26.09.2023 Dienstag
Fast perfektes Timing, Abfahrt gegen 09.45 Uhr bei schönstem Herbstwetter. Ärgerlich, gleich die Auffahrt auf die A20 Richtung Rostock gesperrt, Umleitung über Groß Grönau zur Anschlussstelle Groß Sarau. Total entspanntes Fahren, keine Staus, kaum eine Baustelle. Einziger Aufreger war, die Anzeige im Display mahnte das Nachfüllen von Ad Blue an. Nach 3,5 Stunden standen wir um 13.30 Uhr vor der verschlossenen Schranke des Campingplatzes Riegelspitze in Werder (Havel). Pausenbrote geschmiert und an den angrenzenden Teich auf im verrotten befindliche Baumstämme gesetzt.
Marsch zu den Sanitäranlagen, alte Gebäude versprühten DDR-Charme, innen alles tippitoppi. Auf einem Tisch lagen Gedenkschriften „60 Jahre Blütencamping Riegelspitze“, interessanter Werdegang.
Auf die Sekunde um 14 Uhr öffnete die Rezeption, wir die einzigen Wartenden. Nicht gerade billig der Platz für Nachsaison. Gleich neben der Rezeption auf der „grünen Wiese“ eingeparkt. Erste Maßnahme, Ad Blue nachgefüllt.

Mittlerweile zeigte das Thermometer im Auto 30° Außentemperatur an, d.h., erst einmal Kleidung wechseln, kurze Hose, helles Hemd. Plan war, auf die Insel Werder zu fahren, in der Kaffee-Rösterei einzukehren. Viel Kopfsteinpflaster beeinflusste das unbeschwerte Fortkommen. Jola gleich beim Bäcker Brötchen „nach alter Art“ erstanden, könnten ja eventuell später ausverkauft sein. Rundfahrt um die Insel, „Kontrolle“, ob noch alles so ist, wie wir es im letzten Jahr verlassen hatten. Das Künstlerboot lag jedenfalls noch fotogen im Wasser.

Kirche, Mühle, Fisch-Restaurant Arielle, Hotel Alte-Überfahrt, alles noch da. Ohne Einhaltung der geografischen Reihenfolge hier ein Foto gleich hinter dem Friedhof in der Fischerstraße von einem Steinzaun gemacht. So leer, wie es auf dem Foto scheint, war es bei weitem nicht in Werder.

Beim Italiener „Al Lago“ die Terrassenplätze gefüllt. Bald gelangten wir Am Markt zur Kaffee-Rösterei. Eine nur Englisch sprechende ältere Dame füllte stoisch eine Tüte nach der anderen mit frisch geröstetem Kaffee ab und sortierte sie in Regalfächer ein. Neben Kaffee und Tee empfahl sich das Gebäude mit einer Galerie, bzw. hingen überall Kunstwerke an den Wänden, selbst im Büro. An einem der Nebentische lauschten wir ungewollt einem Mann, der einem blondgelocktem Mädchen Nachhilfe in den Grundrechenarten gab.


Nach Kuchenverzehr (Rhabarber) dann noch Räucherfisch erworben und ab ging es, erstes Südtirol-Feeling atmen. Der Weinberg mit der havelschen Straußenwirtschaft ward gesucht. Fuhren den Panorama-Obstweg, leider falsche Richtung. Aber wir hatten ja Zeit, die Sonne schien, alles gut. Am Wachtelberg, jetzt kam bei Jola die Erinnerung, zielgerichtet durch ein modernes Wohnviertel den Weinberg hinauf, vorbei an der Heimstatt einer Adventsgemeinde landeten wir inmitten von Weinbergen. Geräuschvolles Gemurmel drang von vollbesetzten Bänken a la Bierzeltgarnitur herauf zum Parkplatz. Ein Rosé und ein Sauvignon genehmigten wir uns vom Weingut Dr. Lindicke.

Wer etwas über den Begriff „Tiene“ nachlesen möchte, hier hat man die Möglichkeit:

Der Liebe wegen, ein Abstecher zu Edeka, der Liebe zu Jola, die war hier gemeint.
Ich wartete draußen, soziales wie anthropologisches Studienfeld vor dem Eingangsbereich und auf dem Parkplatz. Farbgestaltung der Haarpracht, freudiges Zeigen nackten speckigen Bauches, Rauchen, Trinken aus 1,5 Liter Plastikflaschen, billigste cereale Nahrungsmittel schleppten Menschen aus dem Inneren von Frau Schneiders Edeka. Dabei ist Werder eigentlich ein so vielschichtiger Ort mit wunderbaren Wohnlagen, Sehenswürdigkeiten, viel Wasser usw. Hätte es nicht „bessere“ Menschen verdient?
Heimfahrt.
27.09.2023 Mittwoch
Ein leichtes Rot, erzeugt von der aufgehenden Sonnen, färbte gegen 7 Uhr den Himmel über der Baumgrenze, fahles Licht fiel auf das feuchte Gras der Wiese. Noch kein Mensch unterwegs auf dem Campingplatz. Brötchenduft stieg auf dem Weg zum Sanitärgebäude in die Nase, Verkauf an jedermann ohne Vorbestellung stand draußen an der Eingangstür, verlockend, aber wir hatten uns ja gestern eingedeckt.
Jola fand nachts keinen Schlaf, erzählte sie morgens übermüdet, Grund sei der getrunkene Fruchtsaft (?). Ansonsten alles paletti und um 09.45 Uhr verließen wir die Riegelspitze Richtung Süden. 424 Kilometer wollte ich zurücklegen, möglichst hemmungslos vorankommen, war die stille Devise. Leider etwas zu optimistisch das Gedankenspiel, die Strecke fiel teils der deutschen Baustellenmanie auf den Autobahnen zum Opfer, immerhin kam man meistens mit 80 Km/h voran. In Dessau-Ost abgefahren, getankt, nicht nur Diesel, auch Ad Blue konnte ich in meinen leeren Kanister günstig nachfüllen. Zudem mal eine aufgeschlossene Mitarbeiterin an der Kasse, die ohne Hemmung nach dem Reiseziel fragte und dann kommentierte, sie führe ebenfalls ab morgen „irgendwohin“, egal, eben ohne Ziel, und wünschte eine „Gute Weiterfahrt“. Nach und nach arbeitete ich die Ost-Bundesländer ab, nach Brandenburg und Sachsen-Anhalt kam Sachsen mit Leipzig, von wo aus wir nach Thüringen vorstießen und es kurviger und hügeliger wurde. Diverse Schilder wiesen auf verschiedene „Rennsteige“ hin, bei „Saale-Unstrut“ dämmerte mir, hier einen Wein aus dieser Region getrunken zu haben, der allerdings nicht schmeckte. Und ich mich – rufschädigendschonend – auch nicht an das Weingut und den Markennamen erinnerte.
Bayern rückte näher, um Hof herum. Eine Ausschilderung „Rehau – eine bayrische Modellstadt -“ setzte sofort vor dem inneren Auge eine schachbrettartig geplante Stadt in Szene, und tatsächlich findet man zu dem Ort ein solches Szenarium aus dem Zeitraum von 1817 bis 1824, als fast alles durch einen Brand zerstört worden war.
Schwandorf, unser heutiges Ziel nun noch knapp 125 km entfernt, Endspurt.
Navigieren ließ ich mich zu einem Bauernhof mit Hofladen, Adresse entnommen aus „Landvergnügen 2019“, dummerweise lag der etwas außerhalb und wirkte nicht sooo einladend.
Ein kostenfreier Stellplatz an der Festwiese mitten im Zentrum von Schwandorf, das passte dann gut. An dieser Adresse schienen etliche andere Wohnmobilisten ebenfalls Gefallen gefunden zu haben, alle Plätze mit Stromanschluss besetzt, wir fanden ein freies Plätzchen direkt an der Naab, allerdings neben einem parkenden LKW mit laufendem Motor (Standheizung?), in der Hoffnung, der würde abends den Platz verlassen haben.
Immer noch 25° und volle Sonne. Kurze Anfahrt zum Marktplatz, den Braugasthof nicht gefunden, selbst Einheimische zuckten bei der Frage mit den Schultern.
Räder geparkt und fußläufig den Stadtkern erobert, dies mit Hilfe eines Prospektes „Stadtrundgang“, in dem alle Sehenswürdigkeiten gelistet waren. Das örtliche Brauhaus öffnete erst um 17 Uhr, die Turmuhr zeigte 16.30 Uhr. Zeit, Punkte aus dem Rundgang „abzuarbeiten“. Dabei bot Schwandorf als Stadt mit rund 29.000 Einwohnern ein ansehnliches Stadtbild. Was sahen wir? Die Pfarrkirche St. Jacob, den Gedenkstein für Adolph Kolping, den Gasthof zur Post (verfallen), die Hufschmiede (1965 beendete der letzte Hufschmied hier seine Karriere, jetzt Weinwirtschaft), den Stadtpark (mit Biergarten, endlich eine Erfrischung für uns!) und die Wasserräder am Stettnerplatz.
Aus dem Biergarten ein Selfie:

Eltern konnten sich hier „vergnügen“ oder im angrenzenden Spielplatz ihre Kleinen bespaßen.

17 Uhr knapp vorbei, also Aufbruch zum Braugasthof.
Die Wasserräder:

Hier herum lag einst die Keimzelle dieser Stadt, wo die Naab sich quasi dreiteilt und man im Mittelalter durch eine Furt das Wasser leicht überqueren konnte. Außerdem siedelten sich hier Müller in nicht unbedeutender Zahl an. Die letzte Mühle stellte ihren Betrieb 1970 ein.
Das Braugasthaus erwies sich als vordergründig „bayrisch“ (die Servicekräfte artikulierten sich im typischen Dialekt), speisekartentechnisch hingegen „kroatisch“. Uns war’s egal, Grillteller oder ähnliche Anhäufungen von Fleisch und Pommes wurden bestellt. Das zweite Bier (Achtung: der Halbe Liter für weit unter 4 €!!) beseelte uns und rundete den späten Nachmittag zunächst ab. Auf die Führung durch das Felsenkeller-Labyrinth um 18 Uhr hatte wir zugunsten von Speis und Trank verzichtet.
Eine Herausforderung mutete ich Jola gegen 18.30 Uhr dann noch zu, die Besteigung des Schwammerling, ein Aussichtspunkt, von dem man einen schönen Blick auf die Stadt haben sollte. Mit „300m“ war die Strecke ausgeschildert, da ließen wir die Räder doch stehen (ohnehin war im Prospekt von einem „steilen“ Anstieg geschrieben). Nun, so kam es denn auch, hinter der Kirche über die Straße und schwupps klappten die Zehen gegen die Schienbeine, so steil wurde es, zum Glück nur 50m, dann durfte man Treppen steigen. Jola tat sich nach hälftiger Strecke ausruhen und verzichtete auf die restliche Besteigung.
Mit dem Zücken der Kamera versank die Sonne hinter dem Horizont, was mich um den berühmten Sonnenuntergang, gebannt auf Zelluloid (ha, ha ha!), brachte.




Schaut man genauer hin, so entdeckt man Jola auf dem letzten Bild ganz oben auf einer Bank sitzen.
So, das war’s denn auch aus Schwandorf. Ach ja, der lärmenden LKW zog nach unserer Ankunft am WoMo von dannen. Die Frau holte verpassten Schlaf nach.
28.09.2023 Donnerstag
Frühnebel lag über der Naab und dem Festplatz. Schneller Aufbruch, noch vor 9 Uhr waren wir unterwegs, gleich in Schwandorf die Umleitung. Mit Umleitungen lebte es sich heute gut, Unfälle, Straßensperren, die Stimme des Navi riet uns zu einer alternativen Routen, Ersparnis 24 Minuten, wer’s glaubt wird selig! Nach Regensburg gurkten wir bis fast nach Landshut, kilometerlang hinter einem Laster her, der gelb blinkend signalisierte „Überbreite“ und mit 60 Km/h dahinzuckelte, die restliche Strecke, nur noch eine Ahnung, jedenfalls durch München, Abfahrt „Laim“ Richtung Garmisch. Und Baustellen, ich vergaß sie zu zählen, vor Murnau, unser Ziel für heute, wieder eine Straßensperre und Umleitung. So erreichten wir den Campingplatz Burg auf der Halbinsel in Seehausen um 13.05 Uhr. Gerade noch rechtzeitig, denn ab 13 Uhr wäre Mittagspause, um den Mann in der Rezeption dazu zu bewegen, die Tür kurz zu öffnen und uns freie Platzwahl zuzustehen. Die Wahl fiel uns leicht….


Eigentlich müsste ich „hitzefrei“ in Anspruch nehmen, doch die Arbeit rief, Aufbau und Installation. Gut zu wissen, dass vor Ort eine Speisewirtschaft ansässig war, die schmackhaftes Essen anbot. Hier aßen nicht nur Campingplatzgäste. Fleißige Servicekräfte im Einsatz, so dauerte es nicht lange, bis Getränke und Essen (u.a. eine gebratene Renke) auf dem Tisch standen. Nachdem die Temperatur ihren Höchststand überschritten hatte, fuhren wir nach Murnau. Auf den Grünflächen vor den Badestellen lagen leichtbekleidete Menschen, gebadet wurde eher wenig.
Belebte Fußgängerzone, Spaziergang, erst Richtung Obermarkt, Woll-Socken bei einem Reformhaus viel günstiger als in Lübeck gekauft, bei Krönner (das Café am Platze) volles Haus, aber wir schlenderten weiter und fanden mit Café Herzstück ein kleines, nicht so überlaufenes Lokal mit leckeren Kuchensorten. Gegenüber das dominante Brauhaus Gries…. Vielleicht dort später Einkehr auf ein frisch gezapftes kühles Bier.

Originell fand ich in einem der wenigen leerstehenden Geschäfte, hier als Galerie genutzt, den Spruch am unteren Fensterrand….

Wir fanden die Hofpfisterei, wo ich ein Viertel Brot nach Gewicht kaufte.
In der Ferne lockten die Alpen…

Was mit dem Rest des Tages machen? Umrundung des Staffelsees oder des kleineren Riegsees? Über Froschhausen nach Riegsee (Ort), die Umgebung wie eine Miniaturausgabe von Landschaften der Märklin-Eisenbahn. Gerieten auf dem Campingplatz auf einen Weg, der direkt als Wanderweg am See entlang führte, an einem Zaun aber endete, weil kein Durchkommen mit Rädern. Auf einer Wiese dieses Geschöpf… Trug es eine Maske?, wurde es angemalt?

Umrundung des Sees, ….

….von tagsüber ausgestrahlter Hitze keine Spur mehr, trotz Sonne frischer Fahrtwind, der zu stark kühlte. 18.45 Uhr Rückkehr am WoMo.