Kurz gefasst, geputzt, gepackt, bezahlt und um 9 Uhr verließen wir Den Helder, einmal einen Tankstellenstopp eingelegt, 1,899€ schien mir günstig zu sein, um noch einmal vollzutanken.
Bei 100 km/h zuerst wieder entspanntes Fahren, selbst um Amsterdam herum keine Schwierigkeiten, die dann um Antwerpen um so intensiver auftraten, wo wir in zäh fließendem Verkehr mit teilweise Stillstand gut eine Halbe Stunde einbüßten. Den Campingplatz auf dem Freizeitgelände Blaarmeersen (jetzt urban gardens Gent mit neuem Betreiber) kannten wir aus zwei vorherigen Aufenthalten. Nach der nervigen Fahrt jetzt noch ein Versehen der Rezeptionistin, die auf den Lageplan „33“ schrieb, aber „53“ einkreiste. So stand ich auf dem falschen Platz und musste umparken, dann war es allerdings mit dem Ankommen auch geschafft. Sat-Empfang gab’s keinen, die Schüssel drehten sich minutenlang umsonst. Egal, fernsehfreie Zeit war garantiert.
Jola wollte draußen sitzen, holte die Stühle aus der Garage, zack, bei einem Stuhl knickte die Lehne ab, eine Schraube nebst Gewinde war verschwunden. Mein Adlerauge entdeckte die Schraube im Gras, die Mutter blieb absent.
Den Bewegungsmangel bei der Fahrt vertrieb ich mir mit handwerklicher Feinarbeit. Da keine passende Mutter zur Hand, suchte ich in meiner „Grabbelkiste“ mit Kleinkram eine Gewindeschraube, aber keine passte. Zupass kam mir ein rotes Etwas, dessen Gewindedurchmesser im Innern dem der Schraube entsprach. Doch die Kunststoffummantelung war zu dick. Mit dem Brotmesser arbeitete ich mich an dem Teil ab, später war meine linke Daumenspitze vom Halten ganz taub. Aber ich war erfolgreich und wie man sieht, der Stuhl wieder funktionsfähig.

Jola hatte Stadtplan und Infos über Gent besorgt. Auf die Räder, fertig, los!
An der Wassersportanlage (Rudern) entlang, mit jedem Meter kam die Erinnerung wieder und so gelangten wir ohne Schwierigkeiten ins Zentrum. Auf dem Weg dorthin in einigen Gassen Sanierungsbedarf offensichtlich, andererseits sahen wir erfolgreiches Renovieren, ein bisschen wie Winterhude oder jetzt das Schanzenviertel in HH, Stadtteil im Umbruch, so meine Wahrnehmung. Aus einer Gasse abgebogen, ein Polizeiauto hinter mir, Schreck, es blieb mir auf den Fersen. Ich winkte, es solle vorbei fahren, die Scheibe wurde herunter gelassen, eine Polizistin lächelte, sprach gestenreich, ohne dass ich ein Wort verstand. English please, mein Kommentar. Oh, das sei eine Straße, auf der Autos Radfahrer nicht überholen dürfen, ich müsse einfach weiterfahren, sie blieben hinter mir. Merkwürdiges Gefühl, aber wir bogen ja schon nach 10 Metern links ab.

Auf der Brücke über die Coupure zur Theresianenstraat ein Gespräch mit einem einheimischen Paar über den Zustand des Belages auf der Brücke (schlecht) und die Unfallgefahren, weil der Brückenbogen zu steil. Und das, obwohl Gent die Stadt für Radfahrer sein soll!
Kein Graffiti im eigentlichen Sinne, eher Werbung für die Kunstakademie Sint-Lucas, gesehen unterwegs auf dem Weg ins Zentrum.

Und kurz darauf, da war es, das (fast) autofreie Zentrum. Und die Menschen genossen offensichtlich dieses Gefühl, ungefährdet sich auf den Straßen bewegen zu können, auch wenn manchmal drängelnde Radfahrer sich durchlavierten.
Dazu wollten wir nicht auf Dauer gehören, parkten unsere Räder, doppelt gesichert, in der Predikherenlei an der Leie. Kaum drei Schritte gemacht, erkannten wir in der Hoornstraat das Restaurant Le Botaniste aus vorherigen Besuchen in Gent wieder. Ein Lokal, in dem wir seinerzeit erste Erfahrungen mit bargeldlosem Bezahlen machten. Außerdem mit Essen aus dem Bowl. Zudem fiel die Zusammenstellung des Gerichtes ob der vielen Möglichkeiten schwer, natürlich alles rein vegetarisch.

Ein bisschen marschiert und schon gerieten markante Sehenswürdigkeiten ins Blickfeld.
Rückansicht St. Nikolaus Kirche (Schutzpatron der Kaufleute und Seefahrer)
In unmittelbarer Nähe die im Jahre 2012 erbaute Stadthalle (Jola meinte, die Einheimischen würden dazu „Schafstall“ sagen). 1.600 Fenster verbergen sich in der Dachstruktur.

Und in entgegengesetzter Richtung der Belfried.

Bevor ich ausufere und abschreibe, hier einfach die abfotografierte Erläuterung zum Belfried:
Auf dem Wasser schipperten die Boote Touristen durch Kanäle und sonstige Gewässer. Eins davon fiel etwas aus dem Rahmen, u.a., weil Musik aus diesem vollbesetztem Boot erklang. Ein Orchester machte Werbung für ein Konzert in eigener Sache, sehr originell.

Die Füße wurden langsam lahm, bei der Information, die wir lange gesucht hatten, sammelte Jola noch einen Plan mit den Knotenpunkten ein, dann marschierten wir zu unseren Rädern zurück. Heimfahrt mit einem leichten Schlenker, genannt erweiterte Stadtbesichtigung (weil irrtümlich falsch abgebogen).
Auf dem Campingplatz ein mobiler Pizzabäcker, der auch Foccacia im Angebot hatte. Optisch zumindest lecker, kaufte ich zwei, Zucchini belegt und mit Oliven und Tomaten, je zu 5 €. Ersatzweise unser Abendbrot. Später ein süffiges Leffe Blonde (aus der Dose) genossen. Bisschen anderer Geschmack als „5.0“.
Guten Abend allerseits…