17.06.2022 Freitag
Jola gehörte wieder einmal zu den Frühaufsteherinnen, mit dem Rad zum Bäcker gefahren. Ich wusch mir unterdessen unter dem Trinkwasserschlauch schnell und ohne Zeugen die Haare. Warum es so lange mit dem Brötchen holen dauerte, erfuhr ich erst nach der Rückkehr, der Tisch war jedenfalls gedeckt. Der Bäcker öffnete erst um 8 Uhr, der Fischmarkt sogar erst um 10 Uhr, so kommentierte sie die späte Heimkehr. Gingen hier die Uhren anders? Noch einmal den Sonnenschein beim Frühstück draußen genossen. Wir wollten es kaum glauben, dass es heute noch regnen sollte.
Aufbruch auf Jolas vorgeschlagener Route. Erstes Ziel war, zur 41 zu gelangen, die dann am Nissesee entlang führen würde. Endlos erscheinende, kurvenreiche schmale Straßen zunächst, dann abschnittsweise besseres Fahren auf der 41, die im Mittelteil diverse Baustellen mit Ampeln aufwies. Vonnöten die Sanierungsarbeiten, denn hier holperte das WoMo über Schlaglöcher oder Beulen im Asphalt und schaukelte hin und her. Links ständig der See, auf dem Wasser im ufernahen Bereich sich ein beigefarbener Schleim abzeichnete, der Wasserstand schien leicht niedriger als normal zu sein. Einige Campingplätze, wenig interessante Lagen. Grauer Fels, dunkle Wälder, vereinzelt bewohnte Flächen. In Vrådal den Campingplatz übersehen, deshalb aus dem Ort hinausgefahren, ich wollte erst gar nicht anhalten, Jola wünschte Umkehr. Trafen einen Mann auf dem Gelände, der uns freie Platzwahl ließ. Blieben oberhalb auf einer großzügigen Rasenfläche mit Seeblick stehen. Bald begann es vereinzelt zu tröpfeln, später regnete es in Maßen. Jola beschäftigte sich mit dem Verbrauch diverser Lebensmittelreste, die sie kreativ zu einer Rühreipfanne mit Shrimps und Würstchenresten verarbeitete.
Nachmittags dann Dauerregen, der Jola schnell zur Rückkehr von ihrem Ausflug zum Tourist-Info bewegte.
Mit dem Regen arrangierten wir uns für den Rest des Tages zwangsläufig. Jola nutzte die Zeit, um ihre Reisenotizen zu vervollständigen. Einzige Gäste bei uns waren Elstern, einige turnten davon auf dem WoMo herum. Elstern gab es in den von uns besuchten Gegenden insgesamt reichlich, scheinbar eine dominante Vogelart ohne größere Fressfeinde. Die große aufgeblasene Hüpfburg auf der Rasenfläche war mittlerweile auf eine verschrumpelte Plane reduziert.
18.06.2022 Samstag
Morgens gegen 04.30 Uhr aushäusig ausgetreten. Wetter hatte sich beruhigt, Foto von niedrig über dem Wald dahinziehenden Wolken gemacht. Die Sanitäranlagen durften als rustikal bezeichnet werden, ebenso sämtliche Beschilderung. Einfache Metallbügel zum Verschließen der Tür, Plastikvorhänge an dicken blauen Segeltauen, die Kabine für Menschen mit Beeinträchtigungen wäre bei einer Abnahme sicher durchgefallen. Haare waschen unter dem Wasserhahn am Becken, danach kalt geduscht. Die Sonne kehrte aus ihrer eintägigen Abwesenheit zurück, kurz nach 9 Uhr verließen wir den Platz, Jola hatte 350 Kronen für die Übernachtung beglichen. Ziel war zunächst der Ort Tuddal. Er wurde gewählt, weil wir vorhatten, den Gaustatoppen zu erobern. Bei Kviteseid den Telemarkkanal überquert. Die Qualität der Straßen nahm beständig ab, Unebenheiten ließen das WoMo das eine oder andere Mal ziemlich schaukeln und manches Schlagloch spürte man nur dank der guten Federung nicht allzu sehr.
In Seljord beim Bäcker angehalten, Brot gekauft. Nett aussehendes Hotel aus der Zeit um 1860 gegenüber.
Wollten Geld abheben, der Automat bei der Sparkasse im Ort war mit Panzerband zugeklebt. Enge kurvenreiche Strecke mit Anstiegen standen nun bevor. Zum Glück fuhren auf den letzten 25 Km bis Tuddal kaum Fahrzeuge auf der 431 (?). Die Rezeption war geschlossen, man sollte sich einen Platz auswählen, was wir taten, standen direkt am See. Jola gab zu bedenken, falls wir auf den Berg wollten, sollten wir in die Nähe der Bergbahn fahren, bis dahin sei es noch ein gutes Stück zu fahren. Also wieder losgefahren, an den horizontalen Rändern jetzt mehr dunkle hohe bewaldete Berghänge, irgendwann tauchte dann der mit etwas Schnee bedeckte Gipfel vom Gaustatoppen auf. Erste geparkte Fahrzeuge am Wegesrand, marschierenden Wanderer als dunkle Punkte zwischen Geröll und niedrigem Bewuchs. Am zentralen Startpunkt für die Besteigung zu Fuß sollte man 150 Kronen bezahlen, je Tour bräuchte man gut 3 Stunden. Viele jüngere Leute, Pärchen, Familien mit Kleinkindern machten sich in zeitgemäßer Outdoorkleidung auf den Weg. Kalter Wind pfiff hier so stark, riss Jola die Beifahrertür aus der Hand. Wir erhielten die Auskunft, es gäbe einen weiteren Parkplatz direkt an der Talstation in ca. 3 Km Entfernung. Dort schimmerten schon von Weitem die Aufbauten diverser weißer Wohnmobile auf einer Anhöhe. Eng war es hier, uns signalisierte ein Mann „Abfahrt“, verließ mit seinem WoMo nach ein paar Minuten das Gelände, das passte ja super. Kleidung für entsprechende Tour angezogen. Wanderstock mitgenommen. Kurzer Anstieg zur Bergbahn auf dem Fahrweg, Jola verschwand gleich in der Boutique, ehe ich mich versah, hatte sie schon Tickets für Hin- und Rückfahrt gekauft. Damit war meine Überlegung, eine Tour zu Fuß zurückzulegen, passé. Warten mussten wir auf die Auffahrt nur einige Minuten, durften gleich in die nächste Bahn einsteigen.
Zwei bunte eiserne Waggons erwarteten ihre Fracht, rund 20 Menschen boten die Kabinen Mitfahrgelegenheit. Wasser floss im Schienenbett bei leichtem Gefälle herunter.
Es ruckelte und los ging die Fahrt bis zur Zwischenstation, wo wir umsteigen mussten. Diesmal vier Kabinen, die hintereinander fast senkrecht, leicht versetzt standen. Das Personal mit wichtiger Funktion, die Türen schließen. Fast lichtlos zuckelte und ruckelte das Transportgerät durch den Stollen mit seiner Fracht den Berg bis auf 1.800 m hinauf. Meine Videoaufzeichnung konnte ich schnell vergessen, im Bild sah man meist nur Schwarzes mit ein paar Lichtblitzen. Bei Ankunft beraubte ich dem Personal durch mein vorschnelles Türöffnen deren Haupttätigkeit, trotzdem lächelte die junge Frau freundlich und bat, auszusteigen. Die Passagiere verließen durch einen langen Gang den Tunnelbereich, Bierzeltbänke, Tische und Stühle standen verwaist herum, wahrscheinlich für Zeiten mit höherem Menschenandrang, um die Wartezeit auf die nächste Abfahrt zu überbrücken.
Draußen blendete zunächst die Sonne, die noch nicht von den aufziehenden Wolken verdeckt war. Geblendet wurde ich auch durch die geballte Kraft der Outdooraktivisten, die wie an einer Perlenkette den Wanderpfad heraufstiegen oder sich bereits hier auf der Plattform aufhielten. Erkennbar die, die den Fußmarsch auf sich genommen hatten, daran, dass Schweiß auf der Stirn glänzte oder nasse Kleidung von der Anstrengung zeugten. Bunt war angesagt, viele Mädels dabei, Hunde durften natürlich ebenfalls nicht fehlen. Ein Mann erhitzte mit einem kleinen Gaskocher eine Blechdose (Jola meinte, es sei eine Waffel darin). Selfiestangen kamen des öfteren für die obligatorischen Erinnerungsfotos zum Einsatz. Hier machte Jola eins von mir an der Hütte. Gegessen wurde ebenfalls viel, Mitgebrachtes aus Plastikdosen oder Originalverpackungen, Im Restaurant wuselige Überfüllung, gleich eine Kehrtwende gemacht. Frauen entkleideten sich freizügig, wechselten durchschwitzte Oberteile. Wir erklommen die letzten rund 80 Meter bis zum Funkmast, wo ebenfalls Menschen aßen, knipsten, schauten, einige marschierten über einen längeren Grat weiter zu einem Gipfelkreuz. Nun verspeisten wir unsere mitgebrachten Zimtbrötchen. Wolken verhinderten die in den Reiseführern angekündigte Weitsicht bis nach Schweden.
Trotzdem war die Aussicht überwältigend, wie Aufnahmen von einer Drohne sah man das durchlöcherte Land mit seinen Wasserstellen und Wäldern. Wieviel Natur und wie wenig Mensch, und doch droht er ihr zum Verhängnis zu werden.
Eine Frau lichtete uns zusammen ab.
Wir machten uns auf den Weg zur Talfahrt. Waren die ersten an der Schranke. Saßen zusammen mit drei jungen Frauen, eine offensichtlich asiatischen Ursprungs, und einem jungen Mann in der Kabine, die drei Mädels schwatzten auf norwegisch unentwegt, lachten nach jedem Satz kichernd. Diesmal war ich artig und überließ dem Personal das Türen schließen. Wieder ruckelte die Bahn, scheinbar bergab auch nicht schneller als bergauf. Unten besprachen wir, wohin es nun gehen sollte. Nach Rjukan seien es noch knapp 9 Kilometer, zurück nach Tuddal kurvenreiche 16. Da wir ohnehin vorhatten, morgen weiter nach Geilo zu fahren, beschlossen wir, nach Rjukan zu fahren.
Der Platz lag etwas außerhalb, war unparzelliertes Rasengelände mit einem Hüttenbereich. Eine Kolonie Holländer hatte sich am Rand ausgebreitet. Ich rangierte, prüfte die Antenne, kein Empfang, was nicht am Standort lag, sondern an den hohen Berghängen rundherum. Radtour nach Rjukan. Erst Kilometer Straßenfahrt, dann zog sich der Ort, wenig ansprechend, fand Jola.
Ich wollte schon umkehren, dann doch noch an der Kirche vorbei und wir waren im eigentlichen Zentrum mit zwei Rathaushälften, dazwischen hölzerne Liegebänke, Wasserspiele und Blick auf das monumentale Kraftwerk. Schautafeln erzählten vom Bau von drei Sonnenspiegeln hoch oben auf einem der Berghänge, errichtet für mehrere Millionen Kronen dafür, dass der Platz zu bestimmten Zeiten um einige Grad erwärmt wird. Von einer anderen erfuhr ich, dass Rjukan als Ort vom Reißbrett aus entstanden war, die Industrialisierung erforderte die Ansiedlung von rund 10.000 Menschen. Die Gründung datierten auf den 04.07.1907, konnte ich mit der Information Jola erfreuen, immerhin ihr Geburtstag.
Wir wollten noch zum Kraftwerk Såheim, fanden den Weg nicht gleich. Kein Besuch mehr, ohnehin war nicht ersichtlich, ob das Gebäude geöffnet und zugänglich war.
Danach Rückfahrt auf Nebenstrecke, die fast autofrei gefahren werden konnte. Erfreulicher Nebeneffekt jetzt, Rückenwind erleichterte das Vorankommen. Auf der Herfahrt hatte mich der Gegenwind fast in den Wahnsinn getrieben, bergab strampeln und trotzdem nicht voranzukommen, dass war ein Ärgernis hoch Drei.
Jola hatte wohl die Bergluft dahingerafft, verschwand schon recht früh im Bett. Ich schrieb später meine Reisenotizen, sah dabei ein Video von Loriot.
19.06.2022 Sonntag
Morgens, es war 8 Uhr, als erstes einen gestern nicht mehr gesehenen Reisebus wahrgenommen, kaum zu übersehen in seiner Farbenfröhlichkeit und Größe.
Die Gäste schliefen oben unter der gelben Plane und mussten auf den Leitern zurück auf Mutter Erdes Boden klettern.
Aufbruch kurz nach 10 Uhr, verzögert, weil wir die Chemietoilette zur Entsorgung zuerst nicht fanden.
Lange Zeit war ich der einsame Cowboy auf der Landstraße, weniger als eine Handvoll Fahrzeuge kamen mir entgegen. Abwechslungsreiche Landschaft mit mehrmaligen Steigungen und Gefälle von 6% bis 7% und daraus folgend etliche Serpentinen. Motorradfahrer dagegen viele unterwegs. Bergspitzen in der Ferne schneebedeckt. Ein Massiv sah aus wie der australische Eyers-Rock. Vermutlich handelte es sich um den Prestholtskarvet mit 1859m Höhe nahe bei Geilo.
Jola knipste fleißig Landschaft und Getier. Einmal kreuzte eine Horde Schafe unerschrocken die Straße, eins der Erwachsenen schaute, als wenn es wüsste, was Autos wären.
Je näher man Geilo kam, je bebauter war die auf den Hochebenen meist karge Landschaft mit Ferienhäusern (Hytter), meist in dunklen Farben gehalten (damit man im Winter sein gemieteten Heim nach dem Skifahren wiederfindet). Oft ökologisch mit Grasdächern bestückt. Ein Teil der Hochlandstrecke vermittelte kurz das Gefühl, auf einem amerikanischen Überland-Highway zu fahren, andere Fahrzeuge hätte ich schon kilometerweit im Voraus gesehen. Jola berichtete nach einer Außenaufnahme von einer ungewöhnlichen Stille.
Die wesentlichen Merkpunkte an der Strecke waren
- Tinnsjø (links herum umfahren)
- bei Austbygde links auf die 2814#
- Sønstevann (See, linke Seite)
- Uvdalsåe (Gewässer)
- Vasstulan 1.100 m
- Torsetvatnet (See, rechte Seite)
- Ånetvatnet (See, linke Seite)
- Numedalslågen (Gewässer)
- Holmevannet (Gewässer) (übers Wasser) links herum am
- Skurdalsfjorden vorbei
Zwischendurch tröpfelte es kurzzeitig vom Himmel, Jola merkte dazu an, ihre Wetter-App hätte 60% Regenwahrscheinlichkeit für den Nachmittag angezeigt. Nach „Kikut“ zierten die meisten Hänge dunkle Fäden aus Stahl, herrührend von Seilbahnen oder Liften, später unschöne braune Flächen zwischen dem Grün der Wälder, die abgefahrenen Pisten des letzten Winters hatten deutlich ihre Spuren hinterlassen.
Rechts ein Kartenausschnitt der letzten 5 Km der rund 123 zurückgelegten Kilometer bis zum Campingplatz in Geilo.
Jola war sofort begeistert, trotz der 400 Kronen, die eine Übernachtung kostete. „Alles drin, da kann man doch nichts sagen“, kommentierte sie den Preis. Kleines Areal für Wohnmobile zwischen lauter Hütten, in der Mitte zierte ein überdachter Platz Elektrogeräte, quasi eine Outdoor-Küche. Platz 9, geteerter Untergrund mit verbrannt aussehendem Rasenstück anbei. Mittagszeit, da kam es uns zupass, dass noch Reste des gestrigen Nudelgerichtes vorhanden waren. Jola benutzte zum Aufwärmen gleich die Outdoor-Küche. Danach den Lageplan studiert, Radwege bestanden hier zum Teil aus den Sommer-Loipen. Tour ins Zentrum, das mit seinen vielen Hotels, Restaurants, Geschäften und Hinweisen auf Aktivitätsmöglichkeiten mich ein bisschen an Crans Montana erinnerte. Die Geschäfte und Restaurants meist geschlossen, Hotels schienen ebenfalls wenig frequentiert. Die Bahnstation, kein Zug kam während wir uns hier aufhielten. Die Tourist-Info am Sonntag natürlich geschlossen.
Um die Ecke ein Friedhof mit typischer Bauart norwegischer Kirchen. Jola rollerte ein Stück leere Straßen entlang, wir sahen Schilder mit Hinweisen auf Wander- und Radtouren, erfuhren, wie man den See Ustedalsfjorden auf dem gut 11 Km langen Rundkurs umfahren konnte oder zum Prestholtskarvet hinaufgelangen würde. Mittlerweile machte mir in der kurzen Hose die frische Temperatur ein wenig zu schaffen, freute mich deshalb auf eine baldige Rückkehr zum WoMo und eine heiße Tasse Kaffee. Der Hund der Platznachbarn (Norweger) erschien an langer Leine neugierig, wurde sogleich vom Herrchen gebändigt und zurückgezogen. Reisenotizen wurden geschrieben. Gegen 16.30 Uhr kurzer Schauer. Abendspaziergang hinter dem Campingplatz auf dem ausgeschilderten Radweg mit den Nummern 4 und 5. Teils Gewerbe, teils landwirtschaftliche Nutzfläche, in einiger Entfernung rauschte ein Bach durch sein Bett. Jolas Glaube, dieser begangene Weg würde ins Zentrum führen konnte erst später entkräftet werden. Wir gelangten über Gitterroste an eine Brücke, auf der Wiese glotzten uns interessiert Schafe an, ein schwarzes Lamm gehörte zur Herde. Aufgeschreckt durch unser Kommen, stoben sie vom Zaun weg. Einige Tiere schienen ausgebüxt zu sein, standen auf dem Weg herum oder lagen am Fahrbahnrand. Noch bis zur Wegbiegung, dann kehrten wir um.
20.06.2022 Montag
Die versprochene Sonne wurde geliefert. Jola schon mit dem Abwasch kurz nach 6 Uhr unterwegs, saß und las in dem Buch von Thea Dorn. Ich testete die Dusche, irritiert durch den Automaten mit grünem Licht, dachte ich, nun würde „Duschen“ doch etwas kosten, aber die Sorge war umsonst, warmes Wasser war gratis.
Frühstück im WoMo. Schon kurz vor 9 Uhr radelten wir, jetzt auf dem „richtigen“ Weg hinten um den Campingplatz, erst musste ein Baggerfahrer seine Arbeit an der Straße für uns unterbrechen und die Durchfahrt für uns freimachen, dann etliche recht neu aussehende Häuser, am Kindergarten vorbei, gelangten wir wieder ins Zentrum. Die Information hatte noch geschlossen, ich hob von einem Bankautomaten 2.000 Kronen ab, etwas Bargeld in der Tasche zu haben, konnte ja nichts schaden. Jola besorgte zwei Broschüren. Dann den Rundweg um Ustedalsfjorden gesucht. Auf dem Weg die Kulturkirche gesehen, auffälliges Bauwerk. Etwas von der eigentlichen Route abgekommen. Landeten im Vestlia Resort, von wo aus wir durch hoppelige Golfbahnen auf den eigentlichen Radrundweg gelangten. Ab und an Schautafeln u.a. in Englisch. Recht frischer Wind wehte zu dieser Uhrzeit uns entgegen.
Sehr auffällig fand ich dann den Troll am Wegesrand. Eigentlich war der Weg gut zu fahren, leichtes Auf und Ab schafften neben den Ausblicken auf den See und die umgebende Landschaft Abwechslung.
Eine Brücke, ein rauschenden Bach, herabschießenden Wasser über felsigen Untergrund, das lockte zu einer kleinen Kletterpartie ans Ufer hinunter. Die Brücke hatte einen Namen „Tuftebrui“, sie wurde 1990 erneuert, das Original war baufällig geworden.
Folgten den Holzschildern, die die Rundtour kennzeichneten. Landeten an der Hauptstraße, untertunnelt, Jola suchte eine Badestelle, die nicht gefunden wurde.
Dafür entdeckten wir eine Ansammlung historischen Gebäude aus längst vergangener Zeit, die hier zur Schau gestellt waren. Nun stand noch der Besuch der anfänglich gesehenen Kulturkirche an. Unterführungen erleichterten in Norwegen sehr oft das Überqueren von viel befahrenen Straßen. Obwohl, bisher stellten sich die norwegischen Autofahrer als höchst rücksichtsvolle Verkehrsteilnehmer heraus, insbesondere gegenüber Radfahrern.
Imposantes Gebäude, diese Kirche. Hier die hintere Ansicht, die Holzverkleidung hier hell, eventuell erst vor einiger Zeit erneuert, vorne sah sie ganz schwarz aus. Innen typisches nordisches Styling, Holztreppen führte zu einer Ausstellungsfläche im 1. Stock. Verglaste Flächen spendeten viel Licht, einige gelungene Werke hingen an den Wänden. Eine Installation war so vor einer Fensterfront aufgestellt, dass der Lichteinfall durch die Scheiben in einer Pappkartonwand bunte Effekte erzeugte.
Eine ältere Dame kam herauf, sprach auf Englisch mich an, ob ich Kaffee und Waffeln wünschte. Später, vielleicht, erwiderte ich. Unten ein Café, es saßen dort ukrainische Flüchtlinge, die hier Norwegisch lernten, so die ehrenamtliche Mitarbeiterin. Nach dem Rundgang bestellten wir Kaffee und auch Waffeln, die die ältere Dame frisch zubereitete. Dazu bot sie auf einem Tablett zwei Sorten Marmelade an.
Betrat die eigentliche Kirche über einen Durchgang. Schlicht, Jesus als kunstgestaltete Metallfigur auf halber Höhe an der Wand, die von einer bunten Fensterfront geteilt wurde. Linker Hand eine Orgel, deren Gestaltung der hölzernen Deckenverkleidung im Halbschatten ähnelte. Lichteffekte warfen Buntes auf den Orgelkörper, interessantes Farbspiel.
Rückfahrt zum Campingplatz, Einkauf Kartoffelsalat und Baguette. Es wurde gegrillt, diesmal machte ich alles richtig, entsprechend glühte die Kohle und Lamm und Wurst brieten schnell durch. Die Wurst war nicht das „Gelbe vom Ei“, wie man hinlänglich Unerfreuliches umschreibt. Die Wurst durchzog etwas röhrenartiges, in das Käse eingefüllt war. Nicht jedermanns Sache.
Das nächste Abenteuer wartete gegen 13.40 Uhr auf uns, die Fahrt hoch zum Prestholt. 10 Km mehr oder weniger Anstieg, erst auf geteerter Straße, später auf breitem Splittweg. Um das zu schaffen, musste ich sogar längere Zeit in den Sport-Modus schalten. Ferienhäuser entlang der Strecke, Blick auf die Skiwelt im grünen Gewand, durchsetzt von abgefahrenen Pisten. Wir passierten eine zollpflichtige Stelle (wohl nur für PKW), irgendwann wurde die Steigung flacher, das Plateau war erreicht. Eine Schranke versperrte die Weiterfahrt. Trafen lediglich drei Wanderer, alles still hier oben, die Weite, die karge Landschaft, wie in den Highlands in Schottland, so stellte ich mir es jedenfalls vor. Näherrückend das Massiv des Prestholtkarvet. Nur noch sehr vereinzelt standen Häuser in der Landschaft, dafür nahmen die Schneeplacken zu. Viel des Wassers, was aus den Bergen herauslief, sah rot oder rostig aus, zeugte von der Herkunft von Eisenerz im Inneren. Jola sorgte sich bereits um ihren Akkustand, nur noch bergab gehen dürfte es bald. Kaum zu glauben, dass hier ein vielbesuchtes Wandergebiet existierte, bei so wenig Besuchern, eine Momentaufnahme. Das Ziel in der Ferne erkennbar. Flach ging es die letzten 2 Kilometer zu der Ansammlung von Gebäuden, darunter sollte sich eine bewirtschaftete Hütte befinden.
Geschlossen war sie. Wie eine Westerngeisterstadt wirkte das Areal. Auf dem Berggrat Schnee, die Sonne sorgte für ein bisschen Wärme auf 1242 m Höhe, vor allem, wenn man sich nicht im Fahrtwind befand. Das Häuschen bot in alle Richtungen Sitzplätze für eine Brotzeit. Bei der Rast im Schatten des Häuschen störten wir anscheinend ein Vogelpaar bei der Brutpflege, mehrmals zeterte im Rundflug ein amselgroßer Vogel in meine Richtung.
Wir verschwanden bald, auf dem Rückweg befanden wir uns im fast stetigen Abwärtsmodus. Wieder zurück, schmerzten die Finger vom ständigen Bremsen.
21.06.2022 Dienstag
Abreise, erst noch die Fahrt zum Bäcker, französische Brote kaufen, dann getankt für über 1.000 Kronen. Bis Gol gefahren, dort bei der Stabkirche geparkt und die Kirche besichtigt. Außen schwarz (Teerfarbe), innen helles Holz, quasi wie neu aussehend. Jola kaufte einen Talisman, einen kleinen Elch für umgerechnet 3,90 €. Die Kirche war ein Nachbau, das Original sei nach Oslo verbracht worden. Weiterfahrt, Navi hatte sich auf „Mautstraßen meiden“ eingestellt, deshalb weiten Umweg gemacht, der unterwegs zum Streit in der Fahrerkabine mündete. Der Umweg bescherte uns rund 100 km mehr und ca. eine Stunde zwanzig Minuten zusätzliche Fahrtzeit.
Unterbrechung in Jevnaker, weil es dort eine Art Glasfabrik zu besichtigen gab. Es müsste heißen, ehemalige Glasfabrik, denn die Glasbläser fertigten in einem Showroom fürs Publikum Stücke an. Das ganze Areal wirkte ein bisschen wie Karls Erdbeerhof, mit Stallungen, einem alten Ziegenbock, der majestätisch im Freien döste, diverse Gebäude mit unterschiedlichem Angebot an Haushaltswaren, Süßigkeiten oder Kleidung. Zudem sechs Restaurants, ein Museum und eine Galerie mit Ausstellung.
Im Freien stand eine alte Lokomotive.
Der angestrebte Campingplatz, ca. 2 Km vom Zentrum Gjøvik entfernt, entpuppte sich als nicht zugänglicher Dauercampingplatz. Wir fuhren rund 8 Km weiter nach Redalen, dort große Anlage mit komfortablen Stellplätzen. Gefühlte Landschaft, als wenn man sich am Bodensee befände.
Sommeranfang soll heute gewesen sein.
Abends mit Jola einen Spaziergang hinauf zum „Ort“ gemacht. An der Bushaltestelle, ein Hinweisschild „Fußweg Touristen“. Einfach ins Gebüsch, ausgetretener Pfad in einen Nadelwald, der licht seine abgebrochenen Stämme zur Schau stellte, damit wenig einladend für einen Weitermarsch wirkte.
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