25.06.2022 Samstag
Alles ging recht zügig vonstatten. Beide duschten wir kalt, Frühstück wie sonst. Kurz nach 9 Uhr verließen wir Lillehammer mit einem leichten Bedauern, schön war es hier gewesen. Die Fahrt nach Oslo ein größeres Teilstück mautpflichtig. Alle paar Kilometer zeigte ein großes Schild den Betrag an, oft waren es Summen um 20 Kronen. Für das Geld durfte ich eine baustellenfreie Straße nutzen, auf der zudem nur geringer Verkehr herrschte. Anders auf der Gegenseite, wo scheinbar viele Osloer ins Wochenende fuhren. Landschaftlich nichts Neues, Hügel, bewaldet, Seen und Flüsse. Diverse Tunnel durchfahren, in Oslo dann Großstadtverkehr, trotzdem keine Staus. Einmal kurz vor dem Ziel falsch abgebogen, dadurch an Tankstelle geraten, wo ich für rund 1.000 Kronen nachtankte. Stellplatz an der Marina. Irrtümlich stellten wir uns zunächst auf einen Parkplatz, wo bereits andere Wohnmobile zu sehen waren, aber das war nicht der richtige. 450 Kronen für eine Nacht, Jola buchte für zwei Tage. Asphaltierte Fläche, kein Rasen, nichts, drumherum Bäume. Steckdosen sporadisch, alle belegt, manche mit Haushaltsdoppelsteckern. Hinweis, dass bei Überlastung Strom abgeschaltet werden könnte. Ich hatte keinen Empfang fürs Fernsehen. Parkte 20 Meter weiter vor. Da klappte es mit Sat-Empfang, aber das Kabel an der Trommel reichte nicht bis zur freien Steckdose. An die Doppelsteckdose, Versuch macht klug, aber es gab Strom. Dann fuhr eine Großfamilie (Feuerzauberin) ab und hinterließ in der Nähe eine freie Steckdose, die war gleich „mein“. Kaffee gekocht, Brötchen gegessen. Ganze drei Kilometer waren es bis in die äußerst belebte Seite Oslos zwischen Rathaus und Promenade mit neuem Einkaufs- und Wohnviertel am Hafen. Hier legten die großen und die kleinen Fähren an und ab. Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus, was für ein Trubel, Restaurants oft bis auf den letzten Platz besetzt, in den Parks sonnten sich die Menschen, dort wo Möglichkeiten bestanden, badete man. Zwischen alt und neu pendelte das Ambiente hin und her.
Erstes auffälliges Gebäude war das Nobel Friedens-Center. An der Festung Akershus treten sich unsere Wege für eine Halbe Stunde, Jola wollte die Hafenkante weiter erkunden, ich die Festung erobern. Auf der Festungsmauer ein Foto-Shooting für Hochzeitsbilder, ein Offizier in militärischer Garderobe wollte sich mit seiner in weiß gekleideten Braut zwischen alten Kanonen ablichten lassen. Ein Teil der Anlage befand sich im Restaurierungszustand und war gesperrt. In hofähnlicher Anlage war eine Bühne aufgebaut, wo ab heute ein Theaterstück aufgeführt wird.
Fast pünktlich fand ich mich am Rad wieder ein, Jola wartete schon, begierig mir ihre gemachten Entdeckungen zu zeigen.
Fischhallen, feine Restaurants ebenso wie alternative Lokale im bunter Streetart-Manier bebildert. In Wassernähe die Terminals für Kreuzfahrer oder Fähren. Jola hatte für später in „Schuppen (Skur) 33“ eine Trattoria ausgemacht, dort sollte gespeist werden. Nachdem wir das Terminal von DFDS hinter uns gelassen hatten, ein imposantes Bild vom Munch-Museum auf der anderen Wasserseite, daneben die architektonische Glanzleistung mit dem futuristisch anmutenden Gebäude der Oper. Auf den Schrägflächen spazierten Menschen bis ganz nach oben, einige versuchten es mit dem Rad. Zwischen Museum und Oper ein bisschen Rasenfläche und ein kleiner Strand. Dicht gedrängt lagen hier die Leiber, nicht alle schön anzusehen, im Wasser tummelten sich neben einigen Erwachsenen meist Kinder.
In Uferkantennähe alternatives Barmilieu, a la Strandsalon in Lübeck. Kanu konnte man durch eine Art Kanal fahren. Auf der offenen Wasserfläche ein 12 Meter hohe Skulptur aus Stahl und Glaspanelen, sah aus wie ein leckgeschlagenes Schiff, nannte sich „She lies“ und stammte von Monica Bonvicini. Die Skulptur bewegt sich je nach Tide und Wind. Friert der Fjord im Winter zu, kann man übers Eis dahin wandern. Ein schwankender Steg verband diesen Zipfel mit Sørenga. Unter dem Wasser befand sich der Opera-Tunnel.
Jola verschwand in der Menge auf dem Steg, ich blieb zurück, hatte Durst und besorgte mir an einem der Stände ein Glas Wasser. Telefonat scheiterte, ich wartete, Jola kam zurück, enttäuscht, weil sie nicht das Seeschwimmbecken gesehen hatte.
Ausblick auf das 60m hohe Museum, das erst letztes Jahr eröffnete und sechs Jahre Bauzeit in Anspruch nahm. Die Verkleidung besteht aus recycelten perforierten Aluminiumplatten; im Vordergrund eine übergroße Skulptur „Mutter“ genannt, von Tracey Emin, fertiggestellt erst in diesem Jahr.
Lazy afternoon, Anstehen auf dem Pier zu den Fähren, kein Problem! Warten auf einen freien Restauranttisch, kein Problem! Radfahren in der Menschenmenge, keiner meckerte.
Die, die Action erleben wollten, bespaßten sich mit Abschieden vom Junggesellentum oder der Analogie bei den Frauen. Hier holde Weiblichkeit auf einem gemieteten Hausboot.
Jola drängte auf „Essen fassen“, mittlerweile war 15 Uhr vorbei, also zurück zur Trattoria.
Ein Platz im Außenbereich konnte man uns nicht anbieten. Gegenüber saßen Menschen an Tischen „im Wartemodus“ auf einen Platz draußen. Innen erhielten wir einen Tisch direkt zum Ausgang in den Außenbereich. Pizza und Risotto bestellten wir, ein Glas Wein dazu, die Wasserkaraffe wie immer stand prompt auf dem Tisch. Laut war es in dem ehemaligen Schuppen, mir gegenüber rund elf Norweger, die offensichtlich ein Anliegen feierten, vermutlich einen Geburtstag (weil einer öfters geherzt wurde). Es muss viel zu erzählen gegeben haben, die Lautstärke übertraf jeden röhrenden Ferrari im Beschleunigungsmodus. Und Alkohol floss in strömen. Nur als Essen gebracht wurde, reduzierte sich der Lärmpegel kurzfristig.
Jola war mit ihrer Pizza hochzufrieden, allerdings schaffte sie nur knapp die Hälfte, der Rest durfte in Alu verpackt mitgenommen werden. Mein Risotto war drapiert mit einer „Zehe“ eines Meerestieres. Ich bearbeitete dieses Krabbenbein sogleich, zu früh, denn die Servicemitarbeiterin legte mir eine Art Nussknacker nebst Aushöhlungsstab auf den Tisch. Damit knackte ich die äußerst harte Schale, schabte weißes Fleisch mühsam heraus und mischte es auf meinen Reis. Der wiederum war „versalzen“, gut, dass die Wasserflasche auf dem Tisch stand. 1:1 bei der Bewertung dieser Restaurantleistung.
Gesättigt bewältigten wir den Rückweg, wichen ein bisschen von der Herfahrtroute ab, Menschen mit bunten Fähnchen und origineller Kleidung häuften sich am Straßenrand. Dann der Platz an der Karl Johanns Gate, turbulent ging es hier zu, berittene Polizei, größere schwarze Karossen am Straßenrand, Männer in dunklen Anzügen, dann klatschten auf der Wiese sitzende Menschen als sich eine Frau im weißen Kostüm mit einem dieser distinguierten Männer umarmte.
Mette-Marit war mit ihrem Gatten gekommen, um …..
Pride-Parade muss wohl kurz zuvor stattgefunden haben und Mette hatte sicher ein paar nette Worte an verantwortliche Veranstalter gerichtet.
Hübsches Straßenbild, nachdem die Menschenmenge abgeflaut war. Zufällig gelangte die kleine Japanerin mit ins Bild.
Abends raffte sich Jola auf, wir gingen zur Badestelle am Campingplatz. Auf dem Holzsteg saßen vier Mädels und feierten. Wie so oft, war Jola weitaus mutiger als ich, sie spazierte ins Nass, während ich vom Ufer aus ihren Schwimmversuchen zuschaute.
26.06.2022 Sonntag
Zwei niedergeschrieben Zitate aus Medien: „Die Frauen sind eine seltsame Kapriole der Natur“ (Mord mit Aussicht). Abends im Fernsehen, ebenso: „er war langsamer als die Kontinentalverschiebungen“.
Test der Sanitäranlagen, Urteil: „eher durchgefallen“. Warmes Wasser nur gegen Entgelt, trotzdem wusch ich mir unter Eiswasser die Haare. Nachts musste es geregnet haben, Asphalt war nass, gehört hatte ich davon nichts. Erstes Vorhaben war, das Freibad auf Sørenga aufzusuchen. Wetter heute wesentlich unbeständiger, fast schwül, bewölkt. Nach Tjuvholmen, ein relativ neuer Stadtteil, der auf der ehemals bezeichneten Diebesinsel lag, abgebogen, ich lotste uns zum Museum Astrup Fearnley am Ende dieser Landspitze. Stararchitekt Renzo Piano zeigte sich für den Entwurf verantwortlich. Noch ein Stück mehr beeindruckt, registrierten wir architektonische Glanzleistungen.
Wieder Badestege, bereits morgens schwammen Menschen im Fjord. Skulpturenpark, Aussichtsturm, über 50 m hoch, leider durch Bauzaun abgesperrt. Im Durchgang der Häuserblocks eine künstlerische Montage, geformt zu einem Elch. Im Rückblick die architektonische Dimension des Museums gut zu erkennen. Was für eine Kulisse, diese Stadt kann dankbar sein für die Neugestaltung des Hafenareals.
Weiterfahrt durch Aker Brygge, bis in die 80er Jahre ein großes Werftgelände gewesen, leere Straßenschluchten, wo sonst mittags oder abends Hunderte Menschen zusammenkamen, aßen, tranken, sich unterhielten oder nur allein auf ihr Display starrten. Heute noch verschlafen daliegend, vor einer Bäckerei saßen verloren ein paar Frühaufsteher bei Kaffee und Croissant.
Erste Touristen streunten durch die Innenstadt, im Hafen lagen drei große Kreuzfahrtschiffe, jetzt auch die Aida. Am Terminal Security, die den Zugang zum Schiff kontrollierten. Ein Sightseeing-Bus fuhr gerade leer ab. Gleichen Weg zur Oper genommen, die Fischhalle geschlossen, außen Bilder aus der alten Zeit, als es hier noch Fischverkauf vom Kutter bzw. Fischverarbeitung gab. Das Dach der Oper sollte erkundet werden, Jola schob zuerst mit ihrem Rad sich auf die schiefe Ebene und simulierte eine Abfahrt, die ich auf ihrem Smartphone dokumentieren durfte. Danach erklomm ich auf meinem Rad das Dach bis hinauf zur obersten Aussichtsplattform. Die Platten waren nicht alle plan verlegt, es gab Absätze und Kanten und so musste ich aufpassen, hier auf den Schrägen nicht zu stürzen.
Die oberste Plattform erreicht, bot sich mir ein phänomenaler Ausblick auf das Munch-Museum. Der schien dieser Möwe ebenfalls zu gefallen, die sich von fotografierenden Touristen keineswegs aus der Ruhe bringen oder in die Flucht schlagen ließ. Unglaublich, was die tragende Konstruktion für ein Gewicht aushalten muss, um dieses Dach zu stützen und nicht unter der Last zusammenzubrechen. Drei Inder forderten mich auf, ich solle mich für einen Schnappschuss neben mein Rad stellen. Schienen vom Gefährt begeistert zu sein. Abfahrt dann ganz vorsichtig, Jola fotografierte mich dabei. Sie zeigte leichten Unmut, wo war ich so lange geblieben?, nun wollte sie selbst aufs Dach, schob davon. Las auf einem Schild, dass bei feuchtem Wetter Rutschgefahr bestand und mit Rollern oder Fahrrädern das Dach nicht befahren werden sollte. Ups!
Auf dem Weg zum Museum sahen wir in den Fenstern der Oper diverse Perücken und anderes Zubehör ausgestellt, Requisiten für die verschiedenen Vorführungen. Am Ende konnte ich einen Blick in die „Nähstube“ werfen, die heute am Sonntag unbesetzt blieb. Auf den Museumsbesuch verzichteten wir zu diesem Zeitpunkt, bogen hinter einer Fußgängerbrücke nach links ab.
Unterschiedlich gestaltete Häuserblocks, bei dieser Ansicht zunächst die sichtbaren alle mit Granitschindelplatten versehen. Dachbegrünung, die man erst später aus einem der oberen Stockwerke des Museums entdeckte. Im Vordergrund eine Badestelle. Cafés und Restaurants an vielen Ecken. Rechts auf dem linken Bild noch ein unerschlossenes Baugebiet, bei dem man dem Fjord ein Stück Land abringen wollte.
Hinter dem Wohnviertel Hochhäuser in architektonischer Vielfalt, „Barcode“ nannte sich das Arrangement aus 12 Hochhäusern. Die moderne Straßenbahn rauschte davor leise entlang.
Ich entdeckte die „Akrobaten“ eine Fußgängerbrücke, die über die Bahngleise des Hauptbahnhofes führte. Die Auffahrt zwischen den Hochhäusern bestand aus dreieckigen Gebilden, die unterschiedlich angesetzt und zusammengefügt eine Auffahrt mit dem Rad ermöglichten.
Zurück ins Viertel mit den verschiedenartigen Wohnblocks, bei denen Bewohnern von ihren Hauseingängen direkter Zugang zum Wasser möglich war. Man konnte also gleich baden oder sich mit einem Boot fortbewegen. Steigern solche Möglichkeiten die Lebensqualität?
Noch einmal auf das Ende der Landzunge, wo aus nächster Nähe „Mutter“ in den Himmel ragte und fast den Blick auf den umfallenden Bücherstapel (sprich Munch-Museum) versperrte.
Nun die Querung über den provisorisch aussehenden Steg von Bjørvika nach Sørenga, wo Jola endlich das Freischwimmbecken besichtigen wollte. Der Seawater-Pool stellte sich als ausgedehnte Schwimmlandschaft mit Liegeplätzen heraus, sogar Bahnenschwimmen war möglich. Nun Essen fassen, Jolas Favorit hielt zwei Plätze im Außenbereich bereit, die Mitarbeiterin kündigte baldigen Regen / Gewitter an, konnte für den Innenbereich keinen Tisch zusichern. Die Speisekarte begeisterte mich nicht besonders, nichts, was mich vom Hocker riss. Also Wechsel des Ambientes, direkt gegenüber vom Munch-Museum das Paradiso. Es begann zu schütten, wer keinen Regenschirm bei sich hatte oder unter einem aufgespannten saß, stürmte ins Innere der Restaurants. Es dauerte, bis uns ein Platz zugewiesen wurde, es dauerte dann, bis wir eine Speisekarte bekamen, dann ging es allerdings recht zügig, meine Pizza o.k., Jolas Panini knusprig und es mundete ihr. Der Rotwein allerdings mäßig, weniger schmackhaft als der Valpolicella vor ein paar Tagen. Nach dem Essen und dem Regen hofften wir auf einen trockenen Tagesabschnitt, wollten am Fluss Akerselva ein bisschen im Grünen fahren. Die Glamour-Meile verlassen, schon befanden wir uns im arabischen Viertel, vorbei an einer Moschee, Jola gleich unruhig werdend über die schmuddelige Ecke. Dann den Weg am Fluss eingeschlagen, ab und an Tafeln mit Hinweisschildern, wie es hier früher ausgesehen hatte und welche Betriebe angesiedelt waren. Ein Wechsel kultureller Vielfalt entlang des Flusslaufes, vornehmes Restaurant, Kunstschule in Schrift von Kleinkindern an bunter Hauswand, dessen Gebäude zu einer alternativen Einrichtung gehörte, ähnlich wie in Lübeck die Walli.
Der Bach stürzte sich an einigen Stellen wasserfallartig in sein Bett, um dann geruhsamer weiter zu fließen. Einen extremen Anstieg genommen, der an einem Café mündete, gerade richtig für eine Pause mit Kaffee und Zimtschnecke. Selbstabholung am Tresen. Bargeld schien man kaum noch zu kennen, meinen 200 Kronenschein zu wechseln, dazu musste die junge Frau in zwei verschiedenen Papiertüten nach kleinen Münzen grabbeln. Wir waren viel weiter als gewollt, der Park Sankt Hanshaugen ein Zwischenziel, wollten zum Schlosspark, wo Mette mit ihrem Mann residierte. Jola haderte mit „Osman“, dem Navigationssystem.
Die Brücke von 1859 nannte sich „Aamodt Bro“, darüber ging es weg vom Fluss. Etwas genervt erreichten wir den Schlosspark, unprätentiös das Gebäude, davor zwei Wachhäuschen, eins besetzt mit einem uniformierten Aufpasser, Gewehr geschultert und ständig den Kopf drehend, eben Aufpasser. Der Park großzügig, ohne besonders zu glänzen. Ein Zwischenweg bildete einen Pfad mit Werken, die 5. oder 6. Klässler entworfen und (vielleicht) auch gemacht hatten. 15.30 Uhr, langsam Zeit für den Weg zum Munch-Museum. Auch wenn es heute bis 21 Uhr geöffnet hätte, wollten wir nicht so spät mit der Besichtigung starten. Das Foyer mit dem Shop offen gestaltet. In der Mitte ein einfacher fahrbarer Rollcontainer, an dem zwei Mitarbeiter standen, eine Kasse, Audioguide ausleihbar. Treppen, Schließfächer, Toiletten. Keine Bargeldzahlung. Schließfächer mit vierstelligem Code, selbst aussuchbar. Test, nahm meine PIN der EC-Karte, die konnte ich ja nicht vergessen. Funktionierte! Mit dem Fahrstuhl in die obere Etage, Ziemlich viel Betrieb, mulmig, wenn zu Zeiten von Corona so ein Haufen Menschen durch geschlossene Räume wandelte. Wenige trugen Masken, eher vereinzelt. Munch muss ein produktiver Maler gewesen sein, so viele Werke, über deren künstlerischen Wert es sich hier zu schreiben nicht lohnen würde. Sätze wie „Kinder könnten das besser“ oder „ist das Kunst oder kann das weg“ würden, wenn Gedachtes hörbar wäre, sicher öfters durch die Etagen hallen. Trotzdem fand das Auge Werke, die Gefallen fanden oder zumindest Aufmerksamkeit erzeugten.
Ein paar aneinander gereihte Aufnahmen, die ich im Museum gemacht hatte:
Stockwerk für Stockwerk hangelten wir uns über die Rolltreppen nach oben.
Der Ausblick auf die Hafen-City immer eindrucksvoller. Leider hatte das Restaurant im 13. Stock geschlossen, ebenso die Sky-Bar. Ein Selfie musste natürlich vor der Skyline sein. Nach 18 Uhr war es, der Geist nicht mehr weiter aufnahmefähig, die Beine müde, die Luft war raus. Stockwerke wieder über die Rolltreppe verlassen. Genau richtig hatten wir es mit der Terminierung des Museumsbesuches gemacht, denn es regnete während unseres Aufenthaltes im Museum die meiste Zeit.
In einer der nächsten Etagen durften Besucher an einem großen Tisch, in dem diverse Motive von Gemälden von Munch eingelassen waren, mit Papier und Kreide diese in Fronte-Technik bemalen. Jola war begeistert, hatte mehrere erstellt, während ich noch an meinem ersten Exemplar arbeitete.
Ich wartete im Shop auf Jola, die noch die Etage mit Künstlern „der Brücke“ aufsuchte.
Heimfahrt zum Campingplatz, an der Hauptstraße enormer Verkehr, kamen die Osloer aus ihren Feriendomizilen zurück in die Stadt? Egal, der Lärm nervte.
27.06.2022 Montag
Jola verlängerte den Aufenthalt um einen Tag, kam zurück mit leichtem Groll über ihr eigenes vorschnelles Handeln. Grund war, sie hörte in der Anmeldung den „Kassierer“ sagen, er hätte überhaupt keine Lust sich mit An- und Abreisenden zu beschäftigen, das sei ihm am Montag alles zu viel. Kontrolliert würde also niemand, wenn man so einen Tag stehen bliebe.
Ich hatte derweil das Klo gesäubert. Bygdøy, die Halbinsel mit den Museen wollten wir mit den Rädern erfahren. Wetteraussichten eher unbeständig, trotzdem verzichtete Jola auf Regenzeug. Schnell im Grünen gewesen, dennoch auf den wenigen Straßen lärmender Verkehr, u.a. viele Reisebusse. Gerade noch rechtzeitig erreichten wir das Gelände mit den Museen (Fram und Kon-Tiki), da ließ Petrus die Schleusen öffnen. Flucht in den Museums-Shop, Schulklassen bevölkerten den Eingang, alle Kinder mit grünen Leuchtwesten bekleidet. Dazu stieß eine deutsche Reisegruppe. Wir verzogen uns ins Restaurant, Kaffee und eine Zimtschnecke, am Fenster rann der Regen an den Scheiben herunter. Jola kaufte einen Mini-Krug mit Magnet (39 Kronen), ich heimlich einen Magneten mit der Skyline von Oslo, als Geburtstagsgeschenk.
Regen ebbte ab, Abflug von der Halbinsel mit dem Ziel Streetfood im Stadtteil Hammersborg.
Gewohnter Weg an lauter Straße bis ins Zentrum, wo wir am Nationaltheater von einem Starkregen aufgehalten wurden. Geschützt unter dem säulenbewährten Eingangsbereich bestaunten wir die Wassermassen, die sich aus dem dunklen Wolkenband ergossen und schnell die Straßen überspülten.
Erreichten die Torggata, dessen Umfeld uns ein bisschen an das wandelnde Altona erinnerte. Streetfood versteckt in einem Innenhof, wenig attraktiv, zumal die meisten Lokale noch geschlossen waren. Appetit zunächst vergangen, wechselten auf den Platz namens Youngs Torget, an dessen einer Seite das Volkstheater in einem Backsteinbau residierte, an dessen Turm die Buchstaben „Arbeiterpartei“ thronten. Ein Fischrestaurant im Außenbereich des Gebäudes lockte Jola zum Blick auf die Speisekarte an. Doch die ausgelegte Speisekarte gab nichts her, was uns zum Bleiben ermutigt hätte. Warfen einen Blick ins Innere, Jola suchte eine Toilette. Im Theater wurde Mamma Mia aufgeführt. Im Gang stand eine übergroße Frauenstatue. „Woman looked at“ nannte sich das Werk.
Jola forderte mich auf, sich neben meiner neuen Partnerin zu positionieren, damit ich mal sehen könnte, wie es sich neben einer größeren Frau anfühlt. Bei dieser Freundin müsste ich ja ständig zu ihr aufschauen…..
Wir setzten die Suche nach etwas Essbarem fort. Gegenüber auf dem Platz bauten Arbeiter Material von einer Bühne ab (nach den Fähnchen zu urteilen, musste es sich um eine der Pride-Veranstaltungen gehandelt haben). Dahinter erkennbar ein Restaurant auf einer Gang auf der Empore. Leuchtturm auf deutsch (Fyret) hieß das Lokal. Alternativ angehaucht die Bedienung im langen Röckchen, grünen Socken und Badelatschen, saß unterbeschäftigt vor dem Eingang in einem Sessel. Wir bestellten beide Brot mit Krabben, verschiedene Zubereitungen. Die zweite Bedienung brachten das Essen an den Tisch, als es unklar war, wer was bekommen sollte, hörte sie, dass wir deutsch miteinander sprachen und meldete sich mit „ich spreche deutsch“.
Ehemals sei in dem Gebäude ein Schlachthof untergebracht gewesen, erzählte sie mir später. Bei einem Gang zur Toilette, Gefühl, als wenn ich im Zolln in Lübeck wäre. Kurze Unterhaltung mit der deutschen Mitarbeiterin. Mit Erlaubnis durfte ich ein Foto von der Einrichtung und ihr machen. Sie zog sich extra die beschriftete Arbeitsschürze dafür an. Zwar vom Snack gesättigt, wählte ich trotzdem für ein nächstes Ziel die Markthallen, gelegen im Stadtteil Grünerlokka am Fluss Akerselva. Unterwegs an einer Straßengabelung ein Blumenmeer an mehreren Stellen aufgehäuft, dazu Beileidsbekundungen. Hier in der Nähe muss am Vorabend der Pride-Parade vermutlich der Mord an den zwei Menschen stattgefunden haben, bei dem 21 weitere Personen verletzt wurden. Die Umarmung Mettes auf dem Bild am 25.06.22 war sicher eine Beileidsbekundung und der Anlass weniger erfreulich als von mir angenommen.
Die Adresse „Vulkan 5“. Auf der Höhe sind wir beim gestrigen Ausflug auf dem Rad-/Wanderweg bereits einmal gewesen. Vulkan war mehr als eine Straße, ein modernisiertes Industriegelände mit Restaurants, Veranstaltungshalle, Wohnhäusern, und eben der Markthalle. Die hatte am Montag leider ihren Ruhetag.
Unverrichteter Dinge nahmen wir den Botanischen Garten ins Visier unserer Stadtrundfahrt. Ein Stück am Fluss entlang, hinauf und über die Brücke Nybroa. Hier sah man die Auswirkungen des Starkregens, abgeschwemmtes Geröll, diverse hochgedrückte Gullydeckel. Im Botanischen Garten befanden sich u.a. das Klimahaus und das Museum für Naturgeschichte, ein Café, Gewächshäuser, viele Bäume und andere Pflanzen beschriftet.
Auf einen Besuch im Klimahaus verzichteten wir, ähnliches hatten wir von ein paar Wochen gerade in Lüneburg erleben dürfen. Natürliche Gestaltung, selbst der Name war aus Holz gefertigt und an der Wand angebracht. Radfahren war hier im Park nicht erlaubt, so schoben wir mit den Rädern durchs Areal, rieten, um welche Kräuter es sich handelte, lasen an dem einen oder anderen Baum seine Herkunft oder seinen Namen, bspw. hingen grüne Erbsenschoten an Ästen; es handelte sich um Goldregen. Sitzgelegenheiten auch hier an vielen Stellen. Einen letzten Abstecher unternahmen wir auf meine Anregung hin zum Skulpturenpark auf dem Ekeberg. Lernten auf dem Weg dahin weniger schöne Ecken Oslos kennen, in unserer Wahrnehmung bedingt wohl auch wegen fehlender Radwege.
Einziger Lichtblick war an einem Kreisel dieser rote hölzerne Riesenzwerg.
Aber vor allem rührte der negative Eindruck wegen des lang anhaltenden Anstiegs auf einem schmalen holperigen Weg neben sehr stark befahrener Straße her. Jolas Enthusiasmus reduzierte sich bei dem Spaziergang mit jedem Höhenmeter, hatte dazu zuvor auch noch verstanden, wir würden den Campingplatz anschauen und wunderte sich über den Halt am Parkplatz des Skulpturenparks. Ganz verließ sie dann die Begeisterung, als sie sah, wie steil die Pfade zu den einzelnen verstreut stehenden Objekten waren. Deprimiert war sie dann um so mehr darüber, weil Café und Restaurant geschlossen waren.
Mich dagegen erfreute an einem Hang eine völlig neuen Fassung von Marilyn Monroe.
Immerhin belohnte uns beide die kurze Stippvisite mit Ausblicken auf Oslo aus besonderer Höhe.
Heimfahrt begann dann natürlich mit einer rasanten Bergabfahrt. In der Stadt kurz getrennte Wege gefahren, Jola drehte in Sackgassen ab, ich fuhr auf bekanntem Wege, eilte voran, doch es reichte nicht dem nächsten Guss zu entkommen, musste mich am alten Rathaus längere Zeit unterstellen. Wo Jola wohl untergekommen war? Trafen uns am Ende des Opera-Tunnels und radelten gemeinsam zurück. Regen begleitete den Rest des Abends. Morgen verlassen wir Oslo.
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