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Südtirol Tag 16

13.10.2022 Donnerstag

Verzichteten auf eine Fahrt nach Bozen. Den Besuch könnten wir genau so gut von Lana aus machen. Stattdessen bewegten wir uns nach dem Frühstück mit den Rädern nach Prissian. Entschieden uns dort für einen leichten Marsch, den Schlosswanderweg.

Zur anderen Seite der Bergwelt Aussicht auf den Laugen (2.434m), der das Panorama dominierte und hier aussieht, als ob er Rauch ausbläst. Die Räder ließen wir an der Kirche St. Martin mit dem grünen Kirchturm stehen.

Gleich um die Ecke Katzenzungen, wo die älteste Weinrebe der Welt, genannt „Vesoaln“, – ja, das ist so richtig geschrieben – seit ca. 360 Jahre aus einem einzigen Wurzelstock gedeiht. 120 Fläschchen erbringt die Rebe an Wein im Jahr, so stand es in der Beschreibung. Die Schlossanlage war für Besucher allerdings geschlossen.

Der Schlösserweg bog rechts vor dem Gebäude auf einen Trampelpfad ab, an wohl relativ frisch gepfropften Apfelbäumen und Wein an steilen Hängen vorbei hinab, mit Blick auf das fruchtbare Etschtal und in der Ferne Teile Bozens, dessen Silhouette im diesigen Licht schimmerte. Schneckentempo würde junge Wanderer unser Fortkommen beschreiben, aber wir beide plagten uns mit Schmerzen in Fuß, Knie oder Hüfte. Nicht nur der steinige Untergrund erschwerte das Schritt halten, ebenso unangenehm waren die Schalen der Maronen / Kastanien oder die Walnüsse, auf denen man schnell ausrutschen konnte.

Der Abwärtstrend endete bald und wir gingen zur Straße hinauf, die wir überqueren mussten, um den Wanderweg zwischen den gelb belaubten Weinbergen fortzusetzen.

Oben bereits Teile der nächste Schlossanlage in Sicht, „Wehrburg“ genannt. Nur bis dort hinauf lagen noch einige mühsame Meter vor uns. Nach ein paar Windungen begleitete uns Hundegebell. Der Berner Sennenhund (Rüde, was deutlich sichtbar war!) stand zwischen Weinreben und bewachte aufmerksam das Grundstück, bellte, schien aber nicht besonders angriffslustig. Ich verständigte mich mit Hundesprache (hier keine Übersetzung), ob er mich richtig verstand, blieb unbeantwortet, denn seine Herrin rief ihn zu sich. Wir gerieten auf eine Zufahrtsstraße, die vor der Anlage endete. Einige Getränkekisten standen verwaist vor dem Eingang, warteten auf Abholung oder Tausch. Ein Schaukasten verriet, dass hier Familie Holzner Wein kelterte und von einer bestimmten Rebsorte lediglich 1.200 Flaschen abgefüllt würden, die nur im Restaurant ausgeschenkt würden. Das Restaurant befand sich im Schloss Wehrburg.

Jola wünschte, es war nicht einmal Mittagszeit, eine Kostprobe, was uns zum Zutritt ins Innere des Schlosses quasi legitimierte, obwohl an der Tür stand „keine Restauration, kein Zutritt“. Sie suchte einen Ansprechpartner, niemand zugegen, die Reinigungskraft wirkte so, als wenn sie uns nicht verstehen würde. Wenigsten ein Foto machte ich von den beiden beschriebenen Vierecktürmen.

Geschichtliches zur Wehrburg: Aus dem 13. Jahrhundert stammend, ging nach dem Aussterben der gleichnamigen Familie in den Besitz von Herren aus Adrian über, die hier fast 500 Jahre herrschten, bevor auch dieses Geschlecht keine erbberechtigten Nachkommen mehr besaß. Ein Gesandter der österreichischen k.u.k. Monarchie in Teheran erwarb das Anwesen und ließ es restaurieren. 1957 übernahm es die Familie Holzner und baute das Schloss zu einem Hotel um.

Wir trafen den Hausherren (hier noch ohne zu wissen, dass es sich um den „Hausherren“ handelte) zweimal, zuerst fragte ich ihn, ob die Spitze des Berges (ganz, ganz hinten) der „Hirzer“ sei und zeigte Richtung Norden. Erst kam ein „Ja“, dann korrigiert ein Nein, das sei der Iffinger, der Hirzer verstecke sich dahinter. Der Mann verschwand hinter dem Metalltor, wo ihn der Berner Sennenhund freudig empfing. Später kam der Mann mit der blauen Schürze wieder zurück, da sprachen wir ihn auf den Wein an, ob man von der raren Sorte Flaschen erwerben könnte. Ja, sicher könnte man das. Jola verschwand mit ihm in der Kellerei, der Hund schnüffelte gleich an ihr herum, „Toni“ wurde vom Hausherren „weggeschickt“, er befolgte die Anordnung unverzüglich. Mit einem schwarzen 2er-Karton kam Jola zurück, für mich eine Flasche Blauburgunder dabei. Jola mit dem Karton in der Hand wanderten wir weiter, trafen auf keine weiteren Schlösser, überlegten in Prissian, ob wir noch zur Zwingenburg hochfahren sollten, auf der Karte war ein „schöner Aussichtspunkt“ eingezeichnet. Der Weg schien nicht all zu weit. Ups, von Null auf Hundert, mussten in den Turbo-Modus schalten, und selbst damit ächzte das Rad unter der schwierigen Lage, sprich, zu weit nach hinten legen durfte man sich bei dieser Auffahrt nicht, wahrscheinlich würde es dann „hinten über“ gehen. Tapfer drehten wir die Pedalen, dann war plötzlich Ende Asphalt. Schöner Blick, aber mit dem Rad ging es hier nicht weiter hoch. Beine vertreten, versucht, die Burg irgendwo zu entdecken, was scheiterte. Umkehr und zurück ins Dorf. Dort wählten wir den „Oberen Wiesenweg“ für die Fahrt zurück nach Tisens. Der Weg verzweigte sich, Jola wähnte den Tirolerhof als einen Gasthof mit Bewirtung, leider ein Irrtum. Wieder ein Wanderschild mit der Aufschrift „Zwingenburg“, wieder ging der Weg aufwärts, noch asphaltiert, aber wer weiß, was hinter der nächsten Kurve wäre. Jola riskierte es, ich zog es vor, Richtung Tisens zu trudeln, denn es ging hier, wenn auch nur seicht, abwärts.

Blick über Wiesen auf die Bergseite mit dem Meraner Höhenweg etc. In Tisens an der Straße verdeckt durch parkende Lieferwagen eine Pizzeria namens Tisene. Zwei Mountainbiker kamen gerade heraus. „Schmeckte die Pizza?“, fragte ich ins Blaue hinein. Pizza hätten sie nicht gegessen, aber die Einheimischen kehren hier ein, das sei ein gutes Zeichen. Ich wartete, ich wartete, Jola tauchte nicht auf, war sie tatsächlich hoch zur Zwingenburg gefahren? Ja, war sie, so berichtete sie. Die Burg sei in Privatbesitz und geschlossen. 12 Uhr, wir bestellten Pizza, tranken ¼ Vernatsch und Espressi hinterher, lasen Zeitung und Zeitschriften und waren zufrieden. Und es war gut, das Essen hier gemeint. An den anderen Tischen ausschließlich Menschen in abgenutzte Montur, Arbeitsstiefel. Aber Dreigangmenü, Salat, Knödel und ?Kotelett? mit Pommes. Espresso an der Theke und dort wurde auch bezahlt.

Der Bäcker in Prissian hatte Mittagspause, kein Kuchen also; wir kehrten zum Campingplatz zurück. Jola verschwand auf eine Liege an den Pool und schlief eine Runde, später las sie im „Schokoladen-Buch“.

Ich knipste Bilder vom Stellplatz.

Zog meine Badehose an, sprang dann doch nicht ins Wasser, Sonne versteckte sich, ich mich auch, vor kaltem Wasser.

Unsere kombinierte Rad-/Wandertour heute ab Kirche St. Martin: