26.06.2023 Montag
Sonne am Morgen, bringt …..
zumindest kurzfristig gute Laune und ein Frühstück draußen. 8 Uhr vorbei, auch der Nachbar aus Heidelberg stieg blinzelnd aus seinem VW Bus, den Schlafsack zum Lüften über den Campingstuhl legend. Beratschlagen gemeinsam, wohin ist heute gehen soll. Übereinstimmend ein grobes Ziel, Sognefjord. Zum Abschied reichte ich ihm meine Handynummer, falls wir mal in der Nähe sind.
Der Sognefjord ist mit 204 Km der längste Fjord Europas und allein schon die heutige Anfahrt ein Abenteuer ohne gleichen. Ich stellte die Navigation der Strecke „ohne Maut“ ein. Umfuhren Bergen, durchfuhren auf E16 und E39 insgesamt auf 140 Km bis Lavik ca. 30 Km Tunnel. Kurz hinter Dale schickte mich das Navi auf die 569, ruckzuck von einer mit Wohnmobil gut befahrbaren Straße auf eine, quasi Schmalspur. 49 Km zeigte ein Verkehrsschild nach Romarheim an. Was nun passierte, nur ein „Idiot“ würde diese Strecke, soweit bekannt, mit einem Wohnmobil fahren!! Kurven ohne Ende, nie wusste ich, ob mir ein Fahrzeug entgegenkommen würde, also Schneckentempo, doch selbst das manchmal zu schnell. Auf jeder Straßenseite Ausbuchtungen, ausweichen war mehr als einmal angezeigt. Eine nutzte ich netterweise, um einen PKW vorbei zu lassen. Tunnel, so eng, ich hörte Fels schon am Aufbau schaben. Hinter einem Tunnel ein PKW auf dem Seitenstreifen, eine Frau winkte, anhalten! Lächelnd radebrechte sie in Deutsch, dies sei eine schwierige Strecke und es gebe einen sehr „speziellen“ Tunnel, sie würde uns geleiten und vorfahren. Es war der Wagen mit der Frau, den ich einige Kilometern zuvor vorbeiziehen ließ. Ein geschickter / gesandter Engel; so ins Schlepptau genommen, fuhr es sich etwas leichter. Doch weit gefehlt. Zwar blieben mir abrupte Gegenüberstellungen erspart, doch Ausweichmanöver waren mehrfach von Nöten. Furcht um den Außenspiegel, eine Stelle war besonders brisant, ein PKW wollte nicht weichen. Die Frau stieg aus und redete auf den Fahrer ein, noch lächelten beide, dahinter schon der nächste PKW, schlauerweise setzte der sofort zurück. Der lächelnde Fahrer begann zu rangieren, nutzte nichts, zu wenig Platz, um vorbeizukommen. Endlich Einsicht, das Auto fuhr einige hundert Meter rückwärts, wir konnten passieren. Dann der „spezielle Tunnel“, Geisterbahn wäre nichts dagegen, Zacken ragten wie von einem Drachenrücken von beiden Seiten der Fahrbahn entgegen, Kurven im Dunkeln, Jola zuckte nervös und griff um sich, Halt suchend. Wir schafften die Durchfahrt unbeschadet. Kurz darauf bremste die Frau ihren PKW, stieg aus und erklärte, die Strecke kenne sie wie ihre Westentasche, sie sei Krankenpflegerin gewesen und daher fast täglich hier unterwegs. Jola war so dankbar, sie schenkte der Frau einen Schlüsselanhänger, sie nahm den mit Elchen.
Die Strecke sollte jetzt besser werden, so die Frau. Diese 17 Km waren nicht unbedingt einfacher, vor allem, weil ja kein Geleitschutz mehr bestand. Wieder auf der E39, jetzt an einer Art Blinddarm des Sognefjords namens Risnefjord eine Raststation mit WC-Häuschen.

Ein belegtes Brot auf der Basis Pumpernickel zur Stärkung, da war es 13 Uhr.
Nach ca. 7 Km standen wir in Oppendal am Fähranleger, wo wir sofort auf das Fährschiff fahren durften. Eng wurde es dort, weil nur ein Platz zwischen zwei LKW frei war. Ein Mitarbeiter lotste mich millimetergenau in die Lücke. Nur nicht wackeln oder gar den falschen Gang einlegen. Hinüber ging es nach Lavik. Nach 16 Km auf der anderen Fjordseite bescheinigte mir das Navi ich sei in Lavik, stand aber auf einem Abzweiger namens Norevik, 16 Km entfernt vom Ort Lavik auf der „55“.
Vom sonnigen Wetter blieb nicht viel, graue Wolken und wenig später Regen, ungewohntes Feeling. Wohin jetzt? Optionen waren Høyanger oder Balestrand. 26 oder 69 Km Entfernung, wie weit wollte ich noch kurven? Im Regen die restlichen 26 Km bis Høyanger, der Stellplatz bei der Schwimmhalle, keine der drei versprochenen Stromanschlüsse vorhanden, direkt an der Hauptstraße gelegen. Machten eine Stunde Pause. Bei Nichtgefallen, Weiterfahrt, so kam es dann. Der Fjord verbreiterte sich, die Hänge wurden höher, Schnee lag vereinzelt, Wolken hingen über dem Wasser. Auch auf diesem Teilstück mehrere brenzlige Situationen, LKW und WoMo auf engen Straßen, da passte manchmal nur eine Haarnadel dazwischen.
Pausenstopp unterwegs….


17.35 Uhr, bei Saele, diese Kirche am Ufer des Fjords.
Balestrand lag hübsch gelegen, doch der Campingplatz verwaist, auf ewig geschlossen. Uns blieb ein einfacher Parkplatz vor einem Fahrradgeschäft / Taxistand. Regen begleitete den Resttag, abends gab es eine Tomatensuppe mit Maiseinlage.
Immerhin war hier Fernsehempfang, wenn auch gepixelt, wegen Starkregen und dichter Wolkendecke.
Welche Sehenswürdigkeiten wir morgen im Gebiet des Sognefjords entdecken werden, sicher wetterabhängig.
27.06.2023 Dienstag
Der Morgen begann mit ein wenig Hochnebel, auf den Bäumen in luftiger Höhe lag mehr Schnee als gestern vor dem langanhaltenden Regen. Die Luft mild, fast samtig, so würde man von weichem Wasser auf der Haut sprechen. Beste Voraussetzungen für die Ortsbesichtigung. Balestrand, Anfang des 20. Jahrhundert ein mondäner Bade- und Künstlerort (bspw. Gurlitt und Tietz als Deutsche ließen sich hier von der Natur oder anderen Dingen inspirieren), der Deutsche Kaiser war ab 1910 mehrere Jahre hintereinander zu Gast, im altehrwürdigen Hotel Kvikne’s. Dort soll sogar noch der Stuhl stehen, auf dem er zu der Zeit gesessen hatte (ich habe ihn nicht entdeckt). Wir bewegten uns zuerst zur Kirche St. Olaf (auch Englische Kirche genannt). 1897 fertiggestellt, orientierte sich der Baumeister an den norwegischen Stabkirchen. Der Hotelbesitzer ließ sie zum Andenken an seine 1894 verstorbene Frau Margarethe errichten.


Zum Hotel schritten wir keine 200m, dabei dieses „Tiny-Haus“ geschnappschusst.

Ein „verkorkster“ moderner Anbau verschandelte (zumindest) die Seitenansicht dieses prachtvollen Hauses, der hier glücklicherweise von der Vorderseite des Altbaus verdeckt wurde.

Die „Prinzessin“ bat zum Foto-Termin….

Eigener Badeplatz gehört selbstverständlich zur Hotelanlage.
Im Innern durfte ich ein bisschen meine Neugier befriedigen, blickte in den Salon:




So sah das Gebäude im „Gründerjahr“ 1877 aus.
Wir besuchten das nebengelegene Tourismus-Museum, dort lief im Erdgeschoss ein Film über die Ursprünge der touristischen Entwicklung von Balestrand. Im oberen Geschoss ein Café, Jola gönnte sich einen mit Schokolade überzogenen Eiweißschaum.
Durch die großen Frontscheiben blickte ich auf ein eine Galerie beherbergendes Haus. Ob der Künstler dort oben in der Glaskuppel seine Inspiration findet, möglich, bei den Ausblicken auf den Fjord fast wahrscheinlich.

Mittlerweile war die Zeit fortgeschritten, mich zog es zum Auto, Weiterfahrt nach Sogndal, einem größeren Ort in der Region. Wieder eine Fährfahrt, ab Dragsvik hinüber nach Hella. 162 Nkr. löhnte ich für die Passage. Dafür bot sich für mich einmal die Gelegenheit, unser WoMo von oben abzulichten.

Die letzten 35 Km dann nicht mehr ganz so enge Straßen. Der Campingplatz rund 3 Km außerhalb von Sogndal, hieß, wie der Ort, Kjørnes und lag traumhaft direkt am Fjord.


Der Weg in die Stadt führte über die Brücke…..

Die schöne Lage von Sogndal spiegelte sich leider nicht im Kern des Ortes wider, zu sehr ein Sammelsurium von Supermärkten, Geschäften ohne Anspruch auf ein bisschen „Chic“, Restaurants suchten wir beinahe vergebens. Fanden einen Schleichweg, der direkt am Wasser bis zu einer Badestelle führte und dabei eine kleine Neubausiedlung streifte. Über eine Fußgängerbrücke gelangte man zu der Badestelle.



Wir sahen auf einem Hügel hangaufwärts die Turmspitze einer Kirche, ob Stabkirche oder Nachbau war nicht zu erkennen. Neugier ließ uns den Aufstieg wagen. Neben der Kirchen eine Schule, Kindergarten etc. und Wohnhäuser. Blick von oberhalb auf die Kirche Stedje…

Wieder am Wasser, ein letzter Versuch ein uns genehmes Restaurant zu finden, scheiterte. Die Verlockung, am WoMo einen leckeren Salat und dazu ein Gläschen Rotwein zu genießen, war zu groß. Also machten wir uns auf die Heimfahrt. Der Campingplatz jetzt fast ausgebucht.
Danke noch an unsere Freunde für den „Dandy“, schmeckte ausgezeichnet.

Nach Lektüre der verschiedenen Reiseführer juckte es mich, den größten europäischen Gletscher – Jostedalsbre – aufzusuchen, bzw. zumindest in seine Nähe zu gelangen. Mal schauen, was morgen so geht.
28.06.2023 Mittwoch
Noch war uns die Sonne weiter hold, morgen soll das Wetter umschlagen, so ein Nachbar, der heute weiter ins Jostedal fahren wollte, Gletscher anschauen. Das gleiche Vorhaben stand auf meiner Agenda. Mal abwarten….
Wir nahmen die Erkundung in Richtung Kaupanger in Angriff, der Weg zunächst parallel zum weitläufigen Areal des Campingplatzes, etliche Meter oberhalb hinter Nadelbäumen donnerten LKW oder andere Fahrzeuge auf der „5“ lärmend am Hang entlang. Ein paar neue mietbare Hütten und Wohnhäuser, dann endete die Straße. Es führte steil hangaufwärts ein Schotterweg, nicht zu empfehlen mit unseren Rädern da lang zu fahren. Also abgestellt und gewandert.
Vom Startpunkt aus gesehen…

In des Waldes Einsamkeit, lange Zeit kein Schw… weit und breit, nicht einmal ein Vogel zwitscherte. Dann plötzlich ein Fahrrad am Wegesrand, unangeschlossen, momentan besitzerlos. Auf und ab, mal mehr mal weniger Schotter, im Wechsel mit oben liegenden Baumwurzeln als Stolperstellen. Nächstes Objekt ohne Eigentümer eine gefüllte Wasserflasche. Rechts schimmerte tieferliegend grün das Fjordwasser durch die Baumreihen. Die Sonne brannte auf den freien Oberkörper, soweit der Wald keinen Schatten spendete. Erstes Anzeichen eines Liebesbeweises ….

Was auch immer uns dieses Hinweisschild sagen sollte, ob der Herzschlag sich nach 0,5 Km erhöhen würde (weil Steigung) oder vielleicht man auf den nächsten 500m seiner Geliebten / seinem Geliebten näher kommen würde, beides traf nicht zu.
1,9 Km zu einer „Hytta“, ein holzartiges Wanderschild wies den Weg.
Auf, bzw. neben dem entdeckte ich zuerst diese neue Bank …..

…. und dann im Sonnenlicht eine fast freischwebende Spinne mit ihrem Netz.

Erster Mensch begegnete uns, ob ihm das Fahrrad gehörte? Maulfaul war er jedenfalls.
An einer Stelle mit etwas Platz zum Ausguck an einem Pfahl ein Kasten, ein „Gipfelkreuz-Buch“, hier ohne Gipfel. Ein Muschelzeichen deutete auf den „Jakobsweg“ hin. Jola machte im Buch eine Eintragung.

Nach gut 30 Minuten gabelte sich der Weg, zwischenzeitlich tirilierten auch einige Vögel im Geäst der Bäume vor sich her, „Eide 1 Km“, nichts mehr von der „Hytta“. Noch vor Erreichen des Ortes auf einer Anhöhe Hütten, modern und gleich im Dutzend verteilt.


Was der alte Kahn hier sollte, vielleicht stand das Wasser früher bis hierher, eher unwahrscheinlich. Die Ferienhaussiedlung wohl gerade erst fertiggestellt, Leitungen lagen noch unverlegt im Wald herum. Jola war es genug, wünschte nicht mehr in den Ort, der tief im Tal am Ende des Fjordarmes lag, zu gehen.
Auf dem Rückweg Hundeausführerinnen , Walkerinnen und einen Mountainbiker getroffen. Nach Rückkehr zu den Rädern Fahrt in die Stadt, Einkäufe machen, am WoMo mittags gegrillt.