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Südtirol Tag 19

16.10.2022 Sonntag

Schlief bis 09.20 Uhr, wie kam das? Die Antwort kennt nur der ….

Weil Sonntag, gab es ein Ei zum Frühstück. Nachdem ich mich über die Strecke per Rad nach Völlan informiert hatte, verzichteten wir auf das Pedaltreten, das sich unausweichlich auf eine Länge von 4 Kilometern bei 400 Höhenmetern ergeben hätte. Sonne pur und es war viel wärmer als gestern. Nahmen die Räder trotzdem, um bis zum Busbahnhof nach Lana zu kommen. Am Busbahnhof nirgends ein Hinweis auf den Shuttle-Bus. An der Straße an einer Haltestelle wartende Menschen, vielleicht ein Hinweis, dass dort der Bus abfährt. Richtigen Riecher gehabt, sprich, hier würden wir mitgenommen. Erst kam der grüne City-Bus, der Busfahrer wollte eine gekaufte Fahrkarte sehen; nein danke, dahinter ein Reisebus mit Zusatzschild im Fenster „Lana – Völlan“. Das passte ja gut, und Sitzplätze waren ebenfalls vorhanden. Strecke hoch Richtung Gampenpass, bei St. Georgen abgebogen nach Völlan. Nur gut, dass wir nicht mit dem Rad hier hinauf gegurkt waren. An der Endstation Ruine Mayenburg Rangiermanöver auf enger Straße. Der Busfahrer schob sein Fahrzeug hin und zurück, der Bus wippte auf und nieder, dann konnte er endlich drehen, halten und die Fahrgäste aussteigen lassen. Ein Schwall Menschen marschierte die gesperrte Ortsdurchgangsstraße hinauf zu den Festivitäten.

Bei bester Laune saßen die Besucher auf den klassischen Holzbänken an den Bierzelttischen im Freien bei heißen Kastanien, Traubensaft, Wasser oder Wein. Die Straßen säumten wieder die aus Lana bekannten Kunsthandwerkerstände, zumindest ein Teil stellte hier wieder seine Waren zum Verkauf. Vor dem Kindergarten spielte eine Kapelle, ordentlich in heimischer Tracht verpackt.

Gleich gegenüber das Bauern-Museum, in dessen Vorgarten Fahrzeuge und Gerätschaften zur Schau gestellt waren. Besucher durften Holzstämme mit alten Sägen gemeinsam mit einem versierten Einheimischen zerkleinern, wenn denn die Gäste die Technik beherrschen würden. Bei dem Jungen klappte es nicht so gut, ständig verhakten sich auf seiner Seite die Zähne im Stamm. Da half auch kein guten Zureden des Mannes, der den Hut auf hatte (im wahrsten Sinne des Wortes).

Jola büxte aus, wollte an einem Stand unbedingt Kastanienhonig kaufen, schien den richtigen Moment getroffen zu haben, ergatterte die letzten Gläser.

Ich bummelte indessen auf dem Gelände weiter ins Bauern-Museum.

In engen, dunklen Räumen war Gerätschaft aus dem vorvorigen Jahrhundert gesammelt, räumlich getrennt. In einem ehemaligen Schweinestall war die Backstube eingerichtet. Früher buk man lediglich sechsmal im Jahr Brot, erfuhr ich von dem „Bäcker“, der gerade Teig aus einem Plastikeimer kratzte und zu Fladen knetete.

Bügeleisen, Brotbackutensilien Getreidemühle etc.

Jola war verschwunden.

An der Straße versammelten sich Lederhosen, in der Regel erwartet man darin männliche Beine; hier einmal nicht zutreffend, die Mädels hatten die Lederhosen an. Wenig später demonstrierten sie vor Publikum einheimische Tänze, Schuhplattlern.

Natürlich brachen zu der Darbietung Begeisterungsstürme aus. Jola fand ich wenig später wieder, suchten zusammen unser Mittagessen aus, heiße Kastanien (5,50 €), ein Teller mit Kassler, Sauerkraut und Knödel (13 €) und zwei Gläsern Weißburgunder (6 €), für alles zusammen wollte der Mann an der Kasse 26,50 € haben, das gefiel mir überhaupt nicht; diesmal hatte ich nachgerechnet und zahlte selbstverständlich weniger. Plätze fanden wir in dem Gewusel irgendwann, neben vier über unseren schmackhaften Teller sich wundernden Gästen. Saßen in praller Sonne, pulten die Kastanien, die sich bei dieser Portion wesentlich leichter von der Schale befreien ließen. Die Jüngsten aus dem Dorf durften helfen, trugen verwaiste Pappteller, leere Gläser und sonstiges Benutztes, mal zielsicher, mal wankend, zu den Mülleimern oder zum Spülen.

Wir spazierten zur Kirche Sankt Severin, von wo aus man einen schönen Blick ins Tal und auf die Mayenburg hatte. Auf die im Prospekt angekündigte Exkursion mit dem Förster um 14 Uhr verzichtete ich.

Kurz vom Friedhof und Kirchengelände zur Ortsmitte gewandert, dort an zentraler Stelle in Völlan das Symbol fürs Keschtnriggln:

In Körben dieser Art werden die heißen Kastanien geschüttelt. Durch die raue Oberfläche des Korbgeflechtes löst sich die Schale.

Mehr zum Keschtnriggl: Keschtnriggl – Wissenswertes

Zurück auf einem der Festplätze verschwand Jola kurz in einem Gebäude. Während der Wartezeit erspähte ich zwei Jungs in Trachtenmontur, in den Händen merkwürdige Seile haltend, es waren Peitschen.

Jola zurück, wir uns einig, eine süße Nachspeise sollte bestellt werden. Jola orderte einen in heißem Öl gebackenen Kringel, solche wurden von diversen Frauenhänden in Massen geschaffen.

Fettige Angelegenheit, aber schmackhaft war’s gewesen.

Es knallte und mehrmals schallte ein Echo von den Bergwänden, die Bauernjungs mit den Peitschen zeigte ihre Kunst auf offener Straße.

Nach der Süßspeise marschierten wir, sonnenverwöhnt, zur Bushaltestelle zurück, dort nicht allein, was ein Wunder, auch andere waren satt, hatten genug Blasmusik gehört oder kamen vom Erlebnisweg „Kastanien“ zurück. Unruhig waren die Menschen, weil scheinbar niemand wusste, w a n n der Bus eintreffen würde und ob alle Fahrgäste mitgenommen werden würden. Ein Ordner mit Leuchtschrift „Völlan“ auf Brust und Rücken sorgte auf der Straße dafür, dass keine Fahrzeuge ohne Berechtigung am Verbotsschild vorbei in den Ort fuhren, was bei einigen Besuchern für Unmut zu sorgen schien. Dann kam der Bus, nein, nicht einer, gleich zwei hintereinander fuhren die Straße hoch. Wobei sich das komplizierte Wendemanöver von der Ankunft am Vormittag wiederholte. Nach weniger als ¼ Stunde waren wir wieder in Lana. Jola suchte und fand auf dem Campingplatz Schlosshof Bekannte aus Segeberg, die vor weniger als einer Stunde angekommen waren.

Seit rund 25 Jahren werden die Kastanienfeste in dieser Gegend traditionell meist ab der zweiten Oktoberwoche gefeiert.

Das Programm dazu für dieses Jahr unter: Meran – Südtirol Programm