2019 Bozen (Moosbauer)

25.09.2019 Mittwoch

Jola machte morgens ihre Frühschwimmübungen, nach dem Frühstück begann der Abbau und dabei passierte mir ein dummes Malheur: Setzte das WoMo zurück, weil ich die Auffahrhilfen einsammeln wollte. Dabei hatte ich vergessen, dass eine Stütze noch nicht hochgedreht war. Diese knickte beim Zurückrollen um und verbog. Ich konnte das Teil nicht reparieren und auch nicht vollständig abbauen. Befestigte es mit einer Schnalle. Wut im Bauch!!

Jola kam mit der Rechnung und zeigte eine sorgenvolle Miene, 35 € für Strom, der nach Verbrauch abgerechnet worden war. Zwischenzeitlich war es so spät geworden, dass wir direkt zum Golfplatz fuhren. Keine Parkplatzprobleme hier auf dem Areal. Wir spielten mit einem Schweizer Paar, die zum ersten Mal in Südtirol waren und den Platz noch nicht kannten. Sie waren Gäste in einem Hotel in St. Martin im Passeiertal. Mein Start war vielversprechend, die Schweizerin schlug fast alle Abschläge mit dem Eisen und machte dabei eigentlich eine gute Figur beim Schwung, wenn sie auch nicht immer traf. Viel geredet wurde nicht, zu verstreut lagen unsere Bälle. Ärgerte mich besonders am Teich, weil ich gut heran gespielt hatte und es übers Wasser aufs Grün schaffte, aber dann…

Wir machten uns gleich auf zum Kofler, parkte direkt vor dem alten Geschäft. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite entdeckte ich eine Werkstatt. Ließ Jola bei Kofler den Einkauf machen, fragte in der Werkstatt um Hilfe und hatte dabei Glück, ein junger Mann eilte mit mir zum WoMo, schaute sich den Schaden an, ruckelte an der Strebe, holte Werkzeug und schraubte die Stütze ab. Nichts wollte er dafür haben, ich reichte im 5 € Trinkgeld, für das er sich artig bedankte. So sparte ich mir das Aufsuchen der Wohnmobilwerkstatt in Sinich.

Zum Moosbauer ging es dann gleich, in Terlan abgefahren und bald standen wir auf dem Gelände des Platzes. Platz 17 war uns zugewiesen. Ganz in der Ecke, natürlich mit Baumbestand. Kein Empfang, ein Wechsel war nicht möglich, dafür reichte mir die junge Frau an der Rezeption ein Kabel für Satellitenempfang. Ich probierte es, die Länge reichte nicht. Im Tausch bekam ich ein anderes. Der Anschluss war dann ein Puzzlespiel, der aufgeschraubte Stecker passte nicht, was ich nicht sofort merkte und an der Buchse am Fernseher herumdrehte. Immerhin gab es dann Empfang, musste das Kabel nur knicksicher verlegen. Jola machte Schnittchen, die wir bei milden Temperaturen draußen verspeisten, dabei wechselte sich die Sonne mit etlichen Wolken ab. Später setzte Regen ein, der mal ins Tröpfeln überging, dann aber wieder heftiger wurde. Wir verzichteten auf einen Ausflug, ich reservierte gegen 17.45 Uhr im Restaurant für 19 Uhr einen Tisch. Im Lokal schien gerade die Vorbereitung für den Abend im Gange zu sein, wobei eine der junge Damen lasziv in einem Sessel fläzte und mit ihrem Handy spielte.

Schnell noch kurz vor 18 Uhr die letzten Sonnenstrahlen am WoMo eingefangen. Ich berichtete Jola, ging dann ins Freibad und schwamm ca. 15 Minuten. Das Gewittergrollen in der Ferne schreckte mich vor dem Gang ins Wasser ab.

Im Restaurant registrierten wir Neuerungen, der Vorhang am Eingang war verschwunden, lichter die Ecke gestaltet und der äußerliche Vorbau war jetzt fester Bestandteil des Lokals, mit durchgezogener Sitzbank und jeweils kleinen Zweitischen davor.

Bestellte Hähnchenbrust gefüllt mit Frischkäse und Spinat auf grünen Linsen, Jola nahm das Risotto mit Pfifferlingen. Dazu gab es Weißwein, ein Flasche Sauvignon aus Naefer (19 €).

26.09.2019 Donnerstag

Schon beim ersten Austreten waren einige Wohnmobilisten beim Abbau. Nach dem Frühstück erfolgte die Abstimmung und Planung der Tour auf den Ritten. An der Rezeption erfuhr ich, Fahrräder dürfen in der Gondel mitgenommen werden, damit war das erste Problem gelöst. Wertkarte oder Mobilcard lohnten sich nach weiteren Recherchen für uns nicht. Jola Streckenplan durchkreuzte ich, weil ich vor dem Kreisverkehr in Gries in die Dreiheiligengasse abbog, später auf die Drususallee gelangte, über die Fahrradbrücke am Zusammenfluss von Eisack und Talfer direkt zum Bahnhof fuhr. Bis zur Gondelstation waren es dann noch ca. 500 m, die hatte ich gedanklich nicht „auf dem Schirm“ gehabt. An der Kasse bewahrheitete es sich dann, Normalpreis bezahlen kam für uns am günstigsten (26 €). Mit dem Fahrstuhl hinauf. Sonderbehandlung für uns beiden Radler, durften gleich durch die Schranke und auf die nächste freie Gondel warten. Die Reise auf den Ritten mit der Gondel war mir erst wieder in Erinnerung, als ich unterwegs war. In der Ferne sah man Teile der Erdpyramiden. In Oberbozen angekommen, blitzten weitere Details auf, Parkhotel, Café Fink, das Schwimmbad mit Bergblick, der Schnee, der Bahnhof für die Schmalspurbahn.

Mein Vorschlag, den Weg zu den Erdpyramiden zu wählen, stieß zunächst auf wenig Resonanz, doch dann willigte Jola ein. Ein Stück um das Parkhotel die asphaltierte Straße hinab, die alsbald endete und in einen steilen Eselsweg mündete.

Räder schlossen wir gezwungenermaßen an und wanderten durch schattigen Wald ziemlich lange einen recht abschüssigen Weg entlang. Die Erdpyramiden standen ähnlich prägnant in der Landschaft wie vor ca. sieben Jahren, als wir schon einmal Gast auf dem Ritten waren und hier an gleicher Stelle fotografierten.

Der Weg wieder hinauf war zwar mühseliger und leicht schweißtreibend, dafür aber gangbarer. Wieder bei den Rädern, warf ich einen Blick hinter den Hang, wo ich dieses Schindelhaus mit Zwiebelturm sah.

Wieder an der Gondel, zeigte mir ein Blick auf die Uhr 12.45 Uhr an. Bei Babsi hing eine attraktive Tageskarte aus, sodass es uns nicht allzu schwer fiel, hier auf der schmalen Terrasse vor dem Lokal Platz zu nehmen. Noch im Schatten liegend wurde es uns schnell zu kalt, zumal der Rücken vom Schweiß feucht war. Zum Glück verschwanden die Gäste vom sonnigen Nachbartisch und wir wechselten an die Sonne. Hirtennudeln und – wieder – Risotto für Jola, beides wurde recht flink serviert und schmeckte ausgesprochen lecker. So gestärkt schwangen wir uns auf die Räder und es ging unter der Sonne und mit Blick auf die Bergwelt mit Schlern, Rosengarten etc. in Richtung Klobenstein. Erste Ortschaft war „Wolfsgruben“, dann schossen wir meistens rasant bergab auf Klobenstein zu. Das letzte Stück gab es sogar einen separaten Radweg, der hinter der Sportarena in den Ort führte. So viel „Bergwelt“, wir stoppten an diversen Stellen, um diese Ausblicke zu genießen und „abzulichten“.

Das Hotel Bemelmanns fand ich sofort, hier schien sich nichts verändert zu haben. Suchten ein Café, es hätte nicht Bemelmanns sein müssen, aber ein anderes hatte heute Ruhetag, das Zentral bot mir keinen schmackhaften Kuchen an, so landeten wir doch bei Bemelmanns, nur im Hotel gab es auch hier keinen Kuchen. Dazu mussten wir uns in der Post-Stube nebenan (gehört ebenfalls zum Hotel) niederlassen bzw. orderten wir am Tresen, wo ein paar Einheimische beim Espresso standen und schwatzten. Zuvor hatten wir einen Blick ins Foyer des Hotels geworfen, gediegene Gemütlichkeit im Glanze alter Zeiten. Hier hätte vielleicht auch Ludwig II. seinen Spaß gehabt. Immerhin hielt sich hier S. Freud sechs Wochen lang auf und feierte sogar seine Silberne Hochzeit.

Nach Lengmoos radelten wir nicht mehr. Jolas Akku meldete mangelnden Saft. Ich setzte mich bei der Bestimmung der Route ins Tal hinab durch. Die – angeblich – vielbefahrene „Prinzipale“ wies eine geringere Neigung und besten Untergrund auf. Tatsächlich ließen sich die 12 Kilometer bis Bozen auf dieser Hauptstrecke zwischen „Oben“ und „Unten“ mit entsprechend harter Hand an den Bremsen gut fahren. Ich machte nicht den gleichen Fehler wie am Kohlern, nur die Rücktrittbremse zu benutzen. Und wir machten mehrfach einen Stopp, um die Bremsen zu schonen und den Blick auf die Berge richten zu können. Wir glaubten den Golfplatz Seiser Alm St. Vigil gesehen zu haben (Irrtum).

In Unterinn bremste Jola ab, wollte gerne zu Loacker Kekse kaufen. Und wirklich, es gab hier den sogenannten „Detailverkauf“.

Bei St. Justina hielt ich, wies Jola darauf hin, hier wären wir heraus gekommen, wenn wir bei Wolfsgruben abgebogen wären. Sechs enge Kehren, die es in sich hatten, dann gelangten wir auf die Rentscher Straße und über die Brenner Straße ins Innere von Bozen zurück.

Spaziergang zur Osteria, die hatte gerade wieder aufgemacht, uns war‘s zu früh für Schnittchen, bummelten noch durch die Gassen. Jola kaufte Tomatenstreusel, Tomaten, ich Kaffee bei Eurospar, Jola dann Strümpfe bei Goldenpoint.

18 Uhr, jetzt lagen die Schnittchen auf unseren Tellern, der halbe Liter Weißwein abgefüllt, ein Tisch wurde gerade frei und von uns sogleich okkupiert. Nicht so voll wie an den Wochenendbesuchen der letzten Jahre, aber alle Tische waren besetzt. Als Abschluss gönnte ich mir ein warmes Bruscetta „nach Art des Hauses“.

Auf dem Stellplatz umgaben uns wieder neue Nachbarn.

27.09.2019 Freitag

Schönes Wetter in Südtirol sieht eigentlich – meistens – anders aus, heute war es jedenfalls mehr oder weniger bedeckt, bei zunehmendem Hochnebel oder wie nennt man das, wenn diesiges Gewölk gen Himmel zieht? Egal, unser Vorhaben stand fest, heute fahren wir mit dem Rad nach Trento (Trient). Erfrischt hatten wir uns dafür zuvor für 15 Minuten im Freibad. Die Strecke war einigermaßen bekannt, verfuhren uns nicht. Allerdings war mir der langanhaltende Anstieg an St. Pauls und St. Michael vorbei nicht mehr recht in Erinnerung. Unterwegs riss einem Mann auf seinem Mountainbike seine Kette, den Fluch nahm ich noch im Vorbeifahren wahr, helfen konnte ich nicht (wohl aber hätte man zumindest stoppen und „guten Willen“ demonstrieren müssen).

Jola wollte kurz in eine der große Verkaufshalle, hier der Kellerei Cantina Kaltern, nach dem Sortiment gucken. Mitnehmen konnten wir sowieso nicht, also blieb ich draußen und schaute in die Landschaft bzw. beobachtete Menschen, die auf kleinen Transportwägelchen ihren Einkauf zu ihren Fahrzeugen transportierten. Der erste Zwist entstand, als wir uns entscheiden mussten, links oder rechts um den Kalterer See zu fahren. Am Ende war es wohl egal, zum See hinunter durften wir uns jedenfalls wieder einmal im Geschwindigkeitsrausch wähnen, obwohl abgebremst. „Auer“ mit 10 Km ausgeschildert war nach Recherche unsere nächste Anlaufstelle. Leider trieb uns einige Kilometer der Autoverkehr bis zum Kreisverkehr vor sich her. Dann wieder ein Hinweisschild auf einer Radwegpiste (nach Auer). Schien aber ungünstig, deshalb blieben wir in Richtung Neumarkt (4 Km) auf der normalen Straßen ohne Radweg. Die Hoffnung auf lichten Himmel blieb unerfüllt, verpackte die umliegenden Felsmassive dafür in mystisch anmutende Gebilde. Ab Neumarkt gelangten wir dann – endlich – an die Etsch, die milchig daherfloss, ein paar Strudel im Verlauf erzeugte, ansonsten aber eher mäßig ihr Wasser mitnahm. Neumark, soweit wir den Ort streiften, war geprägt vom Unternehmen Würth. Nun radelten wir beständig auf dem Schutzdamm, so um 12.30 Uhr fand ich, wäre es Zeit an einen Imbiss zu denken. Kurtinig (der Ort mit der geringsten Höhenabweichung) wäre ggf. ein geeigneter Ort für eine Mahlzeit gewesen, doch ich scheute mich vor „zusätzlichen“ Kilometern, drängte auf Weiterfahrt. Das Gelände schien sich leicht zu verändern, die Felswände links und rechts wurden niedriger – oder täuschte das? -, jedenfalls verführte uns Salurn mit seiner Infotafel an der Etsch dazu, den Ortskern nach Restaurants abzusuchen. Den Mühlenweg fanden wir nicht, die Harderburg hingegen hätte leckeres zu Essen geboten. Dazu hätten wir einen Schotterweg ca. 900m ziemlich steil durch einen Zecken befallen Weg hinauffahren müssen. Gefrustet brachen wir das Vorhaben ab, besuchten die Pizzeria Jolly, wo wir hausgemachte Pasta mit frittiertem Stücken vom Schwertfisch und Aubergine aßen. Wieder zurück auf dem Damm trafen wir auf Entfernungsschilder, die uns erst Mut machten – noch 17 Km bis Trient -, bzw. etwas später entmutigten – noch 24 Km bis Trient -. Endlich begrüßte uns der Radweg „Trentino“ bzw. „Adige“ mit neuer Entfernungsangabe (0) und einem Schild „bis Trient 28 Km“. Die errechneten 56 Kilometer blieben nun Illusion, wir mussten mit mehr als 70 Km rechnen.

Links und rechts die Verkehrsstraßen mit den von Autobahnen bekannten Perlenketten von LKW, mal näher, mal weiter weg. Wir umkurvten dann ungefähr bei Trient – Nord ein Biotop, was zusätzliche Kilometer mit sich brachte. Unterwegs überholten wir bzw. uns zwei Schweizer Radlerpaare, von denen eine Frau kurz vor dem Eintritt in die Stadt uns zuwinkte. In Trient strebte ich, Jolas Wunsch noch in den Ohren, dem Bahnhof entgegen. Gut ausgeschildert fanden wir den schnell. Der erste Kontakt zum Bahnpersonal deprimierte mich, er verstand hinter seiner Glasscheibe (Panzerglas?) kein Deutsch, er schickte mich mit Handzeichen und mickrigem Englisch woanders hin. Zumindest verstand ich soviel, dass wir zu einem anderen Bahngleis müssten. Gesagt, getan, nur ein paar hundert Meter weiter versuchte Jola diesmal ihr Glück an einem Ticketverkaufsschalter, und hatte Erfolg, Fahrkarten ohne Zeitbeschränkung für ca. 21 €. Nun konnten wir uns der Erkundung der Stadt widmen. Die Information war schnell, nachdem wir den Dante-Platz durchschritten hatten, erreicht. Jola besorgte einen Stadtplan und ließ ihren Akku nebst Ladegerät dort.

Die historische und verkehrsberuhigte Altstadt schloss sich unmittelbar an. Marode Rückfronten konnten dem Charme der Stadt keinen Abbruch tun, hinzu kam das turbulente Treiben der Absolventen der Universität. Die Erfolgreichen zogen mit Siegeskranz auf dem Kopf, verkleidet als „was auch immer“ oder im kleinem Schwarzen / Anzug durch die Gassen, saßen in den Cafés bei Aperol oder anderen Getränken und feierten ihren Abschluss. Wir taumelten durch die Innenstadt, beeindruckt, von Fresken an Häusern, Figürchen hier und dort an alten Gebäuden, Türmchen und Kirchen und Tore. Geschäfte jeglicher Couleur, groß und klein in Manier eines Containers. Musik tönte vom Piazza Duomo, wo auf einem Laufsteg junge Mädels, äußerst hübsch anzusehen, ihren Auftritt probten.

Die Modells müssen männliche Fans gehabt haben, denn in den überwiegend noch leeren Sitzreihen saßen in zwei ganz vorne Jungs und spendeten enthusiastisch Beifall, wenn ein oder zwei attraktive Mädels die Hüften schwingend den Laufsteg beschritten.

Einen Kaffee tranken wir in einem Geschäft mit Kaffee und sonstigem Schnickschnack. Bei der Sorte „Kolumbien“ stand auf dem Sortenschild u.a. „woman“. Sollte das bedeuten, dieser Kaffee wäre für Frauen prädestiniert? Vier kleine Schokoladenstücke (zwei hell, zwei 75% Kakaoanteil) gesellten sich dazu und wurden verspeist.

Zu den Malereien und Fresken gefiel mir mein Schnappschuss dieses vor einem Haus dösenden Mannes ganz gut:

Der Charme rührte heute für mich wohl nicht nur von der gut erhaltenen Substanz der Gebäude her, vielmehr beeinflussten die hübschen Mädels auf dem Laufsteg (hier rechts) oder sonst wo in der Stadt augenscheinlich die Wahrnehmung eines alten Mannes.

Schönes Ambiente fanden wir auf dem Marsch zurück zur Touristen-Information im „Teatro Sociale“, allerdings blieb nicht viel Zeit, um sich näher umzuschauen. Nach zwei Stunden, mit einer Plastiktüte voll Brot und gebratener Aubergine, eilten wir der Touristeninformation entgegen, hasteten durch die Gassen, die Wahrzeichen ignorierend. Nur noch 9 Minuten bis zur Abfahrt um 18.54 Uhr. Jola musste noch „austreten“. Im Bahnhof die Aufschrift Verona – Bolzano über der Treppe zur Unterführung. Jola hatte resigniert, meinte „dann nehmen wir eben einen Zug später“. Dabei war noch genügend Zeit. Ich schleppte die Räder die Treppe – mangels entdecktem Aufzug – hinunter, las das Display der Fahrplanauskunft, Gleis 3!. Unten keine Nummer 3. Scheiße! stand als Aufschrei im Raume und das Wort strömte sogleich mehrfach aus meinem Munde. Wieder die Treppen hinauf, suchend den Hinweis auf Gleis 3 gesucht. Fragte eine junge Frau, die mich wieder nach unten winkte und mit ihrer Hand irgendwie „rechts“ zeigte. Jola verzweifelte „das schaffen wir nicht“. Ich entgegnete, der Zug sei noch gar nicht im Bahnhof eingefahren, und wir schleppten die Räder hinauf. Schweißgebadet hievten wir sie erst einmal in einen Waggon. Geschafft!

Nur standen die Räder eigentlich „im Weg“. Zum Glück deutete uns ein Schaffner an, im nächsten Radabteil seien die Räder besser untergebracht. Plumpsten in die Sitze, Jola sagte kein Wort, schonte ihre Nerven, ich wartete darauf, dass der Schweiß aufhörte, meinen Rücken herunter zu laufen. In Bozen gab es im Bahnhof immerhin Aufzüge, was uns den Transport der Räder erleichterte.

Auf dem letzten Watt im Akku erreichte ich die Anhöhe im Moritzinger Weg und trudelte ohne Elektrounterstützung um 20 Uhr zum Moosbauer hinunter.

Jola traf wenig später mit der Meldung ein, wir dürfen noch zwei Tage länger auf unserem Platz stehen.

28.09.2019 Samstag

Der zehrende Tag von gestern forderte ein verlängertes morgendliches Schlummern. Nachts überkam mich leichtes Strampeln in den Beinen, sie wollten wohl weiter in die Pedale treten. Geruhsames Angehen am Vormittag, um dann gegen 10.30 Uhr den Bozener Markt zu besuchen. Rund 15 Minuten brauchten wir mit dem Rad bis in die Freiheitsstraße. Die leichte Bewölkung erleichterte den Marsch durch die Standreihen. Ungebremst gab Jola ihrem Einkaufstrieb nach, Tomatenflocken, Käse, Honig, ein neuer Gürtel, Gemüse, ich fand bei den Backwaren meine Heimat, orderte Brötchen, Baguette und Vinschgauer. Für einen Mittagsschmaus stellte ich mich am Pollo-Stand an, zog eine Nummer (87), erschrak, als ich die aktuelle Bediennummer (40) sah, stand eine Zeit lang stoisch in der mittlerweile heftiger aufs schüttere Haupt brennenden Sonne. Lustig fand ich das Werbeschild am Stand: drei Verkäufer hinter drei aufrecht stehenden schwarzgefleckten Kühen mit der Aufschrift „eat more chicken“. Dem Hitzetod geweiht, wandte ich mich nach dem Aufblenden der Nummer 60 aus der Warteschleife ab, erinnerte mich an einen anderen Brathähnchenverkäufer am Ende des Marktes, zu dem wir uns dann schnellsten begaben. Für einen Euro (9 €) mehr erhielt ich sofort meine zwei halben Hähnchen.

Bevor wir uns jedoch um unsere Mittagsmahlzeit kümmerten, streifte ich mit Jola durch die Reihen mit Bekleidungs- und Accessoireartikel, leicht benebelt von den Ausdünstungen der Lederwaren, genervt von der Enge mit den schlendernden, dann wieder stehenbleibenden Besuchern, verabschiedete ich mich von Jola, strebte der Bar „Amba Alagi“ entgegen. Immerhin blieb mir so viel Zeit, die Menschen bei ihrem Fortkommen zu beobachten. So traf mein Blick einmal auf sehr stramme und muskulöse Waden einer kleinen Frau, die in ihrem kurzen Rock sehr sicher auf ihren High Heels durch die Gänge ein kurzes Stück vor mir her stöckelte und dann in der Menge verschwand.

Natürlich steuerten diese zentral gelegene Institution mehr Einkaufsmüde an, so war es nicht verwunderlich, dass kein „Platz an der Sonne“ frei war. Manchmal hilft tatsächlich geduldiges Warten, das diesmal kaum eine Minute dauerte und schon trat unerwartetes Glück aufs Trapez, zwei dickliche ältere Frauen mimten den „Aufstand“, was mich sofort zum „Wird hier frei?“ animierte. Ein Aperol Spritz stand schnell nach der Bestellung auf dem Tisch. Jola trottete nach wenigen Minuten heran, den neuen Gürtel im Gepäck.

Ein Abstecher zu Egger Ramer bescherte uns zwei Literflaschen Wein (weiß und rot) für je 4 Euro.

Wieder am WoMo zerfledderten wir den Mittagsimbiss, unsere halben Hähnchen. Nichts weiter gemacht, also nicht Rad gefahren, gewandert etc.

Gegen 18 Uhr betätigte ich mich für eine Viertelstunde im Schwimmbecken sportlich.

29.09.2019 Sonntag

Jola war umtriebig, hatte sich die Wanderung zum Noafer zum Ziel gesetzt und an der Rezeption nach dem Weg, der möglichen Dauer und der Mühe gefragt. Steil sei es und ca. 800 Höhenmeter zu bewältigen. Die „Chefin“ schaffe den Weg in 1 ¼ Stunden. Beim Noafer ließ es sich gut speisen. Das mit den 800 Höhenmetern hatte ich wohl falsch verstanden, deshalb willigte ich ein und wir marschierten ca. 10.30 Uhr los. Bis zum Einstieg, ein Stück den Moritzinger Weges entlang, benötigten wir lediglich 5 Minuten. Durch Reihen von Weinstöcken wohl gemütliche 300m, stießen wir auf ein offenes Metalltor, dessen Durchgang jedoch strengsten verboten war (weil er zum Schießplatz führte). Kein Zeichen und kein Schild wohin es nun weiter gehen sollte. Unser Leben wollten wir nicht aufs Spiel setzten, auch wenn keine Geräusche schießender Schützen zu hören war.

Umgekehrt, festgestellt, dass wir das hölzerne Schild vor der Kurve beim Betrachten der bläulichen Rebenvielfalt übersehen hatten.

Schwupps befanden wir uns auf einem Stein bewährten Pfad, der sich in Schlangenlinien den Hang hinaufzog, ohne dass ich dabei viel vom Bozener Panorama mitbekam. Ab und an ließ sich ein Blick ins Tal werfen und dabei sogar einen Teil des Campingplatzes sehen. Vor uns wanderten zwei einheimische Frauen, die wir aber bald aus dem Blickfeld verloren.

Nach zwanzig Minuten Kampf gegen die Schwerkraft durfte eine Verschnaufpause eingelegt werden.

An einem einsam gelegenen Haus verursachte mein erwanderter Vorsprung eine Irritation. Obwohl Jola mich aufwärts streben gesehen hatte, verlief sie sich und ich stand im Schatten einiger Bäume am Hang und wartete auf sie. Die Warterei nutzte ich, um mir aus dem losen Bruchholz einen Wanderstock zu rekrutieren. Den Griffbereich schnitzte ich mir glatt für einen besseren Halt.

Noafer schien aus einer Perspektive schon sichtbar, es war dann „Fehlalarm“. Aus einer halben Stunde Restzeit wurde fast eine, dann hörte ich Stimmen, sah parkende Fahrzeuge und klapperndes Geschirr. Noafer muss als Ausflugsziel für Einheimische eine beliebte Adresse gewesen sein, an fast allen Tischen saßen Menschen, meistens speisend. Draußen am letzten freien Tisch Platz genommen, zog es uns in unseren nassgeschwitzten Sachen schnell ins warme Innere des Gasthauses. Nette Bedienung, schneller Service, Essen in Ordnung, kein Highlight. Trotzdem bestellten wir Kaffee und Kuchen (erstmals Apfelstrudel für mich) zum Nachtisch. Eine Flasche Sauvignon vom Hof für 7,50 € wanderte als „Wackerstein“ zum Abschied in meinen Rucksack, verschaffte mir aber keine stärkere Bodenhaftung.

Kurz vor 14 Uhr marschierten wir weiter, Jola bestand darauf den Burgenweg nach Gries zu gehen, er sei weniger abschüssig als andere Strecken. Weg Nr. 9 war am Noafer nicht ausgeschildert, mussten im Gasthof nachfragen. Aus der ersten Kehre blickten wir über einen Hang auf eins der immer wieder mal in der Landschaft stehenden Architektenhäuser, diesmal mit viel Holz verkleidet.

Ein Stück Straße gewandert, dann den Weg Nr. 9 ins Tal, auf glattem Stein in steilen Lagen war mit meinem Wackelknie schlecht voranzukommen. So zog sich der Abstieg, und tatsächlich schwitzte ich fast mehr als bergauf. Einmal kam uns ein Mountainbiker in raschem Tempo bergauf entgegen, bedankte sich, dass wir ihm Platz machten. Zweimal rief Jola „jetzt sei es geschafft“ (gemeint war wohl der abschüssige Part), doch bis wir den Promenadenweg erreichten, bedurfte es noch etwas Geduld.

Wieder im Flachland, fanden wir keinen Anschluss an den Bus. Der, der gleich kommen sollte, fuhr lediglich bis zum Krankenhaus, der, der am Campingplatz halten sollte, stand nicht als Linie auf diesem Fahrplan. So marschierten wir leicht gequält den Moritzinger Weg bis zum Moosbauer zurück. Das reichte nun auch wirklich!

Jola nicht, sie schwamm sich die aufgestaute Hitze aus dem Leib.