sollte es ein Restaurant geben, der Weg dorthin zog sich, Jola zweifelte bereits. Am Eingang enttäuschte uns ein Mann mit dem Hinweis, mit den Pächtern hätten sie kein Glück, der derzeitige würde das Restaurant erst um 15 Uhr öffnen. Freundlich erklärte er uns, wo man gut zu Mittag essen könne und wie man am besten dorthin komme. So gesehen, war der Weg kein Umweg.

In Nahmitz hatten die Bürger wohl eine gute Idee mit ihrer Büchertauscheinrichtung (ohne Foto), mir gefiel als Motiv das Spritzenhaus der Freiwilligen Feuerwehr besser. Stück weiter unter der Autobahn durch, bald sahen wir in Kloster Lehnin die Tankstelle, dort befand sich die empfohlene „Zille-Gaststube“. Ausgerechnet am Mittwoch erst ab 15 Uhr geöffnet. Hunger trieb uns voran, das Hotel Markgraf, schon ausgeschildert, befand sich neben einer Schule und einer zentralen Busstation, bemerkbar an vielen Kindern und Jugendlichen. Fanden ein schattiges Plätzchen, erhielten von einer korpulenten Servicekraft bald Speisekarten. Jola blieb dem Fisch treu, ich nahm ein Fischsüppchen und einen Steierischen Käferbohnensalat.

Jola spendierte nach dem Mittagessen ein Eis, das zuvor nach Erreichen der 8.000 Km mit ihrem Rad versprochen ward. Heidelbeeren und Vanilleeis.

Am Informationsstand wollte ich wissen, wo man das angepriesene Kugelbrot kaufen könne. Alternativ empfahl der Mitarbeiter fast euphorisch ein Bauernbrot aus der um die Ecke befindlichen Kloster-Bäckerei. Nur mit Butter und Salz essen, echt lecker. Jola besorgte eins und ein paar Brötchen.

Die Klosteranlage offen, in einigen Gebäuden waren Institutionen oder Teile der Verwaltung untergebracht. Links das Museum, rechts das Cecilienhaus. Hier befand sich die Klausur, der Lebensraum der Mönche. Kapitelsaal, Refektorium, Schlafsaal, Bibliothek etc.

Die Rückfahrt verlief zügig, weil wir keine Umwege mehr machten, die Radwege – meist – gut waren, sodass wir schnell vorankamen. Knapp 60 Km legten wir zurück.

Nicht alle Menschen waren auf Rädern unterwegs, auch so wie hier auf dem Bild, ließ es sich scheinbar gut an der Havel aushalten.

Verdient hatten wir uns den Tee und die beiden letzten Pfauenaugen.

Gegen 18.30 Uhr besuchte ich die Badeanstalt, wo die Kasse bereits geschlossen hatte und ich so ans Wasser gelangte. Kleine Badestelle, eine Menge Gestrüpp unter der Wasseroberfläche hinderte an ungebremstem Schwimmvergnügen. Drei Jungs störte es nicht, dass das Betreten der Steganlage verboten war, tummelten sich dort, sprangen gemeinsam ins Wasser.

In der Wassermitte schipperten Motorboote vorbei und schufen ein paar Wellen.

12.08.2021 Donnerstag

Wie versprochen, fast keine Wolke am Himmel, die Sonne glänzte noch in einem leichten Rotton. Ideales Wetter für die am Vorabend abgesprochene Kanutour. Alle Formalitäten waren mit dem Platzverwalter schnell geklärt, die Kanus hatten wir am platzeigenen Gästehafen entdeckt, davon durften wir uns eins mit einem „V“ (Vermietung) aussuchen. Paddel und Westen sowie eine Wasserkarte reichte er uns, mit den drei Stunden (10 €) wäre es nicht so genau zu nehmen. Ich salbte mich mit Sonnenschutz ein, verstaute mein Handy wasserdicht, versteckte den Autoschlüssel unter der Fußmatte, dann ging es mit Paddel unter dem Arm auf dem Rad – wie Lancelot der Ritter beim Turnier – zum Wasser. Jola wählte das rote Kanu aus. Schoben es zwischen Schilf in die Einsetzstelle, Jola verschwand zuerst in der Luke, ich drückte das Kanu ganz ins Wasser und watete hinterher. Einstieg geschafft, als erstes stürmte eine Entenfamilie auf uns zu, nach Futter heischend. Der Bug vertrieb sie schnell und los ging es mit unkoordinierten Schlägen, Jolas Anweisungen folgend, möglichst nahe am Ufer zu bleiben. Das gelang meist weniger, woran es auch lag, ein Linksdrall begleitete unsere Tour mehr oder weniger. Vorbei an der Badestelle, am Wasserwanderrastplatz, gegenüber die „Liebesinsel“, viel Grünzeug im (Algen, Seegras?) und auf (meist Seerosen) dem Wasser. Die Sonne knallte ordentlich, Fahrtwind gab es kaum. Am Ferienhof Havelblick standen etliche Wohnmobile in Ufernähe. Hausboote schipperte ab und zu umher, kleine Motorboote machten Wellen, brachten das Kanu bei Längsseite zu den Wellen flott zum Schaukeln. Ein weiterer Wasserwanderrastplatz, dann die Havelpromenade mit dem Anleger der Reederei. Ein größerer Frachtkahn tauchte in einem Stichkanal vor einem verfallen aussehenden Industriegebäude auf, wurde über ein Rohrleitungssystem befüllt (Futtermittel). Die Schiffsschraube drehte sich und erzeugte Strudel und Strömung, denen wollten wir nach Möglichkeit weiträumig ausweichen. Gelang nicht ganz, drückte uns etwas ab. Die Türme der Futtermittelwerke tauchten auf, die Havel wurde breiter und unübersichtlicher, ein Blick auf die Karte zeigte, links halten.

Nach einer Stunde Paddelei begannen die Arme zu zeigen, diese Bewegung kennen wir nicht auf so lange Dauer. Außerdem stellte ich fest, dass wir bereits an der Schumacher-Siedlung fast vorbeigefahren waren. Ein Selfie musste natürlich sein. Dort sollte man in Kanäle mit schattigen Abschnitten ruhig dahingleiten können.

Mussten wenden, der erste Kanal war dann eine Sackgasse, was aber nichts machte, vielseitig die Ansichten der Datschen bzw. Häuser (ob ausgebaut oder neu). Vielfältig auch die Gartengestaltung, obskure Objekte standen neben modernen Kunststoffgartenmöbeln, die auf selbst gebaut aussehenden Terrassenplattformen arrangiert zu bewundern waren. Winzige Spitzdachhäuschen ähnelten Kirchen in Miniformat, Kinder paddelten auf einem SUP umher. An einer Stelle lag ein umgestürzter Baum quer im Kanal, der bot damit nur wenig Platz um voranzukommen. Bei der Einfahrt in einen der Kanäle stand ein Schild „Kanal gehört zum Grundstück. Langsam fahren!“. Schnell ging es mit uns ohnehin nicht voran, also schenkte wir der Aufforderung keine Beachtung. Bilder ließen sich wenige machen, das Paddel musste stets arbeiten, wenn es ruhte drohte Linksdrall. Nach einer weiteren halben Stunde befanden wir uns in einem Seerosengeflecht, ein bisschen Atmosphäre wie im Amazonas.

Drehten dann um, begaben uns auf den Rückweg. Zwischen meinen Fingern entwickelten sich langsam wunde Reibungspunkte. Ein-, zwei Mal störten wir Angler auf See bei ihrer Freizeitbeschäftigung, egal, die Fische würden schon wiederkommen. Unbeschadet endete unsere Kanutour an unserem „Heimathafen“. Der Ausstieg verzögerten sich kurzfristig, die alten Knochen hatten zu lange in der gleichen Position ausgeharrt und musste für das Verlassen des Bootes reanimiert werden.

Gut 2 ½ Stunden reichten uns völlig aus.

Jola besorgte bei Edeka fürs Mittagsessen, ich ging Schwimmen, sah am bescheiden daherkommenden Strand ein drahtige Frau im Bikini skurrile Übungen machen. Deckte nach der Schwimmstunde den Tisch, und wartete auf Jolas Rückkehr. Die Hitzewelle konnte sich nicht mit denen in Italien (fast 49°) oder anderen südlichen Ländern messen, trotzdem war ich froh, im Schatten sitzen zu dürfen. Gegen 15.30 Uhr Ausflug nach Paretz, wollten das Schloss sehen.

Wieder ein überstrapazierter Begriff für ein Gebäude, das andernorts als unauffälliges Ensembles eines Gutshofes durchgegangenen wäre.

Lassen wir die Kirche im Dorf.

Nach dem Rundgang, man durfte das Gelände betreten, Eintritt wurde nur für die Besichtigung der Zimmer verlangt, stromerten wir über Kopfsteinpflaster durch den Rest der historischen Umgegend. Gelangten auf der Havelwanderweg, der uns zur Fähre brachte und Jola mich dort herausfordernd fragte, ob ich sie zu Kaffee und Kuchen ins Restaurant An der Fähre einladen wollte. Schönes Aussicht, netter junger Mann im Service, Jola zufrieden mit Eis und Heidelbeeren, ich mit Kirsch-Marmor-Kuchen.

13.08.2021 Freitag

Jola hatte für den heutigen Tag einen Wunschzettel mit anzufahrenden Zielen ausgestellt, ich war informiert. Bezahlt, Wasser getankt, Grauwasser abgelassen. Erster Halt nach gut einem Kilometer an der Fähre, niemand da, der Fährmann auf der anderen Seite.

5,50 € für die Überfahrt. Nun doch einmal WoMo auf „Hausboot“ für ein paar Minuten spielen. Blick aus dem Cockpit. Danach gleich einmal dem „dummen“ Navi gefolgt und Richtung Autobahn abgebogen, was Jola auf den Plan rief mit der Bemerkung „Richtung Kloster Lehnin ginge es doch wie gestern über Groß Kreutz“. Eine Einfahrt zum Acker zum Wenden genutzt.

Einsames Fahren über holperige Straßen. Schmergow, Groß Kreutz, dann wieder die Anweisung auf die A10 aufzufahren. Jola gnädig, ja, doch, man hätte auch so fahren können. Beim Kreuz Werder auf die A2 gewechselt, runter von der Autobahn bei Netzen, dort sollte ein Massivhauspark der Firma Bauunion 1905 existieren. Nicht Netzen war es, zwar schilderte im Ort ein weißes Schild „Massivhauspark“ aus, doch erst im Nachbarort Grebs zeigte uns ein Wegweiser in ein Gewerbegebiet (zu vermieten) den Weg, ein leerer Parkplatzbereich, eingezäunter Bereich, große Schilder, Bauherrenkino. Das Tor geschlossen, wegen Corona Besichtigung nur bei schriftlicher Terminvereinbarung. Das war der erste Wunsch, so schnell abgearbeitet.

Nun zum Skulpturenpark in Kloster Lehnin. Eigentlich immer nur geradeaus. Im Ort, direkt bei der Klosterbäckerei ließ ich Jola aussteigen. Parkte in der Zufahrt zum Klostergelände, rangierte, derweil Jola Brot besorgte, das Wohnmobil zur Weiterfahrt um.

Skulpturenpark, das Gelände, auf dem sich aktuell Seminarräume und Ateliers befinden, gehörte ehemals zu einem Sägewerk. Gegenwartskunst und Objekte aus den 80er Jahren waren zu sehen. Mich beeindruckten die ausgestellten Werke überhaupt nicht. Die Lage am Klostersee hingegen bot meiner Meinung nach Potenzial für Besseres, was man auch immer darunter verstehen mag.

Eher enttäuschend dieser zweite Punkt auf Jolas Wunschliste. Nun sollte es nach Ferch gehen, der Bonsaigarten wollte besucht sein. Wieder auf die Autobahn, dem Navi gefolgt, Abfahrt Werder genommen, frustriert die Erkenntnis, die Straße L90 neu, aber gesperrt. Umleitung! „Vielleicht kommt man trotzdem weiter“, Jolas hoffnungsvoller Einwand. Gewendet, nein, man kam nicht weiter, wieder gewendet. Die Umleitung genommen, ich weiß nicht wieso, aber am Ende fuhr ich wieder auf der Autobahn und über die Abfahrt Ferch gelangten wir tatsächlich in den Ort. Die Gemüter im Cockpit brodelten unter dem locker aufliegenden Deckel, ich wähnte mich um die Sonnenstunden gebracht, die ich bis jetzt im Auto verbracht hatte, Jola sehnte sich nach Bonsai. Ferch ist ein langgezogener Ort, schmale Gassen, Ärger um die Parkplatzsuche, ich wollte nahe des Gartens parken. Wieder Wendemanöver, auf einem Grünstreifen gehalten, Räder ausgeladen und 2 Km den Uferweg zum Gartengeländen geradelt. Menschenmengen standen vor dem Eingang. Zum Glück warteten die auf ihren Reisebus, nicht auf Einlass. 6 € Eintritt verlangte der Besitzer Tilo Gragert, dafür durften wir uns in engen Kurven bis zu 50 Jahre alte Gewächse in Tonschalen ansehen, Mädchenkiefer, Blauregen, Azaleen, Bambus u.a. Einige Miniausführungen kosteten mehr als 500€.

Ein Teich mit einigen Kois, ein Teehaus, in dem Verkauf und Ausschank stattfand, ein geharkter Sandgarten, viel natürlich gewachsenes Gehölz, ein asiatisch aussehender Mann beschnitt gerade eine Kiefer. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen.

Letzter Wunschpunkt auf Jolas Liste war, am See zu Mittag zu essen. Zumindest das war schnell in Einklang zu bringen. Der Biergarten im Hotel am See fand beiderlei Zustimmung. Jola, wie zuletzt üblich dem Hering zugeneigt, wandte ich mich vegetarischer Kost zu und bestellte Spinatknödel. Die freundliche Servicekraft merkte beim Abräumen, als ich einen Essensrest durch die Spalten des Tischen rutschen ließ, an, das mache nichts, das holt sich unsere Hausmaus. Leicht befriedet kehrten wir zum WoMo zurück. Nun hatte ich „freie Fahrt“ zum nächsten Standort, der in Gatow lag. Mussten durch Potsdam durch, das zur Hauptverkehrszeit, kein gutes Unterfangen. Schleppendes Vorankommen, was wohl auch an den Ampelschaltungen und den 30er Zonen lag. Als das Ortsschild „Berlin“ auftauchte, verdüsterte sich Jolas Gesichtsausdruck. Sie wollte doch gar nicht nach Berlin oder ähnliches Lamento musste ich mir anhören usw. Die Bundesstraße 2 führte uns quasi um diverse Seen (Jungfernsee, Krampnitzsee und Groß Glienicker See) herum, bis wir durch den Ortsteil Kladow über den Ritterfelddamm auf den Kladower Damm gerieten. Viel befahrene lange Straße, bei der wir die Zufahrt zum Campingplatz übersahen und es wieder ein Wendemanöver erforderte. Ich weiß nicht wie viel länger wir brauchten, aber jedenfalls mehr als eine ¾ Stunde. Dann das Hickhack um den Platz, Nummer 5 hatte keinen Sat-Empfang, Jola vergaß zu fragen. Also dackelte ich zum Platzwart, der mir eine Alternative anbot. Umgeparkt, nun stand ich neben einem riesigen umgebauten ehemaligen Feuerwehrauto aus dem Jahre 1983.

Später eine Erkundungstour gemacht. Zum Havelradweg war es nicht weit, gleich hinter dem Campingplatzgelände führte eine Straße durch waldiges Gelände hinunter zum Wasser. Bis zum Anleger Wannsee in Kladow waren es rund 3 Km. Geteerter breiter Weg, am Hang, ich kam aus dem Staunen kaum heraus, mehrere Villen, ein Augenschmaus. Am Fähranleger diverse Biergärten und Restaurants. Meinen Frust löste ich mit einem Weizenbier auf, Jola vernaschte eine Portion Pommes zu ihrem Bier.

Die Nachbarn grüßten freundlich, er mit Glatze und einer enormen Kugel unter dem T-Shirt und Bauch, die er stolz wirkend wie eine Krone vor sich hertrug. Später tippelte seine blonde dralle Frau / Lebenspartnerin vorbei und winkte mit einem piepsigen „Hallo“ kontaktheischend herüber, im Arm ein Tier, genannt Hund. „Ich bin die Klaudia“ (mit „K“, wie man an der Beifahrertür lesen konnte). Ich murmelte etwas, das nach Antwort klang, aber mich nicht Zwang, mich mit Vornamen vorstellen zu müssen.

Auch ohne schwarze Katze über den Weg gelaufen, ein eher unrühmlicher Freitag. Frühes Zubettgehen erleichterte mir den Abschied von diesem Tag.

14.08.2021 Samstag

Nachts einmal das Sanitärgebäude aufgesucht. Verwundert stellte ich fest, dass diverse Menschen zu so später Zeit gerade ihre Abendtoilette (Duschen, Zähne putzen etc.) erledigten.

Der Morgen war geprägt durch Jolas ununterbrochenem Husten. Mich trieb es gegen 08.40 Uhr überraschend spät aus den Federn. Der Zeitplan geriet leicht aus den Fugen. Um 11 Uhr würde die Fähre am Schloss Sacrow ablegen. Jola schlief noch oder tat zumindest so. Frühstück vorbereitet, gefrühstückt, Jola lag immer noch im Bett, es war 9 Uhr vorbei. Zum Abwasch, wo beide Becken besetzt waren, zwei Frauen schienen schmutziges Geschirr für den halben Platz zu reinigen, das andere Pärchen übte sich in traniger Langsamkeit, ohne auf die wartenden Mitmenschen zu achten, wischten und scheuerten mit Akribie ihren Kaffeezubereiter oder die Tassen. Ich beeilte mich, was eine wartenden Frau mit gehobenem Daumen quittierte. Jola sputete sich dann, sodass wir gegen 09.40 Uhr losradeln konnten. Die Strecke auf dem Immchenweg bis Kladow Fähranleger war bekannt. Auf den restlichen gut 5 Km wieder ein Staunen über die Hanggrundstücke und die Häuser, die darauf standen. In Ufernähe der Landhausgarten Dr. Max Fraenkel. Dort bogen wir auf den Sakrower Kirchweg ein. Wieder begegneten uns Objekte, die leichten Neid bei mir hervorriefen. Sakrower Landstraße führte durch Wald. Ansteigendes Gelände (Hügel zwischen 65m und 78m hoch). Ab und an Stelen am Wegesrand (Berliner Mauerweg) mit Geschichten zu Opfern oder Geflüchteten.

Gut 25 Min. vor Abfahrt des Wassertaxis Ankunft. Blick vom Steg auf die Heilandskirche.

Das Wassertaxi kam vor der Abfahrtzeit, nahm nur Passagiere mit, die zum gegenüberliegenden Anleger wollten. Um 11 Uhr waren wir mit der Frau mit Hut die einzigen Fahrgäste zum Cecilienhof. Bezahlt wurde an Bord, jeweils 4 € für eine Person und 3 € für ein Rad.

In der Ferne glänzte die aus diversen Agenten- oder Spionagefilmen bekannte Glienicker Brücke. Ca. 10 Minuten betrug die Fahrzeit zur Anlegestelle Alte Meierei.

Gleich neben der Alten Meierei führte durch ein Tor der Weg ins Parkgelände „Neuer Garten“, wo sich der Cecilienhof befand. Das Befahren des Parkgeländes mit Fahrrädern war streng reguliert, allerdings waren die Schilder so klein, dass sie meist übersehen wurden (ob absichtlich oder versehentlich). Auch wir wurden bestimmt aufgefordert, die Räder an den gekennzeichneten Stellen abzustellen.

Die Ausstellung zur Potsdamer Konferenz 1945 (Tagungsort der Alliierten Siegermächte vom 17.07. bis 02.08.45) war mein heutiges Wunschziel. Erschrocken über die 14 € (10 € ermäßigt) Eintritt drehte ich erst einmal eine Runde ums imposante Gebäude. Auffällig die verschieden gestalteten Schornsteine und deren Vielzahl. Hier ein Blick in den Garten, wo einst das legendäre Foto mit den drei Regierungschefs (Truman, Churchill und Stalin) in den Korbsesseln entstand.

Am Einlass zur Kasse hektisches Gebaren um die Anmeldung zur Erfassung von Daten wegen Corona. Wir blieben bei unserem Statement, keinen Scanner auf dem Handy zu nutzen, sodass eine Frau mit Tablet uns beiseite nahm und die Daten erfasste. Dann durften wir an der Kasse Tickets kaufen, Wartezeit gut eine halbe Stunde bis zum Einlass.

Spazierten zu einer schattigen Sitzgelegenheit, beschaffen aus gefällten Bäumen, mit Blick auf die Borkenküche. Borken, weil die Verschalung aus Eichenborkenstücken bestand. 1796 entstand sie, um von hier aus die festlichen Gäste in der nahen Muschelgrotte zu versorgen. Nach nur einem Jahr wurde sie bereits nicht mehr genutzt und verfiel. Seit 2010 restauriert bzw. neu nachgebaut.

Man erhielt nach dem Einlass einen Audioguide (Handy). Für jeden Raum einen eigenen Podcast. Neben dem Gebäude selbst boten die Räumlichkeiten interessante Einblicke in die damalige Atmosphäre. Die meisten gezeigten Gegenstände waren Originale.

Man konnte die persönlichen Arbeitszimmer der drei Regierungschefs besichtigen, ebenso den Konferenzraum, sah die 19-jährige Sekretärin von Churchill. Man hörte ihre Originalstimme, wie sie ihre Eindrücke schilderte und durfte Einblick in ihr Tagebuch werfen, das sie während der Konferenz führte.

Sie muss dieses Heft in einem der für die Konferenz okkupierten Häuser gefunden haben, das wohl einem deutschen Soldaten (Eisernes Kreuz auf dem Umschlag) gehörte.

Im Innengarten ein sowjetischer Stern, der im Sommer mit roten Geranien bepflanzt ist.

In einem Raum erlebte man den Beginn des Weltkrieges auf einem Zeitstrahl mit allen seinen wichtigen Ereignissen.

Danach Essen in der Alten Meierei. Der Bedienungsbereich war ausgebucht, Selbstbedienung möglich. Bratwurst, Pommes mit Ketchup und ein Bier / Potsdamer (eine Art Radler). Banales Essen mit schönem Ausblick. Den Heiliger See über die Seestraße umfahren, in dem eigentlich Baden verboten sein soll, sich scheinbar aber die Menschen darum wenig kümmerten, geschwommen wurde an vielen Stellen. Die angrenzenden Grünbereiche, nicht immer salonfähig gepflegt und dennoch als Liegewiesen genutzt. Irgendwie lotste Jola mich ins so gepriesene Holländische Viertel um die Hebbelstraße / Charlottenstraße. Wie so oft, auch hier viel Kopfsteinpflaster, wenig geeignet, um bummelnd mit den Rädern sich die Läden anzuschauen.

An der Ecke Mittelstraße / Benkertstraße die Räder angedockt und fußläufig durch die Straßen geschlendert. Außengastronomie gut besucht, Boutiquen mit Sommerkleidern auf Ständern vor der Tür. Postkarten und Servietten kaufte Jola, dabei vergaß sie ihren Bordcomputer im Geschäft. Kurze Aufregung, nachdem der Rucksack erfolglos durchsucht ward. Wie immer, Jola bekam das Verlorene zurück. Die Fußgängerzone Brandenburger Straße durchschritten, suchten einen Flecken für eine Pause. Beim Stadtpalais, jetzt Karstadt, zog ich Jola in die Dortusstraße, von der Fußgängerzone tönte Blues eines älteren Straßenmusikers bis hierher. Beim Restaurant Weißer Schwan lockte ein freies schattiges Plätzchen. Beschaulich sah es aus, die mit reichlich Humor ausgestattete Wirtin beruhigte uns mit „Komm gleich“, was scheinbar eine dehnbare Interpretation dieses Begriffes sein musste, denn es dauerte. Noch ein „Komm gleich“ mit einem schmalen Lächeln. Fassbrause und ein Eiskaffee. „Buchcafé“ stand an der Hauswand, im Laden Regale voller Bücher. Späteres Gespräch mit der schlagfertigen Wirtin ergab, sie führe das Restaurant nebenbei als modernes Antiquariat.

Noch einmal zurück in die Mittelstraße, warum weiß ich gar nicht mehr. Fand dort eine Infotafel an Haus Nummer 3. Dort kaufte der arbeitslose Schuster Voigt („Hauptmann von Köpenick“) sich beim Altwarengeschäft Remlinger am 08.10.1906 eine Uniform, verwandelte sich in den Hauptmann und besetzte mit 10 Soldaten das Rathaus.

Fand die Maserung der Ziegel an den Häusern interessant, ebenso die beiden Schaufensterpuppen.

Langsam war an einen Rückzug zu denken. Die Hebbelstraße war auf der Straße für uns nicht befahrbar, also auf dem Fußweg entlang. So gönnten wir uns ab und an einen Blick auf die gewaltigen Häuser aus der Gründerzeit oder welcher auch immer. Wer hat in solchen Häusern nur zu DDR-Zeit gewohnt? Bogen in die Bertha-von-Suttner-Straße ab, um wieder in die Anlage „Neuer Garten“ zu kommen. So viele „Nackte“ auf engem Raum hatte ich lange nicht gesehen. FKK, wohl noch aus der DDR-Zeit hier en vogue. Und immer wieder Wasser im Blick. Umfuhren die Orangerie, wo man laut Aufsteller Müsli-Frühstück zu sich nehmen konnte.

Am Marmorpalais badeten Jugendliche im Wasser des Heilger Sees, im Parkgelände gingen, humpelten oder liefen nach wie vor die Teilnehmer/innen des 100 Meilen-Laufes (das wären 4 Marathonläufe hintereinander). Sprach mit einigen der Teilnehmer, es gab auch Teamläufe, bei denen jeder 22 Km laufen musste. Mittlerweile war die Zeit fortgeschritten, 17.30 Uhr, noch gut eine Stunde bis zur Abfahrt des Wassertaxis.

Lasen die Gedenktafeln an der Alten Meierei (Taucher geflohen, Volkspolizist). Die Hutfrau von der Herfahrt wiedergetroffen, saß am Straßenrand, Schultern leicht von der Sonne verbrannt, war auch in Potsdam, aber nicht so weit gekommen wie wir mit den Rädern.

Noch ein bisschen Zeit, also den Mauerweg längs geradelt. Villen von Mendelssohn Bartholdy und Struck gesehen.

Abends schmiss der Nachbar sei umgebautes Feuerwehrauto an, der Motor röhrte im Leerlauf wie bei einem Panzer. Alles Zubehör wurde gelöst und er rangierte das Fahrzeug vom Stellplatz. Ich fragte dabei vor dem leeren Stellplatz sitzende Freunde, was denn passiert wäre. Defekt an der Batterie und Ersatz eingebaut, nun wolle er Grauwasser ablassen. Bald darauf kam er zurück und wurde von Klaudia auf den Stellplatz eingewiesen.

15.08.2021 Sonntag

Dritter Anlauf, Potsdam zu erkunden / entdecken. Vorab versuchte ich meine Glückwünsche an Miriam loszuwerden. Doch das klappte erst nach dem zweiten Versuch, sie hatte es auf „stumm“ geschaltet gehabt. Erster Tag in Königstein, gleich eine abendliche Wanderung gemacht. Heute sollte eine zweite, Geburtstagswanderung, folgen.

Ein Bild von Nachbars Weltenbummlerauto.

Wir eilten nicht so zügig zur Fähre, fuhren erst kurz nach 10 Uhr ab. Diesmal hielt ich kurz vor dem Masolleweg mit Blick auf drei imposante Villen am Hang. Trotz der späteren Abfahrt waren wir früh dran, sahen uns im Schlosspark das Schloss Sacrow an, wo allseits Plakate auf eine Ausstellung hinwiesen. Ein kurzer Abstecher auf der Durchgangsstraße verhalf zu einem Einblick in die örtliche Umgebung. Proteste äußerten sich daneben auf Plakaten gegen den Bau von Sendemasten in Sacrow.

Am Anleger konnte ich zwei Frauen glücklich machen, indem ich darauf hinwies, dass die Fähre um 10.50 Uhr nicht abgefahren, sondern nur zum gegenüberliegenden Anleger übergesetzt sei und zu um 11 Uhr zurückkehre, sie also mit der Fähre nach Potsdam kämen.

Andere Fahrradhalter auf diesem Wassertaxi ließen Jolas Rad während der Fahrt umkippen, die Breitreifen passten nicht ganz fest zwischen die Metallstangen. Auf dem Wasser bereits reger Schiffsverkehr. Durchquerten den Neuen Garten ohne längere Stopps, auf der „FKK-Wiese“ kaum jemand zu sehen, unseren Plan änderten wir, bogen zur Glienicker Brücke auf die Schwanenallee ab, das Holländische Viertel musste warten. Hier der Aufbau bzw. eine Sanierung / Restaurierung eines mit norwegischem Holz und von norwegischen Zimmerleuten errichtetes Häuserensemble, ehemals die Matrosenstation (Anleger für Wasserfahrzeuge) am Jungfernsee, hier die Ventehalle.

Etwas weiter vor der Villa Schöningen stand ein beschmiertes Element als Rest der Berliner Mauer, wohl als Mahnmal oder einfach als „Kunstwerk“.

Die Brücke, eine Eisen-Stahlkonstruktion schon in Sicht, begann mit den Kolonnaden, die mit Unterstützung von rund 110.000 € Spendengeldern bis Ende 2017 restauriert wurden. Auf der Brücke nach beiden Seiten Weitsicht zum Babelsberger Parkgelände und dem Schloss. Leicht vergessen würde man dabei die zwiespältige Historie dieses Platzes, an dem Agenten zwischen Ost und West während des Kalten Krieges ausgetauscht wurden. Auf der „Westseite“ lasen wir diese Information über die Brücke.

Nun einmal hier, setzten wir die Fahrt zum 1,3 Km entfernten Schloss Babelsberg fort.

Schnell bog man von der Hauptstraße auf den Weg am Jagdschloss und dessen Park nach Klein Glienicke ab. Von einem der Wohnhäuser vor dem Schlossgelände muss während der DDR-Zeit Menschen die Flucht durch einen gegrabenen Tunnel gelungen sein. Die Sicherheitsbehörden unterschätzten seinerzeit die Absenkung des Grundwasserspiegels im Sommer, sodass der Tunnelbau auf ca. 8 Metern möglich wurde.

Ein Biergarten böte eine Raststation, die wir nicht nutzten.

Wir begaben uns in das Parkgelände, dessen Charme sowohl in der Weitläufigkeit, den Badestellen, Pausenmöglichkeiten, den Aussichten auf Potsdam, als auch der Hügellandschaft und den teils oberhalb versteckt liegenden Gebäuden lag. Radfahren war erlaubt, allerdings nur auf den äußeren Rundwegen. Hier in Ufernähe das Kleine Schloss Babelsberg, das scheinbar einer Restaurierung harrte, die im Jahr 2022 beginnen soll. Einst Wohnsitz des kaiserlichen Prinzen und Hofdamen wurde 1958 daraus die Parkgaststätte Strandterrassen.

Zumindest am Ufer des Tiefen Sees hatten wir den Park erkundet, wollten ursprünglich zurück, gelangten auf schmalere Pfade, die uns zum Flatow-Turm hinaufführten, Verbotsschilder sahen wir auf dieser Strecke keine, andere Radfahrende ermutigten uns, hier in die Sättel steigen zu dürfen.

Änderten unsere Meinung bzw. Jola wünschte, auf dem Weg ins Zentrum nach einem Lokal zu suchen. So wählten wir den Weg im schattigen Grün entlang des Wassers namens „Neue Fahrt“, bis wir wieder am Hauptbahnhof über die Lange Brücke den Alten Markt erreichten. Ein Blick von der Friedrich-Ebert-Straße in eine Seitengasse ließ mich Jola dorthin führen, es war ein rötlich schimmerndes Gebäude am Neuer Markt. Nach Beschreibungen der Stiftung Preußische …. einer der schönsten Plätze Deutschlands.

Hier befand sich auch das Haus der Brandenburgischen Geschichte, untergebracht im ehemaligen Kutschpferdestall. In der Platzmitte die ehemalige Malz- und Kornwaage (1735), in dem sich nun ein hochpreisiges Restaurant namens „Waage“ angesiedelt hatte. Diese Gebäude in jetziger Form entstand 1875.

Wir ließen uns dort zu einem „Geburtstagsessen“ nieder. Der salbungsvoll redende Servicemitarbeiter kam etwas lauthals daher und auf Jola wirkte er etwas tückisch. Er empfahl uns einen Aperitif, u.a. einen Portwein, zu dem wir ja sagten. Den bestellten Schwertfisch durfte ich nicht probieren, der war leider „aus“, so der Mann, bot mir dafür Zander als Ersatz an. Publikum schien teils Stammkundschaft zu sein, verortete man das nach den Begrüßungszeremonien von neu ankommenden Gästen. Einen Espresso als Entschädigung für entgangenen Genuss bot man mir/uns nicht an, so gab es für die 82 € auch kein Trinkgeld.

Noch einmal ins Holländische Viertel, aber nur kurz. Der Brotladen, die Espressobar und andere Geschäfte hatten nicht geöffnet oder schon geschlossen, beim Bio-Bäcker gab es keine Brötchen mehr. Nun also endlich zum Schloss Sanssouci. Vom Nauener Tor immer gerade aus, dann tauchte schon der Obelisk auf, eingerüstet und gar nicht fotogen. Wir folgten dem Verbotsschild und ließen unsere Räder außerhalb des Parkgeländes angeschlossen stehen. Mittlerweile schaffte es die Sonne, uns ins Schwitzen zu bringen. Auf möglichst schattigem Pfade näherten wir uns dem Springbrunnen. Das Erste Rondell, bis vor Kurzem noch „Mohrenrondell“ genannt, kannten wir aus dem Schloss Caputh. Vom Springbrunnen „Große Fontäne“ aus die üblichen Fotomotive aufgenommen.

Auf der Pausenbank verewigten wir uns gemeinsam.
Trotz brütender Hitze schaffte ich es, Jola zu einem Marsch aufs Schloss zu animieren, allerdings nicht über die Stufen, sondern über die seitlichen Rampen. Perspektivisch hübsch anzusehen, die terrassenförmigen Abstufungen. Sprachgewirr überall, oft Spanisch oder Russisch.

Jola stratzte als erste wieder hinunter, strebte aus der Sonne zum schattigen Weg zu den Rädern. Eigentlich schon leicht geschafft, machten wir uns zur Russischen Siedlung auf, Jola glaubte, dort ein nettes Café mit leckerem Kuchen zu entdecken. Gut ausgeschildert waren die nicht ganz 2 Km schnell zurückgelegt. Die wenigen Holzhäuser mit Gartenbereich bedeuteten optisch keine wirkliche Bereicherung. Das Café war geöffnet, doch wir ließen es unbeachtet. Statt dessen schlug ich als letztes heutiges Ziel in Potsdam vor, die 800 Meter hinauf auf den Pfingstberg zu wagen. Dabei sahen wir im Vorbeifahren die im typisch russischen Stil gebaute Alexander-Newski-Kapelle. Den gepflasterten Weg hinauf zum 76m hohen Pfingstberg schoben wir die Räder.

Belvedere nannte sich das Gebäudearrangement, das Friedrich Wilhelm IV. um die Mitte des 19. Jahrhunderts durch drei Architekten errichten ließ. Die Parkanlage gestaltete Linnés. Der erst 19-jährige Karl Friedrich Schinkel schaffte hier 1801 mit dem Pomonatempel sein erstes größeres Bauwerk.

Gerade war hier neben einem Laubengang ein Open Air Konzert eines Gitarrenduos geendet, Stühle wurden weggetragen. Ein Verkaufsstand bot Erfrischungsgetränke an, ich kaufte eine Fassbrause. Es war ca. 16.15 Uhr, unternehmen wollten wir nichts mehr, aber es war zu früh, um zum Anleger zur Alten Meierei zu fahren. Ich suchte nach dem Weg um die Seen, Jungfernsee, Krampitzsee, der länger wäre, dafür keine Wartezeit mit sich brachte. Die Route sah interessant aus, keine längeren Strecken an der B2. Bis Cecilienhof ohnehin bekannt, lagen gut 10 Km unbekanntes Terrain vor uns. Jola schien eher geneigt, 14 € für die Fahrt mit dem Wassertaxi auszugeben, falls wir wieder einmal hier herkommen.
Kaffee und Kuchen waren schon fast vergessen, da entdeckte ich in Sacrow am Kirchweg die Werbetafel Sommercafé Landhausgarten 200m. Jola war wieder zu schnell und vorbeigehuscht. Klingeln, warten, umkehren. Selbstbedienung am Kuchentresen, der noch ausreichend Auswahl bot.

Die Alte Garage (hier jeweils im Bild) war zum Café umgestaltet worden. Links aus der Perspektive des alten Geflügelhauses. Man saß inmitten der Gartenanlage. Die durchschritten wir im Anschluss an den Kuchengenuss. Obstwiese, Rosengarten, Alpinum, Gemüsegarten, Torhaus, Geflügelhaus und Gartenhaus, wo sich ein kleiner Teich befand. Die Anlage wurde Ostern 2016 wiedereröffnet und ist denkmalgeschützt. Gestaltet wurde die Anlage in den 1920er Jahre vom Gartenarchitekten Barth. Bemerkte meinen fehlenden Schlüssel für das Fahrradschloss, den Weg rückwärts beschritten, weder am Tisch noch an Haltepunkten lag er. Ganz zum Schluss fand ich ihn auf einem Sandweg.

Mittlerweile empfanden wir die Temperaturen als angenehm, so stoppten wir am Fähranleger in Kladow, setzten uns auf eine freie Bank, sahen Eltern mit Kindern Enten füttern, hörten Covid-Gegner ihre Parolen hinausposaunen und deren Informationen an einer Leine hängen. Ich besorgte uns aus dem Biergarten Getränke, wir wechselten die Bank, näher zum Anleger, aßen eine Portion Pommes, schauten den Menschen beim Ein- und Aussteigen auf die Fähre zu.

16.08.2021 Montag

Eigentlich wollte ich heute keinen Lenker in die Hand nehmen. Nach einem Frühstücksei schürte Jola die Entdeckungslust, sie sei fertig, bereit zum Tourenbeginn. Ein kleiner Ausflug auf dem Havelradweg bis nach Alt-Gatow vielleicht.

Doch wir verlängerten Stück um Stück das Streckenziel, sahen das Schild „Spandau 7 Km“, das Wetter war lauschig warm, der Radweg prima, also fuhren wir weiter. Trafen in Ufernähe auf Höhe „Scharfe Lake“ auf diverse Clubs (Rudern, Motorboote) und die Kleingartenkolonien. Durch Wilhelmstadt, dann am Havelkanal in den Stadtteil Spandau, jetzt war die Zitadelle ausgeschildert.

Zu der wollte ich Jola noch lotsen, weil sie sich nicht mehr an das Bauwerk erinnern konnte. Dort stoppte ein Mitarbeiter uns am Torbogen, verlangte Eintritt . Da wir die Anlage schon einmal erkundet hatten, verzichteten wir.

In der Altstadt die Räder geschoben, vor dem ältesten Haus (Das Gotische Haus) Spandaus gehalten, darin die Touristen-Info sich befand und Jola schnell ein paar Prospekte einsammelte. Erst im Mai wiedereröffnet.
Text der Webseite: Das Gotische Haus ist nicht nur ein Juwel der Altstadt Spandau, sondern es ist auch das älteste erhaltene Bürgerhaus im gesamten Berliner Raum. Der Kernbau wurde bereits im 15. Jahrhundert vermutlich von einem Kaufmann errichtet. Es war zu dieser Zeit eines von nur wenigen Steinhäusern in der Region. Dank einer bauhistorischen Untersuchung und darauf folgenden umfangreichen Restaurierungsarbeiten Ende der 1980er Jahre zeigt sich der Ort nun in seiner Ursprünglichkeit. Der spätgotische Bau mit seinem traumhaften Netzrippengewölbe lässt Sie zusammen mit den architektonischen Veränderungen der folgenden Jahrhunderte, wie beispielsweise dem klassizistischen Umbau um 1800, in die Geschichte eintauchen.

Am Markt ein paar Stände, ich entdeckte die Konditorei Feister, aus der es nach leckerem Kuchen duftete. Etwas weiter ein Vietnamesisches Lokal mit Mittagstisch. Platzierten uns auf harten hölzernen Büßerbänken, aßen Röllchen und Wan-Tan-Suppe, Ente mit Reis und und Hähnchen mit Nudeln. Beim Warten beobachtete ich die bewaffneten und mit Schutzwesten gekleideten Berliner Polizisten beim Einkauf ihres Mittagessens, verschiedene Limonade aus dem Supermarkt besorgte der eine, der andere kam aus dem Döner-Laden mit einer Tüte. Ich vergaß natürlich nicht die Konditorei und kaufte vier Stück Kuchen.
Danach auf gleichem Wege die Rückfahrt angetreten. Kühler war es geworden, das verhinderte ein letztes Bad in der Havel.

Als wir von unserem Ausflug aus Spandau zurückkehrten, kam Jola mit „unseren Nachbarn“ aus dem Weltenbummlerauto ins Gespräch. Er redete mit Berliner Dialekt im Schnellverfahren, konnte kaum folgen. Klaudia aus Österreich hingegen nuschelte ein bisschen, der steierische Klang ging zunächst etwas unter. Ich zog mich zurück, kochte Tee, eigentlich wollten wir unseren Kuchen essen, doch Jola kam nicht, der Tee war fast alle, der Rest kalt. Jola durfte bei den Nachbarn eine Hausbesichtigung machen. Kam dann irgendwann mit dem neuesten Klatsch aus der Nachbarschaft heim. Zwei Klappleitern seien abzugeben, im Inneren sähe es so aus, wie es derzeit draußen aussah (chaotisch). Ich schrieb meinen rückständigen Reisebericht, dauerte und dauerte. Ich sollte es mir überlegen mit den Leitern. Ein anderer Neugieriger geriet in die Fänge von Torsten (den Namen erfuhr ich erst später), der für den pferdeschwanztragenden Mann die Motorhaube öffnete und ausführlich die Technik erklärte. Zwischenzeitlich war ich soweit, dass ich zumindest einmal nach den Leitern fragen wollte. Gesellte mich also dazu. Demonstration, ausziehbar bis auf 3,50m, erst einmal benutzt, wurde für eine Bekannte veräußert, 20 € statt über 100 € sollten dafür gelöhnt werden. Ich probierte die Leiter in meine Garage zu stellen, passte perfekt. Jola dackelte mit 20 €, einem selbstgemachten Schlüsselanhänger und einer gehäkelten Mütze um die Leiter auszulösen. Klaudia war begeistert, gab an, Mützen-Fan zu sein und freute sich total, umarmte Jola herzlich, um ihr positive Energie zu spenden.

Ich durfte dann ebenfalls ins Allerheiligste. Ausführlich wurden alle Details in dem überaus unaufgeräumten Innenleben geschildert, wo die Waschmaschine steht, die schmutzige Wäsche gehortet wird, das wichtige Badezimmer gezeigt usw.

Klaudia entpuppte sich als ambitionierte Karikaturenzeichnerin und malte Jola als Dankeschön einen Glückselefanten, versehen mit einem echten Kussmundabdruck und einer Widmung, das Ganze noch frisch laminiert.

Die Freundschaft vertiefte sich noch, als Klaudia Jola in ihr Reisetagebuch einen weiteren Elefanten live malte und ich sie dazu animierte die Zeichnung mit einem Kuss zu krönen. Nur wenige Augenblicke später tauchte Torsten auf, reichte eine Flasche für Klaudia herein, zu der sie erzählte, es sei ein Limocello aus Griechenland, das Original. Giftiges Gelb, die Flüssigkeit sah aus wie aus einem lecken Atomreaktor entronnen. Natürlich wollte sie uns dieses Getränk geschmacklich vermitteln, Jola durfte die Flasche öffnen und wir stießen auf die neugewonnene Bekanntschaft an. Bei dem einen Gläschen blieb es nicht, eine zweite Runde, der Austausch wurde gesprächiger und die Stimmung ward lustiger. Die Flasche war zu einem Drittel geleert, dann verabschiedete sich Klaudia, wir würden uns ja morgen früh noch einmal sehen.

17.08.2021 Dienstag

Der Wettergott hatte es bis gestern gut mit uns gemeint und für heute den Tag mit Regen ausgestattet. Günstigere Gelegenheit, ohne Trauer Richtung Lübeck abzufahren. Die frisch gekleideten Nachbarn waren mit einem Onkel morgens verschwunden, vermutlich ein gemeinsames Frühstück oder ein Ausflug mit dem Boot, wir haben es nicht mehr erfahren. Reisten Punkt 10 Uhr ab. Jola hinterließ eine Nachricht, vor allem wohl deshalb, weil sie ihren weißen Lieblingsschreiber nun nicht wiederbekam.

Über die Fahrt gibt es nicht viel zu berichten, 3 ½ Stunden dauerte es mit einer kleinen Pause auf einem Rasthof. Keine Staus, zwei Baustellen, die die leichte Verzögerung mit sich brachten. So machen WoMo-Urlaubsfahrten Spaß.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert