2019 Trient

30.09.2019 Montag

Moosbauer ade, letztes Mal fünfzehn Minuten im Schwimmbecken verbracht. Diesmal vergaß ich nichts beim Abbau. Wir hatten uns auf Trient als nächstes Ziel geeinigt. Den Weg kannten wir ja bereits von der Radtour, zwei Stellplätze hatte Jola aus dem Internet herausgesucht. Wir stoppten in Kaltern bei der Kelterei, musste kreisen, um einen Parkplatz fürs WoMo zu finden. Weine sind alle recht hochpreisig. Sammelten mehrere verschiedene Flaschen ein (Lagrein, 2x Weißwein, Chardonnay etc.). Für 50 € sechs Flaschen.

In Trient führte uns das Navi an der Nase herum, bzw. passte ich bei Abfahrten nicht richtig auf. Der angefahrene ausgeschilderte Stellplatz war nicht der, dessen Adresse ich ins Navi eingegeben hatte. Immerhin standen wir vor dem Eingang, nur Einlass gewährte uns niemand in diese „Festung“, alles umzäunt und alle Tore geschlossen. Keine Aufsicht im Wärterhäuschen. Auf dem Platz standen vier WoMos, aber keine Menschenseele zu sehen. Unverrichteter Dinge zogen wir von dannen, ließen uns vom Navi leiten. Es ging leicht am Hang hinauf aus der Stadt, kein einziges Schild mit „Camping“ oder dem „WoMo-Zeichen“. An einer roten Ampel mit Linksabbiegerpfeil war genügend Wartezeit, um alle Hinweisschilder an der Straßenecke zu lesen, und tatsächlich war eins darunter „Camper Club Trentino“. Also wähnten wir uns am Ziel. Doch weit gefehlt, wir landeten hinter einem Hochhaus quasi in einer Sachgasse. Nirgends ein Stellplatz oder Campinggelände. Ich fragte einen Mann, der bedauernd den Kopf schüttelte, mir dann aber eine Zeichnung machte, wo er einen Stellplatz vermutete. Leider führt nicht jede gut gemeinte Hilfestellung zum Ziel. Alles auf Null und zurück zum eingezäunten Gelände. Immer noch der gleiche Sachstand, kein Wärter im Häuschen, niemand auf dem Platz. Ich bat Jola die Nummer auf dem Schild anzurufen. Es meldete sich jemand, der zusicherte, in ca. 20 Minuten am Platz zu sein. Ich kochte einen Espresso, der noch nicht ganz fertig war, als der gute Mann mit seinem Auto auftauchte. Jola buchte für zwei Tage (je 20 € inkl. Strom und Dusche).

Vom Stellplatz aus brachte uns der Radweg an dem Fluss Fersina zunächst unter den Bahngleisen hindurch, dann die Via Marsala entlang durch einen Park, bis wir auf einer Brücke dem Schild „Zentrum“ folgten. Immerhin gab es auch hier durchgängig einen Radweg, manchmal nicht mehr auf der Höhe der Zeit eines guten Pflegezustandes, aber sicher vom Autoverkehr getrennt. Am Piazza di Fiera die Räder abgestellt und den Stadtbummel begonnen. In der Via Calepina in der Bar „Fiorentina” ein Focaccia gegessen und 0,1 Ltr Wein dazu probiert. Wie beim ersten Besuch prägte das studentische Leben auch zu diesem Zeitpunkt das Stadtbild. Auf dem Piazza Duomo wurden Zelte innerhalb eines abgesperrten Areals abgebaut, am Wochenende hatte ein Halbmarathon stattgefunden.

Wir wollten zur Gondel uns nach Fahrzeit, Kosten und Wandermöglichkeiten erkunden.

In der offene Kathedrale traten wir ein, innen der Mittelteil vollgestellt mit Gerüsten bis zur Decke. Weiter vorne ein paar lichte Ecken ohne Absperrung oder Gerüst. Dort befand sich der nebenstehende abgelichtete Altar in Form eines mit einem Baldachin ausgestatteten Bettes.

Jola meldete eine vergessene Jacke und taperte zur Bar zurück.

Natürlich war die Jacke noch da, man hatte sie bereits in Gewahrsam genommen.

Bei der Funivia angekommen, die Talstation befand sich direkt an der Etsch, der Radweg nach Bozen führte hier vorbei, erfuhren wir den Preis für die Auf- und Abfahrt und was die Mitnahme des Rades kostete (3 €/ 5 €/ 2 €). Heute schien es mir für eine spontane Auffahrt zu spät zu sein, schlug vor, morgen das Oberland zu erkunden. Streiften erneut durch die Stadt, tendenziell den Rückzug zu den Rädern antretend.

01.10.2019 Dienstag

Aufgewärmte Brötchen zum Frühstück, die Sonne brauchte für eine Stadt wie Trient, die von Bergen eingeschlossen in einem Talkessel liegt, einen längeren Anlauf, um dem Ort den morgendlichen Glanz zu verleihen. Wieder einmal durfte der Begriff „mystisch“ dafür herhalten, um das Bild der wabernden Wolken an den Hängen mit den dazwischen durchstechenden Sonnenstrahlen zu beschreiben. Von den sechs über Nacht gebliebenen WoMos reisten vier nach und nach ab.

Ein bärtiger Mann, bestückt mit einer Gehhilfe humpelte über den Platz, einer der „Aufpasser“. Er sprach mich an, mehr ein Gestikulieren mit der freien Hand, dazu ein paar gutturale italienische Vokabeln, aus denen ich bei bestem Willen nicht schlau wurde. Da begann er, mit dem Finger auf der Motorhaube unseres Autos Zeichen zu malen und nickte dazu, als er damit fertig war. Ich schüttelte den Kopf, das Spiel begann von vorne. Wieder einige italienische Wortfetzen, wieder mein Kopfschütteln. Er zog sein Handy und zeigte auf die Uhrzeit auf dem Display. Mir schwante, er wolle mir mitteilen, dass ab 12 Uhr die Pforte dicht sei. Aber wir bleiben ja noch einen weiteren Tag.

Jola hatte sich vorgenommen, einen Supermarkt zu suchen und ihren Einkaufszettel dort abzuarbeiten.

Gegen 11.30 Uhr kamen wir dann zu unserem eigentlichen Tagesprogramm, die Fahrt zur Gondel dauerte etwas länger, so verpassten wir die Auffahrt um 12 Uhr nach Sardagna. Nächste Tour um 12.15 Uhr. Jola wollte im Vorraum warten, schlug meinen Vorschlag, den Espresso in der Bar im Erdgeschoss zu trinken, aus.

Jeder knipste dann von seinem Standort ein paar Motive ab.

Pünktlich ließ uns der „Schalterbeamte“ in die Kabine, die individuelle Auffahrt, wir waren die einzigen Reisenden, begann.

Rasch gewannen wir an Höhe, trotz diesiger Sicht hatten wir wunderbare Ausblicke auf die Stadt, die Berge und die Etsch.

Oben angekommen, öffnete ein weiterer „Schalterbeamte“ die Tür und entließ uns aus der Kabine. Das angrenzende Gebäude mit einem Restaurant bestach durch gähnende Leere, wahrscheinlich zu wenig Gäste, um hier oben abseits von Touristenströmen zu bestehen. Von einem Aussichtspunkt kamen wir immerhin in den Genuss eines Weitblicks ins Tal.

Sogar unser WoMo konnten wir auf dem Stellplatz identifizieren.

Der Ort Sardagna lag etwas versteckt hinter einer Kurve ganz malerisch in einem seichten Kessel am Hang. Wir sprachen beide in ähnlicher Formulierung aus, wie „Dorf Tirol“ (ich ergänzte „nur ohne Touristen“). Eine Kirche mit grünen Schindeln stellte das Wahrzeichen des kleinen Dorfes dar. Aus einer Elementarschule tönten die einzigen Geräusche des Ortes, die Schulkinder. Daneben ein Sportplatz mit Kunstrasen. Die parkenden Autos davor dürften allesamt den Lehrern gehört haben (aber vielleicht war es auch anders).

Die äußerlich eher unscheinbare Kirche wirkte wie „eine prunkvolle Wohnstube“, so Jolas Kommentar nach der Besichtigung. „Lag es an dem ausgerollten Teppich?“ fragte sich Jola. Mir fielen die beiden Beichtstühle auf und ich fragte mich, was wohl die beiden Begriffe „confessore“ und „penitente“ an dem Gehäuse bedeuten sollten?

Keinen Menschen trafen wir bis dato, dann die Überraschung, eine Bar/ ein Restaurant vor dem drei Einheimische bei irgendwelchen Getränken saßen, einer davon, ein alter Mann, paffte eine Zigarette oder ähnliches Kraut. Mir schien Jolas Vorschlag, hier etwas zu Essen, nicht angeraten, ohnehin war mein Appetit noch nicht auf dem höchsten Level angekommen.

Was gehört noch zu so einem Flecken auf gut 600 m Höhe? Ein Brunnen, ein Lebensmittelgeschäft (mit Gittern verrammelt) und ein Eisladen, zumindest hing eine Fahne mit dem Eissymbol an einem Zaun. Das Schild mit dem Hinweis „Restaurant 20m“ hatte fast einen größeren Umfang als das Restaurant selbst (zwischen den beiden gelben Häusern).

Wir wandte uns ab vom Dorf, fanden den Wanderweg nach Trient, der neben einem verschlossenen Kirchlein sogleich auf Geröll abwärts ging. 45 Minuten waren auf dem Wanderschild bis nach Piedicastello veranschlagt. Leider bewahrheitete sich, dass es keine direkte und vor allem auf gleicher Höhe befindliche Verbindung zum Weg nach Dos Trento mit dem Mausoleum von Battisti gab.

Zudem irrten wir uns nach der Überquerung einer Straße, liefen unter einer Autobahnbrücke neben gekreuzten Hochspannungsmasten in eine Sackgasse. Wunderten uns über einen ansehnlichen Neubau mit bunt gestalteten Fassadenelemente hier im Schatten dieses Pfeilers der Brücke neben den Hochspannungskabeln.

Der Aufstieg zum Mausoleum ward gefunden, erfreute uns aber weniger, denn, wenn auch auf asphaltiertem Belag, es ging ein ganzen Stück bergauf. Ich spielte für wenige Meter den Kavalier und schob Jola Stück um Stück voran.

Das Mausoleum entpuppte sich als wirklich erstaunliches Relikt zur Erinnerung an einen Kämpfer für den Anschluss Trients an Italien. Battisti musste sein Engagement mit dem Leben bezahlen, er wurde 1916 von den Österreichern gehängt.

Der Marsch in die Tiefebene erfolgte erst kurz über einen Trampelpfad, dann Treppen sowie mit unebenen Steinen gepflasterten Weg. Zwischendurch auch über an den Hang gehängte Metallplatten. Jola hatte ihren Faible für Pizza noch nicht abgelegt, aber entweder waren Geschäfte geschlossen, die Auslagen behagten ihr nicht oder Sachen, die auf der Karte standen, gab es derzeit nicht (wie im Café Tridente). In der Stadt herrschte reges Treiben, jedoch dominierten augenscheinlich die Studenten die Zahl der über den Piazza Duomo wandelnden Menschen.

Wir radelten zum Castello. Die Gärten durften eintrittsfrei besichtigt werden, Imposantes Gebäude, an dessen äußerer Mauer wir uns bis zum Café bewegten und dort einen verlängerten Kaffee (heißes Wasser und warme Milch) nebst vier kleinen Schokoladen genossen.

Ein junges verliebtes Paar saß bei einem Wein, eine Reisegruppe traf ein, manche der Senioren setzten sich auf die Rundbank unter einen Baum, andere holten sich eine Erfrischung.

In der Infothek erfuhren wir durch eine schön gemachte Animation allerhand über die Entwicklung und Entstehung von Trient.

Jolas Scoutrolle ging etwas daneben, auf der Suche nach dem Supermarkt verfuhren wir uns und gelangten erst nach der Durchfahrt durchs Gewerbegebiet zu dem Markt.

Abends machte Jola die Crevetten fertig, ich die Nudeln, so kamen wir zu einem genüsslichen Schmaus, den wir so sicher in keinem Lokal vorgesetzt bekommen hätten.