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Südtirol Tag 07

04.10.2022 Dienstag

Wie schon befürchtet, die Wanderung wirkte bei mir nach, humpelte morgens zum Kiosk, um Brötchen zu holen. War es Muskelkater oder „die Hüfte“? Jola arrangierte nach dem Frischmachen den Aufenthalt für einen weiteren Tag hier, allerdings mit einem kleinen Umzug verbunden. Platz 129, günstiger gelegen, schönerer Blick und mehr Sonne.

Nach der Installation radelten wir nach Seis, laut Aushang fand dort heute der Bauernmarkt statt. Vor der Tourist-Info drei Stände, die Speck und Gemüse anboten, das war’s auch schon.

O.k., diese Fahrt war somit lediglich zum Warmmachen gedacht. Völs kannten wir noch nicht, also fuhren wir die Strecke zurück, um dann die Fahrt ins knapp 4.5 km entfernte Völs fortzusetzen. Meist ging es bergab, Ortsteil St. Anton, dann nach ca. 2 Km in der Handwerkerzone an der Kaffeerösterei Caroma vorbei. Ein ganzes Schaufenster voller Kaffeemühlen (Ausschnitt).

Rund 80 Höhenmeter befanden wir uns nun näher zur Erde. Bald darauf tauchte Völs mit dominanter Kirche auf einem Hügel auf. In Völs gab es nicht viel zu entdecken, ein kleiner historischer Altstadtkern, sonst nichts Bemerkenswertes, vielleicht auch, weil, ich weiß auch nicht, eben langweilig. Vorschlag von uns beiden, wir erkunden den Völser Weiher, der unterhalb des Schlern lag und mit dem Rad erreichbar schien. Wir folgten dem Wanderweg Nummer 1, steile Auffahrt, dann mündete der Weg kurz in einem schmalen Schotterbett. Sollten wir da hinauf, und wenn ja, wie ging es danach weiter. Straße rauf und runter nach Hinweisen Ausschau gehalten. Jola erfuhr von einer Einheimischen, ja, man können den Wanderweg auch mit dem Rad befahren. Wir glaubten es, schoben erst, dann auf geteertem Wege ein noch steileres Stück im Hamsterrad-Modus abgestrampelt. Jola legte eine Zwischenpause ein, verschnaufen! Wanderer mit Stöcken kamen mir entgegen.

Oben am Ortsende führte der Weg auf hellem Schottergestein weiter, vorbei an einer Wiese, auch hier noch Kühe beim Grasen, und immer wieder der Schlern dominant als Panoramahintergrund, weiter durch ein Stück mit Baumbestand. Dann mit Schilf oder ähnlichem Gestrüpp zugewachsenes Areal, an das sich der Weiher anschloss. Badestege, Hotelanlage und am Wegesrand ein Gasthof. Der kam gerade zur rechten Zeit, offensichtlich nicht nur für uns, denn fast an allen Tischen waren die Stühle besetzt.

Am Uferrand Kunst aus totem Baumstamm, vogelartige Gebilde, als Sitzbänke ausgearbeitet. Schnell fanden wir von der Speisekarte etwas für unseren Geschmack. Die Bedienung war flott unterwegs, das Mineralwasser kam unmittelbar nach der Eingabe in das Bestellsystem, ein ¼ Roter Vernatsch wurde dazu bestellt. Kartoffelsuppe, Kürbisquiche und Schupfnudel zum Abschluss versorgten uns genussvoll mit neuer Energie.

Günstige Lage des Gasthofes, Rundweg um den See und Wanderweg nach St. Konstantin führten unmittelbar vorbei, dann noch die Biker. Nach St. Konstantin mussten wir unsere Fahrt fortsetzen. Erstaunlich, dass es auf der Strecke ausschließlich bergab ging und zwar so steil, dass Jola vorsichtshalber ihr Rad ein Stück schob. Heute schien Wandertag zu sein, mehrmals trafen wir Gruppen von Kindern an. „Achtung Radfahrer“ rief eine Begleitperson (Lehrerin oder Kita-Angestellte), die Kids machten mir bei der langsamen Fahrt Platz. Ein Schrei, eine Begleitperson in Aufregung, am Boden ein Kind, Schmerzen, was war passiert? Vermutlich beim Spielen gestürzt, es hielt sich die Hand. Die umherstehenden Kinder wurden verscheucht, das Kind aufgerichtet, alles wohl wieder gut.

Von hier ab asphaltierter Weg, aber immer noch einen Geschwindigkeitsrausch befördernd.

Unten an der Hauptstraße angekommen diese überquert und schon war der Campingplatz in Sicht. Mir blieb an der Zufahrt zum Campingplatz die Herde Schafe auf der Wiese auf, wohl auch deshalb, weil darunter viele „Schwarze“ waren. Das sogenannte „Schwarze Schaf“ als Nachwuchs, gleich in Mehrfachausfertigung.

Am WoMo begann dann der Kampf um eine Übernachtungsmöglichkeit für die nächsten Tage, was sich als mittelschwere Herausforderung darstellte. Diverse Absagen, unpassendes Terminangebot, zu weit abseits.

Südtirol Tag 06

03.10.2022 Montag

Hier in Südtirol dachte niemand an das geschichtsträchtige Datum und die damit verbundene Wiedervereinigung Deutschlands. Natürlich ist heute hier auch kein Feiertag.

Jolas Versuch, unseren Stellplatz um einen Tag zu verlängern, schlug fehl. Mit etwas Glück könnten wir einen anderen Platz bekommen. Unterirdisch beschäftigte ich mich während der Nachfrage mit dem Abwaschberg. Alle Sanitäreinrichtung befanden sich geschützt vor Sonne, Eis und Schnee oder sonstigen klimatischem Unbill unter der Erde. Alles in hübscher Optik und in ausreichender Anzahl vorhanden.

Auf die Seiser Alm ging es heute, fast wolkenloser Himmel, so blau wie nur irgendetwas, kaum ein Lüftchen wehte, beste Voraussetzungen für einen Tag beinahe oberhalb der Baumgrenze von 1.857m. Die gut 4 Kilometer bis zur Seilbahn diesmal auf dem Radweg zurückgelegt. Kurz überlegt, sollen wir die Räder mit hoch nehmen? Entschieden uns dagegen. Berg- und Talfahrt kosteten, für Senioren gab es Ermäßigung, 17 € pro Person. Der Andrang war groß, Warteschlangen gab es trotzdem nicht, alles lief zügig ab. Mit vier anderen saßen wir in der Gondel, eine Schweizer Familie mit zwei kleinen Mädchen. Wir trugen Masken, die Eltern ebenfalls. Gemächlich zuckelte die blaue Gondel über etwas mehr als 4.000m Länge in die Höhe, ruckelte mit 6 Km/h an 10 Stützen über die Rollen und überbrückte dabei einen Höhenunterschied von 842m. Oben angekommen, ein Pulk Menschen, die Orientierung nach dem besten Wanderziel suchten, Hunde, die froh waren, den Maulkorb los zu sein (in der Gondel herrschte (auch) für Tiere Maskenzwang). Erstaunlich mildes Klima trafen wir hier an, man brauchte keine Handschuhe, Mütze etc.

Die Seiser Alm in Südtirol ist die größte Hochalm Europas, bietet im Sommer derzeit rund 350 km Wanderwege. Vor allem die Dolomiten, die die Seiser Alm begrenzen, machen die Königin der Hochalmen mit ihren schier grenzenlosen Möglichkeiten für alpine Freizeitaktivitäten zu einem Eldorado zu jeder Jahreszeit. Bei der Seiser Alm handelt es sich quasi um einen Ortsteil der Gemeinde Kastelruth. 199 Menschen lebten hier Ende 2018.

Herrlicher Rundblick über das „Almgelände“ und die umliegende Bergwelt, geprägt u.a. vom Schlern.

Nachdem ich uns aus der Vielzahl der Wandermöglichkeiten eine herausgepickt hatte, marschierten wir gegen 11.30 Uhr auf dem Pfad Nummer 14 los. Schon nach den ersten Schritten mit leichter Anstiegsneigung merkte ich den in der Gondel zurückgelegten Höhengewinn relativ abrupt. Also erst einmal gemäßigtes Tempo eingeschlagen, ohnehin prüfte ich innerlich, ob die Gelenke bei dem Marsch mitspielen würden.

Nicht verwunderlich, dass hier in dieser reizvollen Umgebung 5-Sterne-Hotels vorzufinden waren (Alpina Dolomites Gardena).

Auf geteertem Wege zunächst an diesem Hotelkomplex in Kurven vorbei.

Nach 15 Minuten der erste Beweis von der erreichten Höhe (1.916m). Quasi gegenüber posiert Jola vor dem Schlern mit der 2.414m hohen Santnerspitze.

Wenig später hatten wir die Wahl, den Weg in Richtung verschieden gelegener Hütten fortzusetzen. Wir entschieden uns für die bewirtschaftete Puflatsch Hütte. Der Pfad wurde schmaler, uneben und steiler, ich merkte schon, dass das Wandern nicht mehr zu meinen originären Aufgaben gehört. In Minischritten steppte ich hinter Jola her, die meist 10m vor mir kraxelte. Allein waren wir hier natürlich nicht, Überholmanöver schnellerer Bergsteiger an der Tagesordnung.

Auf den Wiesen vereinzelt Kühe, der Almabtrieb schien hier nicht abgeschlossen zu sein, oder es handelte sich um „winterharte“ Rindviecher, die hier ausharren müssen. Eine Kuh schien ausgebüxt zu sein, trotte auf dem Wanderweg Spaziergängern entgegen.

Nur eine Viertel Stunde später erreichten wir eine Art Plateau, Gelegenheit für ein Selfie. Gut, das Panoramabild ist kein Hit, aber ein Selfie der anderen Art, ohne Kopf in den Nacken legen und grinsen aus nächster Nähe in die Linse.

Kurz nach 12 Uhr lockte uns das Schild mit der Aufschrift Puflatsch Hütte ein paar unwegsame Stufe hinab. Auf sonniger Außenterrasse fast alle Plätze schon besetzt, beim Weizen, Wasser, Wein für den Durst oder Knödel, Apfelstrudel, Kaiserschmarrn etc. für den kleinen oder großen Appetit, die Wanderer ließen es sich schmecken. Auch bei uns stand bald eine Speckknödelsuppe und ein Dreierlei mit Knödeln auf dem Tisch.

Um bei den Selfies zu bleiben, hier ein misslungener Versuch am Tisch der Hütte. Vom Tresen hatte ich mir gerade den Hütten-Stempel („Diabita“) auf einer Serviette abgedruckt geholt. Man kann ihn vor der Flasche Mineralwasser entdecken. Jola lechzte nach der Knödelsuppe nach dem besten Apfelstrudel weit und breit, so der Werbeslogan auf der Schiefertafel am Wegesrand. Wollte einen mit mir teilen, doch meine drei Knödel hatten mich pappsatt gemacht. Dann opferte sie sich eben allein und orderte den Apfelstrudel mit Vanillesoße. Ob sie hier gleich ein Bild davon in die Welt schickte?

Gegen 13.20 Uhr marschierten wir gesättigt weiter. Wärmer wurde es, ich wechselte die lange Hose gegen ein kurze aus. Jetzt schon umgeben von weniger menschlicher Anwesenheit taperten wir stetig weiter, Meter um Meter an Höhe gewinnend. Eine Weggabelung forderte uns eine Entscheidung ab, hierhin (Arnikahütte) oder dorthin (Tschötsch Alm). Der Weg zur letzteren war nicht mit einem offiziellen Wanderschild (aus Holz, mit Nummer, Ziel und rot-weißer Bemalung) ausgeschildert, sondern mit einem Walking- und Laufwegweiser. In der Ferne ein Gebäude an dem ein Lift endete. War das die Tschötsch Alm? Wir dackelten einfach darauf hin los.

Ich diesmal ein Stück voraus, andere Perspektive, wenn Jola hinter mir her zuckelte. Ein planer Gegenstand versetzte mich in die Lage, mit meinem selbst gebastelten Handyhalter ein Selfie zu machen.

Nach einer Halben Stunde drückte ich auf den Auslöser, Jolas rote Jacke als Eyecatcher vor der Bergwelt (rechts der Plattkofler).

Überschritt man die kleine Anhöhe, dann wusste man, ob es zum zuvor gesehenen Gebäude gehen würde oder woanders hin. Einen Kaffee könnte ich bald vertragen, der Gedanke geisterte mir jetzt häufiger durch den Kopf.

15 Minuten dauerte es noch, dann wussten wir, was sich hinter der Anhöhe befand, zuerst in Gestalt dieses hölzernen Frames. Er bot Inspiration für einen Liebesbeweis, ob für den Partner oder die Natur, in Form eines digitalen Fotos. Und es war die Tschötsch Alm, das angestrebte Ziel für eine Kaffeepause.

Reges Treiben auf der Terrasse in 2.000m Höhe. Kaiserschmarrn warendshalb hier zu unserer Anwesenheitszeit die präferierten Bestellungen. Langsam wurde die Sonne „lästig“, zu viel in der Höhe an einem Tag, verzeiht das die Haut? Blick von der Terrasse, ein Pfad führte abseits des ausgeschilderten Wanderweges zurück zur Bergstation. Wir nahmen den Weg, riskierten das Ungewisse, wie unbequem und unwegsam der Weg werden würde. Bergab merkte ich das Kniegelenk unangenehm intensiv, die Schritte nochmals verkürzt.

Ein Stück Nadelwald durchschritten, dann gelangten wir auf geteertem Weg zurück. 14.30 Uhr erreichten wir die Gondelstation. Nicht nur wir bereiteten uns auf die Abfahrt vor, viele Wanderer schienen ihr Programm „Seiser Alm“ abgearbeitet zu haben, wollten zurück zur Talstation.

Nun noch die vier Kilometer zum Campingplatz, dann genug von radfahrender und wandernder Bewegung. Pausentee, Buch in die Hand, gelesen, auf unseren Stellplatz fiel ein Rest der Tagessonne. Zu den Annehmlichkeiten des Campingplatzes gehörte ein beheiztes Schwimmbecken. Warum nicht noch ein bisschen Ausgleichssport betreiben? Sogar die Duschen am Beckenrand spendeten warmes Wasser. 20-Meterbahn, reichte für schnell 20 Bahnen ziehen. So abgerundet endete der schöne und abwechslungsreiche Tag nach dem Abendbrot mit Reisenotizen schreiben beim Fernsehen (Der Palast).